Archiv für April, 2008

the stooge (norman taurog, usa 1952)

Veröffentlicht: April 29, 2008 in Film
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New York in den 30er-Jahren: Der Sänger Bill Miller (Dean Martin) ist notorisch erfolglos. Zwar hat er Gold in der Kehle und einen Charme, der Frauenherzen zum Schmelzen bringt, was ihm zum Durchbruch fehlt, ist aber das gewisse Etwas, ein auflockerndes Element in seinem Programm. Sein Manager hat die Lösung: Bill braucht einen „Stooge“, einen scheinbar neutralen Zuschauer, der in Wahrheit jedoch mit dem Künstler unter einer Decke steckt und sich mit ihm in einstudierten Dialogen die Bälle zuspielt. Dieser Stooge ist bald gefunden: Es handelt sich bei ihm um den linkischen Theodore „Ted“ Rogers (Jerry Lewis), dessen komisches Talent die Shows von Bill Miller schon bald zu einem echten Renner macht. Doch Bill will seinen Platz im Rampenlicht nur ungern teilen …

THE STOOGE, die zweite Kollaboration von Dean Martin und Jerry Lewis mit Regisseur Norman Taurog, ist vielleicht nicht der witzigste Film des Duos, ganz sicher aber ihr bis dahin bester. Zum ersten Mal ist es nämlich gelungen die beiden Kunstfiguren in einen narrativen Rahmen einzubetten, der ihrer beider Stärken zur Geltung bringt, ohne den einen zugunsten des anderen zu „opfern“. Das Konzept von THE STOOGE ist dabei bestechend einfach: Im Grunde handelt es sich um einen lupenreinen Metafilm, der das Erfolgsrezept des realen Komikerduos Martin&Lewis zur Ausgangssituation nimmt und reflektiert – und dabei interessanterweise ein Zerwürfnis herbeifabuliert, das nur wenige Jahre später Realität werden sollte (erst nach 20 Jahren der Funkstille gab es Mitte der Siebzigerjahre die Versöhnung bei einem von Frank Sinatra eingefädelten Überraschungsauftritt Dean Martins in einer von Jerry Lewis veranstalteten Fernseh-Wohltätigkeitsveranstaltung – siehe hier). Im Unterschied zu den voherigen Filmen des Duos ist hier Dean Martin die treibende Kraft und das emotionale Zentrum des Films. Er wird zum tragischen Helden, weil seine Defizite – die ihn in den bisherigen Filmen mit Lewis immer wieder an den Rand drängten – ganz explizit thematisiert werden, seine Not somit gerade zur Tugend von THE STOOGE wird: Dean Martin ist (noch) zu perfekt, um unserer vollen Sympathie teilhaftig zu werden. Er ist der Prototyp des von der Muse geküssten Dreamboys und daher vor allem eines: langweilig. Erst in der Paarung mit dem grotesk unattraktiven und tolpatschigen Lewis, einem beinahe geschlechtslosen Kunstwesen, wird Martin lebendig: Zum einen, weil die Vaterrolle, die er fast schon zwangsläufig annehmen muss, ihn zum Sympathieträger macht, zum anderen, weil er, der immer gute Miene zu den Sabotageversuchen Lewis‘ macht, plötzlich als jemand erscheint, der über sich selbst lachen kann. So wie die Paarung mit Lewis Dean Martin zum Superstar machte, wird auch sein alter ego Bill Miller zum Bühnenstar in THE STOOGE. Dass der Clown Ted dennoch viel mehr ist als nur das komische Gegengewicht, wird in THE STOOGE aber ebenso offenkundig: Immer wieder muss Ted für seinen einem guten Gläschen niemals abgeneigten Arbeitgeber in die Bresche springen. Natürlich muss sich der Konflikt zwischen den beiden, der aus dem Neid Bills erwächst, der sich immer noch für den eigentlichen Star hält, am Ende in Wohlgefallen auflösen: Nach einem desaströsen Soloauftritt, erkennt Bill seine Fehler, entschuldigt sich bei seinem Publikum und erkennt Ted endlich als gleichwertigen Partner an. In der Realität war es leider nicht so einfach …

Bruce Templeton (Rod Taylor) ist Erfinder und mit einem wichtigen Raumfahrtprjoekt betraut. Als er die attraktive Jennifer Nelson (Doris Day) kennen lernt und herausfindet, dass diese ebenfalls für seine Firma arbeitet, stellt er sie als seine persönliche Biografin ein. Es sprühen die Funken, bis Bruce‘ Arbeitgeber den Verdacht äußern, Jennifer könnte eine Spionin der Gegenseite sein …

Frank Tashlins Komödie verdankt ihren Appeal der Verbindung Bond’scher Spionage-Science-Fiction und der hausmütterlichen All-American-Mom-Persona Doris Days. Die High-Tech-Gimmicks der Bond-Filme gehören hier nicht der Sphäre des Hochverrats an, sondern dem Betätigungsfeld der amerikanischen Familie: So wird Jennifer in Templetons Küche mit einer vollautomatisierten Küchenzeile und einem intelligenten Putzroboter konfrontiert. Und weil Jennifer von diesen harmlosen Erfindungen sichtlich verunsichert wird, wirkt die Idee von Tempeltons Vorgesetzten, die arglose Jennifer könne im Dienste der Russen stehen, umso absurder. Oder wie es Templeton nur wenig charmant ausdrückt: „Sie ist nicht intelligent genug für Spionage!“ Das kann man durchaus auch als Kritik am US-amerikanischen Status Quo lesen, wenn man will. Es gibt Vieles, das THE GLASS BOTTOM BOAT zur Ehre gereicht – Tashlins wunderbare Bildgestaltung (diese Farben!), die Chemie zwischen den Stars Doris Day und Rod Taylor und die herrlichen Auftritte von Dom DeLuise als trotteliger Spion –, dennoch hat der Film mit nicht unerheblichen Pacing-Problemen zu kämpfen: Nach der Exposition will der Film einfach keinen richtigen Zug entwickeln, springt er irgendwie unentschlossen von einer Szene zur nächsten. Da ist es dann umso erstaunlicher, dass die letzten vierzig Minuten, in denen die einzelnen Plotfäden bei einer Party im Hause Templetons zusammengeführt werden, wie aus einem Guss erscheinen und THE GLASS BOTTOM BOAT zu einer famosen Screwball-Komödie machen.

Der Komiker Hap Smith (Jerry Lewis) ist mit seiner Partnerin Betsy (Mona Freeman) auf Erfolgskurs und soll bald am Broadway auftreten, als ihn ein geheimnisvoller Brief zu einer streng geheimen Mission beruft. Urheber des Briefes ist Haps alter Kumpel Chick Allen (Dean Martin), seines Zeichens Fallschirmjäger und nebenbei für die Truppenunterhaltung verantwortlich. Weil sein Chef das Entertainment vollkommen streichen will, muss die nächste Show ein Kracher werden und dafür braucht Chick die Hilfe von Hap, der sich leider vollkommen verplappert und daraufhin unter falschem Namen bei den Fallschirmjägern landet. Es gibt die zu erwartenden Verwicklungen und Verwirrungen …

Nach vier Filmen mit Regisseur Hal Walker markiert diese erste Zusammenarbeit von Jerry Lewis und Dean Martin mit Regisseur Norman Taurog den Beginn der nächsten wichtigen Schaffensperiode: Mit Taurog zusammen realisierten die beiden zwischen 1952 und 1956 insgesamt fünf Filme: JUMPING JACKS, THE STOOGE, LIVING IT UP, YOU’RE NEVER TOO YOUNG und PARDNERS. Taurog hat seinen Platz in filmischen Geschichtsbüchern aber noch aus anderen Gründen sicher: 1931 erhielt er 32-jährig den Regieoscar für SKIPPY und ist somit der jüngste Regisseur, dem diese Auszeichnung zuteil wurde. Nebenbei ist er mit neun (!) gemeinsamen Filmen maßgeblich am filmischen Output Elvis Presleys beteiligt. Man tut Taurog wohl nicht ganz Unrecht, wenn man ihn eher als soliden Handwerker bezeichnet, denn als auteur. Bei JUMPING JACKS beschränkt sich seine Aufgabe dann auch darauf, Jerry Lewis im Zaum zu halten und darauf zu achten, dass der Rote Faden sich zwischen den nur lose verbundenen Comedy- und Gesangseinlagen nicht gänzlich verflüchtigt. Dies gelingt ihm auch ganz gut, dennoch will JUMPING JACKS keinen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen. Als Armykomödie hat Taurogs Film in nicht unerheblichem Maße damit zu kämpfen in unmittelbarer Konkurrenz zum ungleich besseren SAILOR BEWARE zu stehen. Lewis‘ Eskapaden, mit deren Niveau seine Kollaborationen mit Dean Martin zu diesem Stadium ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit stehen und fallen, wirken eher müde und festgefahren. Ähnliches gilt für Martins Gesangsnummern: Wenn man ihm keine Frau zum Anschmachten an die Seite stellt, verpufft sein schmieriger Charme im Nichts. JUMPING JACKS ist ganz sicher kein Totalflop, wirkt aber wie eine mit angezogener Handbremse und auf Autopilot inszenierte und gespielte Pflichterfüllung. Für die nächsten Filme mit Taurog ist nach oben noch Luft.

Rockwell Hunter (Tony Randall) arbeitet als Texter in einer Werbeagentur und ist es gewöhnt von den Entscheidungsträgern regelmäßig missachtet und geringgeschätzt zu werden. Als seine Firma um einen wichtigen Kunden kämpft – den Hersteller eines Lippenstifts –, kommt Hunter jedoch der entscheidende Einfall: Als Werbeträgerin soll die gerade aus Liebeskummer in New York weilende Diva Rita Marlowe (Jayne Mansfield) engagiert werden. Mit viel Eigeninitiative gelingt es Rockwell tatsächlich, Marlowe zu gewinnen. Doch dafür muss er als ihr persönlicher Liebhaber fungieren: Es stellt sich heraus, dass der Hollywoodstar ganz genau weiß, wie man das Interesse der Öffentlichkeit gewinnt. Rockwells ordentliches Leben steht bald völlig auf dem Kopf …

Nach THE GIRL CAN’T HELP IT arbeitete Tashlin zum zweiten Mal mit der üppigen Jayne Mansfield zusammen und nutzte ihre Kunstfigur für eine bissige, aber niemals gemeine Komödie über Lebenskonzepte, Materialismus, Gier und Erfolg. Rock Hunter ist dem Erfolg auf den Fersen, nichts wünscht er sich sehnlicher als endlich den Schlüssel zum exklusiven Waschraum der Executives zu erhalten – hier lässt sich schon erahnen, dass der Traum vom Erfolg reichlich leer ist. Als er plötzlich als Liebhaber der Marlowe zur Berühmtheit wird, muss er jedoch schnell erkennen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt: Seine Verlobte beginnt sich zu verändern, um seiner neuen Flamme Konkurrenz zu machen (herrlich, wie sie die spitzen Kiekser der Mansfield imitiert und auf hohen Hacken mit Tippelschritten durchs Büro stöckelt), er kann kaum noch die Straße überqueren, ohne von hysterischen Teens verfolgt zu werden, und in der Chefetage seiner Firma angelangt, stellt er fest, dass das alles nicht das ist, was er eigentlich wollte. Das ist zugegebenermaßen alles nicht neu, von Tashlin (der das Drehbuch nach einem Bühnenstück selbst adaptierte) aber so dicht gewoben, von den Darstellern, allen voran Jayne Mansfield und Tony Randall, so brilliant gespielt, dass man bereit ist WILL SUCCESS SPOIL ROCK HUNTER? seine „Lebe dein Leben!“-Botschaft wirklich abzunehmen. Mit seinem Thema von Konditionierung und Verführung durch Werbung ist Tashlins Film auch heute noch erstaunlich zeitgemäß. Erstaunlich, wie wenig sich das Spiel von Publicity und Showmanship in den letzten 50 Jahren tatsächlich verändert hat. Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es einen kurzen Gastauftritt von Groucho Marx als Ritas ewige Flamme George Schmidlapp. Essenziell!

Dass Frankreich über eine lange Tradition des Gangster- und Crime-Films verfügt, ist kein Geheimnis. Altmeister Jean-Pierre Melville trat in den späten Vierzigerjahren das Erbe amerikanischer Gangsterflicks und des Film Noir an und formte aus den Zutaten ein „Kino der Leere“, das unter anderem John Woo zu seinem Heroic-Bloodshed-Kino inspirierte. Andere Protagonisten des „Polar“, um einen anderen Fachbegriff zu streuen, waren u. a. Henri Verneuil oder Jacques Deray, aber natürlich auch die Protagonisten der Nouvelle Vague: Claude Chabrol, Francois Truffaut, Claude Sautet und andere. Diese große Krimi-Tradition, die auch international einige Wirkung hinterließ, setzt sich heute leider abseits der großen Leinwände und der Aufmerksamkeit der Massen fort. Doch das Aufspüren dieser Titel lohnt sich: Ein Meisterstück des gegenwärtigen Gangsterfilms hat etwa Frédéric Schoendoerffer mit TRUANDS abgelegt, das unter dem Titel CRIME INSIDERS nun in Deutschland auf DVD vorliegt. Auf F.LM kann man meine Rezension zu diesem herausragenden Genrebeitrag lesen, den ich hier noch einmal ausdrücklich empfehlen möchte. Klick hier.

Endlich habe ich es mal wieder geschafft, eine Rezension zu schreiben, bevor mir der Stapel noch abzuarbeitender DVDs noch über den Kopf hinaus wächst. Auf F.LM kann man hier meinen Text zu den ersten beiden Veröffentlichungen aus der neu erscheinenden Reihe „Der phantastische Film“ lesen. e – m – s hat die britische Verfilmung der Lovecraft-Story „Träume im Hexenhaus“ mit dem schönen Titel DIE HEXE DES GRAFEN DRACULA mit Christopher Lee, Boris Karloff, Barbara Steele und Michael Gough sowie den obskuren Vampir-/Mad-Scientist-Film DER DÄMON MIT DEN BLUTIGEN HÄNDEN ausgegraben und in hübschen Editionen veröffentlicht. Zugreifen lohnt sich.

Der Musikagent Tom Miller (Tom Ewell) wird von dem ehemaligen Gangsterboss Fats Murdock (Edmond O’Brien) engagiert, um dessen Geliebte, die betörende Jerri Jordan (Jayne Mansfield), zum Star zu machen. Nachdem Tom mit ihr bleibenden Eindruck in der Szene hinterlassen hat und die Saat für weitere Schandtaten bereitet hat, muss er feststellen, dass Jerri überhaupt nicht singen kann und auch überhaupt kein Interesse daran hat, berühmt zu werden. Dafür wächst das gegenseitige Interesse aneinander aber ins Unendliche. Der Ärger ist vorprogrammiert.

Grandios! Viel mehr gibt es zu dieser fabelhaften Komödie von Frank Tashlin eigentlich nicht zu sagen. Schon die Eröffnung mit der „Einstellung“ des Bildformats und der Farbe sowie des Tons ist ein gelungener Auftakt, auf den Tashlin ein in dieser Form sicherlich einmaliges Gag- und Musikfeuerwerk folgen lässt. Die witzigsten Szenen hat eindeutig O’Brien als vulgärer und cholerischer Gangsterboss abbekommen, der seine Knasterfahrungen in zahlreichen schwachsinnigen Songtexten festgehalten hat und am Schluss seinen idiotischen Hit „Rock around the Rock Pile“ intonieren darf. Aber auch Tom Ewell, der nur ein Jahr zuvor in THE SEVEN YEAR ITCH den Reizen der Monroe hilflos ausgeliefert war, und sich  sich hier nun der nicht weniger beeindruckenden Mansfield gegenüber sieht, die als Jerri Jordan so viel lieber Hausfrau wäre, anstatt Popstar zu werden, darf sein komisches Talent voll ausspielen. Die Überraschung des Films war für mich aber eindeutig Frau Mansfield, die ich eher als Sternchen mit üppigem Dekolleté und makabrem Abgang (siehe CRASH) abgeheftet hatte, die hier aber einiges an schauspielerischem Geschick offenbart und vor allem unendlich sympathisch wirkt. Abgerundet wird dieser Augenschmaus von einem Film – man wird fast berauscht von den kräftigen Farben, in die Tashlin seine Sets und Schauspieler hüllt – durch die Gastauftritte zahlreicher seinerzeit populärer Rock’n’Roller und Musikstars wie etwa Little Richard, Fats Domino, Gene Vincent, Julie London, Eddie Cochran, Eddie Fontaine, The Platters und vielen anderen. Frank Tashlin offenbart sich einmal mehr als echtes Komödiengenie, dessen Animationsvergangenheit ihn in der Rezeption leider immer etwas einseitig abstempelt. Ständig wird das Cartooneske seiner Komödien betont, seine Bildkompositionen damit zum reinen Gimmick herabgewürdigt, ganz so, als sei Film keine Kunstform, in der die Visualität im Vordergrund stünde. Mit THE GIRL CAN’T HELP IT beweist er durchaus noch einiges mehr: Ein herausragendes Timing und ein beachtliches Einfühlungsvermögen. Riesenfilm! Meisterwerk! Ansehen! Sofort!

Vor 20 Jahren hat Bob (Roger Duchesne) sein letztes großes Ding gedreht und ist dafür in den Bau gewandert. Heute ist er geläutert, auch wenn er aufgrund seiner Spielsucht chronisch klamm ist. Mit einem groß angelegten Coup wollen er und seine Kumpels sich noch einmal richtig die Taschen vollmachen: Ein Casino soll ausgeraubt werden. Doch natürlich kommt alles ganz anders …

Melvilles fünfter Spielfilm entstand aufgrund finanzieller Schwierigkeiten über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Dies im Hinterkopf kann man nicht anders als staunen, denn BOB LE FLAMBEUR wirkt atmosphärisch ungemein homogen. Wie man es von Melville kennt ist auch dieser Film nicht unbedingt plot-, sondern vor allem stimmungsorientiert: Die wunderschöne Schwarzweiß-Fototgrafie von Nouvelle-Vague-Stammkraft Henri Decae verortet den ganzen Film im Zwielicht zwischen Tag und Nacht, jener Zwischenwelt, in der die Getriebenen nach Halt suchen, jedoch immer nur wieder ins Leere greifen. Dort, im Vergnügungsviertel Montmartre, lernt Bob ein junges Mädchen kennen. Was sie mitten in der Nacht in dieser Gegend zu suchen habe, fragt er sie, ganz so, als ob er sie auch vor Leuten wie ihm warnen wolle. Doch er nimmt sie mit zu sich nach Hause, wo er ihr seine Slot Machine zeigt, die er in einem Wandschrank stehen hat, und ihr von seinem Vermögen erzählt, das er gar nicht besitzt. Bob ist ein Verlierer, obwohl er alles andere als dumm ist. Aber das Glücksspiel kennt keine Intelligenz. Und als er dann endlich einmal die Glückssträhne hat, auf die er seit Jahren gewartet hat, besiegelt sie auf ganz andere Art und Weise sein Schicksal. Man erkennt in BOB LE FLAMBEUR viele Elemente etwa von LE DOULOS wieder: die Freundschaft zwischen Cop und Gangster, die verräterische Frau, Kumpels und zwielichtige Gesellen, denen man nicht trauen darf, und immer wieder die nächtlichen Straßen und vollgequalmten Hinterzimmer, in denen Männer ihr letztes Hemd beim Kartenspiel verzocken. Was diesen frühen von späteren Melvilles unterscheidet, das ist die Hoffnung, die hier noch irgendwie greifbar scheint. Zwar tappt Bob auch am Ende wieder in die Falle, weil er nunmal der ist, der er ist, doch sein Traum bleibt. Später, etwa in LE CERCLE ROUGE, gibt es auch diesen Traum nicht mehr, geht alles nur noch um die Erfüllung der Rollen, das Spielen des Spiels um des Spiels Willen, ohne jegliche Freude und echte Ambition. Während durch die Adern von Delons Corey Trockeneis fließt, ist Bob ein Mann von Fleisch und Blut, mit Ängsten und Wünschen: Auch deshalb wirft er stets eine Münze mit zwei identischen Seiten.

Um den bescheidenen Status der britischen Luftfahrt zu verbessern, veranstaltet der skeptische Lord Rawnsley (Robert Morley) auf Geheiß seines zukünftigen Schwiegersohnes, dem Hobby-Piloten Richard Mays (James Fox), einen Flugwettbewerb. Die besten Piloten aus aller Welt werden nach London eingeladen, um bei einem einmaligen Flug über den Ärmelkanal nach Paris den Sieger zu ermitteln, dem sensationelle 10.000 englische Pfund winken. Unter den Kandidaten befinden sich der siegessichere Franzose Dubois (Jean-Pierre Cassel), der stets von seiner besorgten Frau verfolgte Italiener Ponticelli (Alberto Sordi), die Preußen um Colonel Manfred von Holstein (Gert Fröbe), der hinterhältige Sir Percy Ware-Armitage (Terry-Thomas) und der hemdsärmelige Cowboy Orvil Newton (Stuart Whitman), der bald schon die Aufmerksamkeit der hübschen Patricia, Rawnsleys Tochter, auf sich zieht …

THOSE MAGNIFICENT MEN ist großes Kino, wie es heute nicht mehr produziert wird: Von vorn bis hinten auf den größtmöglichen Unterhaltungswert gebürstet, mit wunderbaren Bildern und Performances vollgestopft, quietschbunt, federleicht, urkomisch und überlang. Seinen Humor bezieht der Film vor allem aus der gekonnten Überzeichnung der verschiedenen Nationalitäten: Die Engländer sind steif und immer etwas etepetete, der Italiener hat ständig die halbe Sippschaft im Schlepptau, die ihm krakeelend hinterherläuft, der Franzose tappt von einer Liaison in die nächste, die Deutschen machen aus allem gleich einen Krieg, dem Japaner reicht man nur mit dem größten Misstrauen ein Taschenmesser – er könnte ja Harakiri begehen wollen. Dass der Amerikaner hier so gänzlich ohne Fehl und Tadel gezeichnet wird ist vor allem aufgrund der Herkunft von Annakins Film verwunderlich. Über das reine Amüsement hinaus gelingt es dem Film dank der wirklich wunderbaren Flugzeuge ausgesprochen gut, ins Bewusstsein zu rufen, was für ein Irrsinn es vor gerade einmal hundert Jahren gewesen ist, sich in eine dieser selbst gebauten Flugmaschinen zu setzen, und welchem Mut und Erfindungsgeist wir es zu verdanken haben, dass wir heute binnen weniger Stunden einmal um den ganzen Erdball jetten können. Die Flugaufnahmen sind schon fast die halbe Miete des Films, dem allerdings, das muss eingeräumt werden, in der zweiten Hälfte etwas die Puste ausgeht. Das Rennen selbst kann die hohen Erwartungen nach dem turbulenten Aufbau nicht mehr ganz erfüllen. Egal, ein schöner Film ist es trotzdem.

sailor beware (hal walker, usa 1952)

Veröffentlicht: April 23, 2008 in Film
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Im Rekrutierungsbüro der US Navy treffen sich Al Crowthers (Dean Martin) und Melvin Jones (Jerry Lewis), zwei Männer, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Das Goldkehlchen Al meldet sich bereits zum 11. Mal im Wissen, untauglich zu sein: Für ihn ist das ein willkommenes Ritual, um seine Freundinnen loszuwerden. Melvin hingegen ist ein körperliches Wrack, dem der Arzt Seeluft verschrieben hat – und wo bekäme man die günstiger als bei der Navy? Schließlich landen beide in Uniform und sind nach absolvierter Blitzausbildung mit dem U-Boot unterwegs nach Honululu, was Anlass für einige Turbulenzen bietet …

Mit dem bislang stärksten Film des erfolgreichen Gespanns scheint man sich auf ein Rezept geeinigt zu haben: Anstatt sie in ein narratives Korsett zu zwängen und so ihre Stärken zu neutralisieren, ist SAILOR BEWARE nicht mehr als der Anlass für zahlreiche komische und musikalische Nummern, in denen mal der eine, mal der andere die Hauptrolle übernehmen darf. Zwei Szenen verdeutlichen sowohl wie das Duo damals auch „in echt“ auf der Bühne funktionierte als auch, warum Dean Martin irgendwann von Lewis die Schnauze voll hatte: Ihre Komik beziehen die gemeinsamen Nummern nämlich vor allem daraus, dass der Dilettant Lewis die Darbietungen des Künstlers Martin torpediert. Wie alle Rekrutierungs- und Kadettenfilme wird auch in SAILOR BEWARE auch reichlich Werbung für die Streitkräfte gemacht und teures Kriegsequipment zur Schau gestellt. Wenn man sich das so ganz unbedarft ansieht, muss man wirklich den Eindruck bekommen, das Leben bei der Navy ist eine ewige Klassenfahrt: mit dem Unterschied, dass die Frauen sich kaum zurückhalten können. Das ausgerechnet bei diesem Film zu kritisieren, der doch auch immer wieder sehr anarchisch und alles andere als autoritätshörig daherkommt, hieße aber krampfhaft das Haar in der Suppe zu suchen. Komische Höhepunkte sind nämlich alles andere als rar gesät: Einsames Highlight ist aber definitiv Lewis’ Darbietung als Boxer. Dem Tipp seines Kumpels Al, einfach so zu tun, als sei er ein Profi, leistet Melvin beim Trash-Talk in der Kabine so überzeugend Folge, dass sein Gegner noch vor dem Kampf einen Rückzug macht und stattdessen seinen stärkeren Bruder in den Ring schickt. Aber auch den weiß Melvin mit sehr unorthodoxen Mitteln zu Boden zu zwingen. Alles!