leatherface: texas chainsaw massacre iii (jeff burr, usa 1990)

Veröffentlicht: August 4, 2009 in Film
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leatherface_texas_chainsaw_massacre_iii_xlgMichelle (Kate Hodge) und ihr Freund Ryan (William Butler) sind mit dem Auto unterwegs von Kalifornien nach Florida. Auf dem Weg durch Texas fahren sie nicht nur an einem soeben frisch ausgehobenen Massengrab vorbei, sie begegnen an einer einsamen Tankstelle auch einem höchst unfreundlichen Tankwart. Dieser ist aber nur die Vorhut des kannibalistischen Sawyer-Clans, der arglose Touristen auf den verlassenen Straßen seines Reviers aufgreift und zu Hause zu Filet verarbeitet. Auch Michelle und Ryan müssen sich bald gegen den kettensägenschwingenden Leatherface wehren: ein aussichtsloser Kampf, wie es scheint …

LEATHERFACE stellte den Versuch der Produktionsfirma New Line (u. a. NIGHTMARE ON ELM STREET, JASON GOES TO HELL: THE FINAL FRIDAY) dar, ein neues profitables Franchise zu generieren. Die ersten beiden TCM-Filme genossen in Fankreisen einen immensen Kultstatus, die Figur des Leatherface hatte zumindest in den Augen der Verantwortlichen das Potenzial, zu einem Horrorhelden der Marke Freddy, Jason, Michael Myers oder Pinhead zu werden. Horrorbestseller-Autor David J. Schow verfasste ein saftig-krankes Drehbuch, das die Horrorfans in Verzückung versetzen sollte, Jeff Burr, der zuvor mit STEPFATHER 2 Sequelerfahrung gesammelt hatte, sollte die Umsetzung besorgen. Doch aus den hochtrabenden Plänen wurde nichts: Die Dreharbeiten waren aufgrund budgetärer Limitierungen schwierig (Regisseur Burr wurde gefeuert und zwei Tage später wiedereingestellt), die MPAA zog dem Film sämtliche Zähne und der Torso, der schließlich den Weg ins Kino fand, musste das anvisierte Publikum – und damit genau jenes, für das der Film einzig und allein gedacht war – zwangsläufig verärgern und verprellen. Ein nach Testcreenings umgemodeltes Ende, dass binnen weniger Minuten gleich drei totgeglaubte Figuren wieder zum leben erweckte, raubte dem Film zudem jeglichen verbliebenen Kredit: Er floppte gewaltig, bedeutete Burrs Rückkehr in weniger lukrative Gefilde und ließ alle Träume vom TCM-Franchise und damit von vielen, vielen mit dem entsprechenden Merchandising veredelten Fortsetzungen platzen.

Auch in der ungeschnittenen Fassung erschien mir LEATHERFACE aber immer als ein Film voller Kompromisse, zu dem mich zu positionieren mir schwerfiel. Er gefiel mir nicht richtig schlecht, aber irgendwas stimmte trotzdem nicht mit ihm. Bei dieser Sichtung jetzt, der ersten seit vielen Jahren, hat er mir zum ersten Mal wirklich gut gefallen: Seine Schwächen relativieren sich, weil man durchaus erkennen kann, dass alle Beteiligten den fiesen, gestörten Film im Sinn hatten, der ein TCM-Sequel gefälligst zu sein hat (wie Burr richtig und sehr sympathisch sagt: Wenn man mit einem Horrorfilm nicht versucht, den Leuten auf die Füße zu treten und vor den Kopf zu stoßen, hat man etwas falsch verstanden), aber leider mit äußeren Umständen konfrontiert waren, die sie bei diesem Unterfangen immer wieder behinderten. Vom Tonfall her ist Burrs dritter Teil genau zwischen den beiden von Tobe Hooper inszenierten Vorgängern einzusortieren: LEATHERFACE hat zwar keineswegs diese unangenehme Authentizität, die das Original für mich auch nach der xten Sichtung immer noch zur gnadenlosen Zerreiß- und Belastungsprobe macht (das liegt schon in den unterschiedlichen technischen Voraussetzungen begründet), aber er driftet auch keineswegs in die jeglicher Realität vollkommen enthobenen comichaft-surrealen Sphären ab, in die Hooper seine Figuren mit dem eigenen zweiten Teil geführt hatte. Und genau hier liegt das Problem: Die Verquickung von nervenzerfetzendem Terror und dem Popcorn-Horror, den die Produzenten anpeilten, funktioniert einfach nicht. Bei der Überführung der Leatherface-Figur in einen Rahmen von „Unterhaltungskino“ beraubt man sie ihres furchteinflößenden, bedrohlichen Potenzials, die sie eigentlich auszeichnete. Entweder man hat das eine oder das andere, aber niemals beides. So schlingert LEATHERFACE zwischen diesen beiden Antipoden hin und her, schockiert (in der ungeschnittenen Fassung) mit herben Bildern und einer grimmigen Atmosphäre, kastriert sich aber mit einer sauberen Hochglanzoptik und schließlich, ich erwähnte es bereits, einem der fehlgeleitetsten Finals der jüngeren Filmgeschichte. Dieser Schlingerkurs verhindert zwar, dass LEATHERFACE sich irgendwo einordnet, aber paradoxerweise verleiht ihm gerade das auch seine Identität. In punkto grafischer Gewalt gibt es heute zwar um ein Vielfaches drastischere Filme zu sehen, die zudem weitaus weniger Zensurprobleme haben, doch allein die Anwesenheit des Titelcharakters sorgt hier für dieses Kribbeln, das neumodischeren, durchgestylten Splatterfilmen vollkommen abgeht. Die Kettensäge ist das Geheimnis und Paradigma: Burr verliert sich nicht in abstrakten Konzepten und cleveren Subtexten, er präsentiert äußerst fleischlichen Körperhorror, dessen teures, stromlinienförmiges Gewand ihn letztlich umso verstörender erscheinen lässt. Schade, dass der Film seinerzeit so geschmäht wurde.

Kommentare
  1. […] sich selbst als Künstler verwirklichen kann oder aus dem der Weltruhm gemacht ist. Das Fiasko mit LEATHERFACE – der leider nie das werden durfte, was er werden sollte (und trotzdem besser ist als sein […]

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