Mit ‘Amedeo Nazzari’ getaggte Beiträge

Es war natürlich arg naiv von mir, anzunehmen, dass ausgerechnet Franz Josef Gottlieb einen brauchbaren Eurospy-Film abliefern würde. MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD ist sehr typisch für das filmische Schaffen des Österreichers: Vordergründig bunt, turbulent und witzig, ist sein Bond-Abklatsch seelen- und leblos und noch dazu grauenvoll langweilig. Auch die Besetzung mit Old Shatterhand Lex Barker in der Hauptrolle und einem prominenten Stelldichein deutscher Stars sowie Kurzauftritte von Blacky Fuchsberger, Ralf Wolter und Eddi Arent kann daran nichts ändern. Dabei hatte die Verfilmung eines Romans aus der erfolgreichen Mister-Dynamit-Reihe aus dem Pabel-Verlag eigentlich ein mindestens ebenso lukratives Franchise lostreten sollen. Der Plan scheiterte nicht etwa am kargen Niveau, sondern daran, dass man Barker mit der Gage verprellte: Nachdem der sein Gehalt vor Gericht einklagen musste, hatte er auf weitere Fortsetzungen keine Lust mehr und die MISTER DYNAMIT-Reihe war Geschichte.

Nimmt man den ersten Teil als Orientierungspunkt ist das, wie gesagt, kein Verlust. MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD dreht sich um den Raub einer Atombombe und die sich daran anschließende Erpressung der Vereinigten Staaten durch den italienischen Superschurken und Märklin-Enthusiasten Bardo Baretti (Amedeo Nazzari). Auf ihn angesetzt wird der deutsche BND-Superagent Bob Urban (Lex Barker), der die Bombe finden und sicherstellen soll. Ausgerüstet wird er vom zerstreuten Tüftler Prof. Strahlmann (Eddi Arent), zwischenzeitlich hilft ihm der CIA-Kollege Cliff (Brad Harris), als blonde Verführung agiert Lu Forrester (Maria Perschy). Bardo Baretti sitzt meist an seiner Modelleisenbahn, bevor er dann eine ganze Flasche eines nicht weiter definierten Getränks auf Ex in sich hineinschüttet und sich in einen Teppich einrollt. Auf die Frage, warum er das tut, gibt Gottlieb leider keine Antwort. Anzunehmen, dass er das einfach lustig fand.

Der Verlauf, den die Geschichte um die gestohlene Atombombe nimmt, ist eigentlich interessant und hätte unter anderen Voraussetzungen Stoff für einen spannenden Film gegeben, aber für einen solchen war Gottlieb der falsche Mann. MISTER DYNAMIT findet nie seinen Rhythmus, scheitert kläglich im Messen an den großen Vorbildern aus Großbritannien und versäumt es, so etwas wie Zug zu entwickeln. Das selbstzweckhafte Location-Hopping ersetzt eine funktionierende Dramaturgie, die Szenen im Strategiezimmer des Weißen Hauses wirken hölzern, Lex Barkers ausgestellte Souveränität erstickt jeden Anflug von Spannung schon im Keim, selbstverliebte Auftritte von Fuchsberger (als Militärpolizist) und Ralf Wolter, der die Zuschauer am Ende im Stile eines Peter Lustig zum Abschalten auffordert, enttarnen das ganze Projekt als zynisches cash grab, das sein Versprechen großen Entertainments nie auch nur annähernd einlösen kann. Man hat während der langen 105 Minuten nie den Eindruck, dass irgendjemand eine echte Idee hatte, die über marktwirtschaftliche Erwägungen hinausging. „Lass mal einen Agentenfilm ins Kino bringen, die sind gerade beliebt und wir verdienen uns damit eine goldene Nase.“ Mehr scheint hinter MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD nicht zu stecken. Schade um die vertane Chance und den Einsatz solcher Schauspieler wie Ullrich Haupt, Siegfried Rauch, Dieter Eppler oder Wolfgang Preiss, die kaum etwas zu tun bekommen und von der Regie komplett im Regen stehen gelassen werden.

Wer sich für die literarischen Ursprünge des Films interessiert und von einem echten Fachmann in die Welt der Mister-Dynamit-Romane entführt werden will, der hat hier die Gelegenheit dazu, einen ausführlichen Text von Kollege Martin Compart zu lesen. Die Zeit ist da in jedem Falle sinnvoller investiert als bei der Sichtung des Films (der tatsächlich eine DVD-Veröffentlichung erfahren hat).