
Schon sein Name lässt auf einen Trottel schließen: Damit aber gar kein Zweifel aufkommt, trägt der alterslose Moose (John Travolta) auch noch eine grauenhafte Frisur (kahl rasierte Seiten, Topfschnitt-Pony und Nackenspoiler), einen Rucksack, gruselige Hemden und Shorts. Sein hoppelnder Gang mit den schlaff hängenden Armen und der leiernde Duktus erinnern zudem an einen schüchternen 14-Jährigen, der von gleichaltrigen Jungs regelmäßig verprügelt und von den Mädchen ausgelacht wurde. Wie Moose eigentlich sein Geld verdient, bleibt unklar, denn hauptberuflich ist er Filmfan. Lediglich nachts agiert er als hilfloser Kleinkünstler auf dem Hollywood-Boulevard, aber auch dabei wird ihm vom prolligen Abzocker Todd (Jacob Grodnik) die Show gestohlen. Der Großteil von Moose‘ Zeit geht dafür drauf, Memorabilia im Comicladen zu kaufen, Autogramme zu sammeln und seinem großen Idol, dem zweitklassigen Actionstar Hunter Dunbar (Devon Sawa), nachzustellen. Als seine Zuneigung nicht auf Erwiderung des Schauspielers trifft, knallt bei dem Loser auch noch die letzte Sicherung raus.
Travolta hat sich im Laufe seiner wechselhaften Karriere mehrmals aus den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen, aber bis ein großer Regisseur ihm irgendwann noch einmal einen saftigen Bit Part gibt – so wie es Tarantino damals bereits einmal mit PULP FICTION tat und uns wieder an den einstigen SATURDAY NIGHT FEVER-Star erinnerte -, sieht es so aus, als sei das ehemalige Sexsymbol dazu verdammt, in schäbigen DTV-Vehikeln den Aushilfs-Seagal zu geben oder fragwürdigen Filmen wie THE FANATIC zu unverdienter Aufmerksamkeit zu verhelfen. Der zweite Spielfilm des ehemaligen Limp-Bizkit-Fronthampels beschreitet thematisch kein Neuland, sondern erzählt – wie zuvor etwa Scorsese in THE KING OF COMEDY, Tony Scott in THE FAN, Rob Reiner in der King-Verfilmung MISERY oder natürlich Eckhart Schmidt in DER FAN – vom fehlgeleiteten Fan, der seinem Idol zu nahe kommt und ihn mit seiner unerwiderten Liebe zu vernichten droht. Was THE FANATIC von den genannten Beiträgen unterscheidet, ist die unverhohlene Verachtung seines prominenten Urhebers für den „Fan“, der in seiner Zeichnung mehr als einmal an rassistische Karikaturen erinnert: Es reicht nicht, dass Moose offenkundig geistig zurückgeblieben ist, er muss auch so aussehen und zusätzlich einige weitere besonders abstoßende Verhaltensweisen an den Tag legen. Diese Strategie wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf den „Künstler“ Fred Durst, für den Fans offensichtlich das allerletzte Geschmeiß sind, es unterminiert auch jede innere Spannung, die der Film vielleicht aufbauen könnte, raubt ihm dazu die Glaubwürdigkeit und lässt das Finale als billige Rachefantasie eines Halbstarken erscheinen, der im größten Hit seiner nach einem erschlafften Pillermann benannten Combo einst lautstark sang, dass er „alles fürs Bumsen“ tat. (Sollten Dursts Fans besonders lästig und unangenehm gewesen sein, sollte er sich vielleicht an die eigene Nase fassen: Was hat er bei dieser Scheißmusik denn anderes erwartet?)
Damit Moose überhaupt ins Haus des Actionstars gelangen kann, erfindet Dursts Drehbuch (auch das noch!) die knuddelig-brave Paparazzi-Fotografin Leah (Ana Goljah), die aus unerfindlichen Gründen mit Moose befreundet ist und ihre eigene zweifelhafte Karriere damit aufs Spiel setzt, dass sie ihn bei seiner Jagd auf die Stars unterstützt (zu Beginn verschafft sie ihm Eintritt in eine exklusive Bar, in der sie arbeitet). Und auf seine Frage, wie man herausfindet, wo die Stars wohnen, führt sie ihm arglos eine entsprechende App vor, die sie selbst benutzt – und ist dann wenig später erschüttert darüber, dass er sie TATSÄCHLICH dazu verwendet hat, um bei Dunbar einzubrechen. Sie hätte sie ihm ja „nur so“ gezeigt, nicht, damit er sie benutzt. D’uh. Man muss sich über Dursts Menschenbild wundern: Es gibt keine einzige sympathische oder auch nur nachvollziehbar agierende Figur im ganzen Film, jeder hat Dreck am Stecken, ist egoistisch und kaltherzig: Dunbar versetzt seine Ex-Frau und seinen Sohn für eine Autogrammstunde, treibt es mit seiner mexikanischen Haushälterin und hasst seine Fans. Seine Ex-Frau macht ihm eine Riesenszene und holt ihn aus einem bestehenden Engagement, weil er einen Termin hat platzen lassen. Der Straßenkünstler Todd ist ein Bully, der die Menschen um sich herum ausnutzt oder quält, wenn er sie für unterlegen hält. Doch halt, da gibt es doch einen netten Menschen: einen alten Afroamerikaner, der auf Moose‘ Seite steht und eine öffentliche Toilette am Hollywood Boulevard reinigt – leider hatte Morgan Freeman keine Zeit. Was mich wieder zu Travolta führt, der offensichtlich immer noch viel zu viel Zeit hat, obwohl im Monatsrhythmus ein neuer Film von ihm erscheint, von dem man sich wünscht, er wäre lieber nicht entstanden. Seine schauspielerische Leistung ist beachtlich, aber in welchen Dienst stellt er sich hier? Er wirft sich in diesen Schrott, als ginge es darum, einen Oscar zu ergattern, und vergeudet seine Kraft an eine Figur und einen Film, die keinerlei positive Energie verbreiten, nur Hass, Verachtung, Spott, Ekel und Häme. Man nimmt nichts mit aus diesem Film, gewinnt keine Erkenntnis über Fankultur, die Beziehung zwischen Idolen und ihren Anhängern, die Promikultur, das Geschäft mit den Träumen oder auch nur über die Leidenschaft Moose‘. Immerhin weiß man am Ende, dass Durst als Filmemacher genauso unterbelichtet ist wie als Musiker. (Größter Cringe-Moment des Films: Als Hunter in seiner Karre einen Lima-Bizkit-Song anschmeißt und seinem Sohn erzählt, dass das sein shit in den Nineties gewesen sei. Yikes.)
In einer Szene referenziert Filmbuff Moose William Lustigs MANIAC, einen Film, von dem sich Durst offensichtlich beeinflusst sah, als er THE FANATIC erdachte (siehe auch die Rolle von Moose‘ Appartement und seine Freundschaft zu einer Frau). Der selbstbewusste Vergleich gereicht THE FANATIC natürlich nicht zum Vorteil: Ja, Travolta agiert ähnlich aufopferungsvoll wie Joe Spinell und niemand würde behaupten, dass MANIAC ein ausgesprochen positiver Film wäre, aber Lustig ließ seinem Titelhelden die Würde, zeigte dessen Gebrochenheit und vermittelte dem Zuschauer eine Ahnung von den Ursachen seines Wahns. Alles, woran Durst interessiert ist, ist die Bloßstellung eines lächerlichen Freaks. Ätzend.