Pietro Francisci hatte mit seinen Herkules-Filmen LE FATICHE DI ERCOLE und ERCOLE E LA REGINA DI LIDIA nicht nur zwei absolute Megahits geschaffen (tatkräftige Hilfe erhielt er dabei von Mario Bava) und das Subgenre des Peplum begründet, sondern auch das am Boden liegende italienische Kino wiederbelebt. In den Jahren bis ca. 1966/67 schossen die Pepla nur so aus dem Boden, vor allem nachdem Franciscis Filme mit einiger Verspätung auch in den USA einschlugen wie eine Bombe. Eine Renaissance erfuhr auch der Stummfilmheld Maciste, ursprünglich ein nubischer Sklave, den es in seinen frühen Filmen dann und wann aber auch sehr postmodern mit Anzug und Hut in Abenteuer in der Gegenwart verschlug. MACISTE CONTRO IL VAMPIRO ist der dritte der „neuen“ Maciste-Filmen und haut gleich mal ordentlich rein.
Direkt zu Beginn gibt es ein zünftiges Massaker an den Einwohnern von Macistes (Gordon Scott) Dorf, bei dem Männer Pfeile ins Auge bekommen, Kehlen augeschlitzt und an den Füßen aufgehängt und dann angezündet werden. Maciste kommt zu spät, um das Unheil abzuwenden: Männer, Kinder und Frauen sind tot, die jungen Mädchen wurden auf die Insel Salmanak verschleppt. Mit seinem jungen Freund Ciro (Rocco Vidolazzi) macht sich der Muskelprotz auf den Weg, um die Mädels, darunter seiner Freundin Guja (Leonora Ruffo), zu befreien. Hinter dem Frauenraub steckt der bösartige Dämon Kobrak, der mit hypnotischem Einfluss eine ganze Armee willenloser Mörder befehligt und auch die Frau von Salmanaks Herrscher, die schöne Astra (Gianna Maria Canale), unter seine Einfluss gebracht hat. Maciste zur Seite tritt Kurtik (Jacques Sernas), seinerseits legitimer Thronfolger …
Die Kopie, die mir zur Verfügung stand, war leider in einem etwas traurigen Zustand, was stichhaltige Aussagen über die visuelle Gestaltung etwas schwer macht. MACISTE CONTRO IL VAMPIRO schwankt beständig zwischen staubiger Rumpelkammer und gothischer Prä-Psychedelik, wie sie Maestro Bava himself nur wenig später in seinem eigenen ERCOLE AL CENTRO DELLA TERRA perfektionieren sollte. Er stellte sein Talent für Trickaufnahmen und Ausleuchtung wohl auch hier zur Verfügung, zumindest behauptet das Tim Lucas in seinem Bava-Standardwerk; und wer wäre ich, ihm da zu widersprechen? Langweilig ist Gentilomos Film nie, er geht von Anfang an ein hohes Tempo und wirft seinem schlagkräftigen Helden im Zwei-Minuten-Takt Gegner zum Wegboxen in den Weg, aber richtig interessant wird er in der letzten halben Stunde, wenn das Geschehen immer fantastischer wird. Alles beginnt mit einem fadenscheinig, aber effektiv inszenierten Sandsturm, in dem Maciste und seine Guja die Übersicht verlieren und in eine Grotte stürzen, in der Kurtik mit der Blue Man Group haust. Wenn sich Maciste dann auf den Weg macht, Kobrak zu stürzen, erreicht MACISTE CONTRO IL VAMPIRO seinen Höhepunkt und man ist wieder der sechsjährige Knirps, der die Eltern anbettelt, diesmal doch länger als bis halb neun aufbleiben zu dürfen, um den Höhepunkt des Abendprogramms zu schauen.
Angeblich hat Sergio Corbucci – der gemeinsam mit Duccio Tessari auch das Drehbuch verfasste – Gentilomo zur Seite gestanden, aber darüber weiß ich nichts. Ein paar Szenen wirken zugegebenetwas holprig: Ganz zu Anfang erhascht man etwa einen so kurzen Blick auf ein Seeungeheuer, dass man sich schon fragt, ob da nicht möglicherweise mehr Material gedreht worden war. Aber es ist ja auch diese Unbekümmerheit und eben der Mangel an Perfektion, der diese Filme auszeichnet gegenüber den durchoptimierten, am Reißbrett entstandenen Eventmovies von heute. MACISTE E CONTRO IL VAMPIRO mal in einer richtig schnieken HD-Version: Das wär’s!