Mit ‘Jon Cryer’ getaggte Beiträge

dudes-poster-1Schade, ich hatte so eine tolle Theorie, warum DUDES ein so seltsamer Film geworden ist, aber leider ist sie schon nach kurzer Prüfung der Faktenlage nicht mehr haltbar. Für mich schien er die Probleme widerzuspiegeln, mit denen eine ambitionierte Regisseurin unweigerlich konfrontiert wird, wenn sie nach einigen ambitionierten, dem Indie-Bereich zuzuordnenden Milieustudien (THE DECLINE OF THE WESTERN CIVILIZATION, SUBURBIA) versucht, einen eher dem Mainstream zuzuordnenden Film zu drehen. Es schlagen zwei Herzen in der Brust von DUDES, aber leider nie wirklich im Einklang. Spheeris zeichnet auf der einen Seite ein im Geiste ihrer Frühwerke stehendes, trostloses Bild der Jugend in den USA der Achtzigerjahre, auf der anderen Seite soll sie dieses Bild aber in eine muntere Teenie-Komödie überführen. Beides geht nicht recht zusammen, was den Film aber auch wieder außergewöhnlich und somit interessant macht. Leider musste ich nach dem Blick auf Spheeris‘ Filmografie feststellen, dass sie vor DUDES bereits mit ihrem finsteren Jugend-Psychothriller THE BOYS NEXT DOOR sowie HOLLYWOOD VICE SQUAD, einer weiblichen Variante von Schraders HARDCORE, Erfahrungen mit publikumsträchtigeren Stoffen gesammelt hatte, sodass sich mein Verdacht einer unguten Produzentenintervention eher nicht bestätigen lässt. Vielleicht geht es also ganz allein auf ihre Kappe, dass DUDES so „entglitten“ wirkt. In ihrer Filmografie spielt er kaum eine Rolle, auf eine DVD-Auswertung wartet er bis heute. Noch nicht einmal einen kleinen Kultstatus darf er für sich in Anspruch nehmen, was auch ein bisschen schade ist, denn DUDES ist schon sehr anders.

Die drei New Yorker Punks Grant (Jon Cryer), Biscuit (Daniel Roebuck) und Milo (Flea) haben von ihrer Stadt die Schnauze voll haben und entscheiden sich aus einer Sufflaune heraus dazu, nach Kalifornien zu fahren, wo das ganze Jahr über die Sonne lacht. Als sie in der Wüste Arizonas übernachten, werden sie von einer Bande aggressiver Rednecks um den fiesen Missoula (Fear-Frontmann Lee Ving) überfallen, Milo überlebt diese Konfrontation nicht. Weil die Polizei den jungen Punks nicht wirklich helfen will, begeben sie sich selbst auf die Suche nach den Tätern. Nach einer Vision Biscuits verkleiden sich die beiden als Indianer und Cowboy, und heften sich an die Fersen des Killers, den Grant schließlich in einer Schießerei niederstrecken kann.

Schon diese kurze Inhaltsangabe macht deutlich, dass DUDES entgegen seinem Titel nicht besonders komisch ist, eher deprimierend und desillusioniert, aufgelockert allerdings durch skurrile und trippige Einschübe. Die Bilder der Punks in der Kargheit der Wüste, vor dem imposanten Hintergrund des Monument Valley muten schon reichlich fremdartig an und werden von Tarantino-Stammkameramann Robert Richardson entsprechend eingefangen. Seltsame Szenen wie jene, in der die beiden Freunde bis zu den Knien in einem Fluss stehen und sich streiten, als plötzlich ein toter Hirsch vom Himmel fällt (Jäger haben ihn von einer Brücke geworfen), stehen eher gewöhnlichen Elementen gegenüber, etwa einer sich anbahnenden Liebesgeschichte zwischen Grant und der allein lebenden Jessie (Catherine Mary Stewart), oder der Begegnung mit einem hilfsbereiten Elvis-Impersonator namens Daredelvis (Pete Wilcox). Wirklich merkwürdig wird der Film, als die beiden Jungs sich nach Biscuits Traum verkleiden und ihnen nach einer Pulle Selbstgebranntem ein alter Cowboy namens Witherspoon (Cal Bartlett) erscheint. Der folgende Showdown, der einen Abstieg der Protagonisten in Wahnsinn und Gewalt suggeriert, dann aber doch in ein halbherziges Happy End mündet, gibt ebenfalls Rätsel auf.

Man erkennt durchaus die Handschrift der Regisseurin, die für sich in Anspruch nehmen kann, Jugendkultur nicht nur via MTV-Schnellstudium aufgesogen zu haben. Die Protagonisten und was man von der Szene, in der sie sich bewegen, mitbekommt, wirken zu jeder Zeit authentisch, und sind nicht, wie so oft, nach den weltfremden Vorstellungen irgendwelcher Hollywood-Sesselpupser gezimmert. Gleich zu Beginn absolvieren die Vandals einen pogointensiven Auftritt, Lee Ving ist ein alter Weggefährte, der ja schon in DECLINE als Arschloch vom Dienst überzeugte, der Soundtrack selbst indessen kündigt bereits den Hairspray-Metal aus THE DECLINE OF WESTERN CIVILIZATION PART II: THE METAL YEARS an. Die Sympathien sind klar verteilt und auch, wenn nicht so ganz klar wird, was das eigentlich alles soll, kommen die USA mit ihrer Außenseitern alles andere als wohl gesonnenen Redneck-Kultur nicht gerade gut weg. Die Wandlung der Punks zu prototypischen Figuren aus der amerikanischen Geschichte scheint einen Versuch darzustellen, in der Heimat „anzukommen“. Dass ein Mord dazugehört, lässt tief blicken. Am Ende wartet nicht Kalifornien, sondern doch nur das Ende der Unschuld.

Phoenix, Arizona: Oliver Cromwell Ogilvie, kurz O. C. (Daniel Jenkins), und sein Kumpel Mark Stiggs (Neill Barry) vertreiben sich ihren letzten Sommer vor dem Gang aufs College damit, die verhasste Upper-Middleclass-Familie um den Versicherungszampano Randall Schwab (Paul Dooley) zu quälen und bloßzustellen …

Auch wenn ich der unumstößlichen Meinung bin, dass die zahlreichen Rezensenten, die O. C. AND STIGGS als Altmans größten Fehlschlag bezeichnen, dass nur tun, weil sie entweder QUINTET nicht gesehen haben oder aber zu besessen davon sind, als gebildete, kunstbeflissene, sensible und durch und durch aufgeklärte Liberale durchzugehen, als dass es ihnen möglich wäre, dem bemüht wichtigen STREAMERS diese hochverdiente Ehre zukommen zu lassen, fällt es nicht schwer, seinen Versuch, eine auf Charakteren aus dem Witzmagazin „National Lampoon“ basierende Teeniekomödie zu inszenieren, als weitestgehend gescheitert zu betrachten. Altman selbst macht keinen Hehl daraus: Das Drehbuch von Ted Mann und Donald Cantrell gefiel ihm überhaupt nicht, sodass er deren straighte Teeniekomödie in eine ihm besser zu Gesicht stehende Satire auf amerikanisches Spießertum und Konformität umformte, damit wiederum den Zorn der Autoren und die Ratlosigkeit des Studios auf sich ziehend, die den Film kurzerhand für zwei Jahre in die Archive verbannten und ihn erst dann auf ein vollkommen gleichgültiges Publikum losließen.

Angesichts der Tatsache, dass Altmans Film eigentlich ein ziemlicher Schlag ins Gesicht des Durchschnittsamerikaners ist, der seine hart erarbeiteten Dollars an der Kinokasse für eine locker-flockige Teeniekomödie bezahlte, dann aber ein anarchisches Durcheinander zu Gesicht bekam, in dem alles, was ihm lieb und teuer war, mit ätzendem Spott überzogen wurde, ist die Reaktion „Gleichgültigkeit“ eigentlich fast noch als Triumph zu bewerten. Wie seine beiden Protagonisten, die ihre Verachtung für die geschmacklos-unkultiviert-dekadenten Schwabs gar nicht mehr verbergen können und deren „Streiche“ mehr als einmal die Qualität von Terroranschlägen annehmen, so arbeitet sich Altman mit Gusto an der heilen Mainstreamkinowelt ab: Sein Film ist ein großes „Fuck you!“ an den Eskapismus, an die Idee wohlgeformter, gut reinlaufender Unterhaltung, an affirmatives, den Status quo erhaltendes Message-Kino und ans Wohlfühl-Bedürfnis des Publikums. Mehr als einmal fühlte ich mich an BREWSTER MCCLOUD erinnert, denn wie in jenem Film erteilt Altman den Konventionen von linearer Narration und psychologischer Charakterisierung in O. C. AND STIGGS eine Absage. Gespickt mit Filmzitaten (Dennis Hopper wiederholt seine Rolle aus APOCALYPSE NOW, eine spontane Tanzeinlage referenziert den vergangenen Glamour von Fred Astaire und Ginger Rogers, ein Trip nach Mexiko erinnert an verschiedene Western und Ray Walston gibt die Rentnerversion eines ausgebrannten Noir-Cops), Selbstbezügen (der Politiker Hal Phillip Walker aus NASHVILLE zeigt hier endlich auch sein Gesicht, die Comichaftigkeit erinnert an Altmans letzten Ausflug ins Mainstreamkino mit POPEYE), dem expressiven Einsatz von Musik (das chaotische Treiben der Schwabs wird einmal von Henry Mancinis PINK PANTHER-Melodie unterlegt) und den in diesem Sujet fremdartig erscheinenden typischen Altmanismen wie den überlappenden Dialogen und der mäandernden Kamera, ist O. C. AND STIGGS Metakino vom allerfeinsten, das nie einen Hehl daraus macht, am Plot kaum mehr als ein sekundäres Interesse zu haben. Die Geschichte, wenn man sie denn so nennen will, folgt einer den Rhythmus völlig zerstückelnden Rückblendenstruktur und statt einer runden Dramaturgie gibt es mehrere völlig ins Leere laufende Episoden.

Auch die zahlreichen Gags taugen kaum dazu, sich freudig auf den Schenkel zu klopfen: Da berichtet ein Penner namens Wino Bob (Melvin Van Peebles), Lincoln habe die Sklaven nur deshalb befreit, weil er sich im Vollrausch befand, verbirgt die Alkoholikerin Elinor Schwab (Jane Curtin) ihren Schnaps in immer absurder werdenden Verstecken, obwohl ihre Familie eigentlich eh völlig gleichgültig ist, verteilen die beiden Protagonisten T-Shirts, die mit dem Firmenlogo von Schwabs Versicherung bedruckt sind, an die Pennerfreunde von Wino Bob, damit diese damit in der Stadt herumlaufen, drücken dem nerdigen Schwab-Sohn Randall jr. (Jon Cryer) auf der Hochzeit von dessen Schwester ein geladenes Maschinengewehr in die Hand und sind die Dialoge der braven Durchschnittsbürger von gesalzenen Rassismen durchzogen, die deutlich machen, dass ihnen das amerikanische Herrenmenschendenken ganz selbstverständlich geworden ist.

„Gefallen“ im herkömmlichen Sinne hat mir O. C. AND STIGGS nicht. Aber wie ich weiter oben schon sagte: Er ist ausdrücklich gegen ein solchens „leichtes“ Gefallen inszeniert, weswegen auch ein Mäkeln daran, dass hier im Grunde nichts so richtig zusammenpasst, den Kern der Sache verfehlt. Als heimtückischen Guerillafilm, als Wolf im Schafspelz, als gefährlichen Querschläger, als filmischen Doppelagenten und als Nackenschlag gegen die Rezipienten-Bequemlichkeit ist O. C. AND STIGGS ausgezeichnet. Altman hat sich mitnichten einen Fehlgriff geleistet: Er wusste ganz genau, was er hier tat. Und das nötigt mir großen Respekt ab. Wie viele einst mit großen Idealen gestartete Filmemacher sind dann doch irgendwann dem Duft des großen Geldes gefolgt oder haben just in dem Moment, als es darauf ankam, für diese Ideale tatsächlich einzutreten, den Schwanz eingekniffen? Eben.

Einen schönen Text – einen der wenigen positiven – zum Film hat Georg Seeßlen verfasst. Er findet sich hier.

Andie Walsh (Molly Ringwald) lebt mit ihrem arbeitslosen Vater (Harry Dean Stanton) allein, seit die Mutter/Ehefrau sie verlassen hat. Von den reichen Kids auf ihrer Schule wird sie gedemütigt oder ganz geschnitten, bis Blane (Andrew McCarthy) des Weges kommt. Die sich anbahnende Liebe trifft jedoch auf Widerstand: Andies bester Freund Duckie (Jon TWO AND A HALF MEN Cryer), der selbst schwer verknallt in Andie ist, ist zutiefst verletzt und Blane wird vom eklen Schnösel Steff (Kevin Spader) unter Druck gesetzt. Werden die beiden den Klassendünkel überwnden können?

Howard Deutch inszeniert ohne größere Eingebungen eine moderne Aschenputtel-Variante nach einem mitelprächtigen Drehbuch von John Hughes, in der Molly Ringwald eine auf der Einkommensachse gespiegelte Version ihres BREAKFAST CLUB-Charakters gibt. Die Klassenkampf-Thematik, die in den Achtzigerjahren oft adressiert wurde – siehe hier etwa (den viel, viel besseren) TUFF TURF oder auch DANGEROUSLY CLOSE –, wird von Hughes allerdings eher plump behandelt: Man könnte den Film auch jeden wirtschaftlichen Subtextes entblättern und auf die beliebte Unterteilung in coole Jocks und geschmacksverirrte Nerds zurückgreifen, an der Geschichte würde sich nicht viel ändern. Vielleicht käme PRETTY IN PINK sogar ein bisschen besser weg, denn der Arm-gegen-Reich-Konflikt nimmt teilweise arg polemische Züge an und zeigt, dass die feinen Differenzierungen John Hughes‘ Ding nicht waren. Ringwald gibt die altersweise Unschuld vom Lande mit für wenig Geld selbst genähten Klamotten, James Spader versieht den Snob mit der Subtilität einer Abrissbirne (und erinnert im Style etwas an einen wohlerzogenen Sonny Crockett) und der arme Andrew McCarthy ist zwischen den Fronten gefangen und braucht im dritten Akt dann mal die obligatorischen zehn Minuten Bedenkzeit, nach denen das Happy End für einen beziehungserfahrenen Mittdreißiger dann nicht mehr ganz so aussichtsreich erscheint. Immerhin ist PRETTY IN PINK aber recht kurzweilig, hat ein paar inspirierte Momente (ein abendlicher kurzer Spaziergang von Andie und Blane ist in wunderbares Licht gehüllt), mit Duckie einen sympathischen Loser und einen feinen Soundtrack voller Achtzigerperlen. Nicht ärgerlich also, durchausganz hübsch, aber abseits von Nostalgie aber auch recht egal.