Archiv für August, 2008

randnotizen

Veröffentlicht: August 31, 2008 in Film

School of Rock (USA 2003)
Regie: Richard Linklater

Auch bei der dritten oder vierten Sichtung finde ich den Film immer noch toll: Ich liebe Jack Blacks besessenen Enthusiasmus, der Witz, mit dem Rockmythologie in SCHOOL OF ROCK gleichzeitig banalisiert und gepredigt wird und den großen Abschlusssong, der mir immer wieder eine Gänsehaut beschert.

Stone Cold (USA 1991)
Regie: Craig R. Baxley

Zu Beginn der Neunzigerjahre war es noch möglich, dass Michael Douglas einen knallharten, aufwändigen und brutalen Actionfilm ohne viel Schnickschnack, dafür aber mit einem endlos peinlichen Ex-Footballstar produzierte, der dann sogar einen großen Kinostart bekam. STONE COLD ist ein großes Fest, protzt mit Lance Henriksen und William Forsythe, die ihre Szenen auffressen wie hungrige Löwen, und fetten handgemachten Stunts. Einer der letzten seiner Art.

Tenacious D in: The Pick of Destiny (USA 2007)
Regie: Liam Lynch

Gefällt mir mit zunehmenden Sichtungen immer besser, was heißt, dass die wenigen eher misslungenen Szenen mittlerweile kaum noch ins Gewicht fallen. TENACIOUS D IN: THE PICK OF DESTINY eignet sich perfekt für ein Double Feature mit Linklaters SCHOOL OF ROCK und sei allen empfohlen, für die Rock bei allem Respekt vor allem synonym für „Spaß“ steht. Ben Stillers Cameo ist unbezahlbar!

Superbad (USA 2007)
Regie: Gregg Mottola

Manchmal wirkt SUPERBAD mit seinen zahllosen Vulgarismen etwas übermotiviert, dann ist es wieder ein wunderbarer Freundschaftsfilm, der wie Linklaters DAZED AND CONFUSED Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenwerden beobachtet. In Mottolas Film bedeutet das vor allem, endlich die Jungfräulichkeit zu verlieren und tierisch zu bechern … oder doch noch mehr? SUPERBAD besticht durch sein hohes Tempo und einen magnetischen Flow, dem man sich allzu gern hingibt. Man könnte SUPERBAD mit einigem Recht als den AFTER HOURS für Junggebliebene bezeichnen.

dvd-regal vol. 10

Veröffentlicht: August 31, 2008 in Film

Mit unserem Gast Matthias (Filmsichtungen folgen), der noch nie in Holland war, haben wir einen Abstecher ins beschauliche Venlo unternommen und einige Schnäppchen gemacht. Die ersten fünf DVDs gab es zusammen für 10 Euro, die THE SHIELD-Box ist ein Gastgeschenk von Matthias. Vielen Dank!



fantasy filmfest 2008: epilog

Veröffentlicht: August 30, 2008 in Film, Veranstaltungen
Schlagwörter:

Um das diesjährige FFF endgültig zu einem handlichen Paket zu schnüren, dass man dann „wegräumen“ kann, gibt es auf F.LM noch einmal einen Podcast. Gegenstand der Diskussion ist Robert Kurtzmans DTV-Gorefest THE RAGE, außerdem gibt es noch ein Fazit jedes Diskutanten. Viel Spaß!

Acolytes (Australien 2008)
Regie: Jon Hewitt

Ein paar hastig hinuntergestürzte Biere und ein deftiges Schnitzel waren Schuld, dass ich bei ACOLYTES nach 20 Minuten vom Schlaf übermannt wurde. Verpasst habe ich einen Thriller, der vor allem visuell herausragend komponiert ist. Und mehr kann ich auch schon gar nicht mehr sagen.

Vikaren (Dänemark 2007)
Regie: Ole Bornedal

Aus Bornedals zweitem Festivalfilm wurde ich von der „Hyäne“ vertrieben: Einem der vielen ausgesprochen liebenswerten Festivalbesucher, die auch noch den letzten Kalauer mit einem kreischenden, übermotivierten Lachen würdigen, dass stets auch zu sagen scheint: „Schaut her, ICH habe den Witz verstanden und amüsiere mir den Arsch ab!“ Unerträglich. Nach 30 Minuten war VIKAREN damit für mich beendet. Danke, Hyäne!

Transsiberian (Großbritannien/Deutschland/Spanien/Litauen 2008)
Regie: Brad Anderson

Das Ehepaar Roy (Woody Harrelson) und Jessie (Emily Mortimer) reist nach karitativer Mission in China mit der transsibirischen Eisenbahn nach Moskau. An Bord lernen sie ein anderes Pärchen kennen, den undurchsichtigen Carlos (Eduardo Noriega) und seine Jahre jüngere Freundin Abby (Kate Mara). Als Roy bei einem kurzen Zwischenstopp den Zug verpasst und Jessie mit Carlos allein ist, zeigt dieser dann auch sein wahres Gesicht. Und so hat Jessie wenig später nicht nur einen Mord auf dem Gewissen, sondern auch eine Ladung Heroin im Rucksack …

Enttäuschender Thriller vom MACHINIST-Regisseur Brad Anderson, von dem man sich doch ein wenig mehr erwartet hätte als das typische Braves-Ehepaar-wird-bedroht-Szenario. Das schöne Lokalkolorit wird leider für eine recht hohle Russland-Paranoia missbraucht und die Handlungsentwicklungen der zweiten Hälfte locken nun wirklich keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Enttäuschend.

The Chaser (Südkorea 2008)
Regie: Na Hong-jin

Zuhälter und Ex-Polizist Joong-ho (Kim Yun-seok) ist wütend: Ein Unbekannter scheint ihm seine Mädchen zu rauben, also begibt er sich auf die Fährte des Mannes, von dem er doch nur eine Telefonnummer hat. Was Joong-ho nicht weiß: Dieser Mann ist mitnichten ein Frauenhändler, sondern der fleißige Serienmörder Young-min (Ha Jung-woo). Joong-hos Initiative trägt zur Verhaftung Young-mins bei und tatsächlich gesteht dieser bereitwillig und für alle überraschend seine Morde. Doch äußere Umstände führen bald zu seiner Freilassung: Und Joong-hos Mädchen liegt noch immer in dessen Mordverlies. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt …

THE CHASER besticht vor allem in der ersten Hälfte durch einen exzellenten und sehr geduldigen Spannungsaufbau, der nicht nur die Charaktere glaubwürdig charakterisiert, sondern auch dem Handlungsort Konturen verleiht. Leider geht der Debütfilm in der zweiten Hälfte baden, entpuppt sich gar als ausgesprochen unangenehmes, spekulatives Manipulationsvehikel. Die Drehbuchvolten scheinen keinem anderen Zweck verpflichtet als Thrill zu erzeugen, für den Regisseur Na Hong-Jin wohl auch seine Mutter verkaufen würde. Seinen geschmacklosen Höhepunkt findet THE CHASER, wenn er sein weibliches Opfer nach filmlanger Tortur erst entkommen und dann doch sterben lässt. Letztlich soll dies nur die Rachegelüste des Zuschauers steigern und die wieder einmal als inkompetent dargestellte Polizei trägt ihren zur Eskalation dieses Wunsches bei. THE CHASER verwehrt zwar letztlich sowohl seinem Protagonisten als auch dem Publikum die Triebabfuhr, kann somit einige der geäußerten Vorwürfe abfangen, muss aber doch als ärgerliche Festivalenttäuschung durchgehen. Es wird Zeit, dass Genreregisseure ihr Gewissen wieder entdecken: Der Zynismus, von dem ein Großteil der Beiträge durchzogen ist, ist nicht mehr nur ein alter Hut, er dreht auch schlechte Filme wie diesen hier, der sein Potenzial leider vollkommen verschenkt.

Fazit:

Das Festival konnte nach das Niveau des herausragend besetzten letzten Jahres erwartungsgemäß nicht mehr erreichen, dennoch muss man das Programm als zufriedenstellend bezeichnen. Die Zahl der vollkommen missratenen Rohrkrepierer hielt sich arg in Grenzen, leider fehlten aber sowohl ein wirklich herausragender Titel als auch eine große Überraschung. Auffallend: Vor allem die reinen Horrorfilme waren für die Enttäuschungen verantwortlich. Hier mein Festival im Kurzabriss:

Highlights:
LAT DEN RÄTTE KOMMA IN
JUST ANOTHER LOVE STORY
JCVD
KUNSTEN A TENKE NEGATIVT
DOWNLOADING NANCY

Enttäuschungen:
EDEN LAKE
MARTYRS
MIRRORS
TRANSSIBERIAN
THE CHASER

Hoffnungslos:
LADY BLOOD

Spaß:
JACK BROOKS: MONSTER SLAYER
MY NAME IS BRUCE
THE RAGE

The Rebel (Vietnam 2006)
Regie: Truc „Charlie“ Nguyen

Nach Thailand erhebt nun auch Vietnam Anspruch auf den verwaisten Martial-Arts-Thron. THE REBEL kommt im Gewand eines ernsten Historienfilms – es geht um die den vietnamesischen Widerstand gegen die französische Kolonialmacht -, der leider trotz schöner Cinematografie immer etwas zu bieder bleibt, um wirklich zu fesseln. Anders verhält es sich da mit den kurzen, aber mitreißenden Fights: Hauptdarsteller Johnny Nguyen zeigt, dass er es mit den Größen des Genres durchaus aufnehmen kann, und die Kamera tut alles, um diese Tatsache einzufangen. Statt mit wüsten Schnitten und ebensolcher Bildführung sind die Actionszenen in THE REBEL sehr naturalistisch eingefangen. So lässt sich jeder Tritt, jede Parade, jeder Konter nachvollziehen; die Dynamik bringen die Schauspieler ins Spiel. Gegenüber einem ONG-BAK, der Thailand vor einigen Jahren quasi über Nacht zum neuen Martial-Arts-Mekka machte, bleibt THE REBEL leider immer im „Rahmen“ – man vermisst das Besondere, den Exzess. Und das Wiedersehen mit 21 JUMP STREET-Star Dustin Nguyen reicht da leider nicht aus. Trotzdem: Ansehnlich.

L Change the World (Japan 2008 )
Regie: Hideo Nakata

Das Spin-Off der erfolgreichen DEATH NOTE-Filme macht es den Zuschauern, die mit jenen nicht vertraut sind, zum Glück nur zu Beginn schwer. Dann emanzipiert sich L CHANGE THE WORLD von seinen Vorgängern und erzählt seine Geschichte um Ls Kampf gegen Terroristen, die die Erde mit einem tödlichen Virus erpressen wollen. Nach einem Auftakt mit Knalleffekt – ein thailändisches Dorf wird mit einer Atombombe ausgelöscht – tritt Regisseur Nakata jeodch beherzt auf die Bremse. L CHANGE THE WORLD ist aufreizend langsam, sein Verzicht auf eye candy und Spezialeffekte ist frappierend. So ist es an Kenichi Matsuyama als Hauptfigur L, das Zuschauerinteresse zu binden. Das gelingt, weil L als eine der schrulligsten Figuren der jüngeren Filmgeschichte bezeichnet werden muss: Das lebensmüde Computer-As, das ohne Unterlass Zucker in sich hineinstopft und unter einer extrem ungesunden Körperhaltung leidet, stellt eine amüsante Überhöhung des jugendlichen Computernerds dar. Wesenszüge, die sonst Gegenstand des Spotts sind, werden hier mystifiziert, förmlich zu Superkräften stilisiert, der Nerd heroisiert. Diese Strategie zieht sich durch den ganzen Film: Das Fantastische und Absurde wird zum Normalen. Das Problem: L CHANGE THE WORLD konzentriert sich so sehr auf seinen Protagonisten, dass man als Zuschauer den Film drumherum vermisst. Die tödliche Bedrohung wird nie wirklich greifbar, der Thrill bleibt somit aus, das Finale ist schlicht und ergreifend antiklimaktisch. Mir hat L CHANGE THE WORLD gefallen, auch wenn es mir nicht gelingt, das stichhaltig zu begründen. Eigenartig.

Kaerlighed pa film (Dänemark 2007)
Regie: Ole Bornedal

Der Fotograf Jonas (Anders W. Berthelsen) ist seit 15 Jahren glücklich mit Mette (Charlotte Fich) verheiratet, beide haben zwei Kinder. Als er aber Zeuge eines Autounfalls wird, in den die junge Julia (Rebecka Hemse) verwickelt ist, verändert er sich. Er besucht die Komapatientin und schlüpft schließlich eher unabsichtlich in die Rolle von deren Freund Sebastian, von dem Julia ihren Eltern so viel erzählt hat. Es entwickelt sich tatsächlich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden: Jonas verlässt seine Frau, will ein neues Leben mit Julia beginnen. Doch dann taucht Sebastian wieder auf und macht sehr deutlich, dass man Beziehungen nicht wechseln kann wie einen Anzug …

KAERLIGHED PA FILM ist eigentlich zwei Filme: Er beginnt als filmisches Essay über verschiedene Liebes- und Partnerschaftskonzepte und endet als finsterer Thriller. Jonas ist der Prototyp des Mannes in der Midlife-Crisis: Er sieht sein Leben im Alltag verschwinden und vermisst die Aufregung, die Julia in sein Leben zu bringen scheint. Seine Liebe zu ihr ist Projektion: Weil er nichts über sie weiß und sie im Gegenzug sein Geheimnis nicht kennt, wird die Beziehung zu Julia zu einem Spiel mit dem Feuer und damit zum Inbegriff der Unsicherheit, die er in seiner Beziehung so sehr vermisst. Zumindest redet er sich das ein: Eine Szene zu Beginn zeigt sehr deutlich, dass Jonas und Mette sich lieben – nur ist dieses Gefühl eben bereits „gesetzt“. Julia auf der anderen Seite, ein junges Mädchen aus reichem Elternhaus, die vor ihrem Unfall von einem neunmonatigen Asienaufenthalt zurückgekehrt ist, ist das komplette Gegenteil von Jonas. Ihre Beziehung zu Sebastian ist von Spontaneität und Rauschhaftigkeit geprägt: Sie scheint sich in Jonas auch deshalb zu verlieben, weil er das komplette Gegenteil von Sebastian verkörpert und Sicherheit verspricht. Doch die Liebe zwischen Julia und Jonas muss scheitern, weil sie eben auf einem Missverständnis und einer Lüge gründet: Jonas muss erkennen, dass man nicht von einer Beziehung in die nächste springen kann. Ihm kommt dann auch die Vergangenheit in Form des gewissenlosen Sebastian (Nikolaj Lie Kaas) in die Quere, der die Ungewissheit, die so verführerisch schien, zur bitteren Gewissheit macht. Bornedal ist ein erzählerisch, formal und inhaltlich großartiger Film gelungen, der sein Drama allein in den Gesichtern der Schauspieler entfaltet. KAERLIGHED PA FILM geht den bitteren Erkenntnissen nicht aus dem Weg, ist wie das Leben eine mal schmerzvolle, mal wunderschöne Erfahrung – und nicht immer sind die beiden Seiten voneinander zu trennen.

L’auberge Rouge (Frankreich 2007)
Regie: Gèrard Krawczyk

In einem kleinen Gasthaus am Fuß der Alpen hütet Famile Martin (u. a. Christian „Asterix“ Clavier) ein finsteres Geheimnis: Um in der Einöde zu überleben, müssen dann und wann die einkehrenden Gäste gemeuchelt werden. Weil eine neue Handelsstraße das Gasthaus in Kürze isolieren wird, muss ein großer Coup her: Und der naht in Form einer Kutsche reicher Schnösel …

L’AUBERGE ROUGE basiert auf einer Erzählung Balzacs, die bereits bereits in den Fünfzigerjahren mit Fernandel in der Hauptrolle verfilmt wurde. Auch die Neuverfilmung steht trotz des aufpolierten Looks ganz in der Tradition von turbulenten Komödien wie man sie aus Frankreich kennt, man denke etwa an die Filme mit Louis de Funes. So bietet L’AUBERGE ROUGE heitere neunzigminütige Unterhaltung, die angenehm altmodisch daherkommt, ohne altbacken zu sein. Letzten Endes bleibt Krawczyks Film aber immer einen Tick zu brav, um wirklich nachhaltig zu begeistern.

The Rage (USA 2007)
Regie: Robert Kurtzman

Ein ausgesprochen ruppiger DTV-Horrorschinken vom KNB-Effektspezialisten, der trotz vieler, vieler Mängel letztlich das leistet, was so viele Funsplatter-Filme vergeblich versuchen. Es matscht und splattert ohne Unterlass, die Effekte sind zum Großteil handgemacht, der Humor drängt sich nie so weit in den Vordergrund, dass er den Horror neutralisieren würde. Am Schluss, wenn die letzten Überlebenden im Keller des Mad Scientists (Andrew Divoff) herumstolpern und auf zahlreiche blutgierige Mutanten stoßen, fühlt man sich in der Bizarrerie des Settings gar an Rob Zombies ungleich besseren HOUSE OF 1000 CORPSES erinnert. Ein Auge zudrücken muss man bei den mäßigen Darstellern und einigen CGI-Effekten: Man hat aber auch schon weitaus schlechtere gesehen. Natürlich ist THE RAGE objektiv betrachtet der letzte Rotz, der die Nerven dann und wann gehörig überstrapaziert. Aber er will ja auch nicht als Filmkunstwerk in die Geschichte eingehen, sondern als saftiger Schocker. Und das gelingt ihm meines Erachtens nach besser als all den nervtötenden Splatterkomödien und selbsternannten Partyfilmen, die man nun seit 15 Jahren in schöner Regelmäßigkeit über sich ergehen lassen muss.

dvd-regal vol. 9

Veröffentlicht: August 27, 2008 in Film

Ein Segen und ein Fluch: 200 Meter vom Kölner Cinedom, indem das Fantasy Filmfest stattfindet, befindet sich ein Saturn mit Europas größte DVD-Abteilung. Wie jedes Jahr hat es auch diesmal einigen Kollateralschaden in meinem Geldbeutel gegeben. Hier das Ergebnis meiner Einkäufe:

Ca$h (Frankreich 2008 )
Regie: Eric Besnard

Der Trickbetrüger Cash (Jean Dujardin) arbeitet an seinem nächsten Coup: Kaum hat er Garance (Alice Taglioni), die schöne Tochter des reichen Kunstsammlers Maxime (Jean Reno), mit seinem Charme erobert, da macht er einen Rückzieher. Dies ärgert die Polizistin Julia (Valeria Golino), die Cash seit geraumer Zeit auf den Fersen ist. Als die beiden sich begegnen, macht der Ganove ihr einen Vorschlag, den sie nicht ablehnen kann: Er will sie an seinem nächsten Projekt beteiligen. Oder führt er sie nur an der Nase herum?

CA$H, ein beschwingter Caper-Movie in der Tradition der OCEAN’S ELEVEN-Filme, erfindet das Rad nicht neu, bietet aber Entertainment auf hohem Niveau. Die Akteure, allen voran Dujardin, haben sichtlich Spaß an dem Possenspiel, das bis zum Ende spannend bleibt. Neben den für diese Filme typischen Minidiskursen über Wahrheit und Täuschung, Vertrauen und Lüge gibt es auch die formalen Kniffe, die man in diesem Genre erwarten darf. Filigraner Splitscreen-Einsatz lässt noch einmal THE THOMAS CROWN AFFAIR Revue passieren, die erlesenen Schauplätze wecken Erinnerungen an Filme wie Hitchcocks TO CATCH A THIEF, die PINK PANTHER-Reihe und ähnliche. CA$H enthält somit all das, was man sich im Vorfeld von ihm erhofft hat. Das nenne ich Dienst am Zuschauer.


Mad Detective (Hongkong 2007)
Regie: Johnny To/Wai Ka Fai

Der Polizist Bun (Lau Ching Wan) ist bekannt für seine schrägen, aber erfolgreichen Methoden. Um einen Mörder zu finden, lässt er sich schon einmal in einem Koffer die Treppe hinunterschmeißen. Als er sich zur Verabschiedung seines Vorgesetzten ein Ohr abschneidet, ist der Bogen aber überspannt und Bun wird entlassen. Doch als Inspektor On (Andy On) Hilfe in einem rätselhaften Mordfall braucht, ist Bun wieder zur Stelle. Mit seinen übersinnlichen Fähigkeiten – er kann die inneren Persönlichkeiten von Menschen sehen und sich in sie hineinversetzen – soll er den Fall lösen …

MAD DETECTIVE hat ein paar nette Einfälle und sieht, wie man das von einem Johnny-To-Film gewohnt ist, absolut fantastisch aus. Leider hat man es hier aber nicht mit einem zweiten PTU oder EXILED zu tun, sondern mit einem Werk, das der Workaholic To anscheinend mal so zwischendurch gedreht hat, um sein Pensum zu erfüllen. MAD DETECTIVE ist ein nur wenig ernst zu nehmender Spaßfilm, dessen zentrale Idee leider nicht genug ausgearbeitet wurde und somit letzten Endes verpufft. Die lustigen Einfälle neutralisieren sich in der labyrinthischen Narration und am Schluss fragt man sich, wofür der Aufwand denn nun eigentlich betrieben wurde. MAD DETECTIVE ist keineswegs schlecht, bietet zudem ein längst überfälliges Wiedersehen mit Lau Ching Wan und To-Stammkraft Lam Suet. Letztlich fehlt ihm aber das, was alle anderen To-Filme im Überfluss aufweisen: Substanz. Dass derzeit keiner besser Schießereien inszenieren kann als er, wird aber auch hier wieder evident.

The Warlords (Hongkong/China 2007)
Regie: Peter Chan/Wai Man Yip

China im 19. Jahrhundert: Der Soldat Ma (Jet Li) muss miterleben, wie seine gesamte Armee vom Feind niedergemetzelt wird. Als er auf die Banditen um Er-Hu (Andy Lau) und Zhang (Takeshi Kaneshiro) trifft und sich ihren Respekt erkämpft, macht er ihnen einen Vorschlag: Gemeinsam sollen sie sich der Armee anschließen, um so Reichtum und andere Länder zu erobern. Zusammen ziehen sie fortan von Kampf zu Kampf, doch auf dem Schlachtfeld wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt …

Die historisch verbriefte Ermordung des General Ma wurde bereits von Chang Cheh unter dem Titel BLOOD BROTHERS verfilmt. THE WARLORDS unterscheidet sich aber deutlich von den naiv-bunten Werken der Shaw Brothers und ist stattdessen als großer Prestigefilm gedreht, der in jeder Einstellung „Epos!“ schreit. In den großen Kampfszenen fühlt man sich an das Monumentalkino längst vergangener Zeiten erinnert, denn statt Computerkriegern gibt es hier ein wahrhaft beeindruckendes Aufgebot an Komparsen, die dem Gemetzel zur Authentizität verhelfen. Visuell orientiert man sich dennoch an Hollywood: Statt in einen Historienfilm fühlt man sich in einen Kriegsfilm a la BLACK HAWK DOWN versetzt. Grau- und Brauntöne bestimmen das Bild, der Highspeed-Shutter qualmt förmlich, die Charaktere werden im wahrsten Sinne des Wortes durch den Schmutz gezogen. So wenig originell das auch ist: Es hilft, THE WARLORDS im Kontext des Kriegsfilms zu sehen, anstatt ihn mit asiatischen Heldenepen zu vergleichen. Wenn sich die Akteure während der Belagerung von Souzhou jahrelang in schlammigen Schützengräben verschanzen müssen, kann unser Bildgedächtnis das nur mit Kubricks PATHS OF GLORY in Verbindung bringen. Dennoch muss THE WARLORDS als Antikriegsfilm versagen: Das streckenweise im Übermaß ausgegossene Pathos passt einfach nicht zum Rest des Films, wirkt befremdlich ob der geschilderten Vorgänge. Damit und mit seiner utilitaristischen Philosophie sorgt THE WARLORDS für einiges Stirnrunzeln: Wo Zhang Yimou sich der Kritik an HERO noch entziehen konnte, bietet Peter Chan die breite Brust an. Es ist nicht ganz klar, was er mit seiner Geschichte eigentlich aussagen möchte, sein Film wirkt für europäische Augen unreflektiert und fragwürdig. Und vor diesem Hintergrund muss einem auch der betriebene Aufwand letztlich sehr verdächtig vorkommen.

Mirrors (USA/Rumänien 2008 )
Regie: Alexandre Aja

Ben Carson (Kiefer Sutherland) tut alles, um wieder ein normales Mitglied der Gesellschaft zu werden: Nachdem der Ex-Cop einen Unschuldigen erschossen hatte, wurde er suspendiert, verfiel dem Alkohol und verlor auch seine Familie, die er nun zurückzuerobern versucht. Dazu hat er einen neuen Job angenommen: Als Nachtwächter soll er ein altes, ausgebranntes Kaufhaus bewachen. Doch in den Spiegeln, die dort überall hängen, scheint sich ein böser Geist zu verstecken, der bald nicht nur Bens Leben, sondern auch das seiner Familie bedroht …

Nach dem südkoreanischen INTO THE MIRROR drehte Horrorhoffnung Aja diesen Film, der leider als Prototyp des generischen Horrorfilms ohne jeden Mehrwert angesehen werden muss. Es ist die Schlampigkeit des Drehbuchs, die MIRRORS den Gnadenstoß verpasst: Neben den vollkommen ausgereizten Standard-Plotelementen Alkoholsucht und Familienprobleme ist es vor allem die unzureichende und inkohärente Definierung der titelgebenden Bedrohung, die MIRRORS des möglichen Erfolgs beraubt. So sieht man sich einer filmischen Wundertüte ausgesetzt, die ihre Regeln aufstellt, wie es ihr beliebt, ohne dabei irgendeiner nachvollziehbaren Logik zu folgen. Und weil auch wirklich gruselige Momente Mangelware bleiben, man stattdessen eine langweilige Ermittlungsgeschichte aufgetischt bekommt, in deren Verlauf sich Sutherland geriert wie sein alter ego Jack Bauer, darf man MIRRORS am Schluss Versagen auf ganzer Linie attestieren. Zum Vergessen.

Ein Podcast zum Film findet sich hier.

Summer Scars (Großbritannien 2007)
Regie: Julian Richards

Eine Gruppe von pubertierenden Jugendlichen um den hitzköpfigen Bingo (Cieran Jones) und den freundlichen Paul (Jonathan Jones) begegnet im Wald einem erwachsenen Fremden. Dieser stellt sich als Peter (Kevin Howarth) vor und zeigt reges Interesse an den Spielen der Jugendlichen. Als es Streitereien zwischen den Jungs gibt, kippt allerdings die Stimmung und der zwar etwas merkwürdige, aber doch freundliche Peter zeigt plötzlich sein wahres Gesicht …

Julian Richards‘ Werk als heterogen zu bezeichnen, ist fast noch geschmeichelt. Dem famosen und mit viel Lob bedachten DARKLANDS ließ er den uninspirierten Krimi SILENT CRY folgen und nach dem visionären THE LAST HORROR MOVIE (und einem mir unbekannten Film namens MESSIAH) kommt nun mit SUMMER SCARS ein Werk, das zwar keineswegs schlecht ist, aber dennoch kaum für offene Münder sorgen wird. Eng verwandt mit Rob Reiners STAND BY ME – in beiden geht es um Jugendliche, die ihre kindliche Unschuld verlieren – mutet SUMMER SCARS an wie das kleine Fernsehspiel. Das ist durchaus spannend, routiniert inszeniert und glaubwürdig gespielt, bietet darüber hinaus aber nur wenig. Wenn man über einen Film sagt, er sei „unaufgeregt“ ist das ja eigentlich ein Lob: In diesem Fall hätte es aber ruhig etwas mehr sein dürfen. Seiner eigenen Logik folgend müsste der nächste Richards-Film eigentlich wieder ein Knaller werden …


Dance of the Dead (USA 2008 )
Regie: Gregg Bishop

Aus Unlust und dem Bedürfnis, dem Diskurs auszuweichen, habe ich mir statt des Pflichtfilms WALTZ WITH BASHIR diesen 1.923ten Zombie-Funsplatter-Teeniefilm angesehen, an den sich schon nächstes Jahr kein Mensch mehr erinnern wird, der aber auch nicht ganz so schlimm ist, wie man das eigentlich erwarten durfte. Die Darsteller sind ebenso sympathisch wie ihre Charaktere, allzu hohle Zoten und beifallheischende In-Joke- und Zitatorgien vermeidet Bishop über weite Strecken, dafür sind Kameraarbeit und Schnitt aber eine absolute Katastrophe. Über ein paar gute Ideen verfügt DANCE OF THE DEAD zwar, aber machen wir uns nix vor: Was er betreibt, ist ist reine Bedürfnisbefriedigung. Bishops Film ist das filmische Äquivalent zum Snickers: Es schmeckt (ab und zu), aber man käme nicht auf die Idee, sich davon ernähren zu wollen, auch wenn die Werbung suggeriert, dass das möglich sei. Der frenetische Applaus des Publikums wirft aber die Frage auf, ob sich jemand über diese Tatsache im Klaren ist.

Lat den rätte komma in (Schweden 2008 )
Regie: Tomas Alfredson

Schweden in den frühen Achtzigerjahren: Der 12-jährige Oskar (Kare Hedebrand) wird in der Schule gemobbt, Freunde hat er keine und so muss er die langen dunklen schwedischen Wintertage ganz allein verbringen. Bis ihm EIi (Line Leandersson) begegnet, ein gleichaltriges Mädchen aus der Nachbarwohnung. Eine Freundschaft entsteht zwischen den beiden, weil auch Eli das Gefühl der Einsamkeit nur allzu gut kennt: Sie ist nämlich ein Vampir …

LAT DEN RÄTTE KOMMA IN verdankt Kathryn Bigelows modernem Vampirfilmklassiker NEAR DARK einige Vorarbeit: Auch in Alfredsons Film wird viel Gewicht auf eine elegische Stimmung gelegt, die das vampirische „Lebensgefühl“ widerspiegelt. Dies erreicht Alfredson neben der großartigen Fotografie, die viele einprägsame Bilder der Leere und Dunkelheit malt, vor allem durch einen Verzicht auf einen gängigen Plot. LAT DEN RÄTTE KOMMA IN erzählt viele kleine Geschichten in seinen knapp zwei Stunden, auf ein bequemes narratives Korsett verzichtet er aber. So läuft sein Film still und gleichmäßig vor sich hin, erweckt den Eindruck, Zeit und Raum seien ausgeschaltet und es könne ewig so weitergehen. Besonders interessant ist – wie könnte es anders sein – die Figur der Eli: Jene muss ein Leben zwischen Kindheit und Geschlechtsreife und somit in der Asexualität leben, was der Film immer wieder explizit thematisiert. LAT DEN RÄTTE KOMMA IN wirkt dadurch noch über sein Ende hinaus: Denn wir als Zuschauer sehen all die Probleme, die auf die Freundschaft zwischen Oskar und Eli zukommen. Oskar wird älter werden und Eli ihre Opfer beschaffen, damit diese den Vampirvirus nicht weiter verbreiten muss, Eli wird jedoch immer in ihrem geschlechtslosen 12 Jahre alten Körper gefangen bleiben. Es klingt wie eine hohle Phrase, aber in diesem Fall trifft sie ausnahmsweise zu: LAT DEN RÄTTE KOMMA IN ist ein leiser Film, der dafür umso nachhaltiger wirkt. Eine Tragödie, ein Melodram, eine schwarze Komödie, ein Horror-, ja vielleicht sogar ein Endzeitfilm: All das ist LAT DEN RÄTTE KOMMA IN. Und immer trifft er den richtigen Ton. Bis hierhin der beste Film des Festivals.

Überraschung, Überraschung: Ein Podcast zum LAT DEN RÄTTE KOMMA In findet sich hier.


Downloading Nancy (USA 2008 )
Regie: Johan Renck

Die 15 Jahre alte Ehe zwischen Nancy (Maria Bello) und Albert (Rufus Sewell) hat längst den Charakter eines Nichtangriffspakts: Liebe und Leidenschaft gibt es nicht zwischen den beiden, eine Tatsache, die die psychisch labile Nancy geradwegs in die Katastrophe treibt. Diese wurde in ihrer Kindheit misshandelt und assoziiert Lustgewinn seither mit körperlichem Schmerz, den sie sich holt, indem sie sich Schnittwunden zuführt. Im Internet lernt sie den geschiedenen Louis (Jason Patric) kennen, mit dem sie eine Zweckbindung eingeht: Er soll sie aus ihrem tristen, hoffnungslosen Leben befreien. Doch Louis verliebt sich in die verwundbare Frau …

DOWNLOADING NANCY umweht wie den französischen MARTYRS der Ruch des Skandals: Auf dem Sundance-Festival sorgte Rencks Film für Aufruhr, die Befürchtung, dass er es gerade darauf angelegt habe, bleibt aber zum Glück unbegründet. Exploitativ wird DOWNLOADING NANCY nie, immer hält er die Distanz, nie missbraucht er seine Hauptfigur für billige Effekte. Natürlich hat es immer auch etwas von Elendstourismus, sich auf Spielfilmlänge dem Leiden eines Menschen auszusetzen, dennoch berührt DOWNLOADING NANCY im Inneren, kapriziert sich nicht auf vordergründige Schocks. Er zeichnet das Poträt dreier innerlich vollkommen zerstörter Charaktere, denen es aus eigener Kraft nicht mehr gelingt, ihrem Leben eine Wendung zu geben. „It’s what you feel, not who you are!“ sagt die Psychotherapeutin zu Nancy, als diese empört ist über deren schlagwortartige Notizen. Dass sie nicht mehr in der Lage ist, diese Trennlinie zu ziehen, stürzt Nancy in die Katastrophe. Und Louis, der sich in die zerstörte Nancy verliebt, bringt nicht die Kraft auf, sie von ihrem Wunsch abzubringen. In Christopher Doyles Bildern voller Tristesse und Mittelmaß beobachtet man den unausweichliche Niedergang und ist entsetzt über so viel emotionale Deprivation. Renck erzählt seine Geschichte als Mosaik aus zahlreichen Rückblenden und Zeitsprüngen, das zwar nicht alle Fragen beantwortet, aber dennoch alles sagt. Was Renck außerdem hoch angerechnet werden muss, ist dass er es vermeidet, seine Geschichte zum kulturpessimistischen Hieb gegen das Internet zu nutzen. Die Verantwortung tragen in DOWNLOADING NANCY die Menschen ganz allein.

FFF-Podcast Nr. 4

Veröffentlicht: August 25, 2008 in Uncategorized

Mit einem Tag Verspätung findet sich hier der 4. F.LM-Podcast zum Fantasy Filmfest. Gegenstand unserer Besprechung ist diesmal Bryan Bertinos gemeiner THE STRANGERS. In Bälde erscheint auch der 5. Podcast, ich verrate aber noch nicht, welchen Film wir uns dafür vorgeknöpft haben.

Eskalofrío (Spanien 2008 )
Regie: Isidro Ortiz

Der Schüler Santi (Junio Valverde) leidet unter einer Sonnenallergie und zieht deshalb mit seiner Mutter in ein kleines Pyrenäendorf, auf das schon früh am Tag die Schatten der Berge fallen. Neben dem Misstrauen, mit dem die Dörfler den Neuen begegnen, macht Santi noch etwas anderes zu schaffen: Nachts hört er ein Poltern auf dem Dachboden. Und den im Wald gefundenen ausgeweideten Schafen folgt bald auch ein menschliches Opfer. Irgendetwas treibt im Wald sein blutiges Unwesen – und Santi steht schließlich sogar unter Mordverdacht …

ESKALOFRÌO besticht vor allem durch sein stimmungsvolles Pyrenäensetting, das dem Film viele schöne Aufnahmen beschert und für unheimliche Atmosphäre sorgt. Auch die Idee, ein verwildertes Mädchen als „Monster“ zu bescheren, darf durchaus als originell bezeichnet werden. Leider stehen dem Erfolg des Films einige Mängel im Weg: Das Drehbuch ist lückenhaft und gönnt sich ein paar Ungereimtheiten. So scheint die Sonnenallergie eine etwas sehr extravagante Beigabe, wenn man bedenkt, dass dieser keine weitere Funktion zukommt, als den Ortswechsel und das Außenseitertum Santis zu begründen – für den weiteren Verlauf der Handlung spielt sie keine Rolle. Und auch die Figur des Mädchens ist schlampig konstruiert und letzlich unglaubwürdig: Sie müsste viel länger in der Wildnis gelebt haben, als es der Film vorgibt, um diesen Grad der Degenerierung zu erreichen. Und was wohl noch schwerer wiegt: Ortiz versagt völlig dabei, sein Monster auch als Opfer zu zeigen, dem Empathie gebührt. Das Ende deutet durchaus an, dass dies das Ziel des Regisseurs war, aber seine Versuche wirken zaghaft und bleiben letztlich erfolglos. Als Horrorfilm für zwischendurch ist ESKALOFRÌO dennoch zu empfehlen. Und origineller als das 112. Remake eines US-Horrorfilms ist er allemal.

The Strangers (USA 2008 )
Regie: Bryan Bertino

Es war alles anders geplant: Nach dem erfolgreichen Heiratsantrag auf der Hochzeitsfeier des Freundes wollte James (Scott Speedman) seine Kristen (Liv Tyler) zu einer romantischen Nacht im familieneigenen Ferienhaus entführen, von wo aus am nächsten Morgen eine gemeinsame Reise angetreten werden sollte. Stattdessen hat Kristen den Antrag abgelehnt und die eh schon angespannte Stimmung wird auf die Spitze getrieben als einige unbekannte Vermummte beginnen, ihr böses Spiel mit dem Pärchen zu treiben …

Vor zwei Jahren lief auf dem Festival ein französischer Horrorfilm namens ILS, zu deutsch: THEM, der zumindest als Inspirationsquelle gedient haben dürfte, wenn man THE STRANGERS nicht gar als Remake begreifen muss. Doch Bertino nimmt sich einige Freiheiten mit dem Ausgangsmaterial, die seinem Film leider nicht immer zum Vorteil gereichen. Wo die Bedrohung in ILS lange Zeit immateriell blieb und sich erst spät in der Gestalt von marodierenden Armutskindern manifestierte, rückt Bertino seine menschlichen Buhmänner schon relativ schnell ins Bild und nimmt damit früh die Spannung raus. Die unheimlichen Masken, die Tatsache, dass man nie die Gesichter der Peiniger sieht, fängt dies nicht vollkommen auf. Auch wenn Bertino einige sehr beunruhigende Bilder gelingen, die mehr als einmal an Carpenters HALLOWEEN erinnern, läuft THE STRANGERS irgendwann ins Leere. Leider mindert dies auch die Wirkung, die Bertinos Auflösung haben könnte, die eine weiteren wesentlichen Unterschied zu ILS ausmacht. Jener verschenkte mit aufgesetzt wirkender und reaktionärer Sozialkritik Punkte. THE STRANGERS bleibt demgegenüber offener: Wer die Mörder sind, was ihr Motiv ist, darüber darf spekuliert werden, weil es nur wenige Anhaltspunkte gibt. Unter anderen Umständen absolut wünschenswert, aber nachdem sich THE STRANGERS aufreizend lang in Wiederholungen des Immergleichen ergangen hat, hätte man sich doch einen Knalleffekt zum Schluss gewünscht (das angeklebt wirkende und vollkommen überflüssige – aber verzeihliche – shock ending gilt nicht). Streckenweise ist Bertino wirklich ein effektiver Schocker gelungen, der auch ohne große Splattereien äußerst unangenehm ist. Eigentlich wäre nur ein wenig Feintuning nötig gewesen, um aus einen richtig großen Horrorfilm vorzulegen. Das macht sein Versagen aber umso ärgerlicher.

JCVD (Frankreich/Belgien/Luxemburg 2008 )
Regie: Mabrouk El Mechri

Ein Abstecher in seine Heimatstadt führt den Filmstar Jean-Claude Van Damme (Jean-Claude Van Damme) in die Filiale einer Postbank, die just in diesem Moment von drei Verbrechern überfallen wird. Diese nutzen die sich bietende Chance und lassen den Schauspieler nach außen als Drahtzieher des Coups erscheinen. Als hätte der freundliche Van Damme nicht genug Probleme, nachdem er den Kampf um das Sorgerecht seiner Tochter verloren hat …

Vielleicht basiert die Idee für JCVD auf dem vor ein paar Jahren erschienenen NARCO: Schon in jenem spielte Van Damme sich selbst und trat als Muse eines hoffnungslosen Karatekünstlers auf. Aber auch so hatte der belgische Schauspieler mit seinen letzten Werken (u. a. die ausgezeichneten WAKE OF DEATH und UNTIL DEATH) angedeutet, dass er einen zweiten Frühling erleben könnte. Diese Hoffnung bestätigt sich nun mit JCVD. El Mechris begeht zum Glück nicht den Fehler, sich auf den selbstreflexiven Aspekt des Films zu kaprizieren und ihn mit In-Jokes zu überladen. JCVD begnügt sich nicht mit dem Gimmick, dass die Muscles from Brussels sich selbst spielen. Vielmehr hat El Mechri eine bewegende Tragikkomödie gedreht, die die Schattenseiten des Daseins als Actionstar thematisiert und geeignet ist, den gegenwärtigen Stand des Actionkinos und dessen Ruf, der irgendwo zwischen der Einschätzung als hirnloser Unterhaltung und Gewaltverherrlichung pendeln dürfte, zu reflektieren. Van Damme liefert eine beeindruckende schauspielerische Leistung ab, angesichts derer auch einige formale Fehler verzeihlich sind. El Mechri greift nämlich mit beiden Händen in die technische Wunderkiste der Postproduction und nicht immer kommt das, was er da herauszieht, dem Film zugute. So ist JCVD etwa in ein schmutziges Braungrün gehüllt, dessen Funktion sich nicht ganz erschließt. Eine etwas naturalistischere Umsetzung hätte dem Film besser zu Gesicht gestanden. Letztlich ist JCVD aber viel zu originell, ungewöhnlich und intelligent und hält mit einem langen, direkt in die Kamera gesprochenen Monolog Van Dammes einen wunderschönen, geradezu magischen Moment bereit. Zusammen mit KUNSTEN A TENKE NEGATIVT der bisher beste Film des Festivals.

Lady Blood (Frankreich 2008 )
Regie: Jan-Marc Vincent

Dieses verspätete Sequel des 18 Jahre alten BABY BLOOD ist wohl ohne Übertreibungen einer der schlechtesten Filme, die ich je gesehen habe. Schon nach fünf Minuten habe ich aus Gründen des Selbstschutzes das Hirn ausgeschaltet und mich ganz der miserablen Fotografie hingegeben. Die Settings sind von erlesener Hässlichkeit und Charaktere werfen gern fette Schlagschatten an die mit Festbeleuchtung ausgeleuchteten Wände. Gefährliche Mafiosi fahren im Kleinwagen durch die Gegend und eine noble Nacktbar sieht aus, als habe man sie in einer Schanghaier Hafenklause eingerichtet. Absoluter Bodensatz, nahezu unansehbar und viel zu öde, um irgendwelche Meriten als Baddie zu haben.