Der Titel lässt die guten Vorsätze der Produzenten erahnen: Zwei Jahre, nachdem Hopkins‘ A NIGHTMARE ON ELM STREET 5: THE DREAM CHILD an der Kinokasse eher enttäuscht hatte, wollte New Line die Serie zu ihrem Ende führen. Es kam anders: Der überraschende Erfolg des Films führte zu einem Rücktritt vom Rücktritt und machte den Weg frei für Freddys Rückkehr mit WES CRAVEN’S NEW NIGHTMARE (ähnlich wie New Lines ganz ähnlich gearteter und betitelter „Beerdigungsfilm“ JASON GOES TO HELL: THE FINAL FRIDAY zwei Jahre später). Trotzdem gilt Talalays Regiedebüt – sie war zuvor als Produzentin tätig gewesen und inszenierte danach noch die Genrefilme GHOST IN THE MACHINE und TANK GIRL – vielen als schwächster Eintrag der Reihe. Ob der Film besser ausgefallen wäre, hätte Peter Jacksons Drehbuch Verwendung gefunden? Reine Spekulation. Fest steht für mich, dass die zwei Jahre, die nach dem Vorgänger ins Land gezogen waren und in denen sich so langsam herauskristallisierte, was die „Neunziger“ sein könnten und würden, dem Franchise – einem typischen Produkt seiner Zeit, der Achtzigerjahre – nicht so besonders gut getan haben. FREDDY’S DEAD: THE FINAL NIGHTMARE wirkt holprig und verunsichert, keineswegs wie das mit Selbsbtbewusstsein erzählte neue, heiß ersehnte Kapitel einer doch zu einiger popkultureller Bedeutung herangereiften Geschichte. Man hat nicht das Gefühl, hier seien Überzeugungstäter am Werk, die der Meute geben, wonach ihr dürstet: So wie Talalay den Film inszeniert, kann man sich vielmehr des Eindrucks nicht erwehren, dass sie selbst nicht so recht von der Notwendigkeit und der Relevanz eines weiteren Sequels überzeugt war. Atmosphärisch, inhaltlich und tonal weicht FREDDY’S DEAD weit von seinen Vorgängern ab, und die neuen Elemente lassen ihn keineswegs moderner und zeitgemäßer erscheinen, sondern eher hilflos und aktionistisch.
Eine der großen Überraschungen meines Wiedersehens mit der NIGHTMARE-Reihe, war es festzustellen, dass die Filme trotz ihres spielerischen Tonfalls und ihrer poppig-bunten Oberfläche fast nie zum Zitate-Pastiche verkommen, das wenige Jahre später gewissermaßen der Default-Modus für diese Art von Film war. Die Fat Boys mögen über die Endcredits einen Freddy-Krueger-Song rappen, ein Auftritt des rappenden Kruegers bleibt uns Gott sei Dank ebenso erspart wie eine James-Bond-Parodie (die es aber als britisches Postermotiv gibt), die sich noch nicht einmal die FRIDAY THE 13TH-Reihe verkneifen konnte. Und wenn Freddys Handschuh in einem Traumsegment des vierten Teils auch zur Rückenflosse eines angreifenden Haifisches mutiert, wird JAWS dennoch nicht direkt referenziert – dabei könnte man sich nur allzu gut einen entsprechenden Soundtrack-Cue vorstellen. Die Filme entwickelten ihren visuellen Stil sehr organisch aus Freddys natürlichem Showmanship heraus, verarbeiteten ihre Einflüsse eher diskret, anstatt mit ihnen hausieren zu gehen. Das hatte ich, der sich noch gut an das auch auf noch so unpassende Produkte gepresste Konterfei Kruegers und seine teilweise lästige Allgegenwart erinnern konnte, völlig vergessen. Freddy braucht keine großen Vorbilder, an die er sich hängt, er ist sein eigener Star: Das ist die „Botschaft“, die man seinen grellen Scherzen entnehmen kann. Jedenfalls bis zu FREDDY’S DEAD, dem man deutlich anmerkt, dass er in den ach so ironisch-distanzierten Neunzigerjahren entstand. Die Texteinblendung zu Beginn lässt sofort an ESCAPE FROM NEW YORK denken, kurz darauf flattert Freddy in einem WIZARD OF OZ nachempfundenen Traum als Wicked Witch of the West durchs Bild, wenig später absolvieren Roseanne Barr und Tom Arnold, damals mit der Sitcom ROSEANNE zu außerordentlicher Popularität gelangt, einen Gastauftritt als keifendes White-Trash-Ehepaar und veranlassen die Protagonisten dazu, sich „wie in TWIN PEAKS“ zu fühlen. Johnny Depp macht als „Man on TV“ Anti-Drogen-Propaganda, eine Trip-Szene wird höchst anachronistisch von Iron Butterflys „In-a-gadda-da-vida“ untermalt (welcher Jugendliche hat das 1991 noch gehört?) und Alice Cooper spielt Freddy Kruegers leiblichen Vater. Inhaltlich wagte man nach den beiden vorangegangenen Filmen mit ihrer Alibihandlung einen etwas ambitionierteren Ansatz, der aber weniger wie eine Fortsetzung als wie eine Art dystopisch-fantastisches „What-if“-Szenario erscheint und von den Wurzeln der Serie im Teeniefilm wegführt: Zehn Jahre in der Zukunft hat Freddy Krueger tatsächlich alle Teenager in Springwood hinweggerafft, nur einer ist ihm entkommen, der bei seinem Versuch zu fliehen auf Umwegen doch wieder in seinem nun völlig entvölkerten Heimatörtchen landet, dessen Bewohner durch die zunehmende Überalterung mittlerweile reichlich seltsam geworden sind. Wie schon zuvor tauchen die Protagonisten tief in die Biografie des ehemaligen Kindermörders ein, doch die Versuche, Freddy Krueger einen psychologischen Background zu verleihen, überkreuzen sich heftigst mit der ausgestellten Künstlichkeit und Hysterie des Films. Der Film weiß keinen seiner drei Plotansätze wirklich zufriedenstellend zu nutzen (es tauchen auch noch mythologische Traumgeister auf, die aussehen wie schlecht gelaunte Kaulquappen) und wenn er sich dem Thema „Kindesmissshandlung“ zuwendet, wirkt das zwischen all dem ohrenbetäubenden Quatsch einfach nur fehlgeleitet und geschmacklos.
Das ist dann auch das Hauptproblem: Die Reihe hatte sich auch schon zuvor mit jedem Teil ein Stück mehr in Richtung Sketchshow entwickelt, durch die Freddy als Master of Ceremony führte, aber selbst wenn die noch so albern wurde, stand im Zentrum doch die traurige Idee, dass die Kinder auch noch in ihren Träumen, ihrem einzigen Rückzugsraum, von der verdrängten Schuld ihrer Eltern heimgesucht wurden. In FREDDY’S DEAD ist von dieser tragischen Konnotation nichts mehr übrig geblieben und der vormals grelle Humor wirkt nun gleichermaßen infantil wie steril. Die Sequenz, in der der auf seinem LCD-Spiel zockende Spencer (Breckin Meyer) von Freddy in ein Jump’n’Run-Videogame gesogen wird, ist ein gutes Beispiel für Talalays mangelndes Fingerspitzengefühl und die unablässigen Stilbrüche ihres Film, weil sie für einen offenkundigen Versuch, bei Kids Credibility-Punkte einzufahren, hoffnungslos überkommen wirkt. Mit seinem Ausruf „Cool graphics“ entlarvt sich Krueger, einst Stilikone und Trendsetter, angesichts der armseligen Qualität des Dargebotenen endgültig als Ahnungsloser, von der Zeit gnadenlos Überholter. Es kommt selten Gutes dabei raus, wenn sich Erwachsene versuchen, bei Jugendlichen anzubiedern, aber in einem Film der NIGHTMARE-Reihe, die stets von ihrer glaubwürdigen Sympathie und Empathie mit der Jugend geprägt war, ist dieser Move geradezu unverzeihlich. FREDDY’S DEAD wird von Minute zu Minute schlimmer, ergeht sich zum Ende in potthässlichen Visual Effects, die gar nicht gut gealtert sind, bietet noch eine lachhafte 3D-Sequenz auf, um Relevanz vorzutäuschen, und dürfte in seinem Gesamtentwurf mit „stillos“ mehr als adäquat umschrieben sein. Wenn die Protagonistin am Schluss grinsend den Titel des Films verkündet und zu den Credits eine Art Best-of aus den vorangegangenen Teilen läuft, meint man fast, alle Beteiligten laut aufatmen zu hören. Und als Zuschauer ist man da zum ersten Mal ganz bei ihnen. Grottig.