die another day (lee tamahori, großbritannien 2002)

Veröffentlicht: Januar 29, 2015 in Film
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dieanotherday1_1024Der schizophrene Gipfelpunkt der Brosnan-Jahre. DIE ANOTHER DAY erntete von allen Bondfilmen wahrscheinlich am meisten Spott. MOONRAKER, A VIEW TO A KILL, OCTOPUSSY und THE MAN WITH THE GOLDEN GUN sind auch nicht besonders beliebt, aber auf DIE ANOTHER DAY wird mit seltener Einmütigkeit eingedroschen. Zielscheibe der Kritik sind vor allem einige an die absurden Spitzen der Moore-Ära erinnernden Einfälle und das Übermaß an CGI-Effekten. Beide Einwände sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Nach den doch eher realistischen, in jedem Fall zurückgenommenen Vorgängerfilmen, wendet sich DIE ANOTHER DAY wieder ganz der Science Fiction zu: Es gibt einen mit DNA-Manipulation umgewandelten Oberschurken, ein unsichtbares Auto, einen Satelliten, der mit Diamantenkraft das Sonnenlicht zu einem alles vernichtenden Feuerstrahl bündelt, und eine Festung aus Eis. Das alles wäre allein nicht unbedingt Grund zur Beschwerde, im Gegenteil: Nach den eher düsteren GOLDENEYE, TOMORROW NEVER DIES und THE WORLD IS NOT ENOUGH und den ebenfalls bodenständigen THE LIVING DAYLIGHTS und LICENCE TO KILL weckt Tamahoris Serienbeitrag fast nostalgische Erinnerungen an die unschuldigeren Zeiten, als comichaft überzeichnete Superschurken die Welt aus ihren futuristischen Stützpunkten heraus bedrohten. Es ist jedoch das Übermaß miserabler Computereffekte, das einem mehr als einmal die Freude am Gebotenen vergällt. Die Sequenz, in der Bond vor dem Feuerstrahl aus dem All flieht und der Eispalast zum Schmelzen gebracht wird, auch der Showdown an Bord eines langsam auseinanderfallenden Flugzeugs, sehen einfach scheußlich aus, sind eines Bondfilms in dieser Form nicht würdig. Und sie stören den Gesamteindruck empfindlich, denn DIE ANOTHER DAY zeigt eindeutig Potenzial.

Der ganze Anfang ist großartig: Bond gerät nach einer furiosen Pre-Title-Sequenz in nordkoreanische Gefangenschaft, in der er 14 Monate verbleibt, weil der Geheimdienst ihn aufgegeben hat. Ein vermeintlicher Verrat Bonds erzwingt ein Tauschgeschäft: Der böse Zao (Rick Yune) wird an die Nordkoreaner im Austausch für den Agenten übergeben. Bond ist weiterhin isoliert, man glaubt ihm nicht, dass jemand ihn benutzt hat, also muss er auf eigene Faust vorgehen. Das ist ein schöner, vor allem einmal neuer Ansatz, der ganz im Einklang mit dem Bild steht, das die Brosnan-Bonds vom Geheimdienst gezeichnet hatten. Die Action ist zupackend und rasant, auch visuell ansprechend umgesetzt. Auch die erste Auseinandersetzung mit dem Oberschurken Gustav Graves (Toby Stephens) – hinter dessen Gesicht sich eigentlich der nordkoreanische Colonel Moon verbirgt – ist toll, ein rücksichtslos geführter Fechtkampf. Und das Eispalast-Setting ist, wie gesagt, eine Augenweide (genauso wie Rosamund Pike als Doppelagentin Frost). Auch wenn ein paar fragwürdige Einfälle suggerieren, dass man bei der Konzeptionierung nicht ganz zurechnungsfähig, zumindest aber verunsichert war – der Titelsong von Madonna ist genauso schlimm wie ihr Gastauftritt als Fechtlehrerin, Halle Berry passt überhaupt nicht in den Film (ich mochte sie noch nie besonders) und auch das unsichtbare Auto ist etwas zu viel des Guten –, deutet noch nichts darauf hin, wie der Film in der zweiten Hälfte entgleist.

Nichtsdestotrotz fand ich DIE ANOTHER DAY immerhin nicht so schrecklich öde wie DIAMONDS ARE FOREVER oder so traurig wie A VIEW TO A KILL. Aber das mag aber auch daran liegen, dass ich ihn bisher noch nicht kannte. Daran, dass das hier ein Tiefpunkt der Reihe ist, gibt es jedenfalls keinen Zweifel.

Kommentare
  1. Ich oute mich mal als Fan des Titelsongs. Vielleicht nicht unbedingt als Bond-Theme, aber als eigenständiges Lied fand ich den damals doch ganz gut (und besorgte mir sogar die Maxi CD).

    Der Film ist für mich mit TWINE der schäwchste der Brosnan-Bonds – das wir aber seither einen über-seriösen Bond haben, ist auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss.

    Übers Wochenende les ich mir mal die anderen Bond-Reviews durch (auch wenn ich bis auf 6-7 die meisten – wie Moonraker, etc. – nicht mehr so gut im Gedächtnis habe). Schönes Unterfangen aber allemal, jeden zu besprechen!

  2. Oliver sagt:

    Danke!

    CASINO ROYALE hat mich gestern – zum ersten Mal gesehen – absolut begeistert. Craigs Bond bringt das, was ich in der Figur sehe und an ihr interessant finde, absolut auf den Punkt und führt mich damit vor ein Dilemma: Eigentlich tue ich mich schwer damit, ein nach 40 Jahren vorgenommenes Reboot als den stärksten Film der Reihe zu bewerten.

    Und TWINE ist m. E. sogar ein ausgesprochen starker, wenn auch ungewöhnlicher Bond.

  3. Chrisch sagt:

    „Eigentlich tue ich mich schwer damit, ein nach 40 Jahren vorgenommenes Reboot als den stärksten Film der Reihe zu bewerten.“

    Goldfinger ist zwar bei mir an erster Stelle, aber die numero zwei geht deutlich an Craigs Erstling.

    Ein Bond, der seinen Anzug mit Verachtung trägt, sich samt Kleidern zu der Dame seines Herzens unter die kalte Dusche setzt und es dabei noch mit einem der charismatischsten Bondbösewichte aller Zeiten – Mads Mikkelsen – zu tun hat.

    Großartiger Streifen!

    Bin übrigens schon mächtig gespannt, wie dir „Ein Quantum Trost“ bekommen wird. Wird ja von vielen – nicht zuletzt auf Grund der Hektik generierenden Kameraführung – stark gescholten. Auch Amalric wird des Öfteren als einer der schwächsten Bösewichte tituliert. Dies ist auch unverständlich, da schon sein ihm von Natur aus gegebenes Charisma verhindert, dass er in einer wie auch immer gearteten Form belanglos rüberkommt.

    Ich finde Quantum jedenfalls sehr gelungen und sehe in ihm eine gute – wenn auch keine sehr gute – Fortführung des mit Casino Royale begonnenen.

    greetz

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