alla ricerca del piacere (silvio amadio, italien 1972)

Veröffentlicht: Oktober 3, 2020 in Film
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Die schöne Britin Greta Franklin (Barbara Bouchet) reist nach Venedig, um dort die vakante Sekretärinnenstelle im Haus des Schriftstellers Richard Stuart (Fraley Granger) einzunehmen: Ihre Vorgängerin Sally (Patrizia Viotti) ist unter mysteriösen Umständen verschwunden. Wie sich später herausstellt, ist Greta nicht nur eine ehemalige Kollegin Sallys, sie unterhielt zu der jungen Frau auch eine Art Liebesbeziehung – und sie vermutet, dass diese keineswegs einfach abgereist ist, wie Stuart behauptet, sondern von ihm umgebracht wurde. Der macht sich eh verdächtig: Nicht nur mit den freizügigen Parties, die er gemeinsam mit seiner Gespielin Eleanora (Rosalba Neri) abhält, sondern auch mit seinen Fantasien um den „perfekten Mord“ …

Silvio Amadio, der im Spätherbst seiner Karriere einen zweiten Frühling mit erotischen Filmen um Sofsex-Star Gloria Guida erlebte (siehe QUELLA ETÀ MALIZIOSA oder LA MINORENNE) erlebte, inszenierte mit ALLA RICERCA DEL PIACERE (zu Deutsch etwa: „Auf der Suche nach Vergnügen“) einen Giallo, dessen Verwandtschaft mit den gediegenen Mysterythrillern und klassischen Whodunits allenfalls durch die damals typischen Erotik-Einschübe aufgebrochen wird. Granger ist als amoralischer Mordapologet natürlich mit seinem Auftritt in Hitchcocks STRANGERS ON A TRAIN im Hinterkopf besetzt worden, auch wenn er damals das ahnungslose Opfer gab. (Granger hatte zu jener Zeit ein Refugium in Italien gefund, wie so viele Schauspieler, die in der Heimat auf dem Abstellgleis landet waren, und war unter anderem auch in LO CHIAMAVANO TRINITÀ, Monteros RIVELAZIONI DI UN MANIACO SESSUALE AL CAPO DELLA SQUADRA MOBILE oder natürlich Dallamanos LA POLIZIA CHIEDE AIUTO zu sehen.) Mit den postmodernen Dekonstruktionen, die die „avancierteren“ Giallos, allen voran natürlich die Filme Argentos, damals lancierten, hat ALLA RICERCA DEL PIACERE nicht viel gemeinsam: Schon der Handlungsort Venedig verweist auf die Verankerung im Gothic Thriller, Wasser in allen erdenklichen Formen zieht sich leitmotivisch durch den Film und repräsentiert sowohl Gretas fehlende charakterliche Festigkeit wie es die Flexibilität und Vergänglichkeit moralischer Wertzuschreibungen symbolisiert. 

Amadio geht ein eher gemächliches Tempo, in dem die wenigen Suspense-Szenen schon fast den Charakter von Störfeuern annehmen. Ein bisschen hat mich sein Film an Francos EUGENIE (den mit Christopher Lee) erinnert: Auch hier geht es vor allem darum, dass die junge Frau mit ihrem Engagement bei Stuart und seiner Eleanora plötzlich in eine Welt der entfesselten Leidenschaft und der zügellosen Selbstverwirklichung eintaucht. Aber während Francos philosophische Interessen und seine improvisatorische Neugier ihn davon freimachten, Genremechanismen zu bedienen, bleibt Amadio ihnen letztlich treu. ALLA RICERCA DEL PIACERE kommt über den ästhetisch ansprechenden, aber letztlich „nur“ unterhaltsamen Giallo nicht hinaus. Daran ändert auch die Anwesenheit der beiden Schönheiten Bouchet und Neri nichts, die sich in einer schönen Sexszene in Zeitlupe miteinander vergnügen.  

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