WILLOW war bei Erscheinen ein big deal für mich. Ich war damals 12 oder 13 (je nachdem, wie schnell ich ihn nach seinem Kinostart am 15.12.1988 gesehen habe) und damit alt genug, ihn ohne Begleitung meiner Eltern sehen zu können. Die Bravo hatte den Film eifrig beworben und wahrscheinlich auch die Kinosendungen, die damals noch fester Bestandteil der Fernsehunterhaltung waren. So saß ich dann mit einem Freund (wer war das nur?) gespannt im Krefelder Passage-Kino – das, unnötig zu erwähnen, heute nicht mehr existiert – und war bereit für einen echten Fantasy-Knaller, voller Monster, Helden und Spezialeffekte. Ich kann mich kaum noch an die Vorstellung erinnern, aber ich weiß noch, dass ich damals sehr underwhelmed war vom Gebotenen. WILLOW hielt nicht das, was ich mir von ihm versprochen hatte, ohne dass ich genau hätte benennen könne, worin meine Enttäuschung bestand. Ich habe WILLOW gestern zum ersten Mal seit damals gesehen: Natürlich ohne große Erwartungen, aber mit einer gewissen Neugier. Die Sichtung bestätigte meinen damaligen Eindruck: WILLOW ist ganz nett, aber da fehlt einfach etwas, um mir echte Begeisterung oder überhaupt eine Gefühlsregung abzuringen, die über ein nahezu gleichgültiges „Och Joh“ hinausgeht. Aber anders als vor 25 Jahren kann ich heute einigermaßen erklären, was das ist.
Die Probleme beginnen schon bei der Handlung: Die Geschichte um ein Baby, das in der Lage sein soll, eine böse Zauberin (Jean Marsh) zu besiegen, und um den kleinwüchsigen, braven Willow (Warwick Davis), der die Verantwortung für das Baby übernehmen muss, gegen alle Gefahren und Bedrohungen, unterstützt von allerlei Charakteren, die ihm unterwegs begegnen, ist so schmerzhaft unspezifisch, dass es mir schwerfällt, echtes Interesse für sie aufzubringen. Ich erwarte gewiss keine intellektuellen oder schöpferischen Höhenflüge von einem Märchenfilm, aber etwas mehr als in WILLOW hätte es schon sein dürfen: Hier hat jemand die fünf berühmtesten Fantasy-Romane gelesen, sie auf eine Standard-Plotline reduziert und dann lediglich die Variablen ausgefüllt. (Genauer gesagt war das George Lucas, der dasselbe Rezept schon bei STAR WARS angewendet hatte, zugegebenermaßen mit größerem Erfolg als hier.) Das kann gutgehen, wenn jemand auf dem Regiestuhl sitzt, für den Handlung eh nur Mittel zu dem Zweck ist, einen rauschhaften, entfesselten Bilderbogen voller visueller Ideen und technischer Kunststücke auf die Leinwand zu bringen. Aber hier war mit Ron Howard jemand für die Inszenierung zuständig, der selbst aus der Prämisse, möglichst viele teure Autos zu verschrotten, noch einen langweiligen und braven Film gemacht hat. Howard ist ja eh eine der größten Plagen des US-Mainstream-Familienkinos mit seinen zu 100 % persönlichkeitsfreien, stromlinienförmigen und vollständig geschmackneutralen Bullshit-Filmen, die für das personifizierte Ideal des Marktforschers geradezu gemacht zu sein scheinen: den Durchschnits-Kinogänger mit Durchschnitts-Intelligenzquotient, Durchschnittseinkommen und Durchschnitsleben. Das sieht man auch an WILLOW: Für jeden muss was dabei sein, ein bisschen was fürs Herz, ein bisschen Action, ein bisschen Grusel und damit das alles bloß nicht zu sehr mitnimmt oder gar emotional involviert ein bisschen Humor. Letzterer ist natürlich ausnahmslos fürchterlich, infantil, vordergründig und damit garantiert unlustig geraten, eine echte Qual. Bei jedem Auftritt der nervtötenden „Brownies“, einem Völkchen mausgroßer Menschen mit lustigen Fellmützchen, lustiger Kriegsbemalung und lustigen Quiekstimmen, sah ich Howards im Zustand endloser präpubertärer Sonnensprossigkeit gefangenes Gesicht förmlich vor mir, wie er sich mit seinen Mausemilchzähnchen vor Vergnügen feixend in die Kinderfaust beißt, während sich seine Crew um ihn herum schmavoll abwendet.
Man muss ihm zugutehalten, dass er den logistischen Aufwand, den WILLOW mit seinen Massenszenen, Spezialeffekten, Bauten und Kampfsequenzen wahrscheinlich bedeutete, gut bewältigte. Der Film sieht – auch für sein beträchtliches Alter – ziemlich töfte aus und die schönen Landschaftsaufnahmen lenken von so mancher Schwäche ab. Dann ist da noch Val Kilmer in der Rolle des tapferen Schwertkämpfers Madmartigan, die ihn für die großen Hauptrollen, die er in den folgenden Jahren absolvieren sollte, vorbereitete. Er ist wahrscheinlich das Highlight eines Films, der nicht richtig schlecht ist, aber eben auch nicht so gut, wie er hätte sein können. Ich will nicht zu gehässig sein: Manche Sequenzen sind durchaus sehr schön geraten und heutigen, vollständig in der Kiste entstandenen Kitschbolzen ist WILLOW mit seinen „altmodischen“ Masken und Matte Paintings eindeutig vorzuziehen. Das ändert aber eben nichts daran, dass Ron Howards Film schon fast wieder vergessen ist, noch bevor die Credits abgelaufen sind.