… von mir gibt es auf F.LM zu lesen, beides „Altlasten“ vom diesjährigen Fantasy Filmfest, die in der letzten Ausgabe der SPLATTING IMAGE ihre Premiere erfuhren: LARGO WINCH: TÖDLICHES ERBE und HANSEL & GRETEL. Beide sind demnächst respektive ab sofort auf DVD erhältlich.
Archiv für Oktober, 2009
zwei neue texte …
Veröffentlicht: Oktober 28, 2009 in Film, Zum LesenSchlagwörter:Abenteuer, Action, Comicverfilmung, Fantasy Filmfest, Horror, Jérôme Salle, Märchenfilm, Mystery, Pil-sung Yim, Südkorea, Superhelden
the thaw (mark a. lewis, usa/kanada 2009)
Veröffentlicht: Oktober 13, 2009 in FilmSchlagwörter:Ökothriller, Horror, Mark A. Lewis, Monsterfilm, Science Fiction, Val Kilmer
Nicht immer lohnt es sich, Filme, die man beim Fantasy Filmfest verpasst hat, per DVD „nachzuholen“. Im Gegenteil: So manches Mal bewahrt einen die per Timetable verordnete Zwangsbeschränkung vor schlimmen Langweilern. Bestes Beispiel ist THE THAW, der trotz seiner Laufzeit von 90 Minuten zäh wie Kaugummi ist. Immerhin hat er mich zu einer Rezension auf F.LM inspiriert, mit der ich doch recht zufrieden bin. Klick hier.
vinyan (fabrice du welz, frankreich/belgien/großbritannien/australien 2008)
Veröffentlicht: Oktober 9, 2009 in Film, Zum LesenSchlagwörter:Drama, Fabrice Du Welz, Horror, Mystery, Thriller
Fabrice Du Welz hat uns vor ein paar Jahren den tollen CALVAIRE beschert, nun hat Koch Media seinen neuesten Film VINYAN bei uns auf DVD veröffentlicht. Das Warten hat sich gelohnt, VINYAN ist wirklich fantastisch geworden und übertrifft sogar noch die nicht geringen Erwartungen. Für F.LM habe ich eine Rezension geschrieben, die man hier lesen kann, bevor man dann bitte schleunigst die DVD bestellt.
weeds (seasons 1 – 4, usa 2005 – 2008)
Veröffentlicht: Oktober 8, 2009 in FilmSchlagwörter:Drogen, Komödie, Serie
„Little boxes/on the hillside/little boxes made of ticky-tacky“ heißt es im Vorspannsong der mehrfach ausgezeichneten Showtime-Serie WEEDS und dazu sieht man Bilder einer am Reißbrett entstandenen kalifornischen Vorort-Siedlung: entlang der immergleichen Straßen die immergleichen Häuser, auf deren immergleichen Einfahrten die immergleichen SUVs parken und die immergleichen Menschen zu ihren immergleichen Berufen bringen. „They all look just the same“, wie es im Song entsprechend weiter heißt. Die niedliche Melodie des kleinen Liedchens täuscht kaum darüber hinweg, dass dieser Vorspann fatal an Zack Snyders DAWN OF THE DEAD erinnert und der Verweis auf die „boxes“, der vordergründig natürlich die Häuser meint, eine andere in diesem Zusammenhang viel fruchtbarere Assoziation geradezu aufdrängt: Die „Kisten“ sind Särge und die Bewohner dieser Kisten auch irgendwie Zombies, die im Suburbia-Limbo ihren kleinen alltäglichen Sorgen und Träumen nachhängen, ohne so recht vom Fleck zu kommen.
Nancy Botwin (Marie-Louise Parker) ist Witwe und alleinerziehende Mutter zweier Söhne, seitdem ihr Ehemann vor einem Jahr beim Joggen unverhofft einem Herzanfall erlag. Aus Ermangelung an Alternativen verdient sie sich ihr Geld mit dem Dealen: Sie verkauft Marihuana an die Bewohner ihrer Wohnsiedlung Agrestic, einem Vorort von Los Angeles voller Grünanlagen, Golfplätze und Kaffeehausketten. Die Drogen bekommt sie von der burschikosen Afroamerikanerin Heylia (Tonye Patano) und deren Weed-Spezialist Conrad (Romany Malco), zu ihren Kunden gehören u. a. der Anwalt Dean Hodes (Andy Milder), der wiederum mit der frustrierten Celia (Elizabeth Perkins) verheiratet ist, die nichts von Nancys geheimem Einkommen weiß und verzweifelt um deren Freundschaft buhlt, und der Stadtratsvorsitzende Doug Wilson (Kevin Nealon), der seinen Posten vor allem dazu nutzt, seine eigene Unzufriedenheit zu kompensieren. Als Nancys Schwager Andy (Justin Kirk) vor der Tür steht, reifen gemeinsam mit dem treuen Kern des Kundenstamms bald schon Pläne für eine Expansion des kleinen Weed-Unternehmens: Mithilfe von Conrad Fachwissen will Nancy ihren eigenen Anbau starten. Ihr Gras schlägt ein wie eine Bombe, doch damit entstehen neue Probleme, die bald schon beängstigende Ausmaße annehmen …
Der obige, kurze Abriss der Handlung von WEEDS umfasst etwa die ersten beiden Staffeln, die jedoch nur andeuten, welche Möglichkeiten sich auch in Staffel 4 dank des grenzenlos scheinenden Einfallsreichtums der Autoren immer noch bieten. Die gelungene Zeichnung des sterilen Vororts und seiner Einwohner sowie das Konfliktpotenzial, das sich aus dem Umstand ergibt, dass eine harmlose Hausfrau Drogen an ihre harmlosen Nachbarn verkauft, täuschen zunächst geschickt über das hinweg, was sich im weiteren Verlauf der Serie immer mehr als eigentlicher Kern herauskristallisiert. Was sich nämlich auf dem Papier wie der Entwurf zu einer zwar skurrilen, aber dann doch sehr harmlosen Comedyserie anhört, die wieder einmal das spießige Vorstadtbürgertum aufs Korn nimmt, entwickelt sich zur cleveren Satire auf das (Mittelklasse-)Leben in den USA der Bush-Administration, das mehr und mehr einem hoffnungslosen Schlafwandeln im oben erwähnten Limbo ähnelt. Es gibt für die Bewohner von Agrestic keine Perspektiven: Zwar haben sie es einigermaßen gemütlich und genießen einen trügerischen Luxus, doch sobald etwas Unerwartetes passiert, droht auch schon der existenzielle Abgrund. Und ein Ausweg in eine materielle und ideelle Sicherheit ist nahezu unmöglich. Eine Aufstiegschance scheint die (Klein-)Kriminalität zu bieten: Steuerhinterziehung, Versicherungsbetrug, Drogenhandel. Doch auch dieser Bereich funktioniert nach den lästigen Gesetzen des Marktes, jede Romantik eines wie auch immer gearteten Außenseitertums ist längst passé. So müssen Nancy und ihre Freunde stets flexibel bleiben, immer darauf vorbereitet sein, unangenehme Entscheidungen zu treffen, neue, bislang unbeschrittene Wege zu gehen, sich von alten Gewohnheiten zu trennen, die Zelte abzubrechen und woanders neu aufzuschlagen.
Diese Lebensphilosophie beherzigen wohl auch die Macher der Serie: So wird Agrestic als Schauplatz mit Ende der dritten Staffel vollkommen aufgegeben, genauso wie der Drogenhandel Nancys. Stattdessen siedelt ein Teil der Belegschaft in den Küstenort Ren Mar an der mexikanischen Grenze , um dort sein Glück zu versuchen. Nancy heuert im Imperium von Esteban Reyes (Demián Bichir) an, der nicht nur einen florierenden Drogen-, Waffen- und Mädchenhandel leitet (sein Haupttransportweg verläuft über einen Tunnel, der in Tijuana beginnt und in einem Umstandsmodengeschäft in einer amerikanischen Shopping Mall endet), sondern auch Bürgermeister von Tijuana ist und zum love interest Nancys wird. Andy und Doug machen es sich währenddessen zur Aufgabe, eine humanistische Schlepperorganisation für südamerikanische Emigranten aufzuziehen, Nancys Sohn Silas tritt als Weed-Grower in die Fußstapfen der Mutter und Celia kultiviert eine ausgeprägte Drogensucht. WEEDS vollzieht einen Sprung, der längst nicht selbstverständlich ist, in diesem Fall jedoch wie eine Frischzellenkur wirkt und den Blick freimacht für das, was diese Serie auszeichnet.
WEEDS ist deshalb so fantatstisch, weil sie ihren Charakteren auch in den absurdesten Momenten affektiv verbunden bleibt und immer den Bezug zur Realität wahrt. Ätzenden Zynismus, Schadenfreude und Arroganz sucht man vergebens: Alle Figuren sind glaubwürdig, weil sie fassettenreich gezeichnet und niemals zu bloßen Platzhaltern, zu Vollstreckern der Drehbuchstrategie degradiert werden. Diese Liebe zu den Charakteren bildet die Grundlage, auf der WEEDS ganz entgegen dem monothematisch klingenden Titel (auf den dann ja auch Pro7 hereingefallen ist, wo die Serie als genau jene Art von Kifferkomödie vermarktet wurde, die sie niemals ist, und demzufolge nach einer Staffel abgesägt wurde) ein gewaltiges Themenfeld aufzieht. So wie in WEEDS Politik (Andy muss seinen Kriegsdienst im Irak leisten), über Religion (Agrestic und der Nachbarort Majestic werden von christlichen Fundamentalisten bevölkert) und gesellschaftliche Themen wie Rassenproblematik (der Konflikt zwischen Weiß und Schwarz wird in den ersten drei Staffeln behandelt, in Staffel 4 spielt dann die US-amerikanische Immigrationspolitik eine wichtige Rolle), Kriminalität und Sexualität thematisiert werden, muss man die Serie schon fast als Sittengemälde bezeichnen. Gegen diesen Begriff spricht eigentlich nur die episodische Struktur, die dem Stoff jedoch gerade zum Vorteil gereicht: Ein Film, der Ähnliches versuchte, könnte sich diese entspannte Lockerheit niemals erlauben. Vollendet wird der Genuss durch die fantastischen Darsteller (es gibt Gastauftritte von Martin Donovan, Albert Brooks, Lee Majors, Matthew Modine, Zooey Deschanel, Mary-Kate Olsen, Snoop Dogg u. a.), den Humor, der weder zu feingeistig noch zu grell ist, den wendungsreichen Handlungsverlauf, der auch in der vierten Staffel kaum ausrechenbar ist, und die gelungene formale Gestaltung, die das Geschehen in das warme Licht der südkalifornischen Sonne hüllt und die Serie dann doch noch von den Zombiefilm-Assoziationen befreit: Hier geht es um Menschen.
In einem der ersten Einträge in diesem Blog äußerte ich meine Vorfreude über Spike Jonzes Verfilmung von Maurice Sendaks Kinderbuchklassiker „Where the Wild Things are“, zu deutsch „Wo die wilden Kerle wohnen“. Anlass waren zwei frühe Screenshots, die ihren Weg ins Netz gefunden hatten. Danach gab es aber ein paar Probleme: Das Studio bestand gegen den Willen Jonzes, den Film ohne CGIs zu realisieren, auf ebensolche, der Start verzögerte sich und ich befürchtete schon, die beiden wunderbaren Fotos würden das einzige sein, was man von diesem Film zu Gesicht bekommen würde. Diese Angst war unbegründet und so wird der Film dann doch bald in die Kinos kommen. Und wie man diesem herrlichen Trailer entnehmen kann, der Anlass für dieses Posting ist, scheint sich Jonzes zumindest so weit durchgesetzt zu haben, als dass die „Wild Things“ tatsächlich nicht computergeneriert, sondern im Gegenteil herrlich plastisch sind. Ich freue mir angesichts der viel versprechenden Bilder jedenfalls schon ein Loch ins Knie. Here we go:
the return of the living dead part 2 (ken wiederhorn, usa 1987)
Veröffentlicht: Oktober 6, 2009 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Horror, Ken Wiederhorn, Komödie, Splatter, Zombies
Der Horrorfilm der Achtziger genießt ja einen eher zweifelhaften Ruhm und warum das so ist, kann man gut an Wiederhorns Sequel von O’Bannons Zombiekomödie erkennen. Das verstörende Potenzial, das den Horrorfilm einst als „erwachsenes“ Genre auszeichnete, wurde durch genrefremde Beigaben – Slapstick, Hitsoundtrack, Kinder- und Jugenddarsteller – verwässert, um so ein zahlungswilliges Teeniepublikum zu erreichen, das Horrorfilme in erster Linie als date movies verstand: Billige shocks & scares sollten die Angehimmelte in die eigenen Arme treiben und so die Chancen für die folgende Fummelei auf dem Rücksitz steigern. Klar, ein Klischee, das nicht zuletzt der Horrofilm dieser Zeit selbst oft genug aufgriff und reproduzierte, aber es entbehrt dennoch nicht einer gewissen Wahrheit: Ein Film wie THE RETURN OF THE LIVING DEAD PART 2 wird wohl nur besonders zarte Gemüter um den Schlaf gebracht haben – wenn überhaupt. Statt Horror, Angst und Schrecken regiert ein eher infantiler Humor, zu dem der hübsch dumpfe Haarspray-Metal-Soundtrack von der Tonspur wummert. Die Helden des Films sind ein niedlicher Zehnjähriger, seine aerobisierende Schwester und der obligatorische All-American-Boy (Dana Ashbrook, der später bei TWIN PEAKS mitwirkte und in dieser Rolle immerhin Mädchen Amick verprügeln durfte – Neid!) und damit man trotzdem nicht vergisst, dass man sich einen Zombiefilm ansieht, müssen alle Charaktere unentwegt panisch herumkreischen. Das überträgt sich zwar tatsächlich auf den Zuschauer, aber eher im negativen Sinne: Es nervt. Besonders traurig ist, wie James Karen und Thom Mathews verheizt werden, die ihre Rollen aus dem ersten Teil noch einmal wiederholen dürfen und damit das Versagen Wiederhorns erst so richtig offenkundig machen. Waren sie im Vorgänger als die beiden sympathischen Pechvögel, die die ganze Katastrophe überhaupt erst auslösen und sich „zur Strafe“ in Zombies verwandeln, noch echte Identifikationsfiguren und irgendwie auch der emotionale Kern des Films, sind sie hier nun zu nervtötenden Heulsusen degradiert, die für einen völlig lauen, weil finesselosen und durchsichtigen In-Joke herhalten müssen.
Dass mir THE RETUN OF THE LIVING DEAD PART 2 trotz all dieser Kritikpunkte gefällt, ist unzweifelhaft der Nostalgie geschuldet. Ich erinnere mich noch daran, welchen Eindruck sein Trailer, den ich auf irgendeinem Verleihvideo sah, damals auf mich machte, daran, wie ich wochenlang einen Tanz um das hübsche Cover in der Horrorabteilung der Videothek machte bis meine Mom mir den Film endlich auslieh. Blöderweise war die deutsche Fassung dann just um einige der Szenen aus dem Trailer bereinigt und so richtig toll fand ich den Film damals schon nicht. Aber diese Zeit mit ihren popcornigen, aufwändig produzierten Horrorfilmchen, die in schöner Regelmäßigkeit in der Videothek aufschlugen, die hatte schon was. Und so blöd auch dieser Film ist, er ist mir immer noch sympathischer als das, was das Funsplatter- und Horrorkomödien-Genre heute als Produkt endloser Selbstbefriedigung so auf den Markt wirft – von den zahllosen HOSTEL- und SAW-Klonen ganz zu schweigen. Wiederhorns Film ist ordentlich inszeniert, hat hübsche Masken und Effekte und ist sich nicht zu schade für einfältige Witzchen, die sich jedoch dankenswerterweise nie als besonders tabubrechend oder abjekt und damit als ach so subversiv und abgeklärt geben müssen. Hier zeigt die abgetrennte Zombiehand einen Stinkefinger und tanzt am Schluss ein Zombie in Jackos „Beat it“-Lederjacke unter Stromstößen durchs Bild – damit, gar nicht unclever, den kannibalistischen Wiederverwertungskreis, der von Landis‘ THRILLER-Video über O’Bannons Film zu diesem Sequel führte, wieder schließend. Im Grunde genommen ist THE RETURN OF THE LIVING DEAD PART 2 ein lupenreiner Kinderfilm: bunt, schrill, infantil, laut, albern. Aber, klar, die Nostalgie sollte einem auch nicht völlig die Sinne vernebeln: Deswegen kann Wiederhorns Film jetzt auch erst einmal wieder für ein paar Jahre in den Schrank verbannen.
the return of the living dead (dan o’bannon, usa 1984)
Veröffentlicht: Oktober 5, 2009 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Dan O'Bannon, Horror, Komödie, Splatter, Zombies
Die erste Sichtung dieses Zombiefilmklassikers der zweiten Generation nach vielen, vielen Jahren brachte vor allem die Erkenntnis, dass sich die Filmgeschichtsschreibung der letzten zwei Jahrzehnte vor allem durch ein schlechtes Gedächtnis auszeichnet. Da wird immer wieder auf einen Paradigmenwechsel des modernen Zombiefilms verwiesen – weg von den schlurfenden, geistig minderbemittelten Trantüten hin zu rasenden, hinterhältigen Raubtieren -, der sich Post-9/11 mit Boyles 28 DAYS LATER oder Snyders gleichnamigem DAWN OF THE DEAD-Remake vollzogen habe, und dabei O’Bannons fulminanter kleiner Film vollkommen vergessen, der nicht nur jene Eigenschaften, sondern auch das erst kurze Zeit später florierende Subgenre des Funsplatters vorwegnimmt. Die Zombies aus THE RETURN OF THE LIVING DEAD rennen, sie entwickeln eine Strategie, wie sie sich die Schar der Protagonisten und Opfer einverleiben können, und sie sprechen sogar: „Brains!“ entfährt es ihnen wie im Chor, damit den Heißhunger auf eben jenes Organ zum Audruck bringend, das ihren (vampiresken) Weltschmerz als einziges zu lindern vermag. Aber darin erschöpft sich ihre Sprachfertigkeit und Gerissenheit noch nicht: Als zwei von den Protagonisten herbeigerufene Sanitäter den Zombies zum Opfer gefallen sind, benutzt einer von diesen das Funkgerät um Verstärkung bzw. Nachschlag zu ordern: „Send … more … Paramedics!“
THE RETURN OF THE LIVING DEAD ist ein Glücksfall, der in dieser Form nur während eines äußerst kurzen Moments zu Beginn der Achtzigerjahre möglich war: Er ist blutig, ohne jedoch monothematisch die unstillbare Lust der selbsternannten Gorehounds zu befriedigen, er ist lustig, ohne allzu albern zu werden, er ist parodistisch, ohne jedoch nur noch als „Film zweiter Ordnung“ wahrgenommen werden zu können und seine Wurzeln im Horrorfilm völlig zu kappen. Man vergleiche nur O’Bannons Film mit dem Sequel von Ken Wiederhorn, um festzustellen, was hier alles hätte schiefgehen können, aber auf wundersame Weise so wunderbar funktioniert hat. THE RETURN OF THE LIVING DEAD ist unter anderem deshalb so überzeugend, weil er seine budgetären Limitierungen als Chance interpretiert: Schon die Pre-Credit-Sequenz, in der die folgende Zombieapokalypse kammerspielartig eingeleitet wird, ist herausragend in ihrer räumlichen wie personellen Beschränkung auf ein Setting und zwei Charaktere, verleiht dem Film damit den Hauch von Alltäglichkeit, der auch den Reiz der EC-Horrorcomics oder der darauf basierenden TALES FROM THE CRYPT-Episoden ausmachte (eine der Nebenfiguren liest zu Beginn passenderweise eine Ausgabe der Comicserie „Weird Tales“) und der darin besteht, das Groteske und das Alltägliche miteinander lustvoll kollidieren zu lassen. Auch im weiteren Verlauf des Films hält O’Bannon an diesem Konzept fest, nutzt den Raum seiner drei Settings (Lagerhalle, Krematorium, Friedhof) für ein mit den Mitteln des Pop aufgebrezeltes Re-Imagining von Romeros unverwüstlichem NIGHT OF THE LIVING DEAD, der dann auch während der erwähnten Exposition verbal hofiert wird. Die zentrale Belagerungssituation wird immer wieder durch kleine Ausflüge nach draußen aufgebrochen, die angespannte Stimmung durch gezielte Gags aufgelockert, die immer gerade so weit gehen, dass sie den Rahmen nicht völlig sprengen. Die Striptease-auf-dem-Grabstein-Szene der ehemaligen Scream Queen Linnea Quigley kann man außerdem schon fast als ikonisch bezeichnen und das Ende dann nichts weniger als erschütternd, was eine reife Leistung für einen Film ist, der sich eigentlich nie wirklich Ernst nimmt. Überhaupt ist der Einfluss dieses Films kaum zu überschätzen und man muss es ihm und O’Bannon (der unter anderem als Drehbuchautor von ALIEN fungierte) hoch anrechnen, dass er auch nach fast 30 Jahren und einer unüberschaubaren Zahl größtenteils minderbemittelter Nachahmer nichts von seinem Reiz verloren hat. mehr noch: Ich finde, dass seine Klasse erst heute richtig zum Vorschein kommt.
entourage (seasons 1 – 5, usa 2004 – 2008)
Veröffentlicht: Oktober 2, 2009 in FilmSchlagwörter:Hollywood, Komödie, Serie
Man muss sich wundern, warum vorher nie jemand auf diese Idee gekommen ist: ENTOURAGE verfolgt einen aufstrebenden Jungschauspieler und seine titelgebende Clique auf dem Weg durch Hollywood, konfrontiert sie mit cholerischen Produzenten, abgezockten Agenten, größenwahnsinnigen Schauspielern, überambitionierten Regisseuren und geilen Groupies, lässt sie gemeinsam Erfolge erleben, Fehlentscheidungen treffen, Karrieretiefs durchwaten und auf die nächste Gelegenheit hoffen. Das Konzept, den Zuschauer an einer Sänger-, Sportler oder Managerkarriere teilhaben oder gar diese mitgestalten zu lassen, kennt man ja bereits aus Reality-TV-Formaten oder aber aus Computerspielen. HBO hat das ganze in ein Serienformat gegossen, wissend, dass es nebenbei reichlich quotenträchtige Gelegenheit für Gastauftritte berühmter Showbiz-Persönlichkeiten bietet, die sich selbst spielen und ihr eigenes Image entweder krass überbestätigen (z. B. Gary Busey als reichlich weggetretener Schauspieler-slash-Künstler) oder aber ihre Rollenpersona duplizieren (z. B. Seth Green als intrigantes Arschloch), satirische Seitenhiebe auf die Filmindustrie samt ihrer merkwürdigen Anwandlungen sowie ausufernden Materialismus und – wir haben es hier immerhin mit einer Serie des Pay-TV-Senders HBO zu tun, der sich keine Sorgen um Jugendschutz machen muss – nackte Haut und Sex galore ermöglicht.
Zur Handlung: Vincent Chase (Adrian Grenier) hat soeben seine erste Hauptrolle in einem großen Hollywoodfilm an der Seite von Jessica Alba absolviert. Gemeinsam mit seinem Bruder Johnny Drama (Kevin Dillon), einem abgehalfterten Seriendarsteller, der sich vom Erfolg seines Bruders einen Boost für die eigene brachliegende Karriere verspricht, seinem besten Freund und Manager Eric (Kevin Connolly) und dem gemeinsamen Kumpel Turtle (Jerry Ferrara) genießt er die ersten Früchte des Erfolgs und des Reichtums: Man gibt Geld für Luxusgegenstände aus, hängt auf Partys rum, lernt attraktive Damen kennen und macht sich eher nebenbei Gedanken darüber, wie es denn weitergehen soll. Im Nacken sitzt ihnen dabei der Agent Ari Gold (großartig: Jeremy Piven), dessen Pläne, aus Vincent um jeden Preis einen absoluten Superstar zu machen, jedoch nicht immer auf Gegenliebe stoßen: Denn Vincent und Eric wollen nicht einfach nur reich und berühmt werden, sie wollen dies mit Filmen erreichen, die ihnen etwas bedeuten. Doch leider ist Hollywood vor allem eine große Firma, in der Einzelgänger und Visionäre nur so lange geduldet sind, wie sie kompromissbereit bleiben und sich dann und wann den Regeln fügen. Dem Aufstieg zum Superstardom im erfolgreichsten Film aller Zeiten – Vincent spielt den Superhelden Aquaman im gleichnamigen Blockbuster von James Cameron – folgt bald schon der Abstieg mit dem selbst produzierten künstlerischen wie finanziellen Fiasko „Medellin“, einem überlangen Biopic über das Leben Pablo Escobars, das sich unter der Regie des launischen, exzentrischen und unkontrollierbaren Wunderkinds Billy Walsh (Rhys Coiro) zum Megaflop entwickelt und Vincent zur Persona non grata in Hollywood macht …
In handlichen 25-minütigen Episoden wird dem Zuschauer bei ENTOURAGE vor allem leichte, locker-flockige Unterhaltung serviert: Große Probleme oder Tragödien sucht man vergebens, was angesichts des Sujets durchaus angemessen ist. Vielmehr werden die einzelnen Folgen vom Spirit des Coming-of-Age- und Highschool- bzw- Collegefilms beatmet, denn mehr noch als von Superstardom und Hollywood handelt ENTOURAGE von Freundschaft. Die vier Freunde – zu denen sich im Verlauf der ersten fünf Staffeln immer mehr auch der zunächst eher antagonistisch gezeichnete Ari Gold hinzugesellt – bestreiten fast jede Szene der Serie gemeinsam oder aber zumindest in Paaren und das dramatische Zentrum der Serie bilden ihre Bemühungen, trotz der wachsenden Verantwortung und Ansprüche die eigene Identität zu wahren und nicht vom System gefressen zu werden. Im Grunde sind sie nur Fremde in Hollywood, Gäste: Eigentlich aus einem bürgerlichen Mittelstandsmilieu im New Yorker Stadtteil Queens entstammend, erzählt ENTOURAGE natürlich auch die altbekannte Geschichte vom amerikanischen Traum, vom Aufstieg des Tellerwäschers (Eric leitet eine Pizzeria bevor er den Job als Manager seines Jugendfreunds übernahm) zum Millionär, jedoch ohne diese melancholisch zu verklären oder zur pathetischen Ode auf die USA zu übersteigern. Den Freunden geht es nicht darum, ein Empire aufzubauen, wie etwa den Helden vergleichbarer Stoffe aus der Phase des klassischen Hollywoodkinos (man denke an CITIZEN KANE oder an GIANT), sondern den Glücksmoment, von dem man ja weiß, dass er nur flüchtig ist, so lange wie möglich auszureizen, was sich im Verlauf der Serie als schwieriger herausstellt als es zunächst den Anschein hat. So materialistisch ENTOURAGE vordergründig auch sein mag mit seinen Product Placements, shopping sprees und Kurztrips nach Las Vegas: Die Serie zeigt durchaus, dass den Luxusgegenständen kein Wert an sich zukommt und immer die Gefahr besteht, im Überfluss das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Die Kaufräusche sind immer auch ein wenig vom Unbehagen gekennzeichnet, das Geld denjenigen bereitet, die nie welches hatten: Zu viel Geld in der Tasche macht Vincent nervös, erst wenn es weg ist, er mit seinen Freunden zusammensitzen und einen durchziehen kann, geht es ihm wieder gut. Diese Konstellation birgt im Rahmen der Serie einiges an Konfliktpotenzial.
Es sind keinesfalls nur die weiter oben erwähnten Oberflächenreize, die die Serie zu einem solchen Genuss machen, sondern die zunehmend raffiniertere Zeichnung der Figuren und ihre Verkörperung durch die famosen Darsteller. Jeremy Piven, schon ein alter Hase im Film- und Fernsehgeschäft, hat sich mit seinem hyperbolischen Ari Gold einen zweiten Frühling beschert und trägt manche Folgen ganz allein mit seinen kreativen Flüchen und Beleidigungen. Die „Entourage“ – die lose an die Clique angelehnt ist, mit der Mark Wahlberg, der hier als Produzent fungiert, einst Hollywood unsicher machte – hingegen lebt vom Aufeinanderprall ganz unterschiedlicher Charaktere: Vincent ist der Schönling, dem alles Glück zufliegt und dem es unendlich schwer fällt, Verantwortung zu übernehmen; sein älterer Bruder Johnny ist ein Träumer, der sich die Realität immer etwas nach seinem Gusto zurechtbiegt, damit zwar meist auf die große Klappe fliegt, aber eigentlich so etwas wie die gute Seele der Gruppe ist; Turtle ist der Slacker, der es sich im Schatten seines Freundes gut gehen lässt, jedoch mehr und mehr erkennen muss, dass er selbst etwas aus seinem Leben machen muss, und Eric die Stimme der Vernunft, die sich nicht immer gegen die geballte Kraft der unreifen Kumpels durchsetzen kann. Es sind auch ihre lebendigen, kreativen Dialoge, ihre kumpelhaften Neckereien und disses, die den Episoden ihren Esprit bescheren. Der Hip-Hop-Einfluss macht sich nicht nur auf dem Soundtrack und in den gelegentlichen Gastauftritten bemerkbar: Es ist den Schreibern gelungen, jeder Figur eine ganz unverwechselbare Stimme zu verleihen. Es ist auch ihr dicker New Yorker Akzent, der sie einerseits zu Außenseitern stempelt, andererseits ihre Autonomie kennzeichnet. Die ganze Serie ist fantastisch besetzt und es gibt eigentlich keine einzige Figur, die man missen möchte: In Neben- und Gastrollen sieht man neben den genannten etwa Debi Mazar als bissige Publizistin, Beverly D’Angelo und Carla Gugino als knallharte Agentinnen, Malcolm McDowell als hinterhältigen Agenturleiter, Martin Landau als senile, aber kampfeslustige Hollywood-Produzentenlegende, Val Kilmer als bedröhnten Dopedealer, Stellan Skaarsgard als höchst eigenwilligen deutschen Regisseur Verner, Giovanni Ribisi und Lukas Haas als Redneck-Drehbuchautoren, Gary Cole als Fernsehproduzent sowie Jimmy Kimmell, Bob Saget, Frank Darabont, Jason Patric, Martin Scorsese, James Cameron, Mandy Moore, Scarlett Johansson, Ralph Macchio, David Faustino, Pauly Shore, Kanye West, Vanessa Angel, Melinda Clarke, Eric Roberts und Anna Faris, die allesamt sich selbst spielen.