Der Geschäftsmann Robert Perkins (Horst Frank) arbeitet in Hongkong zwar als die „Nummer eins“ eines unbekannt aus dem Hintergrund agierenden Drogenzars, versucht jedoch hintenrum, dessen Geschäfte an sich zu reißen. Gerade hat er die beiden nichtsahnenden Piloten Ted Barnekow (Dietmar Schönherr) und Larry McLean (Brad Harris) als Piloten engagiert, doch als die von der hübschen Claudia Laudon (Maria Perschy) erfahren, dass er sie unwissend als Kurier missbrauchen wollte, beenden sie ihr Arbeitsverhältnis noch bevor es begonnen hat und versuchen der armen Frau aus der Bredouille zu helfen. Natürlich geraten sie dabei selbst mit dem Gesetz in Konflikt und landen im Knast, während Perkins Claudia in seine Gewalt bringt. Werden die beiden tapferen Haudegen sie aus den Fängen des Schurken retten können? Wird es ihnen gelingen, ihre eigene Unschuld zu beweisen? Und wer ist eigentlich der geheimnisvolle Mann im Hintergrund?
Geschichte ist ein eigenartiges Konstrukt. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Einteilung der zäh und unaufhaltsam dahinfließenden Größe „Zeit“ in für Menschen erfassbare Dimensionen wie Jahrzehnte und Jahre und dann in Sinneinheiten wie Stilepochen oder Ären völlig willkürlich ist, der Glaube an einen Fortschritt, eine Bewegung hin zu einem Ideal aus philosophischer Perspektive mindestens diskutabel, sind manche bei der Betrachtung auffallenden Phänomene schlicht verblüffend. Da scheinen mehrere Jahre nahezu ununterschiedbar und ereignislos dahinzuschreiten und dann vollzieht die Historie binnen weniger Monate plötzlich heftige, an Geburtswehen erinnernde Zuckungen und gebiert dabei etwas völlig Neues, das noch kurz zuvor völlig undenkbar erschien. Zwischen HEISSER HAFEN HONGKONG, dem von Jürgen Roland inszenierten ersten Hartwig’schen „Hongkong-Reißer“, und seinem Nachfolger WEISSE FRACHT FÜR HONGKONG liegen gerade einmal zwei Jahre, ein äußerst überschaubarer Zeitraum, und doch könnten beide Filme kaum unterschiedlicher sein. Während man in Rolands Film noch den Geist der Fünfziger durchs Bild wabern sieht, man gezwungen wird, Hongkong aus der Perspektive des über so viel Fremdheit staunenden Spießers zu betrachten, stürzt man sich im Sequel gemeinsam mit den weltoffenen Globetrotters ganz selbstverständlich ins Getümmel der Metropole. Irgendwann zwischen 1962 und 1964 scheinen die Sechzigerjahre entschieden zu haben, was sie zukünftig vom vorangegangenen Jahrzehnt unterscheiden soll.
Ashley schlägt einen deutlich ruppigeren Ton an, lässt gleich zu Beginn ein paar arme Chinesen auspeitschen und wenig später einen von Entzugserscheinungen geplagten Heroinsüchtigen gierig die Dämpfe der begehrten Droge inhalieren. An der Seite der beiden Haudegen Schönherr und Harris wird man nicht gemütlich durch die Stadt geführt, sondern von einem Konflikt in den nächsten gerissen und dabei mit markigen Sprüchen bombardiert. Alles ist bunter, lauter und greller, und wo zuvor vereinzelte Menschen, von schüchtern „Piff“ machenden Pistolenschüssen getroffen, grimassierend, aber keinesfalls blutend, aus dem Bild sanken, da werden sie hier in rasanter Folge und großer Zahl weggepustet, erdolcht, gesprengt oder mit dem Auto eine Klippe runtergeschubst. In den letzten Minuten steigert sich WEISSE FRACHT FÜR HONGKONG in einen echten Amoklauf: Da löst Ashley alle Bremsen, tritt das Gaspedal mit sporenbewehrten Bleistiefeln geradewegs durchs Bodenblech tief in den von der flirrenden Hitze aufgeweichten Asphalt und rast frontal in eine Backsteinmauer mit der Aufschrift „Ende“. Aus den Trümmern schälen sich die beiden grinsenden Helden, für die jetzt alles gut ist, obwohl sich um sie herum die Trümmer- und Leichenberge türmen. Man kann hier auch beobachten, wie sich die Idee des modernen Actionfilms formt.
Auch die zeitgenössische Kritik bemerkte, dass sich da etwas verändert hatte im deutschen Kino, doch begnügte sie sich nicht damit, diese Veränderung nur zu beschreiben. Unter dem Titel „Flucht nach Teneriffa“ diagnostizierte Der Spiegel in Ausgabe 47 von 1964 ein „Verschwinden des deutschen Menschen und des deutschen Milieus aus dem deutschen Film“ und benannte WEISSE FRACHT FÜR HONGKONG als ein Beispiel, an dem sich dieses Verschwinden abzeichnete, seinen Hauptdarsteller Horst Frank als einen der Schauspieler, an denen sich „die Verfremdung des deutschen Films“ „an deutlichsten […] spiegelt“. Ton und Wortwahl des Artikels muten heute etwas merk- und auch fragwürdig an, ausgerechnet in den gemütlichen Edgar-Wallace-Filmen den Keim der „Überfremdung“ zu wittern, aus heutiger Sicht zudem unfreiwillig komisch, doch an der (zumal durch viele Beispiele untermauerten) Diagnose gibt es kaum etwas auszusetzen. WEISSE FRACHT FÜR HONGKONG überraschte mich ja nicht zuletzt deshalb so positiv, weil der Film (eben im Vergleich zu Rolands Vorgänger mit seinem typisch deutschen Protagonisten Peter Holberg vom Hamburger Abendblatt) so erfrischend undeutsch ist, zeigt, dass man es auch hierzulande verstand, knallige Actionreißer von internationalem Format zu produzieren. Schade, dass die soeben erschienen DVD von Filmjuwelen den Film in äußerst mäßiger Bildqualität anbietet: Zumindest auf dem HD-Fernseher verwandeln sich die Bilder vor lauter groben Rastern beinahe in impressionistische Gemälde. Da wäre bestimmt mehr drin gewesen. Meiner Freude über diese Entdeckung tut das aber keinen Abbruch.
[…] hat er auch den Abenteuerfilm „Weiße Fracht für Hongkong“ von Helmut Ashley gesehen, der ihn ziemlich begeistert […]