Die Idee des Horror-Amateurfilms ist grundsätzlich eine schöne: unkompromittiert von irgendwelchen äußeren Einflüssen und kommerziellen Erwägungen mit Freunden und Bekannten eine gute Zeit haben, seinem Ding nachgehen, sich ausprobieren, den Vorbildern nacheifern, rumexperimentieren, ohne Rücksicht nehmen zu müssen. Leider geht der Schuss für den Zuschauer, der nicht mit Cast & Crew befreundet ist, meist nach hinten los. Klarer Fall, das Gros der Horror-Amateurfilme ist für den Eigenbedarf gemacht, in dem kühnen Glauben, dass der eigene Spaß sich automatisch auf den Betrachter überträgt. Aber das ist eben nur höchst selten der Fall.
Was mich zu MANIA bringt, dem Werk der Nürnberger Metal- und Horrorfans Alexander Franz und Thomas Herr, das sich wohltuend von der meist traurig-dürftigen Amateurfilm-Realität abhebt. Nicht, weil man hier künftigen Regie-, Drehbuch-, FX- oder Schauspiel-Assen zusehen würde, sondern weil MANIA mit einem sicheren Gespür für Tempo und Timing inszeniert wurde, ohne die in diesem Genre so oft nervtötende Selbstverliebtheit und Maßlosigkeit – fast wie ein „richtiger“ Film. An MANIA ist kein Gramm Fett dran, nach absolut ausreichenden 28 Minuten ist er auch schon wieder vorbei: So verzeiht man dann auch gern den schauspielerischen Dilettantismus, der in dieser Form tatsächlich charmant rüberkommt, weil erst gar nicht versucht wird, ihn zu verbergen. Im Gegenzug lassen Franz und Herr ihren Film aber auch nicht zur ultraironischen Gagparade verkommen, mit der andere versuchen, ihre Unfähigkeit quasi zur Tugend umzuinterpretieren und sich gegen Kritik abzusichern. MANIA ist durchaus ambitioniert erzählt sowie kompetent inszeniert und geschnitten. Man kann der Geschichte folgen, versteht zu jeder Sekunde, was da gerade vor sich geht und bleibt bis zum Ende interessiert am Ball.
Wenn ich zusammenfassen müsste, was MANIA von den etlichen missratenen Filme dieser Couleur unterscheidet: ein sehr realistische Einschätzung der Beteiligten, was sie können und was nicht, und der über allem stehende Wunsch, einen Film zu machen, den man sich nicht nur ansehen mag, weil man mit seinen Machern befreundet ist. MANIA ist witzig, weil er ehrlich und unverstellt ist, und hochsympathisch, weil sich Unzulänglichkeiten und Talent perfekt auspendeln. Die Effekte sind nicht von der irgendwie ekligen Besessenheit, die mir bei den Filmen von Schnaas und Ittenbach immer übel aufgestoßen sind, sondern erinnern eher an die liebevolle Fadenscheinigkeit eines Herschell Gordon Lewis. MANIA ist einfach ein Idealbeispiel für die Do-it-yourself-Mentalität, die den Amateurfilm auszeichnen sollte, es aber viel zu selten tut. Er ist noch kein „richtiger“ Spielfilm, aber nah genug dran, um neben ihm bestehen können.
Wer die sympathischen Franken unterstützen möchte, kann MANIA für einen geringen Unkostenbeitrag auf DVD oder Blu-ray über www.postmortem-productions.de/ oder den Facebook-Account der Jungs bestellen. Als Bonus gibt es neben dem obligatorischen Making-of ein ganz besonders schönes Goodie: das „Original“ von 1995, das dieselben Akteure als damals 13- bis 17-Jährige im Wald gedreht haben und das den Unterschied zwischen „Filmemachen“ und „Filmen“, den ich in diesem Text versucht habe zu skizzieren, sehr schön verdeutlicht. Richtig toll ist die minutenlange Szene, in der die sich gewiss mächtig erwachsen fühlenden Jungs verzweifelt mit einem Feuerzeug am Kronkorken einer Bierflasche vergehen. Da werden wehmütige Erinnerungen wach …