Mit ‘Bud Spencer’ getaggte Beiträge

Wer mich kaufen will, kann das dieser Tage gleich dreifach:

Schon etwas länger auf dem Markt, aber immer noch aktuell genug, um ihn hier zu würdigen ist die Blu-ray-Veröffentlichung von Ruggero Deodatos gottgleicher Poliotteschi-Quasi-Parodie EISKALTE TYPEN AUF HEISSEN ÖFEN via filmart. Gemeinsam mit Pelle Felsch habe ich das Vergnügen gehabt, einen Audiokommentar aufnehmen zu dürfen, in dem wir etwas über die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zur damaligen Zeit palavern. Alles garantiert unwissenschaftlich!

Etwas neuer ist der Filmkalender 2019 von Schüren, mit dem man das kommende filmische Jahr planen kann. Unter den Kurzaufsätzen, die den Kalender auflockern, befindet sich auch ein Porträt über Bud Spencer von mir.

Last but not least ist soeben die neueste Ausgabe des 35 MM Retrofilmmagazins erschienen, die unter dem Motto „Sommer – Sonne – Sumpf“ steht. Die große Hitzwelle scheint zwar (zum Glück) vorbei zu sein, wer davon aber nicht genug bekommt, findet auf den reich bebilderten Seiten sicheerlich sein Glück. Auch ich habe mich von den Temperaturen inspirieren lassen und mich in meiner Noir-Kolumne mit dem Fritz-Lang-Klassiker THE BIG HEAT befasst. Das Heft kann man hier bestellen.

Vorab: Ich habe diesen Film in italienischer Sprache mit englischen Untertiteln geschaut. Von der englischen Synchro habe ich schnell Abstand genommen, weil ich in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass diese italienischen Filmen meistens nicht gut tut. Hätte ich aber geahnt, dass die Fan-Untertitel offensichtlich von einem Legastheniker verfasst wurden, hätte ich mich wahrscheinlich anders entschieden. Der Handlung zu folgen, war möglich, Feinheiten zu erfassen, allerdings nicht. Meine Beurteilung des Films ist also nicht der Weisheit letzter Schluss. Da mir TORINO NERA dennoch gut gefallen hat, ist das für jene, die sich hier eine Anregung für eigene Sichtungen holen wollen, wahrscheinlich aber verschmerzbar.

Rosario Rao (Bud Spencer), ein Sizilianer und zweifacher Vater, der in Turin für den Bauunternehmer Fridda (Marcel Bozzuffi) arbeitet, sitzt für einen Mord im Bau, den er nicht begangen hat. Während eines Fußballspiels wurde Santoro (Gianni Milito), ein Arbeitskollege von ihm, in seiner Anwesenheit mit einer Waffe erschossen, die ihm gehört, die er aber kurz zuvor an einen Bekannten verkauft hatte. Vor Gericht war es seinem Anwalt Mancuso (Nicola Di Bari) nicht gelungen, die erdrückende Beweislast zu entkräften. Der Fall wird erneut aufgerollt, als Raos Sohn Raffaele (Andrea Balestri) in der Zeitung vom Tod eines weiteren Kollegen seines Vaters liest. Gemeinsam mit Mancuso nimmt Raffaele die Ermittlungen wieder auf. Die beiden decken ein Komplott von Fridda auf, der in dem gewerkschaftsnahen Rao ein Hindernis für die eigenen Geschäfte sah und in dessen Rivalität mit dem ebenfalls unliebsamen Santoro eine gute Gelegenheit, beide auf einen Schlag loszuwerden. Ihre Fortschritte bleiben natürlich nicht unbemerkt …

Carlo Lizzani, ein Filmemacher mit ausgewiesen linkem Background, hat mit TORINO NERA einen ausgesprochen publikumsfreundlichen Krimi vorgelegt. Die Besetzung mit Bud Spencer und zwei Kindern in der Hauptrolle spricht in dieser Hinsicht eine deutliche Sprache. TORNO NERA ist sehr handlungsorientiert und „unterhaltsam“: Der Plot um die Jagd nach Beweisen, die den unschuldigen Vater entlasten, trägt den Film, der ausgesprochen temporeich seinem Klimax entgegeneilt. Die gesellschaftskritischen Betrachtungen – die Armut der arbeitenden Bevölkerung, hier vor allem der sizilianischen Bürger, ihre Ausbeutung durch Großunternehmer, die ihre Rendite zur Not auch mit illegalen Methoden sichern – bilden zwar die Basis der Geschichte, doch im Vordergrund stehen ganz klar das persönliche Schicksal der Charaktere und die Frage, ob es Raffaele und Mancuso gelingen wird, den Vater zu entlasten und die wahren Täter hinter Schloss und Riegel zu bringen. Das ist durchweg spannend, auch wenn große Überraschungen eher ausbleiben.

Trotzdem: Wer genau hinschaut, muss entsetzt sein, über das Bild, das hier von Italien gezeichnet wird. Raffaele und sein kleiner Bruder Mino (Domenico Santoro) müssen tagsüber illegal importierte Zigaretten verkaufen oder am Güterbahnhof Obst stehlen, um die Familie in Abwesenheit des Vaters über Wasser zu halten. Das Mietshaus, in dem sie wohnen, ist in ruinösem Zustand, die Nachbarn einer Etage teilen sich eine triste Holzbaracke zur Verrichtung ihrer Notdurft. Auch die Mutter (Francoise Fabian) ist ständig unterwegs, um die Existenz zu sichern, und in der Folge sind Raffaele und Mino auf sich selbst gestellt, stromern Tag für Tag allein durch die Straßen. Für die Schule bleibt eigentlich auch keine Zeit, andere Dinge sind wichtiger. Auch die Nebenfiguren leben größtenteils in desolaten Verhältnissen: Frauen müssen anschaffen, Männer sterben nach lebenslanger harter Arbeit unter jämmerlichen Umständen. Ihre Tode werden von der Polizei zur Kenntnis genommen, nach den Hintergründen fragt niemand. Die Ursachen scheinen ja auf der Hand zu liegen. Das alles kann den lebhaften, munteren Rythmus des Films aber nicht wirklich beeinträchtigen. Die Unverdrossenheit der beiden Kinder, die ja nichts anderes kennen, lässt die Tragik etwas vergessen. Dafür wirkt das Finale, in dem alles zur Katastrophe führt, dann umso stärker. Wenn der Druck auf den Einzelnen immer weiter wächst, muss selbst der gefestigste Charakter irgendwann brechen.

Bud Spencer in der Rolle des Rao zu besetzen, ist ein großer Coup. Auch wenn das berühmte Duo Spencer/Hill 1972 noch am Anfang stand, hatte Spencer sich doch schon einen Namen als gebeutelter, aber aufrechter Vertreter des „kleinen Mannes“ gemacht, der allerdings niemals echtes Leid befürchten musste. Ihn hier als ohnmächtiges Opfer zu sehen, wirkt daher besonders schwer: Es muss schlimm stehen um Italien, wenn selbst ein Bud Spencer nichts ausrichten kann. Er hat in TORINO NERA eine Art ausgedehnten Cameo, ist meist in Rückblenden zu sehen, in denen er von seinen Söhnen auf die robuste Physis und das zuversichtliche, herzliche Lächeln reduziert wird, und tritt erst im Showdown als handelnde Person in Erscheinung, aber nichtdestotrotz wirkt er als bestimmende Kraft. Er verkörpert einen Hoffnungsschimmer und der Zuschauer betrachtet ihn nach einiger Zeit mit den Augen seiner Söhne. Er stellt dann am Ende die Gerechtigkeit wieder her, aber um welchen Preis? Wie er am Schluss abgeführt wird, seinen Sohn Mino noch einmal in die Arme schließt und dann seinem Schicksal entgegengeht, ohne sich noch einmal umzudrehen, ist herzzerreißend. Und Bud Spencer, den ich immer eher als Typen, denn als Schauspieler wahrgenommen habe, ist grandios. Rätselhaft bleibt allerdings die Rolle von Francoise Fabian: Sie bekommt fast gar nichts zu tun, hat nur wenige, kurze Szenen. Es hätte dafür keine Schauspielerin ihres Formats gebraucht und es scheint fraglich, ob das wirklich so gedacht war. Den Film kann das nicht schmälern. TORINO NERO ist wahrscheinlich kein Höhepunkt in Lizzanis Filmografie, aber dennoch ein Werk, das nur ein echter Künstler in dieser Ruhe und Gelassenheit drehen kann.

 

Seit einer halben Ewigkeit habe ich diesen späten Bud-Spencer-Film nicht mehr gesehen: Ich mochte den damals, als Kind, ganz gern, wenngleich ich schon irgendwie wusste, dass ALADIN, wie er bei uns hieß, mit dem, was da aus den USA kam, nicht mehr mithalten konnte. Trotzdem: Die mittlerweile sattsam bekannte Miami-Kulisse, die typischen Plot-Versatzstücke, die flotte Episodenhaftigkeit und die Vorstellung, Bud Spencer als Wünsche erfüllenden Kumpel an der Seite zu haben, reichte aus, um mir den ein oder anderen vergnüglichen Fernsehnachmittag zu bescheren. Auch für meine Tochter hat ALADIN nahezu perfekt funktioniert: Die naiv-billigen Spezialffekte, mit denen da Autos und Teppiche zum Fliegen gebracht, zerdepperte Wohnungseinrichtungen wieder in den Urzustand oder Menschen unsichtbar gemacht werden, evozierten bei ihr eben kein mitleidig-herablassendes Lächeln, sondern echten, unverschittenen sense of wonder. Es war einfach wunderbar, dem beizuwohnen, ihr entgeistertes „WOW!“ zu hören, als da der rote Rolls Royce vom Boden abhebt.

Die Freude meiner Tochter trug dann auch mich über einige Schwächen, die der Film ohne Zweifel hat. Er kann Ermüdungs- und Niedergangserscheinungen kaum verhehlen, aber schlimmer ist eigentlich seine verquere Moral. Der vierzehnjährige Al Haddin (Luca Venantini) benutzt die Kraft des Geistes eben nicht dazu, Gutes zu tun – wie der Flaschengeist es eigentlich fordert -, sondern um Rache zu nehmen, das Mädchen der Träume (Buds Tochter Diamy) rumzukriegen und vor allem das eigene Ego zu befriedigen. Ich hätte das in dem Alter natürlich kein Stück anders gemacht, aber Aufgabe des Films wäre es ja eigentlich, infrage zu stellen, ob das richtig ist. Al Haddin kommt mit etwas Abstand jedenfalls nicht gerade als Sympath daher, wie er magische Kräfte dazu nutzt, sich zu produzieren und sich für etwas feiern zu lassen, was eigentlich gar nicht sein Verdienst ist. Für das Drehbuch scheint das alles allein damit gerechtfertigt zu sein, dass er und seine Familie, Mama Janet (Janet Agren) und Opa Jeremiah (Julian Voloshin), „arm“ sind, was so aber auch nicht ganz richtig ist.

Aber genug der Moserei: Ich mag ALADIN trotzdem irgendwie. Wahrscheinlich Nostalgie, denn die Zeit, in der soetwas ins Kino gelangte, sind ja lange vorbei. Und es fallen ja durchaus ein paar schöne Momente ab: Wie da in den letzten fünf Minuten plötzlich der Hammer rausgeholt wird, der Flaschengeist den bösen Polizeichef, der zufälligerweise auch noch verantwortlich für eine Atomraketenbasis ist, zum Herrscher der Welt machen soll und dann auch noch auf dem Seziertisch von Wissenschaftlern landet (oder war’s umgekehrt?), das ist schon bemerkenswerte Drehbuchkunst. Überhaupt finde ich diese zauberhafte Leichtigkeit, mit der die Italiener all diese Episödchen und Attraktionen aneinanderreihten, einfach bemerkenswert. So findet in dem ganzen Quatsch auch noch der obligatorische Mafioso Platz, dessen Schläger natürlich den armen Opa Jeremiah wegen seiner Spielschulden drangsalieren. Ja und dann eben dieser Opa: Wer immer den synchronisiert hat, eine heisere, aus dem letzten Loch pfeifende Schnodderschnauze, die genau richtig ist für den alten Zausel, hat einen Oscar verdient. Bester Opa der Filmgeschichte, ganz klar!

die aktuelle ausgabe vom freitag …

Veröffentlicht: Juli 28, 2017 in Über mich, Zum Lesen
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… enthält einen Text von mir zum eben in ausgewählten Kinos angelaufenen Dokumentarfilm SIE NANNTEN IHN SPENCER, in dem sich zwei Fans auf den Weg machen, ihr Idol zu treffen. Leider fand ich den Film eher fremdschämig und habe die Sichtung deshalb vorzeitig abgebrochen. Also habe ich die Gelegenheit genutzt, etwas zu tun, was ich sehr liebe: über Bud Spencer, Terence Hill und ihre Filme zu schwadronieren. Wer das lesen möchte, sollte sich die aktuelle Ausgabe des Freitag kaufen. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

Ich habe es geschafft: Ich habe die Saat des Spencer&Hill-Fantums erfolgreich an meine siebenjährige Tochter Selma weitergegeben. Am noch nicht ganz vergangenen Osterwochenende habe ich mit ihr einen Spencer&Hill-Marathon gemacht, bei dem IO STO CON GLI IPPOPOTAMI, NON C’É DUE SENZA QUATTRO, PARI E DISPARI, CHI TROVA UN AMICO TROVA EN TRESORO, NATI CON LA CAMICIA, PORGI L’ALTRA GUANCIA und eben dieser hier über den Bildschirm flimmerten (PARI E DISPARI und IO STO … feierten in den letzten beiden Stunden die Wiederholung, während ich hier protokolliere). Vor ein paar Jahren habe ich über alle Filme des Duos geschrieben, das waren damals schon Texte, die auf einer bis in meine Kindheit zurückreichende Liebe mit etlichen Sichtungen ihrer Filme fußten, weshalb ich an dieser Stelle davon absehe, alle noch einmal abzuhandeln. Nur für SUPERPIEDI mache ich eine Ausnahme, weil es der einzige Film ist, mit dem ich beim letzten Mal nicht warm geworden bin. Und die Gründe, die ich in meinem Text dafür anführte, kann ich nach erneuter Sichtung nicht nachvollziehen. Ich fand den Film einfach total super, eine Mischung aus allem, was die Spencer&Hill-Filme an mein Herz schweißt, verbunden mit einem Ansatz, der sich aus meiner Sicht von ihren anderen Filmen deutlich abhebt.

Der Anfang ist gleichermaßen eine Hommage an die berühmte Bohnen-Szene aus … CONTINUAVANO CHIAMARLO TRINITÀ wie eine wunderbare Einleitung in die bunte Episodenhaftigkeit des Films: Auf einem Hafengelände treffen erst Bud Spencers Wilbur Walsh, danach Terence Hills Matt Kirby („genannt ,der Kürbis‘) auf eine Gruppe von Schlägertypen, die sich später als Gangster herausstellen, und rechnen mit ihnen ab. In der Folge dieser beiden Zwischenfälle begegnet Kirby dann einem freundlichen Chinesen wie auch Walsh, mit dem er einen Überfall begehen will: Wie immer stecken die beiden in akuten Geldnöten. Anstatt jedoch in einem Geschäft einzubrechen, landen die beiden im Rekrutierungsbüro der Polizei, und wie es die Logik des Films verlangt, gelingt es ihnen nicht nur nicht, sich vor der Verpflichtung zu drücken, sondern auch, durch die Prüfung zu rasseln. Es folgen die Späße, die man erwarten darf, aber auch die Rückkehr zu den Gangstern aus der Auftaktszene …

SUPERPIEDI wurde amerikanisch koproduziert und erweist seine Referenz nicht nur dem Copfilm, sondern auch den Slapstick-Komödien einer zu jenem Zeitpunkt schon längst vergangenen Ära. Man schaue sich nur das gemeinsame Werk von Jerry Lewis und Dean Martin an, die auch diverse Genres und Motive infiltrierten und sich zu eigen machten. Etwas ganz ähnliches passiert in diesem Film, der schon nach kurzer Zeit jeden roten Faden zu verlieren scheint, nur um dann wie durch ein Wunder zu ihm zurückzufinden. Das ist dem Willen des Drehbuchs geschuldet, aber auch dem Glücksrittertum seiner Helden, die zum Ziel gelangen, weil sie sich treiben und die Dinge geschehen lassen. Spencer & Hill sind Clowns oder auch Kinder, die die Welt nicht nach ihrem Willen formen, sondern die Welt kommen lassen und dann schauen, was passiert. Die Haltung, mit der sie sich in jede Situation einfinden, die das Schicksal für sie bereithält, muss man fast schon als buddhistisch bezeichnen; oder eben auch als amerikanisch: Der große Reichtum, das Abenteuer, die flotte Biene, die herrliche Keilerei können schon hinter der nächsten Ecke lauern, man muss sich nur darauf einlassen und die Gelegenheit wahrnehmen. Das treibt die beiden nicht unbedingt an, dafür sind sie zu faul, aber es lässt sie zuversichtlich nach vorn schauen. Auch, wenn die beiden am Ende ihrer Filme meist wieder bei Null sind. Also quasi vom Tellerwäscher zum Millionär zum Tellerwäscher.

9o41stfgxelflc7dnnikGestern ist Bud Spencer gestorben. Ich erfuhr davon unmittelbar nach der Fußballübertragung und war glücklicherweise schon ein wenig angeschickert, sodass mich die Nachricht nicht mehr mit voller Wucht traf. Ich habe Angst gehabt vor diesem Tag, weil mir klar war, dass der Tod von Bud wie kein zweiter das endgültige Ende von Kindheit und Jugend signalisieren würde. Spencer hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Fotos von ihm in der BRAVO meines Onkels machten mich zum Fan, noch bevor ich einen Film von ihm gesehen hatte, sein PLATTFUSS RÄUMT AUF war bei der Wiederaufführung unter dem Titel BUDDY FÄNGT NUR GROSSE FISCHE 1982 der erste „richtige“ Spielfilm, den ich im Kino sah. Der Besuch von VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA ein paar Jahre später ist heute immer noch eine meiner schönsten Kinoerfahrungen und die ganzen Achtzigerjahre hindurch begleiteten mich Spencers Filme, die noch regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt und selbstverständlich mit dem Viderekorder aufgezeichnet wurden. Vor ein paar Wochen habe ich meiner Tochter DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS und eben VIER FÄUSTE vorgeführt und bei ihr hoffentlich den Grundstein für eine ebenso innige Liebe wie die meine gelegt. Bud Spencer war immer mehr als nur ein Schauspieler oder eine Filmfigur für mich: Er war ein Beschützer, ein Onkel, der zwar immer etwas mürrisch knurrte, wenn man von ihm in die starken Arme genommen werden wollte, aber trotzdem immer für einen da war. Dass Spencer in so vielen Filmen ein Kind zur Seite gestellt wurde, half immens, ihn zu einem meiner Helden zu machen, konnte ich mich so doch an seine Seite denken, mir vorstellen, wie er auch zu meinem Schutz die Fäuste schwang, mit mir zusammen „Grau, Grau, Grau“ sang oder auch nur seine lustigen Grimassen zog (über die er sich dann selbst immer am allermeisten zu freuen schien).

Aber da war noch etwas: Gerade in seinen Filmen mit Terence Hill füllte Spencer ja gerade nicht die Rolle des strahlenden Helden oder des gutmütigen Beschützers. Im Gegenteil war er dort ja immer der, der eigentlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht war, sich aus allem Ärger, den er sich nicht selbst eingebrockt hatte, raushalten wollte. In den Trinity-Filmen war er der Ganove, der gern ein richtig rücksichtsloses Schwein gewesen wäre, aber immer wieder von seinem guten Herzen – an das sein Bruder wie kein anderer zu appellieren wusste – zurückgehalten wurde. Er war der Held wider Willen, ein Mann, der sich immer wieder gegen sich selbst entschied, um das Richtige zu tun. Diese Rolle erfüllte er nicht nur mit Bravour (all die Szenen, in denen er knurrend klein bei gibt, mit dem Schicksal hadert, dass er nicht ein anderer ist, und seinen Partner, dieses rechtschaffene Aas, verflucht), er zeigte damit auch, dass man kein leuchtender Wohltäter sein muss, um ein Held zu sein. Am Ende des Tages zählt, was man wirklich getan hat. Er war ein erreichbares Vorbild, auch wenn man nie so würde zuschlagen können wie er.

Ich musste gestern spontan noch LO CHIAMAVANO BULLDOZER schauen, wahrscheinlich mein liebster Solo-Film von Spencer, den ich seit meiner Kindheit schon unzählige Male gesehen habe. Ich kann den Film nahezu auswendig und werde von einer Woge nostalgischer Erinnerungen förmlich weggespült, wann immer ich ihn sehe. Ich bin also alles andere als objektiv, aber mein Gott, was ist das für ein wunderbarer Film! Alles was Kino sein kann, pure Traumerfüllung, und Spencer spielt nicht so sehr eine Rolle als vielmehr einen Mythos, eine Fantasie. Er kommt aus dem Nichts und seine bloße Anwesenheit scheint für die Jugendlichen des Films alles zu verändern. An ihm hängen sie ihre Wünsche auf, ihre Hoffnungen, ihre Träume, ihre Sehnsucht. Wie sie da am Zaun des Army-Sportplatzes stehen, ihm mit großen Augen und kaugummikauend dabei zuschauen, wie er den verhassten Amis eine Lektion lehrt: Dieses Bild ist ein perfekter Spiegel. Das bin ich, der da am Zaun steht, diesem stoischen Koloss bewundernd, der all das ist, was ich nicht bin, aber so gern wäre.

Ich werde dich vermissen, Mücke. Ruhe in Frieden.

Der Musiker Roberto Tobias (Michael Brandon) wird von einem Mann mit dunklem Anzug, Hut und Sonnenbrille verfolgt. Als er ihn in einem leerstehenden Theater zur Rede stellt, zückt der Mann ein Messer und es kommt zu einem Handgemenge, bei dem Roberto ihm eine tödliche Verletzung zufügt. Ein weiterer Unbekannter in einer bizarren Maske hat Fotos des vermeintlichen Mordes geschossen und beginnt nun Roberto zu bedrohen, ohne jedoch ein konkretes Motiv zu verfolgen. Während der Musiker versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, folgen weitere Morde in seinem Umfeld. Schließlich verlässt ihn auch seine Frau Nina (Mimsy Farmer), die dem Terror nicht länger standhält …

Meine autobiografische Geschichte zu QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO geht so: Argentos dritter Film war noch vor wenigen Jahren eine äußerst schwer zu bekommende Rarität, dazu praktisch unbekannt. Im deutschsprachigen Raum war der Film gar nicht erst ausgewertet worden, in den USA hatte sich die Paramount nicht dazu durchringen können, ihn nach der Kinoauswertung auch für den Heimvideo-Markt auszuwerten, und die somit einzige erhältliche Fassung war ein französisches VHS-Tape, das längst out of print war. Für den Argento-Begeisterten – der ich damals auch war – gab es wenig Hoffnung, dass diese Lücke geschlossen werden würde. Das war der Stand der Dinge im Jahr 1997, als QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO im Rahmen einer Argento-Retrospektive auf dem Fantasy Filmfest gezeigt wurde, für das ich damals zum ersten Mal eine Dauerkarte besaß. Eigentlich ein No-Brainer: Die Chance diesen raren Film, den es ja vielleicht nie wieder zu sehen geben würde, auf großer Leinwand sehen zu können, musste man wahrnehmen. Ich weiß heute auch nicht, was mich – und meinen lieben Freund Erol, der mich damals begleitete – geritten hat, dass ich diese einmalige Chance nicht ergriff und mir stattdessen den parallel laufenden MASCHERA DI CERA ansah, jenen von Lucio Fulci begonnenen und nach dessen Tod von Sergio Stivaletti beendeten Horrorfilm, der sich als genau jene Katastrophe erwies, als die er sich rückblickend (und auch vorrausschauend mit etwas gesundem Menschenverstand betrachtet) erweisen musste. Damals hatten wir wohl einfach Lust auf italienischen Splatter und die Verlockung, kübelweise Blood & Guts geboten zu bekommen, war einfach zu groß. Wie haben wir uns nach diesem Scheißfilm geärgert! QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO verschwand danach wieder in der Unerreichbarkeit und stattdessen hatten wir uns einen Film angeschaut, der nicht nur zum Zeitpunkt seines Erscheinens bereits wieder völlig egal, sondern darüber hinaus doch auch überall verfügbar war. Der Ärger verflog dann langsam mit dem abnehmenden Interesse an Argento (wofür der ja maßgeblich selbst  verantwortlich war): Als QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO dann hier und da als Bootleg auftauchte, hatte ich mich längst anderen Dingen zugewandt. Vielleicht hatte ich beschlossen, meine einst aus Dummheit getroffene Entscheidung als ewiges Gelübde zu interpretieren.  Und so habe ich Argentos dritten Film und letzten Eintrag in der Tier-Trilogie gestern zum ersten Mal geschaut; mehr als 14 Jahre nach jener verpassten Chance.

Zurück in der Gegenwart: Nachdem ich mich mit IL GATTO A NOVE CODE schwer getan habe, überwiegt hier nun wieder die Begeisterung. War erstgenannter über die Gebühr zerredet, verlabert und umständlich, wird in QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO zumindest in der ersten Hälfte auffallend wenig gesprochen. Der Film beginnt mit Bildern von Robertos Band, die den für die Zeit typischen Blues- und Jazz-inspirierten Rock spielt (Deep Purple waren ursprünglich mal als Soundtrack-Komponisten angedacht), und das scheint durchaus programmatisch zu sein, wirkt der ganze Film doch insgesamt spontaner, emotionaler, direkter und weniger komponiert als man das von Argento sonst kennt. Auch thematisch scheint QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO lockerer, weniger eng: Es geht nicht so sehr um die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Erinnerung und ihrer wechselseitige Beeinflussung, also darum, wie die Erinnerung Dinge nachträglich verfälscht oder löscht, die die Sinnesorgane aufgenommen haben, sondern um die Möglichkeit der Sinnsuche bei Abwesenheit jeglicher äußerer wahrnehmbarer Indizien und Fakten. Das Unheimliche am Kriminalfall des Films ist gerade die völlige Abwesenheit eines erkennbaren Motivs. Roberto scheint ein vollkommen willkürliches Opfer in einem Erpressungsfall, der nur der Belustigung des anonymen Täters dient. Und diese beunruhigende Tatsache zeitigt vor allem sichtbare emotionale Folgen. Roberto ist ein ungewöhnlich passiver, eigentlich sogar gänzlich handlungsunfähiger Protagonist. Nach dem Schock zu Beginn erstarrt er förmlich, flüchtet sich nach innen und macht vollkommen dicht. Bis zum Ende ist er ratlos: Zu diesem Zeitpunkt ist der von ihm beauftragte Detektiv, der der Wahrheit recht schnell auf die Spur gekommen war, bereits tot. Und wenn er den Täter dann durchschaut, so ist das einem Zufall geschuldet. Ebenso wie sein Überleben: Ohne den Deus ex Machina hätte QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO wahrscheinlich gar kein Ende gefunden.

Betrachtet man den Giallo als eine extreme Spielart des Whodunit oder der Murder Mystery, dann ist QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO vielleicht sein am radikalsten verkürzter und stilisierter Vertreter: Argentos Inszenierung akzentuiert immer wieder die dem Zugriff entfliehende Wahrheit. Der ganze Film handelt von dem, was man nicht sehen kann. Wenn der Detektiv beim Vergleich zweier Fotos eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen zwei abgebildeten Figuren erkennt, dann zeigt Argento diese Bilder nicht nur nicht, er lässt den Detektiv auf die entsprechende Frage Robertos auch nicht antworten. Wen der Detektiv in der folgenden Sequenz  verfolgt, bleibt sein Geheimnis. Alles, was der Zuschauer sieht, ist der Detektiv, der nach dem Ausschau hält, von dem wir nicht wissen, wer es ist. (Überhaupt dieser Detektiv: Im Zustand höchster Euphorie gesteht er seinem Auftraggeber, keinen seiner bisher 84 Fälle gelöst zu haben. Das könne ja nur ein gutes Zeichen sein, denn diese Serie könne ja unmöglich länger anhalten. Er bräuchte eigentlich nur in seinem Büro zu sitzen und darauf zu warten, dass sich der Schuldige selbst stellt. Er sagt das, als ließe sich dazu unmöglich eine Widerrede formulieren. Herrlich. Er stirbt dann auch mit einem Lächeln auf dem Gesicht: Er hatte den richtigen Verdacht.) Die Traumsequenz, die Roberto immer wieder hochschreckt – eine Enthauptungsszene, die an die Erzählung einer Nebenfigur zu Beginn anknüpft -, ist ebenfalls nicht zu entschlüsseln. Sie enthält keinen Hinweis auf die Identität des Mörders, ist kein Rätsel, das der Zuschauer zu lösen hätte, sondern entpuppt sich zum Schluss lediglich als Vorahnung, die erst nachträglich mit Bedeutung aufgeladen wird. Ich habe erst vor Kurzem irgendwo gelesen, dass der Giallo erheblich von Antonionis BLOW-UP beatmet wurde: Eine These, die so unmittelbar einleuchtend ist, dass ich mich frage, warum ich nicht vorher darüber gestolpert bin. Argento, der als Formalist sowieso als ein direkter Nachfahre des Meisterregisseurs des Neorealismus angesehen werden kann, lag mit seinen Gialli zwar stets besonders nah an diesem Vorbild, doch QUATTRO MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO, der vielleicht „leerste“, abstrakteste Giallo, den ich kenne, wirkt fast, als hätte Argento ein pulpiges Remake des großen Pop-Art-Kunstwerks gedreht. Eins mit Bud Spencer als Lebenskünstler namens „Gott“, mit einer betörenden Mimsy Farmer, die hier das krasse Gegenteil ihrer Rolle aus IL PROFUMO DELLA SIGNORA IN NERO verkörpert – und dann doch wieder nicht, mit einer gruseligen Heckenlabyrinth-Szene, die THE SHINING, sowie einem Zeitlupen-Kugelflug, der THE MATRIX zu antizipieren scheint, einem spektakulären Autocrash zum Schluss und einigen weiteren wunderschönen Argento-Momenten. Superb.

 

Der Fischer Mücke Schiffskapitän Buddy Graziano (Bud Spencer) läuft liegt mit seinem Schiff in einem kleinen Hafen ein, nachdem wo es von einem U-Boot beschädigt wurde zu seiner Überraschung von eifrigen Hafenarbeitern auseinandergenommen wird. Vor Ort liefern sich die dort stationierten US-Soldaten, angeführt vom großmäuligen Sergeant Kempfer (Raimund Harmstorf) Rosco Dunn (Kallie Knoetze), und eine Gruppe kleinkrimineller hoffnungsloser italienischer Jugendlicher Boxsportler, geleitet vom sympathischen Möchtegern-Trainer Jerry (Jerry Calà), erbitterte Schlägereien Grabenkämpfe. In einem Football-Match Boxkampf sollen die Fronten endgültig geklärt werden. Und Mücke Buddy, selbst ein ehemaliger FootballBox-Profi, mit dem Kempfer Dunn noch eine offene Rechnung hat, nimmt sich des hoffnungslosen italienischen Haufens wie aus dem Nichts auftauchenden Boxtalents Giorgio Desideri (Stefano Mingardo) an …

Wer mein Blog in den letzten Wochen fleißig verfolgt hat, dem dürfte der obige Absatz samt der gestrichenen Passagen bekannt vorkommen: Es handelt sich um eine nur geringfügig abgeänderte Version meiner Inhaltsangabe zu LO CHIAMAVANO BULLDOZER, von dem BOMBER, wie man nun unschwer erkennen kann, eine Art Remake, wenn nicht gar eine nur leicht modifizierte Kopie ist. Der Footballsport wurde von Michele Lupo, der auch das Vorbild inszenierte, lediglich durchs Boxen ersetzt, was zugegebenermaßen zwar einige weitere Abweichungen nach sich zieht, die schlicht und einfach dadurch begründet sind, dass Football eben eine Mannschafts-, Boxen aber eine Einzelsportart ist, am groben Plotverlauf aber nichts Wesentliches ändert: Wieder nimmt sich der legendäre Ex-Profi, der aus zunächst undurchsichtigen Gründen einst seine Karriere beendete und Entsagung schwor, eines hoffnungslosen Haufens untalentierter Träumer an und führt sie zum Sieg gegen den amerikanischen Feind, der zufällig auch sein ganz persönlicher Feind ist. Der Gegner hält nichts von Fair Play und so ist der Ex-Profi gezwungen, selbst Hand anzulegen und somit auch sein eigenes Trauma aufzulösen. BOMBER ist zwar durchaus unterhaltsam – nicht zuletzt wieder einmal aufgrund der krachigen Synchro -, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frische und Energie, die das Original auszeichnete weitestgehend futsch ist. Außerdem funktioniert die Story mit einem Einzelsportler nicht ganz so gut, weil ein nicht unerheblicher Teil der zunächst eingeführten Loser-Figuren im weiteren Verlauf der Handlung zur Tatenlosigkeit verdammt und schließlich ganz fallen gelassen wird. BOMBER ist einfach in allen Belangen ein Stück schwächer als LO CHIAMAVANO BULLDOZER: Der Titelsong „Fantasy“ ist klasse, aber eben kein „Bulldozer“; Kalli Knoetze hat einen fantastischen Namen, ist aber kein Raimund Harmstorf; die Amis sind zwar böse, aber eben nicht so herrlich over the top wie zuvor; der rosafarbene Buggy von Trainer Jerry ist hübsch, der verrostete Kahn von Mücke war aber noch hübscher; des Weiteren ist Tauziehen kein adäquater Ersatz für Armdrückwettbewerbe und die Keilereien waren vier Jahre zuvor auch spritziger. Aber was hat man denn erwartet: Lupo hat BOMBER wahrscheinlich im Schlaf inszeniert, einige Gags, wie etwa den Spargeltarzan, der vor Aufregung aus seinem Hot Dog trinkt, aber in seine Cola beißt, übernimmt er der Einfachheit halber gleich eins-zu-eins und irgendwie ist der Film auch symptomatisch für eine Periode in Spencers Schaffen, in der es wohl in erster Linie darum ging, noch möglichst viel Kohle aus dem Star rauszupressen, bevor sich die Zuschauer abwenden würden, was dann ja zwei bis drei Jahre später passierte. Als Exploiter ist BOMBER natürlich gerade wegen seiner Recycling-Praxis  Gold wert …

Sergeant Alan Parker (Bud Spencer), der seiner Familie vorspielt ein Waschmaschinenvertreter zu sein, erhält den Auftrag, den schmierigen Kleinganoven Tony Roma (Tomas Milian) zu verhaften. Das gelingt, doch Tony fügt sich verständlicherweise nur ungern in sein Schicksal: Nach einem gelungenen Fluchtversuch beobachtet er zufällig den Mafiaboss Salvatore Licuti (Marc Lawrence) und seine Männer beim blutigen Geschäft und steht fortan auch bei diesen auf der Abshcussliste. Alan hat nun alle Hände voll zu tun, Tonys Gesundheit zu erhalten …

Was für eine verpasste Chance! Jedem Freund des Italokinos muss das Wasser im Munde zusammenlaufen, wenn er von der Paarung Spencer & Milian hört: Letzterer hat sich seinen Platz im Exploitation-Olymp mit der Verkörperung (hier trifft der Begriff den Nagel tatsächlich auf den Kopf) des unkonventionellen römischen Cops Nico Giraldi und unzähligen asozialen Gaunern, etwa in den großartigen LA BANDA DEL GOBBO oder  MILANO ODIA: LA POLIZIA NON PUÒ SPARARE sowie zahlreichen weiteren Filmen, redlich verdient – ebenso wie den Luxus, sein Einkommen nun seit rund 20 Jahren mit schauspielerisch wahrscheinlich wenig herausfordernden Neben- und Kleinstrollen als lateinamerikanischer Finsterling in Hollywood-Produktionen bestreiten zu dürfen. Er ist dann auch der einsame Höhepunkt in Corbuccis lauer Krimikomödie, die zwar nicht wirklich schlecht ist, aber jeden Drive, der für einen solchen Film doch von essenzieller Bedeutung ist, vermissen lässt. Zwischen Spencer und Milian springt der Funke nicht über, was wohl auch daran liegt, dass Spencers Rolle kaum was hergibt und ihm zudem die undankbare Aufgabe zukommt, Milians Over-the-Top-Darstellung des selbstmitleidigen und mamafixierten Schmierlappens mit pomadiger Rockabillyfrisur und den scheußlichsten Klamotten diesseits von Liberace zu „bremsen“, obwohl man sich als Zuschauer doch nichts mehr wünscht, als dass der Film endlich einmal die Kontrolle verlöre. Aber nix da: Das A und O einer solchen Buddy-Komödie – die guten Ideen, rasante Actionsequenzen, die sich mit komischen Einlagen abwechseln, das Hin und Her der Protagonisten, auf das ja auch der Titel des Films anspielt – sind hier weitestgehend absent. Ab und zu blitzt mal ein Funke auf, der andeutet, was CANE E GATTO hätte sein können, nur um nach kurzem Aufflackern sang- und klanglos zu erlöschen. Corbuccis Film ist so durchschnittlich, dass er analog zum Urmeter in einem Museum als idealtypisches Beispiel fürs Mittelmaß ausgestellt werden könnte. Schade.

banana joe (steno, italien/deutschland 1982)

Veröffentlicht: März 15, 2011 in Film
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Papa Joe, genannt „Banana Joe“ (Bud Spencer), lebt mit seinen zahlreichen Kindern das beschauliche Leben eines einfachen Bananenbauers im kolumbianischen Urwald. Der Frieden hat ein Ende, als man auf dem Markt, auf dem Joe regelmäßig seine Bananen zum Verkauf anbietet, einen Gewerbeschein von ihm verlangt: Der fernab jeder Zivilisation aufgewachsene Mann begibt sich auf eine Odyssee in die Großstadt, um dort in Sisyphos-Manier die notwendigen Behördengänge zu erledigen. Währenddessen begibt sich eine Gruppe fieser Grundstücksspekulanten daran, eine Bananenfabrik in Joes Heimat zu errichten …

In einer für Bud Spencer enorm produktiven Schaffensperiode vom PIEDONE-Regisseur Steno inszeniert, ist BANANA JOE ein liebenswerter kleiner Märchenfilm mit Fish-out-of-water-Plot und leisen kafkaesken Anklängen, dessen marginalen Abweichungen von Spencers Persona ihn für den Kenner interessant machen. Der gutmütige, einfach gestrickte und aufgrund seiner Herkunft im besten Sinne „weltfremde“ Bananenbauer Joe, der sich mit Kindern versteht und den einfachen Freuden des Lebens zugeneigt ist, scheint zunächst eine sehr typische Spencer-Figur. Was ihn aber von den Spencer-Charakteren vor allem der Spencer&Hill-Kollaborationen abhebt, ist ihre Indifferenz gegenüber weltlichem Wohlstand. Vergessen Spencers Filmfiguren auf der Jagd nach dem Mammon sonst schon einmal die Moral, an die sie dann von Hills Charakteren schmerzlich erinnert werden, sind sie in derRegel durch die Unzufriedenheit mit ihrem gesellschaftlichen Status und den Wunsch, aus diesen Zwängen auszubrechen, gekennzeichnet, so ist Banana Joe der glücklichste Mensch auf Erden. Geld bedeutet ihm nichts, es ist allerhöchstens Mittel zum Zweck, etwa eine Schule zu bauen, und Klassendünkel ist ihm fremd, weil er gar keine Vorstellung von solchen sozialen Hierarchien besitzt. Leider sieht das System auch im tiefsten Urwald nicht vor, dass sich einer seinem Spiel entzieht: Und so handelt die Geschichte von BANANA JOE letztlich davon, die Unschuld seiner Hauptfigur zu brechen, ihn durch die Mühlen der Bürokratie zu drehen, bis er entweder auf Linie gebracht ist oder aber gebrochen. Es ist klar, dass dieser Versuch schon an der Physis des Protagonisten scheitern muss; aber auch daran, dass Joe die Mechanismen der Unterwerfung, die auf ihn angewendet werden, völlig fremd sind, ihre Wirkung mithin verfehlen, mehr noch, von ihm zurückgeworfen werden. Wäre da nicht die klamaukige Synchro, bei der man etwas den Eindruck hat, sie wolle den Zuschauer für die etwas leisere Gangart des Films entschädigen, der Verweis auf Frank Capra, Jacques Tati oder ähnliche filmische Moralisten, die die kalten, technokratischen Systeme der Moderne von ihren herzensguten Naivlingen aushebeln lassen, fiele noch deutlich leichter. Dennoch: BANANA JOE reiht sich ein in die immer länger werdende Liste wunderbarer Spencer-Filme und sei hiermit zur Revision (oder Erstsichtung) empfohlen. Wer es lieber etwas grober mag, darf sich immer noch an der Synchro erfreuen, an dem herrlichen Auftritt von Gunther Philipp als schwulem Herrenausstatter oder dem Soundtrack, der neben dem wunderbar melancholischen Titelsong einige ältere Oliver-Onions-Stücke featuret.