Nach vier Jahren Pause landete das FRIDAY THE 13TH-Franchise wieder in den Händen von Sean S. Cunningham, der es mit seinem Überraschungshit 1980 überhaupt aus der Taufe gehoben hatte. New Line, die durch die NIGHTMARE ON ELM STREET-Filme Erfahrung mit zu Popstars geratenen Serienkillern hatten, wollten der Serie mit JASON GOES TO HELL: THE FINAL FRIDAY einen würdigen Abgang bescheren. Ob die erste Hälfte dieses Vorhabens erfolgreich in die Tat umgesetzt wurde, darüber werde ich im folgenden Text mit mir selbst diskutieren, fest steht aber immerhin, dass auch dieses mutmaßliche „Finale“ nur ein neuer Auftakt war, der lediglich einige Jahre auf sich warten ließ.
JASON GOES TO HELL ist ein durch und durch schizophrener Film, hin- und hergerissen zwischen dem Wissen um Jasons Popularität einerseits und dem Zweifel an dessen kommerzieller Potenz andererseits. Die Neunzigerjahre waren keine leichte Zeit für den Mainstream-Horrorfilm: Während das vorangegangene Jahrzehnt eine wahre Flut populärer Genrefilme gesehen hatte, ebbte das Interesse zum Dekadenwechsel merklich ab. Hollywood perfektionierte das große Eventkino und für kleinere Produktionen mit geringeren Schauwerten war immer weniger Platz. JASON GOES TO HELL ist charakteristisch für diese Zeit: Er ist größer und ambitionierter als seine konzeptionell doch eher hausbackenen Vorgänger, witziger, actionlastiger und fantastischer, dazu gespickt mit Spezialeffekten aller Art, aber vor allem geprägt von einer unübersehbaren Ratlosigkeit. JASON GOES TO HELL erfindet aus dem Stand eine ganz neue Jason-Mythologie, macht den Eishockeymaske tragenden Killer zum Wirtskörper eines mörderischen Dämons, der auf der Suche nach seiner mal eben so aus dem Hut gezauberten Schwester von einem Opfer zum nächsten springt, um schließlich „wiedergeboren“ zu werden. Adam Marcus‘ Film ist eine bunte Collage aus zahlreichen Versatzstücken und Verweisen, eine Horrorkomödie, die immerhin vier Jahre vor Cravens SCREAM ganz auf Selbstreferenzialität setzt, dabei aber deutlich weniger intelligent und elegant daherkommt, sondern eher ein bisschen übermotiviert.
Nachdem Jason in einer hübschen Auftaktsequenz – in der er von einem vermeintlich Urlaub am See machenden Bimbo geködert wird – von einer Spezialeinheit gestellt und förmlich in Fetzen gesprengt wird, ergreift sein „Geist“ Besitz von einem Pathologen, der fortan mordend durch die Gegend um Jasons Geburtsort zieht. Dort lebt nämlich Jasons Schwester Diana (Erin Gray), die Besuch von ihrer Tochter Jessica (Kari Keegan) erwartet – ihrerseits selbst eben Mama geworden. Der schmierige Robert Campbell (Steven Culp), Moderator einer True-Crime-Sendung und Lebensgefährte Jessicas, hat wiederum den Kopfgeldjäger Creighton Duke (Steven Williams) engagiert, der weiß, wie man Jason zur Strecke bringt, und reist in Erwartung, dessen Triumph quotenbringend zu filmen, an den Crystal Lake. Dort wartet auch der brave Steven (John D. LeMay), Jessicas Ex-Freund und Vater ihres Kindes, in der Hoffnung auf eine Wiedervereinigung mit ihr. Natürlich kommt alles anders: Diana wird von Jason ermordet, der Verdacht fällt auf Steven, der im Knast von Duke erfährt, was zu tun ist. Nach viel Hickhack und noch mehr Toten kommt es zur finalen Auseinandersetzung zwischen Steven und Jason, der wieder die alte Gestalt angenommen hat.
JASON GOES TO HELL funktioniert am besten als atemloses Spot-the-Reference, das allerdings noch nicht ganz von jener postmodernen Ironie befallen ist, die vergleichbare Werke wenige Jahre später zu solch nervtötenden Plagegeistern machen sollte. Man merkt dem Film an, dass er seine Sache trotz allen sichtlich vorhandenen Humors ernst nimmt, sich lediglich von allen Seiten „inspirieren“ ließ, um es mal freundlich auszudrücken. Die Prämisse um den Wirtskörper verbrauchenden Jason-Parasiten (der als schwarzer Wurm von Mund zu Mund weitergereicht wird) erinnert an Jack Sholders großartigen THE HIDDEN. Steven Williams legt seinen Creighton Duke unverkennbar als Nachfahre von Robert Shaws Charakter aus JAWS an (dessen berühmte „The head, the tail, the whole damn thing“-Rede er einmal nahezu wörtlich zitiert). Das Bruder-Schwester-Ding, das Jason am Laufen hat, lässt natürlich sofort an die HALLOWEEN-Reihe denken, der schmierige Campbell, der vom Killer besessen ein Polizeirevier überfällt, an Robert Patricks T-1000 in TERMINATOR 2: JUDGMENT DAY. Im Geburtshaus des Mörders liegt das Necronomicon aus THE EVIL DEAD herum, eine schleimige Transformation hat man THE FLY zu verdanken, der böse Jason-Dämon entpuppt sich als Alien-artiges Wurmwesen und am Ende absolviert gar Freddy Krueger einen Gastauftritt, damit jene Spekulationen um den gemeinsamen Film auslösend, der dann knappe zehn Jahre später in Form von FREDDY VS. JASON Wirklichkeit wurde. Zwischendurch gibt es jenes Stalk’n’Slash, für das die Reihe berühmt wurde, allerdings erheblich expliziter und blutiger: Der Axtmord an einer obligatorischen Camperin bleibt nachhaltig im Gedächtnis und entschädigt für all die gnadenlos heruntergekürzten Kills, die die Serie seit Anbeginn beeinträchtigt hatten.
Das alles macht nicht für zehn Cent Sinn und für den Fan ist JASON GOES TO HELL durchaus etwas schmerzhaft (und das nicht nur, weil Jasons Kopf grotesk angeschwollen ist und fast die berühmte Maske aufzufressen scheint). Nach acht gerade wegen ihrer unbelehrbaren Stumpfheit so liebenswerten Filmen, ist die Ziellosigkeit, mit der man das Franchise hier wiederzubeleben versuchte, fehlgeleitet und in gewisser Weise würdelos. Es ist, als schämte man sich für die zuvor liegen gelassenen Möglichkeiten (man denke an die Geschichte um Tommy Jarvis in den Teilen 4, 5 und 6) und wolle die Fans nun mit einer wahren Originalitätsoffensive zurückgewinnen. Das Problem: Weder ist JASON GOES TO HELL wirklich originell, noch hatte das jemals einer der Zuschauer von einem FRIDAY THE 13TH-Film erwartet. Es war ja gerade die nur minimal variierte Wiederkehr des Immergleichen, die für die Serie einnahm. Niemand hat sie jemals für besonders clever oder geistreich gehalten, was man an ihr mochte, das war eben diese Einfachheit, der Underdog-Charme, mit der sie sich behauptete wie ein technisch limitierter Fußballer durch beherzte Grätschen oder ein hässlicher Köter durch besondere Anhänglichkeit. JASON GOES TO HELL ist hingegen das Äquivalent zur Schwanzrock-Kapelle, die plötzlich ein Album mit Akustikballaden aufnimmt, damit ihre Musiker als Künstler wahrgenommen werden: Es stimmt traurig, wie da die eigene Vergangenheit geleugnet wird, auch wenn das Ergebnis vielleicht gar nicht mal so schlecht ist. JASON GOES TO HELL ist durchweg rasant, wie erwähnt unerwartet blutig, von Adam Marcus kompetent und mit einigen Schauwerten inszeniert. Trotz aller geschilderten Mängel macht er Spaß. Und das hilft dem geneigten Zuschauer dann auch dabei, gerade in jener ratlos machenden Identitätsverleugnung den derangierten Geist wiederzufinden, der die acht vorangegangenen Teile beatmet hatte. Die Oberfläche mag noch so slick sein, den tumben Metzger mit der Hackfresse kann sie nicht verbergen.