Ich liebe Haifilme: Wie könnte es anders sein, denn JAWS machte mich einst zum Filmfan. Ich muss nicht unbedingt jeden Haifilm sehen, aber wenn alle Jubeljahre mal einer rauskommt, der mit schönen Production Values auftrumpfen kann, bin ich dabei. THE SHALLOWS habe ich mir, wie auch den zuletzt mit viel Freude nachgeholten BAIT, lange vor mir hergeschoben. Für einen Haifilm muss ich einfach in der richtigen Stimmung sein und am liebsten mag ich es, wenn sich mehrere angesammelt haben, die ich dann innerhalb kurzer Zeit schauen kann. Da bin ich ziemlich genau so wie die Filmhaie, die ja auch regelmäßig von 90-minütigen Heißhungerattacken heimgesucht werden, während derer sie dann ganze Hundertschaften von Statisten und Nebenfiguren verspeisen.
THE SHALLOWS war 2016 wenn schon kein großes Ding, so doch ein ziemlich breit in den Kinos gestarteter Genrevertreter, der mit einer recht interessanten Prämisse (und einer knackigen Hauptdarstellerin) aufwarten konnte. Anstatt wieder einmal eine größere Gruppe von Menschen mit der schwimmenden Fressmaschine zu konfrontieren, ist THE SHALLOWS über weite Strecken ein Ein-Personen-Stück, das sich dem verzweifelten Überlebenskampf der Surferin Nancy (Blake Lively) widmet, die nach einer Haiattacke schwer verletzt auf einem kleinen Riff strandet, das von der kommenden Flut überschwemmt zu werden droht. Sofern sie nicht als Fischfutter für den sie belauernden Weißen Hai enden will, muss sie also rechtzeitig einen Weg finden, sich in Sicherheit zu bringen.
Jaume Collet-Serra, der sich nach seinen Anfängen mit den Horrorfilmen HOUSE OF WAX und ORPHAN in den letzten Jahren vor allem als Spezialist für Liam-Neeson-Actionfilme erwiesen hat (mit dem Nordiren drehte er UNKNOWN, NON-STOP, RUN ALL NIGHT und THE COMMUTER), baut sein Konfrontations- und Belagerungsszenario schön langsam und mit großem Gespür für die menschliche Urangst vor dem Unbekannten, das in der Tiefe lauert, auf. Das Meer der verlassenen mexikanischen Bucht (gedreht wurde THE SHALLOWS in Australien) leuchtet so verlockend wie in einem TUI-Werbespot, doch der Zuschauer weiß im Gegensatz zur Protagonistin ja bereits, dass diese Schönheit überaus trügerisch ist. Immer wieder blickt die Kamera über die sanft wogende Meeresoberfläche, die für das Auge undurchsichtig ist, gleitet dann in die Tiefe, um noch einmal die Verlorenheit der auf ihrem Surfbrett sitzenden Nancy deutlich zu machen. Der Hai tritt wie in Spielbergs Meisterwerk eigentlich erst gegen Ende wirklich grafisch in Erscheinung, aber er ist dennoch ständig präsent. Und das ist es ja, was die Situation der jungen Frau so prekär macht: dass sie eben nie genau weiß, wo das Raubtier sich befindet, dass die Bedrohung da ist, auch wenn sie sich nicht zeigt. Damit das Warten auf die Konfrontation und den unvermeidlichen Showdown nicht zu dröge wird, gibt es zuvor zwei Surfer und einen Säufer, die Bekanntschaft mit dem Tier machen: Die Angriffe sind schön wirkungsvoll inszeniert, auch wenn die CGI nicht (mehr) ganz State of the Art sind. Das betrifft auch die Szenen gegen Ende, als sich der Himmel über der Bucht verdunkelt und man ziemlich deutlich erkennt, dass sich die schöne Blake Lively nicht auf einem Riff im Meer, sondern im trockenen Studio vor einem Greenscreen räkelt. Als ähnlich unschön empfand ich die Idee, ihre Facetime-Dialoge mit Papa (Brett Cullen aus STEWARDESS SCHOOL) und Schwester mittels EInblendung des Displays im Bild zu lösen. Das ist eine etwas alberne Spielerei, die wahrscheinlich dem Wunsch geschuldet ist, ihrer Familie ein Gesicht zu geben, ohne direkt in deren Domizil schneiden zu müssen. Ich verstehe den Gedankengang dahinter, aber es wirkt ein bisschen gimmicky, sieht scheiße aus und bringt THE SHALLOWS nicht wirklich weiter. Der Film hat also definitiv seine Schwächen, etwa die Tolpatschigkeit Nancys, die sich wirklich ständig irgendwo stößt, verletzt oder schneidet, eine ist, aber ich rechne es Collet-Serra trotzdem hoch an, sich in einem knappen, straff erzählten 90-Minüter auf die Konfrontation von Schöner und Biest auf begrenztem Raum konzentriert zu haben, anstatt seine Geschicht künstlich aufzublasen und mit allerhand erzählerischem Ballast vollzustopfen. Ich mochte den im letzten Jahr gelaufenen, reichlich doofen THE MEG ja ganz gern – wie gesagt: I’m a sucker for sharxploitation -, aber er zielt mit seinem Riesenhai ziemlich an dem vorbei, was meine anhaltende Hai-Faszination bzw. -Angst eigentlich ausmacht. THE SHALLOWS hat verstanden, worum es geht, und delivert die goods. Mehr braucht es manchmal nicht.