Mit ‘Fantasy Filmfest’ getaggte Beiträge

Für Hard Sensations habe ich William Friedkins viel gerühmten neuen Film KILLER JOE besprochen, der dieser Tage mit dem Fantasy Filmfest durch die Lande zieht. Klick hier.

… von mir gibt es auf F.LM zu lesen, beides „Altlasten“ vom diesjährigen Fantasy Filmfest, die in der letzten Ausgabe der SPLATTING IMAGE ihre Premiere erfuhren: LARGO WINCH: TÖDLICHES ERBE und HANSEL & GRETEL.  Beide sind demnächst respektive ab sofort auf DVD erhältlich.

18994228[1]Der französische Superagent OSS 117 ist ein Chauvinist, ein Sexist, ein Rassist und dazu noch ziemlich dümmlich. Dass er sich aber für das charmanteste, aufgeschlossenste und intelligenteste Exemplar der Gattung Mann hält, ist das deutlich größere Problem, das ihn immer wieder in peinliche Situationen führt und gehörig ins Fettnäpfchen treten lässt. Gab es im Vorgänger vor zwei Jahren noch den cultural clash zwischen dem Franzosen und den islamischen Nebenfiguren, darf sich OSS 117 im Sequel nun auch in der Konversation mit Juden, Japanern, Nazis und Hippies im Ton vergreifen. Das ist wie im ersten Teil sehr vergnüglich, zumal Jean Dujardin in der Rolle des Agenten wirklich brilliert, nutzt sich aber über die Dauer eines gesamten Films merklich ab: OSS 117: RIO NE RÉPOND PLUS tritt diesen einen (guten) Witz breiter als nötig und mehr als einmal habe ich mir gewünscht, dass Hazanavicius noch etwas Neues einfällt, was er mit seiner Hauptfigur anstellen kann. Stattdessen macht er sich im Stile bekannter ZAZ-Ripoffs über die Unzulänglichkeiten der Bond-Nachahmer der Sechzigerjahre lustig, was ich ihm nur verzeihe, weil er auch ihrer visuellen Pracht in Form elaborierter Splitscreen-Montagen huldigt und damit erkennen lässt, dass er sein Herz doch auf dem rechten Fleck trägt. Ich will OSS 117: RIO NE RÉPOND PLUS nicht verreißen, weil ich mich im Kino durchaus amüsiert  und dann und wann sogar herzlich gelacht habe (soweit das mit den beiden unerträglichen, fetten Schwachmaten im Nacken, die noch über jeden Scheißdreck lauthals losgewiehert haben, möglich war). Am Ende hat dann aber das Gefühl überwogen, dass erstens Teil 1 um Längen besser, weil sparsamer im Umgang mit seinen Pointen war, und man zweitens versäumt hat, die Figur des Agenten über den etablierten Rahmen hinaus weiterzuentwickeln, um so neues Potenzial für kommende Filme zu schaffen. Ein dritter Teil ist nämlich bereits in Planung und ich befürchte, dass sich dann endgültig die Ernüchterung breitmachen wird. Und das wäre einfach zu schade …

the house of the devil (ti west, usa 2009)

Veröffentlicht: September 10, 2009 in Film
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HouseOfTheDevil_postera[1]Samantha (Jocelin Donahue) tritt bei dem merkwürdigen Ehepaar Ulman (Tom Noonan & Mary Woronov) eine Stelle als Babysitter an, doch statt eines Babys soll sie die kranke Mutter von Mr. Ulman hüten. Die Bezahlung stimmt und so stellt sich Samantha auf einen langweiligen Abend in dem dunklen Haus weit draußen vor der Stadt ein. Doch dann hört sie ein merkwürdiges Poltern …

Am letzten Tag des Festivals ist es dann doch passiert: Mit THE HOUSE OF THE DEVIL lief dieser eine Film, nach dem man das Kino vollkommen euphorisiert und begeistert verlässt, auf den man die ganze Woche gewartet und gehofft hat und dessen Kraft allein geeignet ist, das gesamte Festival nachträglich größer und besser erscheinen zu lassen, als es vielleicht objektiv gewesen ist. Bevor wir uns missverstehen: THE HOUSE OF THE DEVIL war nicht der beste Film – diese Ehre würde ich BRONSON zuteil werden lassen -, wohl aber der, der am unmittelbarsten gewirkt hat. Ti West ist das Kunststück gelungen einen Retro-Horrorfilm zu drehen, der nicht wie nerdige Heldenverehrung und also doch nur wie nachgemacht anmutet, sondern tatsächlich the real deal ist.  West orientiert sich in Look, Inszenierung und Thema an den grobkörnigen, ultradoomslowen US-Schockern der Siebzigerjahre und liefert also einen Film ab, der seine Spannung über die gesamte Laufzeit gleichmäßig kriechend aufbaut und wirklich erst zum Finale entlädt. Dabei legt er eine Kunstfertigkeit an den Tag, die ihn hier durchaus als neue Regiegröße des Horrrofilms etabliert: Er hat weder billige und abgegriffene Schocks nötig (es gibt noch nicht einmal die eigentlich obligatorische Katze im Wandschrank), noch unpassend wirkende Effekte, noch blöden auflockernden Humor, noch übertriebenen Kunstbluteinsatz. Ti West reichen der kluge Einsatz des unheimlichen Settings, die Leistung der Hauptdarstellerin, der schöne Score und eine suggestive Kameraarbeit, um mich über 90 Minuten Laufzeit, in denen eigentlich nichts passiert, meine Umwelt vollkommen vergessen zu lassen. Ich weiß nicht, wann mir das zum letzten Mal passiert ist.

Aber Vorsicht: THE HOUSE OF THE DEVIL ist ein acquired taste: Im Kino konnte man spüren, wie die Unruhe und Ungeduld des Publikums minütlich anwuchsen, und wer seinen Horrorfilm laut, grell, blutig und in your face braucht, der wird Wests Werk vermutlich als stinklangweilig empfinden. Ich bin hingegen froh, mir das Talent, einen Film, der völlig am heutigen Publikum und dessen Sehgewohnheiten vorbeiinszeniert ist, genießen zu können, bewahrt zu haben. Für mich ist THE HOUSE OF THE DEVIL der Horrorfilm, auf den das Genre seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten gewartet hat. Einen Film, der sich wie dieser unaufhaltsam von hinten an einen heranschleicht, hat es wohl tatsächlich seit den Siebzigerjahren nicht mehr gegeben. Was aber eine noch viel größere Leistung ist: dass Ti West ein Genre, das eigentlich seit dem Splatter-Endpunkt BRAINDEAD vollkommen brachliegt und wirklich neue Impulse schmerzlich vermissen lässt, ausgerechnet mit einem auf alt getrimmten Oldschool-Schocker wiederbelebt und an sein einstmals verstörendes Potenzial erinnert.

the-killing-room-poster[1]Vier Personen, eine Frau (Clea DuVall) und drei Männer (Timothy Hutton, Nick Cannon, Shea Whigham), haben sich für ein Experiment gemeldet, über dessen Hintergründe sie jedoch noch nichts wissen. Sie sitzen in einem kargen, weiß gekachelten Raum mit einigen Stühlen und Tischen und warten auf die Instruktionen des Leiters Dr. Phillips (Peter Stormare), als die erste Person mit einem Kopfschuss zu Boden fällt. Ab diesem Zeitpunkt beginnt ein Kampf ums Überleben zwischen den verbleibenden Personen: Denn nur einer von ihnen wird den „Killing Room“ lebend verlassen. Aber wozu?

Wenn der Regisseur von DARKNESS FALLS und TEXAS CHAINSAW MASSACRE: THE BEGINNING einen politisch motivierten Film dreht, sollte man sich auf eine Lektion in Sachen billiger Polemik und Einfalt einstellen: Der „Killing Room“ dient dazu, amerikanische Staatsbürger zu finden, die sich aufgrund ihrer Bereitschaft, sich einem größeren Ganzen zu opfern, zu Selbstmordattentätern eignen. Die Annahme, dass unter Aufsicht der Regierung solche Experimente mit einem solchen Zweck verfolgt werden, halte ich schonmal für reichlich paranoid: THE KILLING ROOM ist genau die Art „kritischen“ Kinos, das wir der Bush-Administration zu verdanken haben, in deren Gefolge jeder Dämlack, der „Bush ist doof“ buchstabieren konnte und BOWLING FOR COLUMBINE gesehen hatte, sein politisches Coming-out erleben durfte. Verantwortungsbewusstsein wird ersetzt durch grenzenloses Misstrauen, Argumente durch Zynismus und eben Polemik, der Humanismus, in dessen Geiste jede politische Kritik eigentlich stehen sollte, durch den stumpfen, undifferenzierten, aber dafür grenzenlosen Hass auf die Mächtigen und Reichen. Natürlich sind die demokratisch gewählten Regierungen keinen Deut besser als terroristische Vereinigungen und Fundamentalisten, das zumindest scheint uns Liebesman mit seinem Film weismachen zu wollen, den als Hetzwerk zu bezeichnen mich nur dessen Mangel an agitatorischer Potenz abhält. Das größte Verbrechen dieses Films, der gern ein CUBE wäre, aber der noch nichtmal ein SAW ist, ist nämlich,  dass er sich mit seiner auf hintergründig-authentisch getrimmten Kameraführung und Bildkomposition und seinen endlosen geflüsterten Dialogen unerträglich wichtig macht, dabei aber nicht mehr als aufgeblasene Langeweile produziert, die sich dann wie zur Entschuldigung mit einem kleinen Twist anbiedert, der ebenso zynisch ist wie jene gewissnelosen Wissenschaftler, die er aufs Korn nimmt. Zum Vergessen.

2398_xxl[1]Die hirnverdrehende Zahlenmystik des Titels verweist zwar noch auf fragwürdige Meisterleistungen der Sequeltitel-Schmiedekunst wie SOMETIMES THEY COME BACK … AGAIN! oder auch I STILL KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER, ohne jedoch deren sprachlichen Dadaismus zu bemühen, täuscht mit der geradezu offensiven Schmucklosigkeit, mit der er seine „Sequelität“ in einer einfachen „2“ bekundet, Einfalt vor, wo in Wahrheit reichlich Cleverness am Werk ist. IN 3 TAGEN BIST DU TOT 2 ist kein Retrohorror, vielmehr geht es in der Fortsetzung des Ösi-Slashers wie etwa in THE DESCENT 2 um Traumabewältigung. Die Rückkehr einer Protagonistin an den Schauplatz des ersten Teils bietet nicht Gelegenheit, dieselbe Geschichte nochmal abzuspulen, sondern vielmehr deren verheerende Folgen auf die Psyche seiner Hauptfigur zu zeigen. 

Nina (Sabrina Reiter) begibt sich auf der Suche nach ihrer Freundin Mona auf den Berghof der Familie Kogler, ohne sich daran zu erinnern, dass sie dort bereits schon einmal war – zusammen mit eben jener Mona. Natürlich tappt sie erneut den Backwood-Bewohnern in die Falle und muss sich in der Folge ihres Lebens erwehren, praktischerweise auf Kosten des Lebens ihrer Peiniger, bis sie am Schluss schließlich am Ziel ihrer Suche ankommt, das sie sich allerdings ganz anders vorgestellt hat. 

Prochaskas Film zeichnet sich durch eine stilsichere Inszenierung und einen gleichmäßigen Spannungsaufbau, durch die glaubwürdig wirkenden Darsteller und sein Setting aus, das trotz des dräuenden Bergpanoramas nur wenig mit den schwarzromantisch verzeichneten Backwoodfilmen gemein hat und IN 3 TAGEN BIST DU TOT 2 dicht an der Realität platziert. In seiner nüchternen Bildsprache, die ohne große Stilisierungen auskommt, erinnert Prochaskas Film vielmehr an einen Kriminalfilm, was die Gewaltausbrüche noch um ein Vielfaches grausamer erscheinen lässt. Die finale Auflösung kommt ebenfalls nicht als plumper Gag daher, sondern verleiht ihm einen tragischen Unterton, der dem Backwood-Slasher sonst vollkommen abgeht. Ein wirklich gelungener Film, dessen ersten Teil ich mir sicherlich demnächst mal zu Gemüte führen werde.

vertige (abel ferry, frankreich 2009)

Veröffentlicht: September 8, 2009 in Film
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vertige-abel-ferry-L-1[1]Die fünf Schulfreunde Fred (Nicolas Giraud), Guillaume (Raphael Lenglet), Loic (Johan Libéreau), Chloé (Fanny Valette) und Karine (Maud Wyler) begeben sich auf eine Klettertour in den Balkan. Dass mit Guillaume und Fred sowohl Chloés ehemaliger als auch ihr aktueller Freund dabei sind, sorgt schon vor dem ersten Berg für Spannungen, noch schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass Loic auch noch an Höhenangst leidet und der Bergweg zudem  auch für erfahrene Kletterer eine echte Gefahr darstellt. Mit Mühe und Not vermeiden die fünf einen tödlichen Absturz, doch da lauert noch etwas anderes in den Wäldern, das es auf ihr Leben abgesehen hat.

VERTIGE beginnt als Höhenangstthriller sehr schön: Die Kamera fängt effektreich die steilen Abhänge und Aufstiege ein und die beiden Spannungsszenen treiben den Adrenalinspiegel ordentlich in die Höhe. Leider entscheidet sich Ferry jedoch recht schnell für eine Wendung, die aus VERTIGE einen zwar ordentlichen, aber leider nur wenig originellen Backwood-Slasher macht: Einmal oben auf dem Gipfel angekommen, werden die Freunde nämlich von einem als Kind ausgesetzten und demzufolge reichlich derangierten Killer gejagt und dezimiert. Das hat man schon hundertmal gesehen und auch wenn oft deutlich schlechter als hier, mutet es doch etwas enttäuschend an, dass der Film nach seinem Auftakt einen so beliebigen Verlauf nimmt. Ich zumindest hätte mir gewünscht, dass der Film hinsichtlich seines Bergsteigerthemas etwas längeren Atem beweist und dies nicht nur einführt, um sein Setting vorzustellen. Deutlich ärgerlicher als diese Kehrtwende ist jedoch die finale Schrifteinblendung – fast immer eine schlechte Idee und definitiv ein Mittel, dass sich Filmemacher mal wieder verkneifen sollten -, die den Kintopp der vorangegangenen 90 Minuten auch noch in Bezug zur Realität zu setzen versucht. „Im Balkan verschwinden jährlich soundsoviel Menschen spurlos.“: Das mag sein, aberwas mit den meisten von ihnen passiert, gibt es eher in der ersten als in der zweiten Hälfte von VERTIGE zu sehen. Nerdige Bemerkung am Rande: Fanny Valette war für mich nach Vahina Giocante aus SECRET DÉFENSE die atrraktivste Darstellerin des Festivals.

3266_xxl[1]Nach der Fehlgeburt ihres dritten Kindes entschließen sich Kate und John Coleman (Vera Farmiga & Peter Sarsgaard) zur Adoption einer Tochter. Die kleine Esther (Isabelle Fuhrmann) erobert mit ihrer ungewöhnlichen Intelligenz und ihrem künstlerischen Talent sofort das Herz des Ehepaars. Doch dann beginnen die Probleme: Esther benimmt sich merkwürdig und offen feindselig gegenüber ihrer Mutter. Aber das ist nur der Anfang …

Horrorfilme, in denen Kinder ihren Eltern oder anderen Erwachsenen zusetzten, waren auf dem diesjährigen Festival kaum zu zählen. ORPHAN stellt den wohl größten, aber auch den „glattesten“ Beitrag dieses Trends dar. HOUSE OF WAX-Regisseur Collet-Serra ist ein sehr zugänglicher und durchaus spannender Film gelungen, aber eben auch einer, der kaum Überraschungen bietet. Ich sage „kaum“, weil der Film natürlich auf die gerneübliche große Enthüllung hinausläuft, die zwar tatsächlich recht originell ist, dem Film aber inhaltlich rein gar nichts hinzuzufügen weiß. Der vor zwei Jahren an selber Stelle gezeigte JOSHUA gleicht ORPHAN bis aufs Haar, nicht zuletzt deshalb, weil dessen Hauptdarstellerin ebenfalls Vera Farmiga hieß. So ist es kein Wunder, dass die Schauspielerin ihre Rolle sehr überzeugend interpretiert und das emotionale Zentrum eines Films darstellt, der so poliert ist, dass er ebenso schnell reinläuft wie er danach wieder vergessen ist. Lediglich ein paar kleinere Härten und Geschmacklosigkeiten sowie die angemessen unheimliche Isabelle Fuhrmann unterscheiden ihn vom vollkommen egalen Hausfrauenhorror-Mainstream, dem er eigentlich zuzurechnen ist. War aber trotzdem ganz OK.

the-disappeared-poster1-lrMatt (Harry Treadaway), ein Teenager aus einer sozial schwachen Familie, leidet seit dem Verschwinden seines kleinen Bruders an merkwürdigen Visionen, die ihn bald auf die Fährte eines Kindermörders bringen …

British social realism meets Geisterfilm. So könnte man THE DISAPPEARED beschreiben, der leider über ein paar gute Ansätze nicht hinauskommt und letztlich lediglich gepflegte Langeweile produziert. Das ist alles nicht richtig schlecht, hier und da sogar recht respektabel, aber am Ende doch viel zu gewöhnlich und unspektakulär, um nachhaltig begeistern zu können. Das Ende bietet dann auch ganz entgegen dem nüchternen Ton des Films den Kintopp, ohne den ein Geisterfilm heute wohl nicht mehr auskommt, sowie die obligatorische Überraschung, die wohl jeder, der sich in den letzten Jahren nicht eingeschlossen hat, von weiter Ferne hat kommen sehen. Kein Grund zum Ärgern also, braucht ein Festival doch genau diese Art von geschmacksneutralem Durchschnitt, damit die Highlights umso heller leuchten können.

tn_bronsonNicolas Winding Refns neuer Film BRONSON begibt sich durchaus auf gefährliches Terrain: In den Händen eines weniger intelligenten Filmemachers wäre die auf realen Begebenheit beruhende Geschichte von Michael Peterson (Tom Hardy), genannt „Bronson“, seines Zeichens der berüchtigtste Häftling Großbritanniens, wahrscheinlich zur ärgerlichen Glorifizierung eines Outlaws geworden. Doch mit dem unübersehbaren Vorbild A CLOCKWORK ORANGE hat Refn sich den richtigen Fixtern ausgewählt, an dem er sich auf dem Abstieg in Bronsons Welt orientieren kann, um nicht vom Weg abzukommen. BRONSON lässt seine Hauptfigur seine eigene Geschichte erzählen und den Zuschauer ganz eng teilhaben an dessen krimineller Laufbahn, macht ihn so gleichsam zum Mitwisser, ohne jedoch jemals Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass dieser Erzähler mit a grain of salt zu genießen ist.

Bronson stilisiert sich im gleichen Maße zum Kunstwerk wie das Refn mit seinem Protagonisten tut, der als Clown geschminkt von einer Bühne aus die Einleitungen zu den unterschiedlichen Abschnitten des Films spricht, und seine Gewaltausbrüche als Performances inszeniert: Am Ende malt er sich ganz schwarz an, sodass er aussieht wie eine Statue, als sich wieder einmal die Gefängniswärter auf ihn stürzen. Wie auch Kubrick in seinem genannten Film überhöht Refn das Geschehen ins Opernhafte, fokussiert auf eine Person, die ein Fremdkörper in unserer Gesellschaft bleiben muss, die nicht unmoralisch, sondern vielmehr amoralisch ist. Bronson ist ein Asozialer, aber durchaus ein liebenswerter, der lediglich austeilt, was er selbst auch wieder einsteckt und der ganz genau weiß, dass er in der Welt außerhalb der Gefängnismauern nichts verloren hat.

Refn ist ein sehr sehenswerter, aber nicht ganz einfacher Film gelungen: Hervorstechend ist neben Hauptdarsteller Tom Hardy, der hier wohl die Rolle seines noch jungen Lebens spielt, vor allem der tolle Soundtrack, auf dem sowohl klassische Stücke als auch die Popmusik der Achtzigerjahre effektvoll eingesetzt wird: Fantastisch etwa die Szene, in der „It’s a sin“ von den Pet Shop Boys erklingt. BRONSON war für mich der wohl besten Film des diesjährigen Fantasy Filmfests und einer der wenigen, bei denen ich das Bedürfnis hatte, ihn gleich noch einmal zu sehen.