Der ganze Film in einem Satz: Braddock denkt an die Kinder.
Von Reverend Polanski (Yehuda Efroni) erfährt der Vietnamveteran Braddock (Chuck Norris), dass seine totgeglaubte vietnamesische Frau Lin (Miki Kim) noch lebt und er sogar einen Sohn (Roland Harrah III) hat: Beide leben in einem nordvietnamesischen Dorf unter menschenunwürdigen Bedingungen, als Menschen zweiter Klasse der ständigen Gängelei durch General Quoc (Aki Aleong) ausgesetzt. Braddock macht sich sofort auf den Weg, seine Familie zu befreien und mit in die USA zu nehmen …
Wenn Joseph Zitos MISSING IN ACTION (und das back-to-back gedrehte Sequel) in ihrer Bitterkeit und Hasserfülltheit selbst Ausdruck des Traumas sind, in das der Vietnamkrieg das Kollektiv der US-amerikanischen Gesellschaft gestürzt hatte, dann ist BRADDOCK: MISSING IN ACTION III die störrische Weigerung, sich mit diesem Trauma auseinanderzusetzen und zur Realität zurückzukehren. 1988, im selben Jahr, in dem man Stallone dafür auslachte, weil er sich in Afghanistan in einen Konflikt einmischte, der in der Realität soeben sein Ende gefunden hatte, arbeitet sich Braddock immer noch an den kommunistischen Vietnamesen ab, hat er die Niederlage immer noch nicht überwunden, immerhin satte 13 Jahre, nachdem der Krieg beendet wurde. Aaron Norris‘ Film ist ein krasser Anachronismus, der die psychische Disposition seines Protagonisten zur unbeugsamen Tugend stilisiert. Am Ende des mit 105 Minuten überlangen Films kann man nur den Kopf schütteln, ob der zur Schau getragenen Unfähigkeit, die Vergangenheit zu verarbeiten, dem einstigen Feind die Hand zu reichen und eigene Fehler einzugestehen. „I can see the love of freedom/shining in your eyes“ singt Ron Bloom in seinem pathetischen Abschlusssong, sich mit bebender Inbrunst gegen die Erkenntnis stemmend, dass es im Krieg kein Gut und Böse, aber dafür sehr wohl eine „freedom“ außerhalb der USA gibt, eine, die nicht erst großzügig durch einen bärtigen Massenmörder verabreicht werden muss.
Dabei wirkt BRADDOCK: MISSING IN ACTION III selbst nicht mehr allzu überzeugt von seiner Weltsicht: Da muss erst eine Verkettung äußerst unglücklicher Missgeschicke konstruiert werden, um den US-Soldaten in den Glauben zu versetzen, seine vietnamesische Frau sei einer Explosion zum Opfer gefallen, der Sohn sein verständliches Misstrauen gegen den ihm vollkommen unbekannten Papa in Rekordgeschwindigkeit ablegen und zum glühenden Bewunderer seiner Mordkunst werden, auch wenn der genau genommen Schuld daran ist, dass die Mama nur Minuten nach der „Befreiung“ vor seinen Augen hingerichtet wurde. Um Braddocks Handeln zu legitimieren, müssen alle Register der Zuschauermanipulation gezogen und ein Heim voller „Bastardkinder“ erdichtet werden, die der amerikanische Held dann als „Karawane der Tapferen“ ins sichere Thailand führt, es dabei ganz allein mit den gegnerischen Streitkräften aufnehmend. Wenn es um Kinder geht, sind bekanntlich alle Mittel recht. Doch das Gemetzel kommt vier Jahre nach dem ersten Teil und drei Jahre, nachdem Rambo gezeigt hatte, wie so eine Revanche auszusehen hat, nur noch müde daher.
So bleibt nur der Prolog lobend zu erwähnen: Das Chaos um den Fall von Saigon, die Aufruhr vor den Toren der amerikanischen Botschaft, die von verzweifelt auf Rettung hoffenden Zivilisten belagert wird, wurde von Aaron Norris spannungsreich und authentisch eingefangen. Die ganze Sequenz darf als eine der überzeugendsten des gesamten Cannon-Katalogs gelten und hätte definitiv einen besseren Film verdient gehabt als diese unverbesserliche Schote. So ist sie der funkelnde Edelstein in der Jauchgrube.
Ich habe diesen Film damals im Kinosaal gesehen und war der einzige Gast. 1988 waren die Tage von Chuck Norris als Filmstar gezählt, glaube ich. Seine Rückkehr als Comedy Testimonial hatte ich damals nicht erwartet.