Archiv für Januar, 2011

Als Augenzeugen von Werwolf-Sichtungen in der Sowjetunion berichten, wird Prof. Harry Beckmeyer (Barry Otto), ein Anthropologe, dessen Großvater um die Jahrhundertwende bereits Bekanntschaft mit Lykanthropen gemacht hatte,  von der US-Regierung beauftragt, Nachforschungen anzustellen. Gleichzeitig läuft Donny (Leigh Biolos) in Australien der bildhübschen Jerboa (Imogen Annesley) über den Weg, die er überredet, am Werwolffilm des Horrorregisseur Jack Citron (Frank Thring) mitzuwirken, für den auch er arbeitet. Doch Jerboa ist auf der Flucht, denn sie gehört einem australischen Stamm von Werwolf-Beuteltieren an, der über die Jahrhunderte von feindseligen Menschen fast komplett ausgerottet worden ist …

Die miserablen Wertungen auf IMDb und OFDb zerreißen mir das Herz. Sind die Menschen wirklich so dermaßen blind, blöd, bequem und fantasielos, dass sie nicht in der Lage sind, zu erkennen, dass Moras HOWLING III: THE MARSUPIALS einer der originellsten, gewagtesten, unkonventionellsten, fordernsten, witzigsten und anspruchsvollsten Horrorfilme seines Jahrzehnts ist? Was hier inhaltlich wie formal aufgefahren wird, ist erstaunlich: Der Film beginnt mit einigen ziemlich überraschenden (und damals noch absolut wegweisenden) Found-Footage-Elementen und verblüffenden Authentifizierungsstrategien (eine der Figuren blickt völlig unvermittelt in die Kamera und fragt eine andere, seit wann „hier“ denn alles mitgefilmt würde), dann erinnert der Horrorfilmregisseur den Zuschauer noch einmal daran, dass Pop- und Hochkultur seit Warhol nicht mehr zu trennen seien, als ob er damit für Toleranz für das, was da auf den Zuschauer noch zukommen wird, werben wolle. Und das ist durchaus angebracht (aber, siehe die genannten Bewertungen, auch hoffnungslos), denn HOWLING III: THE MARSUPIALS geht wirklich niemals den Weg, der sich abzuzeichnen scheint, sondern schlägt immer, wenn man gerade meint zu ahnen, wie es weitergeht, eine komplett neue Richtung ein. Das ist alles andere als einfach, weil diese Strategie einer herkömmlichen Spannungsdramaturgie diametral entgegensteht: Man weiß als Zuschauer bald schon nicht mehr, was man erwarten soll. Wenn man sich darauf einlassen kann, ist Moras Film hochgradig faszinierend, reich und wunderschön. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass er wie nur wenige B-Filme beweist, welche schöpferische Kraft dem vermeintlichen Trivialkino tatsächlich innewohnt. Mora weigert sich konsequent, bloße Dienstleistung zu betreiben, seine Zuschauer zu Konsumenten zu degradieren, der Meute also bloß zu geben, was sie braucht. Er fordert im Gegenteil die totale Offenheit, das Zurückstellen des bequemen Anspruchsdenkens. Spätestens am Schluss, wenn sich HOWLING III: THE MARSUPIALS von der Geschichte einer Person in ein weltumspannendes Drama, vom harmlosen Werwolftrash in einen Film über menschliche Hybris und Toleranz verwandelt und in 15 Minuten Filmzeit 30 Jahre abdeckt, muss man den Kniefall proben. Wenn HOWLING II: YOUR SISTER IS A WEREWOLF Moras CITIZEN KANE des Werwolffilms ist, dann ist HOWLING III: THE MARSUPIALS sein TOUCH OF EVIL.

Nach den Ereignissen aus HOWLING: Ben White (Reb Brown) wohnt der Beerdigung seiner Schwester bei, als der mysteriöse Stefan Crosscoe (Christopher Lee) ihm offenbart, dass diese ein Werwolf war, der den Freitod gesucht hatte. Ben ist ungläubig, doch die Reporterin Jenny Templeton (Annie McEnroe), eine Arbeitskollegin seiner Schwester, überzeugt ihn, zusammen mit Crosscoe nach Transylvanien zu reisen, von wo aus die Werwolfkönigin Stirba (Sybil Danning) die Weltherrschaft der Werwölfe anstrebt …

Die Erstbegegnung mit diesem Film via RTLplus-Videoaufzeichnung in unschuldigen Teenagerjahren war ein denkwürdiges Erlebnis. Erwartet hatte ich einen straighten Werwolfhorrorfilm (Joe Dantes Original war mir nur nominell bekannt), was ich zu sehen bekam, sprengte aber die Grenzen gewöhnlichen Genrekinos mit sexploitativen Elementen und einer sich durch den Film ziehenden, nur wenig greifbaren fremdartigen Atmosphäre – nicht, dass ich das damals so hätte beschreiben können, da war ich einfach nur sprachlos und meine, mich daran erinnern zu können, mehr als nur etwas beschämt von HOWLING II gewesen zu sein. Diese Reaktion scheint aber eine durchaus gängige Rezeptionserfahrung für Zuschauer des Films zu sein: Durchforstet man das Web nach Rezensionen und Texten zu Moras Film, findet man zahlreiche, die ihn als abstrusen Trash in die So-bad-it’s-good-Kategorie einsortieren, damit aber weniger den Film charakterisieren, als vielmehr die eigene Verwirrung demonstrieren. Klar, HOWLING II (der auch noch den schönen Alternativ-Subtitel STIRBA, WEREWOLF BITCH trägt) ist ein ziemlich wüstes Teil und als Horrorfilm nur mäßig erfolgreich. Aber dafür leistet Mora in anderer Hinsicht Beachtliches: Er verquickt der Exploitation-Sphäre angehörende Elemente, wie einen Christopher Lee mit modischer Sonnenbrille, einen New-Wave-Titelsong, einen um sich ballernden Reb Brown, eine in Fetischklamotten gewandete Sybil Danning, groteske Splattereffekte und viel sleazig inszenierten Sex, mit einer dem Arthouse- und Avantgarde-Kino zuzurechnenenden Montagetechnik und einer traumgleich-surrealen Narration und irrirtiert de Betrachter damit nachhaltig. Es gibt nur wenige Filme – jedenfalls fallen mir nicht allzu viele ein – bei denen die gängigen Werkzeuge der Filmkritik so wenig dazu geeignet sind, das Filmerlebnis treffend zu beschreiben. HOWLING II: YOUR SISTER IS A WEREWOLF ist mehr als das, was auf der Leinwand zu sehen ist. HOWLING II: YOUR SISTER IS A WEREWOLF ist Kunst.

Die Ghoulies nisten sich in der Geisterbahn einer Kirmes ein, der die Schließung durch ihren rücksichtslosen Finanzier droht. Das Treiben der kleinen Monster weckt jedoch das Interesse der Zuschauer und sorgt für einen gewaltigen Boom. Jedenfalls bis die ersten Toten zu beklagen sind …

Man hätte es nach dem kreuzlangweiligen ersten Teil ja fast erwarten können, dass Teil 2 nur besser werden konnte, darauf, dass ich mich dermaßen mit GHOULIES II amüsieren würde, hätte ich aber keine Wette abgeschlossen Die Titelkreaturen stehen nicht mehr nur blöd in der Gegend rum wie zuvor, sondern machen endlich den Quatsch, den man in einem GHOULIES-Film sehen will, wenn man ihn sich dann schon anschaut. Wenn sie – reichlich unbeweglich daherkommende Handpuppen – die Requisiten der Geisterbahn benutzen, um sich aus purem Spaß an der Freud diverser Eindringlinge zu entledigen, dann ist der Enthusiasmus, den sie dabei entwickeln, durchaus ansteckend. Richtig lustig wird es aber erst, wenn sie die Geisterbahn verlassen, Schrauben an Karussellkabinen lockern, den Schießstand unsicher machen und sonstigen Schabernack treiben. Da gibt es dann sogar ein paar etwas aufwändigere Stop-Motion-Effekte zu bestaunen, die andeuten, das die Ghoulies für ein paar Dollar mehr ganz brauchbare Popcornfilm-Monster abgegeben hätten. Aber auch so bin ich mit GHOULIES II mehr als zufrieden: Horrorfilme (der Begriff trifft es hier nicht ganz, ich weiß), die auf der Kirmes und in Geisterbahnen spielen, finde ich fast immer klasse, die ansehnlichen Settings werden von der Italofilm-Kameraikone Sergio Salvati hübsch eingefangen, die Darsteller lassen anders als im Vorgänger auch andere Emotionen als Hass und Gleichgültigkeit zu und es gibt einen zwar dusseligen, aber immerhin nachvollziehbaren Plot, der mit einem gewissen Grundverständnis für Dramaturgie und Tempo erzählt wird. Sympathischer Blödsinn, der den Toilettenwitz vom Poster nun auch im Film unterbringt und sogar Lust auf die Teile 3 und 4 macht (naja, auf letzteren vielleicht doch nicht, der ist nämlich von Jim Wynorski). In einer Nebenrolle ist übrigens Romano Puppo, Darsteller und Stuntmen unzähliger Italofilme, als Kraftmensch zu sehen und der prollige Schlusssong stammt von der Achtziger-Metalkapelle W.A.S.P.

Jonathan Graves (Peter Liapis) hat ein altes Haus geerbt, in dem früher finstere satanische Rituale abgehalten wurden. Bald erliegt er dem Drang, diese zu wiederholen: Er beschwört eine Bande kleinwüchsiger Dämonne, die allerdings nur die Vorhut für ein größeres Übel bilden …

Kleine Monsterchen waren nach dem Erfolg von Joe Dantes GREMLINS schwer angesagt: CRITTERS, HOBGOBLINS, TROLL und eben GHOULIES buhlten um die Gunst der Zuschauer und selbst 25 Jahre nach dem Erscheinen des letzteren gibt es immer noch den ein oder anderen leichtgläubigen Blogger, der seinem zweifelhaften Reiz erliegt. GHOULIES ist spannungsarmer Trash, dessen abgegriffene Geschichte sich ohne jeden Verlust auch ohne die dämlichen Titelkreaturen erzählen ließe, einem dann aber wahrscheinlich auch noch die zwei, drei schüchternen Schmunzler schuldig bliebe, die die Mitleid erzeugenden Latexkreationen von John Carl Buechler bei ihren meist folgenlosen Auftritten hervorrufen. Ein bisschen fühlte ich mich bei ihrem Anblick an John Fasanos göttlichen ROCK ‚N‘ ROLL NIGHTMARE erinnert, der aber trotz seiner beschränkten Mittel nach den Sternen greift und deshalb Absurditätssphären erreicht, von denen GHOULIES nicht mal träumen möchte. Ich hatte mich auf albernen Tinnef um ein paar freche Trolle gefreut, die das Plakat mit seiner kalauerigen Tagline verspricht, stattdessen gibt es eine kreuzlangweilige Okkultismusgeschichte mit einem auch noch völlig unsympathischen Helden, der aussieht wie eine Mischung aus Jeff Speakman und Louis Van Gaal. Die ein, zwei wirklich gruseligen Szenen mit einer ekligen Clownpuppe sind in diesem armseligen Quark vollkommen verschenkt und hätten lieber woanders ihren Platz gefunden. Erwähnte ich schon, dass neben Jack Nance auch noch zwei Liliputaner mitspielen? Nein? Dann hole ich das nach, wenn ich über GHOULIES II schreibe, der mit diesem zusammen auf einer Double-Feature-DVD erhältlich ist. Scheiße im Doppelpack. Herzlichen Glückwunsch!

Die drei Studenten Jimmie (Hal Havins), Keith (John Stuart Wildman) und Calvin (Andras Jones) werden dabei erwischt, wie sie beim Initiationsritus der Tri-Delta-Sorortity die nackten Bewerberinnen (u. a. B-Film-Babe Brinke Stevens) bespannen und mit diesen zu einer Mutprobe verdonnert: Aus dem nächtlichen Bowlingcenter sollen sie eine Trophäe entwenden. Dumm, dass der ausgewählte Pokal einen Kobold beheimatet, der nach seiner Freisetzung mit der Erfüllung diverser Wünsche lockt, die dann aber allesamt nach hinten losgehen. Gemeinsam mit der Einbrecherin Spider (Linnea Quigley) versucht Calvin, dem bösen Treiben ein Ende zu setzen …

Man darf vermuten, dass SORORITY BABES IN THE SLIMEBALL BOWL-O-RAMA nur entstand, weil Charles Band den Titel gekauft hatte und noch einen Film dazu brauchte. David DeCoteau kurbelte das Ding auf seine ihm eigene Art runter, ohne sich viel darum zu scheren, ob das Endprodukt den Verheißungen des Titels gerecht würde. Warum auch? Es würden sich genug Trash-Aficionados finden, die ihren Obolus dafür entrichteten. Klar, es gibt die versprochenen „Sorority Babes“ und eine Bowlingbahn, aber lustloser als hier könnte man die beiden Bestandteile kaum verbinden. Die Exposition ist dabei noch recht, ähem,  „viel versprechend“: Die Tri-Delta-Sorority besteht anscheinend nur aus drei Mädels und ihr Initiationsritus beinhaltet ein kräftiges Spanking und das anschließende Besprühen mit Schlagsahne (?), sodass man sich wundern muss, warum die Mädels sich über die männlichen Spanner überhaupt aufregen. Und die idiotische Mutprobe, zu der sich dann alle ohne jeden Widerspruch bereit erklären, obwohl sie doch einfach nach Hause gehen könnten – sie sind immerhin in der Überzahl! – ist ebenfalls aus dem Stoff, aus dem beknackte Trashfilme gestrickt sind. Leider versumpft DeCoteaus Film danach beträchtlich: OK, der Kobold, der einen Eddie-Murphy-mäßigen Jive talkt, ist irgendwie ganz putzig und dass sich eine der Sorority-Anwärterinnen auf Wunsch von einem der Spanner in eine Nymphomanin verwandelt, möchte man dem Film auch noch positiv anrechnen, aber das alles ist so fürchterlich träge inszeniert, dass die nur 80 Minuten Spielzeit ganz schön lang werden. Der eh schon plätschernde Fluss des Films wird zudem immer wieder durch ausufernde Dialogpassagen aufgehalten, die von den unterirdischen Schauspielern ohne jeden dramatischen Ausdruck absolviert werden, und wenn es dann mal ans Eingemachte geht, fehlte offensichtlich das Geld für Effekte und es wird just dann weggeschnitten, wenn es eigentlich interessant werden sollte. Nach Betrachtung von SORORITY BABES IN THE SLIMEBALL BOWL-O-RAMA stellt sich wieder mal die Frage, ob das jetzt nicht Exploitationkino par excellence ist – eben weil es mit dem Titel an die niederen Instinkte der Zuschauerschar appelliert, ohne diese dann wirklich bedienen zu können – oder aber die zynische Schattenseite einer Filmtradition, die im Bestfall Kino jenseits ausgelatschter Pfade hervorbrachte. Es spricht einiegs für die These, dass DeCoteaus Film mehr mit ätzenden Abschreibungsproduktionen der Hollywoodstudios zu tun hat, als er das einzugestehen bereit wäre. Naja, immerhin habe ich ihn jetzt endlich mal gesehen.

Die 17-jährige Chris Parker (Elisabeth Shue) ist von ihrem Freund versetzt worden und verbringt den Abend nun als Babysitterin bei Brad Anderson (Keith Coogan) und seiner kleinen Schwester Sara. Als ihre Freundin (Penelope Ann Miller), die von zu Hause weggelaufen ist, in panischer Angst vom Chicagoer Busbahnhof anruft und um Hilfe bittet, muss Chris die Kinder – zu denen sich noch Brads Freund Daryl (Anthony Rapp) hinzugesellt – mit in die Stadt nehmen. Und dort reiht sich eine Panne an die nächste. Sind sie rechtzeitig wieder zu Hause, bevor die Andersons zurückkommen?

Zuletzt hatte ich bei GOTCHA! noch darüber schwadroniert, wie eine nostalgische Bindung an einen Film die Rezeptionshaltung bei späteren Sichtungen positiv beeinflusst. ADVENTURES IN BABYSITTING mag als Fave nicht ganz so cool sein wie der genannte Film, aber er profitiert eben bei mir ganz erheblich davon, dass ich ihn in jungen Teeniejahren xmal gesehen habe. Die gestrige Sichtung – die erste seit etlichen Jahren – war dann auch eine lustige Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit, die etwas davon beeinträchtigt wurde, dass mir nur die Originalfassung vorlag und nicht die deutsche Synchronisation. Aber auch abseits von solcher persönlicher Bindung finde ich, dass ADVENTURES IN BABYSITTING ein sehr unterhaltsamer, witziger und schwungvoller Film ist, der recht geschickt eine kindliche Perspektive einnimmt, die Millionenmetropole geradezu märchenhaft verzerrt und dabei niemals infantil ist. Mit dem Subplot um den unrettbar in die etwas ältere Chris verliebten Brad trifft Columbus zudem ins Herz jedes pubertierenden Jungen (und in das des Mannes, der sich an seine unerwiderten Crushes von damals noch allzu leb- und schmerzhaft erinnert): Elisabeth Shue ist aber auch einfach zum Anbeißen mit ihrem charmanten Lächeln und der Coolness, mit der sie auch die schwierigsten Sitautionen noch meistert. Meine Lieblingsepisode ist der unfreiwillige Ausflug in die rauchige Blueskneipe, aber auch Vincent D’Onofrio als Lookalike des Marvel-Superhelden Thor (für den ich auch ein absolutes Faible habe) ist ein Volltreffer, ebenso wie Penelope Ann Miller, die als Chris‘ Freundin von einer Panikattacke in die nächste stürzt. Rundum feine Unterhaltung für Menschen, die sich ein kindliches Gemüt bewahrt haben.

In einer verkommenen kalifornischen Vorstadtsiedlung leben einige jugendliche Punks in einem leerstehenden Haus, weil sie es aus verschiedenen Gründen bei den Eltern nicht mehr ausgehalten haben. Sie schlagen sich mit Diebstählen durchs Leben, reagieren sich abends auf Hardcore-Konzerten ab und haben keinerlei Vorstellung davon, wie sie ihr Leben in den Griff bekommen können. Der kleinbürgerlichen Nachbarschaft sind sie ein Dorn im Auge: Anstatt sich mit den Jugendlichen zu solidarisieren, sehen die nur ihre eigenen lächerlichen Besitztümer bedroht. Eine offene Auseinandersetzung bahnt sich an …

„No Future“: Das war in den frühen Achtzigerjahren der Slogan der Punkbewegung und in SUBURBIA erhält man einen ziemlich guten Eindruck, woher diese Weltanschauung  kam und was sie jenseits eines bloß plakativen Fatalismus bedeutet. Das einstige Vorstadtparadies des Films hat sich in einen besseren Slum verwandelt und die Elterngeneration, die mitansehen musste, wie ihr Traum vom Wohlstand den Bach runterging, ist viel zu sehr mit der eigenen Identitätskrise beschäftigt, als dass sie sich um die Erziehung des Nachwuchses kümmern könnte. Ungeliebt und aus desolaten Elternhäusern stammend ist den Jugendlichen jeder Optimismus, jede Hoffnung auf ein halbwegs normales Leben und das Vertrauen in die Erwachsenen, die sie im Stich gelassen haben, abhanden gekommen. Mit der Gesellschaft wollen sie zwar nichts mehr zu tun haben, doch leben sie natürlich nicht im luftleeren Raum. Ihre zwangsläufigen Frustrationen brechen sich in sinnlosen Scharmützeln während der abendlichen Konzerte Bahn, bei denen die Musiker mehr als einmal entnervt abbrechen müssen, weil die Situation vor der Bühne zu eskalieren droht. Und diese destruktive Ader entfremdet die Kids noch mehr: Weil die Verlierer um sie herum ein ähnlich beklagenswertes Leben führen und ebenfalls ihre Aggressionen irgendwo loswerden müssen, kommen ihnen die Punks gerade gelegen. Sie sind die perfekten Sündenböcke: ein paar Kids ohne jede Lobby, ohne Privilegien, ohne Fürsprecher.

Penelope Spheeris dreht vor SUBURBIA die Punkrock-Dokumentation THE DECLINE OF THE WESTERN CIVILIZATION, deren Titel durchaus auch auf ihr Spielfilmdebüt gepasst hätte. Es verwundert also nicht wirklich, dass auch SUBURBIA leicht dokumentarische Züge trägt: Die Schauspieler sind bis auf ganz wenige Ausnahmen Laiendarsteller aus der kalifornischen Punkszene (es gibt u. a. einen sehr jungen Flea, seines Zeichens Bassist der Red Hot Chili Peppers, zu bewundern), die Konzerte bestreiten die Hardcore-Veteranen von D.I., T.S.O.L. und The Vandals und mehrere Ereignisse des Films sind von realen Begebenheiten inspiriert. SUBURBIA ist dann auch ungemein deprimierend in seiner Rohheit und Ausweglosigkeit, die ihren deutlichsten Ausdruck im Bild einer Rotte ausgesetzter und deshalb verwildeter Hunde findet, von denen einer in der Eröffnungsszene ein Kleinkind vor den Augen der Mutter zerfetzt. Aus Opfern werden Täter, für die die Gesellschaft dann meist auch eine entsprechende Antwort parat hat, während sie vorher tatenlos zusieht. Spheeris blieb dem Sujet noch eine Weile treu: Als nächstes folgten THE BOYS NEXT DOOR und DUDES, dann widmete sie sich der Glamrockszene in L.A. in THE DECLINE OF THE WESTERN CIVILIZATION PART 2: THE METAL YEARS, einem absoluten Wahnsinnsfilm, den ich hier demnächst mal besprechen muss, bevor sie mit WAYNE’S WORLD einen Riesenhit landete, der ihr dann diverse Komödienengagements einbrachte. Von denen kann man dann halten, was man will, SUBURBIA ist über jeden Zweifel erhaben.

Der Student Jonathan (Anthony Edwards) fährt gemeinsam mit seinem Kumpel Manolo (Nick Corri) nach Europa – nicht zuletzt in der Hoffnung, dort endlich entjungfert zu werden. In Paris begegnet er der erotischen Tschechin Sasha Banicek (Linda Fiorentino) und beide stürzen sich in eine heftige Affäre. Als sie Paris in Richtung Berlin verlassen muss, schließt sich Jonathan ihr an, noch nicht ahnend, dass sie tatsächlich eine CIA-Agentin ist, die einen dubiosen Auftrag in Ost-Berlin zu erfüllen hat. Und so sieht sich der arglose Student nach kurzer Zeit von KGB-Männern verfolgt …

GOTCHA! ist auch wieder so ein Kandidat: Hätte ich den Film im Teeniealter gesehen, könnte ich heute wahrscheinlich kaum objektiv über ihn urteilen. Tatsächlich erinnere ich mich noch an die lobenden Worte eines Klassenkameraden, dem die Begeisterung über den Teenie-Agentenfilm förmlich aus den Augen sprang. Ganz so hin und weg bin ich dann nicht, auch wenn GOTCHA! ein sehr ordentlicher und vor allem recht origineller Vertreter des in den Achtzigerjahren so populären Teeniefilms ist. Mit Anthony Edwards steht Jeff Kanew ein sehr sympathischer und vor allem natürlicher Hauptdarsteller zur Verfügung und die authentische Berliner Kulisse ist natürlich ein Augenschmaus und – Achtung: marketingdeutsch – absolutes Alleinstellungsmerkmal. Da bin ich dann auch fast geneigt, es GOTCHA! positiv anzurechnen, dass er nicht von Attraktion zu Attraktion hüpft, nicht eine Zote an die nächste reiht, sondern seine Geschichte sehr behutsam und durchaus mit einigem Ernst entwickelt – während der Sichtung hätte ich mir gerade in der ersten Hälfte etwas mehr Zug zum Tor gewünscht. Kanew gelingt es aber recht gut, die in den Achtzigerjahren noch ganz gegenwärtigen Spannungen zwischen Ost und West aus der Sphäre obercooler Superagenten zurück in den Alltag zu holen. Ein bisschen amerikanische Kommunistenparanoia muss man als Europäer zwar verknusen können, aber auch das war vor 25 Jahren eben die gängige Reaktion auf das Treiben hinter dem eisernen Vorhang. Mein verhaltener Einstieg war also eigentlich gar nich so angebract, denn GOTCHA! ist schon ein feiner Film. Aber eben nichts, was mich vor Begeisterung um den Schlaf bringt.

Als Sean (David Bradley) noch ein kleiner Junge war, wurde sein Papa, ein Karatekämpfer, umgebracht und Sean fortan von Izumo (Calvin Young) in der Kunst des Ninjitsu unterwiesen. In der Gegenwart reist er in den fiktiven Staat Triana, um an einem Karateturnier teilzunehmen. Als er dort seinem alten Meister begegnet und dieser kurz darauf entführt wird, macht er sich mit Jackson (Steve James) und Dexter (Evan J. Klisser) auf die Suche nach ihm. Die führt ihn zu „The Cobra“ (Marjoe Gortner), der für General Andreas (Yehuda Efroni) eine Rasse von Supersoldaten kreieren soll und nur auf Sean gewartet hat …

Aller Guten Dinge sind zwar nach Volksmund drei, doch AMERICAN NINJA 3: BLOOD HUNT ist wohl die berühmte Ausnahme von der Regel. Alle Jubeljahre wird er von mir in der Hoffnung eingeworfen, dass er mir vielleicht endlich seine mir bislang verborgen gebliebenen Qualitäten offenbart, aber auch bei dieser Sichtung steht am Ende nur die Erkenntnis, dass der dritte Eintrag der Erfolgsserie eine reichlich freudlose Angelegenheit ist. Selbst wenn man die Ansprüche ganz weit runterschraubt und AMERICAN NINJA 3 lediglich als hohlen Trashfilm betrachtet, gibt es hier rein gar nichts zu holen. Wirklich alle Beteiligten haben ihr Schlechtestes gegeben – oder aber sie haben in dem Bemühen, auch noch den letzten Funken Spaß aus dem Film zu saugen, Überstunden gemacht. Die Story ist selbst dann noch unfassbar dämlich, wenn man sie nur als Wegbereiter für die Actionszenen begreift, die Inszenierung hausbacken und angestrengt, die Kampfchoreografien unter aller Sau und – der Todesstoß für den Film – David Bradley ein so dermaßen unsympathischer Protagonist, dass das Unterfangen eigentlich von vornherein hoffnungslos ist. Die Cannon wollte den einstigen Karatechampion wohl zum neuen Actionstar aufbauen, doch das ist gründlich in die Hose gegangen und vielleicht das beste Beispiel dafür, wie Golan und Globus in der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre von ihrem Urteilsvermögen verlassen worden sind. Bradley lässt sich in eigentlich allen seinen Filmen nur ertragen, wenn es einem gelingt, sich an seiner prollig-machohaften Art hochzuziehen. Klar, auch Dudikoff war kein guter Schauspieler, aber er war als Handkanten-James-Dean gut besetzt und vor allem sympathisch. Wenn David Bradley mit Leichenbittermiene die Muckis anspannt, denkt man hingegen an Steroidmissbrauch, Date Rape und Demütigungen in der Jungsumkleide beim Sportunterricht. Im Vergleich mit dem sonnigen Fun-Actioner AMERICAN NINJA 2: THE CONFRONTATION wirkt Teil 3 unfreundlich, düster und misanthropisch. Das ist nicht per se schlecht, nur gibt der Stoff das gar nicht her. Sundstroms Film ist albern, ohne dabei Spaß zu machen. Eigentlich das vernichtendste Urteil, das man über einen Film verkünden kann. Bis zum nächsten Mal.

Der düstere irische Urban-Crime-/Selbstjustizfilm SAVAGE von Brendand Muldowney ist in der feinen Edition Störkanal von I-On New Media erschienen, die ich bereits mehrfach lobend erwähnt habe. Auch SAVAGE darf man sich als Freund des genannten Subgenres durchaus zu Gemüte führen. AUf F.LM gibt es eine Rezension von mir: Klick.