Nachdem ich im vergangenen Jahr einen Kurzbeitrag zum Buch „Dario Argento: Anatomie der Angst“ beisteuern durfte, freue ich mich darüber, auch am neuesten Filmbuch aus dem Bertz+Fischer Verlag beteiligt zu sein. Für „Joe Dante: Spielplatz der Anarchie“ habe ich diesmal gleich ein langes Essay beigesteuert, das sich mit der Verbindung von Joe Dante und Roger Corman beschäftigt. Neben mir sind auch viele der üblichen Verdächtigen wieder mit dabei: Marcus Stiglegger, Stefan Jung, Michael Flintrop, Stefan Borsos, Nils Bothmann, Heiko Nemitz, Sascha Westphal, Ivo Ritzer, Jochen Werner, Rochus Wolff, Andreas Rauscher, Lukas Foerster u. v. m. Das Vorwort steuerte kein Geringer bei als Video Watchdog-Macher Tim Lucas. Wer sich einen ersten Eindruck über das ab sofort erhältliche Buch verschaffen will, tut das am Besten auf der Seite von Bertz+Fischer. Dort kann man nicht nur das Inhaltsverzeichnis einsehen, sondern erhält auch zwei Leseproben. Und wenn man schon einmal da ist, kann man dort auch gleich das Buch bestellen und die Arbeit des Verlages entsprechend unterstützen. Anders als Amazon liefern Bertz+Fischer sogar kostenfrei!
Mit ‘Joe Dante’ getaggte Beiträge
joe dante: spielplatz der anarchie
Veröffentlicht: Juli 18, 2014 in Film, Zum LesenSchlagwörter:Joe Dante
amazon women on the moon (john landis/joe dante/carl gottlieb/peter horton, robert k. weiss, usa 1987)
Veröffentlicht: Dezember 11, 2011 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Arsenio Hall, Henry Silva, Joe Dante, Joe Pantoliano, John Landis, Komödie, Michelle Pfeiffer, Rosanna Arquette, Steve Guttenberg
Ein geruhsamer Feierabend gerät für einen Mann (Arsenio Hall) dank unzuverlässiger elektronischer Geräte zu einer Verkettung absurder Pannen, die mit seinem Tod enden. Ein Arzt (Griffin Dunne) versucht ein Ehepaar (Michelle Pfeiffer & Peter Horton), dessen Neugeborenes dummerweise „verlegt“ wurde, mit nur mäßig gelungenen Täuschungsversuchen von dieser Panne abzulenken. Ein Junge will eigentlich nur diskret ein paar Kondome kaufen, um sein erstes Mal zu erleben, gerät als millionster Kunde jedoch in eine riesige Werbezeremonie. Der nichts Böses ahnende Jerry (Steve Guttenberg) wird beim ersten Date mit Karen (Rosanna Arquette) mittels neuester Technik als unzuverlässiger Filou enttarnt. Der brave Harvey Pitnik (Archie Hahn) erleidet einen Herzinfarkt, als sein Leben in einer Literatursendung einen herben Verriss erntet, und seine Beerdigung gerät zu einer Comedyveranstaltung bei der er auch nach seinem Tod noch verspottet wird – auch von seiner Gattin!
Dazwischen laufen der Fünfzigerjahre-Science-Fiction-Film „Amazon Women on the Moon“, Henry Silvas Sensationsshow „Bullshit or Not?“ (Waren Jack the Ripper und das Ungeheuer von Loch Ness ein und dieselbe Person?) und der Universal-Schwarzweißgrusler „Son of Invisible Man“, dessen Unsichtbarer (Ed Begley jr.) nicht bemerkt, dass er mitnichten unsichtbar ist. B. B. King macht Werbung für die Initiative „Blacks without Soul“, die sich u. a. Pimps mit Vorliebe für den zuverlässigen Volvo Kombi oder aber dem Sänger Don Simmons (David Alan Grier) widmet, der mit Vorliebe kitschige Schlager singt. Andere Werbespots preisen „Silly Paté“, Kunsthaar aus Teppichfaser, erotische Literatur, das „Pethouse Girl of the Month“, das überall unbekleidet herumläuft, und Firesales im Kunstmuseum. Der arme Rentner Murray (Lou Jacob) schaut nur in Unterwäsche bekleidet überall mal rein, weil seine neue Fernsehbedienung ihn geradewegs ins Programm gebeamt hat.
Die Quasi-Fortsetzung von KENTUCKY FRIED MOVIE vereint auf engstem Raum – der Film dauert gerade mal 75 Minuten – liebevolle Spoofs, albernen Klamauk und absurde Non-sequiturs, die durch die clevere Besetzung geadelt werden. Der Film ist zwar so ziemlich das Gegenteil von „nachhaltig“, aber gerade dadurch erstaunlich zeitlos. Noch mehr als beim Vorgänger hat man hier das Gefühl, der ganze Film sei das Ergebnis eines gemeinsamen Besäufnisses und eines kurzentschlossen anberaumten Drehs mit guten Freunden, die nur zu gern bereit waren, bei dem Spaß mitzumachen. Die Qualität und der Kultstatus des ersten Zucker/Abrahams/Zucker-Films wird nicht ganz erreicht, aber darüber sieht man nur zu gern hinweg, weil AMAZON WOMEN ON THE MOON auf durch und durch sympathische Art und Weise unambitioniert ist. Ich habe mich bei dieser ersten Sichtung nach etlichen Jahren nicht gerade kaputtgelacht, aber das Grinsen hat mein Gesicht eigentlich nie verlassen. „Nett“ heißt hier tatsächlich genau das und ist keineswegs als boshafter Euphemismus zu verstehen.
the hole 3d (joe dante, usa 2009)
Veröffentlicht: April 1, 2011 in Film, Zum LesenSchlagwörter:Bruce Dern, Fantasy, Fantasy Filmfest Nights, Horror, Joe Dante, Kinderfilm
Meine Fantasy-Filmfest-Berichterstattung ist noch nicht zu Ende: Mein nächster Text widmet sich dem von mir doch sehr herbeigesehnten neuen Film von Joe Dante: THE HOLE 3D. Geärgert hat er mich nicht, begeistert aber auch nicht. Warum, könnt ihr hier lesen.
small soldiers (joe dante, usa 1998)
Veröffentlicht: Februar 22, 2011 in FilmSchlagwörter:Action, Denis Leary, Frank Langella, Joe Dante, Kirsten Dunst, Komödie, Science Fiction, Tommy Lee Jones
Als der Waffenhersteller Globotech sein Geschäft auf die Produktion von Spielwaren erweitert, landen hochmoderne Chips zur Steuerung von Raketen in einer Reihe von Actionfiguren: der „Commando Elite“ und ihren freundlichen außerirdischen Gegnern, den Gorgonites. Dass die Figuren ein Eigenleben entwickeln, wäre nicht so schlimm, würden in ihren Konflikt nicht auch Menschen hineingezogen. Der Junge Alan (Gregory Smith), der die Figuren von einem Lieferanten entgegen genommen hat, muss so nicht nur die friedlichen Gorgonites verteidigen, sondern auch seine Eltern, das Nachbarehepaar sowie deren Tochter, die von ihm angebetete Christy (Kirsten Dunst) …
Nach einer fünfjährigen Pause, in der Joe Dante ausschließlich fürs Fernsehen arbeitete, bedeutete SMALL SOLDIERS seine Rückkehr zu den fantasie- und humorvollen Genrefilmen, mit denen er in den Achtzigerjahren bekannt geworden war. An deren Erfolg konnte er zwar leider nicht mehr anknüpfen, dennoch wird sich der Dante-Freund in SMALL SOLDIERS sofort heimisch fühlen. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum das große Comeback mit diesem Film nicht gelingen wollte: Trotz der modernen Effekte mutet SMALL SOLDIERS fast anachronistisch an. Die Kleinstadt, in die die Spielzeugsoldaten einfallen, erinnert an Kingston Falls, das idyllische Neverland aus GREMLINS, die albernen Nachbarschaftsstreitereien zwischen Alans Eltern und den Fimples sind eine Fortsetzung der Konflikte aus THE ‚BURBS, die Laborszenen lassen an INNERSPACE denken und die Zitate und Verweise beziehen sich auf Dantes Werk (die obligatorischen Auftritte von Dick Miller und Robert Picardo) sowie auf Filme, die für die angepeilte jugendliche Filmseherschar fast als steinzeitlich bezeichnet werden müssen. Und der Mittelteil, in dem zeitgenössische Filme von einem Zwischenhoch zum nächsten hetzen, fällt hier aufreizend ruhig aus.
Mehr jedoch als diese Oberflächlichkeiten ist es wieder einmal der nostalgische Ton, mit dem Dante seinen Film inszeniert, und das klare Wertesystem, mit dem er ihn ausstattet, die in den ausgehenden Neunzigerjahren einen Bruch zwischen ihm und seinem vermeintlichen Publikum markieren mussten. Und von diesem Bruch handelt letztlich der ganze Film. Der Spielwarenladen von Alans Vater mit dem bezeichnenden Namen „The Inner Child“ (womit man auch Dantes Werk treffend beschrieben könnte) setzt nämlich gerade nicht auf die martialische Plastik-Actionpuppen und die seelenlosen Erzeugnisse von Franchisenehmern, von denen der Film handelt, sondern auf altmodisches Holzspielzeug und beraubt sich damit selbst seiner Kundschaft. Kein Kind will dort etwas kaufen, weil alles „uncool“ ist, und Christys kleiner Bruder empfindet es geradezu als Strafe, ausgerechnet in dieses Geschäft geführt zu werden, um sich ein Geburtstagsgeschenk auszusuchen. Dante wählt sehr folgerichtig nicht die schlagkräftige Soldateneinheit als seine Helden, sondern die Gorgonites, die von ihrem Erfinder eigentlich als freundliches Lernspielzeug erdacht worden waren – was der Globotech-Chef (Denis Leary) entsetzt als wirtschaftliche Fehlkonzeption erkennt und sie entsprechend umfunktioniert. Mit der Entscheidung für das Künstliche, Kurzfristige, Überwältigende und der Vorherrschaft des Paradigmas „finanzieller Gewinn“, das hinter dieser Entwicklung steht, droht die Welt aber auch ihre Schönheit zu verlieren. Nicht einmal die einst so heile Kleinstadt-Welt, in der Dante seinen Film ansiedelt, ist vor diesem Wandel noch gefeit: Fimple sägt den Baum des Nachbarn ab, um einen besseren Satellitenempfang zu haben, und klagt immer noch über das unscharfe Bild seiner pompösen Heimkino-Anlage. Und weil jede Gesellschaft das Spielzeug bekommt, das sie verdient, machen die Oneliner-bellenden Commando Elites (synchronisiert von den Darstellern aus Aldrichs THE DIRTY DOZEN – Ernest Borgnine, Jim Brown, George Kennedy – sowie Tommy Lee Jones und Bruce Dern) Jagd auf die sich nach ihrem Naturplaneten Gorgon sehnenden Aliens.
Diese Themen kennt man bereits aus GREMLINS 2: THE NEW BATCH, doch war der in sich angefressen, weil er selbst ein Auswuchs jenes Technikwahns war, den er auf der Handlungsebene kritisierte. In SMALL SOLDIERS ist das etwas anders: Dante sägt auf seine humorvoll-geistreiche Weise an dem Ast, auf dem es sich Hollywood bequem gemacht hat. Man kann fast spüren, wie schwer sich Dante damit tut, ihn von seinen Charakteren weg- und auf den effektgeladenen Showdown hinzuführen. Ich würde SMALL SOLDIERS so gesehen zwar als schwächsten Dante-Film bis zu diesem Zeitpunkt bezeichnen, aber das heißt letztlich nicht mehr, dass er nicht „sehr gut“, sondern nur „gut“ ist. Und aus diskursanalytischer Sicht ist er wie fast alles von Dante eh unbezahlbar.
explorers (joe dante, usa 1985)
Veröffentlicht: Februar 18, 2011 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Aliens, Dick Miller, Ethan Hawke, Joe Dante, Kinderfilm, Komödie, River Phoenix, Science Fiction
Ben Crandall (Ethan Hawke), ein Science-Fiction-begeisterter Junge, träumt nachts von einem rätselhaften Schaltbrett, das er für seinen Freund Wolfgang (River Phoenix), einen genialen Tüftler, aufzeichnet. Nachdem der das Brett gebaut und an einen Computer angeschlossen hat, entsteht eine transparente Kugel im Raum, die sich über Tastatur beliebig vergrößern und steuern lässt. Zusammen mit Darren (Jason Presson) bauen die Jungs aus Schrott ein Raumschiff, das sie mit der Kugel verbinden und dann darin eine Reise antreten, die sie tatsächlich ins Weltall führt, zu den Außerirdischen, die Ben den Traum geschickt haben …
Von den Filmen, die Joe Dante in den Achtzigerjahren gedreht hat, ist EXPLORERS wahrscheinlich der am wenigsten populäre. Zu Unrecht, wie ich meine, denn er fügt sich nicht nur nahtlos ins Werk des Science-Fiction- und Monsterfilm-besessenen Nerds ein, sondern dürfte darüber hinaus der warmherzigste und schönste Film sein, den er in jenem Jahrzehnt vorlegte. Es ist nur unschwer zu erkennen, dass Dante mit EXPLORERS seine eigenen Kinderträume verfilmte: Ben ist sein Alter ego, schläft nachts zu WAR OF THE WORLDS, verschlingt Science-Fiction-Filme und -Magazine und wünscht sich nichts sehnlicher, als die dort beschriebenen fremden Welten einmal selbst zu besuchen. Dante lädt seine Bilder auf mit dieser Sehnsucht: ob es der blassblaue Himmel ist, der die endlose, zahlreiche Geheimnisse bergende Weite verbildlicht, das zartgoldenen Licht der Sonne, das einen Schleier über die amerikanische Kleinstadt legt, der gelüftet werden will, oder die diese Stadt umgebenden Hügel, hinter denen unzählige weitere Welten liegen, die auf ihre Erkundung warten. Dass es für Ben, Wolfgang und Darren ins Weltall geht, ist nur die äußerste Konkretion dieser Sehnsucht: Sie wollen tatsächlich dahin gehen, wo nie jemand zuvor gewesen ist. Dahinter steht aber letztlich das kindliche Bedürfnis, den eignenen Platz in der Welt zu finden und sich selbst zu erfahren – und wie ginge das besser als im Kontakt mit dem buchstäblich Anderen, Fremden, den Außeriridischen? Die Reise ins All ist dann auch vor allem eine Reise zu den eigenen Wurzeln. Sie treffen auf ihre Spiegelbilder, zwei außerirdische Kinder, die wie sie neugierig waren, wer da draußen noch ist. Die Erde kennen sie aus dem Fernsehen, so wie die drei Helden die Aliens aus den Filmen kennen, und die Bilder erfüllen ihre Fantasie und ihre Träume. Das Träumen und das Streben ist in Dantes Vision keine conditio humana, sondern die treibende Kraft hinter allem Leben.
Joe Dantes Kino, das Populärkultur und ihre Errungenschaften feiert, nicht als Quell der Verdammnis begreift, sondern als immateriellen Gedächtnisort, an dem die Gesellschaft ihre Ängste und Wünsche verarbeitet und verhandelt, könnte kaum außergewöhnlicher sein. Man ist es gewöhnt, von wichtigtuerischen pseudogesellschaftskritischen Filmen auf Technik- und Medienpessimismus gepolt zu werden, sich immer und immer wieder erzählen zu lassen, dass der Fernsehapparat der Grund für alle unsere Probleme ist. Vielleicht war Dantes Zeit, waren die Achtzigerjahre tatsächlich unschuldiger, dass er zu dieser These gelangen konnte. Ich glaube das nicht. Wie Ben, der ins Weltall reist, ohne zu wissen, was ihn dort erwartet, im Vertrauen darauf, dass die Welt gut ist, hat sich Dante einfach seinen kindlichen Idealismus bewahrt. Das macht seine Filme so wunderbar und wertvoll.
gremlins 2: the new batch (joe dante, usa 1990)
Veröffentlicht: Februar 17, 2011 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Christopher Lee, Dick Miller, Horror, Joe Dante, Katastrophenfilm, Komödie, Monsterfilm, Phoebe Cates, Science Fiction, Zach Galligan
Billy (Zach Galligan) und Kate (Phoebe Cates) haben ihrer Heimatstadt Kinston Falls den Rücken gekehrt und leben nun in Manhattan, wo sie für den milliardenschweren Unternehmer Clamp (John Glover) in dessen State-of-the-Art-Wolkenkratzer arbeiten. Als Zach in einem dort untergebrachten Labor für Genforschung den kleinen Gizmo wiederfindet, bahnt sich die Fortsetzung der Katastrophe aus dem ersten Teil an: Die einmal mutierten Gremlins legen in Kürze das komplette Gebäude lahm …
Teil 2 bietet dem Gesetz der Serie folgend spektakulärere Gremlin-Action, buntere Spezialeffekte und generell von allem mehr. Das ist ganz wertfrei betrachtet durchaus angemessen, weil es in Joe Dantes Sequel in erster Linie um menschliche Hybris und Eitelkeit, Eigenschaften die in New York, der Hauptstadt der buchstäblich zu den Sternen strebenden Megalomanie, natürlich ihre ideale Heimat finden. GREMLINS 2: THE NEW BATCH erinnert dann auch nicht nur von seinem Setting her, sondern auch in seinem Technikskeptizismus an die Katastrophenfilme der Siebzigerjahre, in denen wahlweise ein unsinkbares Kreuzfahrtschiff, ein unbrennbares Hochhaus, ein unabstürzbares Flugzeug oder eine unkaputtbare Metropole untergingen, abfackelten, abstürzten oder in sich zusammenfielen. Dante denkt die schon im Vorgänger enthaltene Kritik also konsequent zuende, engt den Zuschauer damit aber auch ein bisschen ein: Was vorher relativ unauffällig in die Handlung eingebettet war und lediglich ein kleines inhaltliches Detail ausmachte, dominiert das Sequel von Beginn an und drängt sich etwas eindimensional in den Vordergrund. GREMLINS 2: THE NEW BATCH nimmt so über weite Strecken den Charakter einer Groteske an, die in der Zeichnung des mit unsinnigen und defekten technischen Hilfsmitteln vollgestopften und schlicht menschenfeindlichen High-Tech-Hochhauses wahlweise an Kafka, Cartoons oder Chaplins MODERN TIMES erinnert. Dies macht Dantes Film auf diskursiver Ebene interessanter als den Vorgänger, entrückt ihn aber auch der nostalgisch-emotionalen Erschließung, was beim ersten Teil so fantastisch funktioniert hatte. Dass Dante – ebenfalls in äußerster Konkretisierung seiner ja immer schon vorhandenen selbstreferenziellen Ansätze – die Barriere zum Zuschauer niederreißt und die Gremlins den Film selbst attackieren lässt, trägt ebenfalls zu dieser Entfremdung bei; eine schöne und vor dem Hintergrund der Charakterisierung der Gremlins als fleischgewordene Fehlerteufel völlig richtige Szene by the way, die mich damals schon im Kino begeistert hat, auf dem heimischen Bildschirm aber natürlich nicht ganz ihre Wirkung entfaltet. Eigentlich hatte Dante für die Videoauswertung seines Films extra eine entsprechend modifizierte Szene gedreht, aber auf der DVD findet sich nur das Kinooriginal. Schwamm drüber. Mir hat GREMLINS 2: THE NEW BATCH sehr gut gefallen, sogar besser, als ich ihn in Erinnerung hatte. Man muss die oben aufgezählten Punkte dann auch gar nicht als Kritik begreifen: Vom doch noch sehr Spielberg’schen Erstling hat sich Dante für sein Sequel einfach in eine andere Richtung entwickelt, die zwar schon Zeichen des heraufziehenden Jahrzehnts erkennen lässt, aber doch noch mehr Herz hat, als die Vertreter des nur noch Attraktionen anhäufenden Unterhaltungskinos, die ihm folgen sollten. Und Dante ist eigentlich eh immer ein Wiedersehen wert, wie ich dieser Tage erneut erfreut feststellen muss.
gremlins (joe dante, usa 1984)
Veröffentlicht: Februar 16, 2011 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Dick Miller, Horror, Joe Dante, Komödie, Monsterfilm, Phoebe Cates, Zack Galligan
Ich schätze, eine Inhaltsangabe erübrigt sich hier, deshalb steige ich ohne langes Vorgeplänkel ein. GREMLINS habe ich, wie wahrscheinlich jeder, der in den Achtzigerjahren seine Kindheit und Jugend erlebt hat, etliche Male gesehen. An die Erstbegegnung kann ich mich noch gut erinnern: Ich war auf einem Kindergeburtstag eingeladen, auf dem die gemeinsame Sichtung des GREMLINS-Videos das unumstrittene Highlight darstellte. Weil wir für den Film alle noch zu jung waren (war GREMLINS auch damals schon erst ab 16 freigegeben?), forderte mich die Mutter des Geburtstagskindes auf, doch meine Eltern anzurufen und um Erlaubnis zu bitten. Das tat ich und meine Eltern erlaubten mir selbstverständlich, den Film zu gucken: Wahrscheinlich wollten sie ihrem Sohn auch die Schmach ersparen, für den Ausfall der von allen herbeigesehnten Vorführung verantwortlich zu sein. Dantes Film ist natürlich super angekommen: Wohl nicht zuletzt deshalb, weil jeder Junge insgeheim davon träumt, auch so einen kleinen Mogwai zu haben – und natürlich davon, sich auch mal so herrlich daneben benehmen zu können wie die Gremlins nach ihrer Metamorphose.
Dem erwachsenen Zuschauer offenbart sich das Treiben der kleinen Monster natürlich ungleich deutlicher als Zerrbild menschlich-nonkonformistischer Asozialität, was dem Film, der in einer prototypischen US-amerikanischen Kleinstadt-Spießeridylle angesiedelt ist, einen anarchisch-respektlosen Anstrich verleiht – die Punkfrisur des bösen Gremlin-Anführers spricht Bände. Darüber hinaus sind mir die für Dante so typischen Filmreferenzen bei dieser Sichtung besonders aufgefallen, zumal es sich nicht bloß um kleine Insidergags handelt, sondern ein richtiger Teppich aus ihnen gewoben wird. Das beginnt schon mit der Exposition, die im Stile eines Film Noirs in ein anachronistisch überformtes Chinatown führt, wo der Voice-over-Erzähler allerdings nicht auf ein besonders verkommenes Exemplar der Gattung Frau stößt, sondern eben auf einen chinesischen Trödelhändler, bei dem er den Mogwai erwirbt. Man muss schon arg blind sein, wenn einem nicht auffällt, dass alle Figuren des Films unentwegt vor der Glotze hängen – und auch wenn sie dort sicher auch von Dante geliebte Filme sehen, so ganz gesund kann dieser Dauerkonsum nicht sein. Es ist wohl wie mit den technischen Geräten, die den von den Gremlins sabotiert werden oder aber von allein den Geist aufgeben (am prominentesten sicherlich die beknackten Erfindungen des Vaters) : So lange man sich nicht in totale Abhängigkeit von diesem Schnickschnack begibt, ist alles in Ordnung. Und dass die Vorführung von Disneys SNOW WHITE AND THE SEVEN DWARVES die Vorentscheidung zugunsten der menschlichen Bevölkerung von Kleinspießersdorf bringt, rückt alles wieder gerade. Ein schöner Film, immer noch. Unglaublich, dass der fast 30 Jahre alt ist …
the ‚burbs (joe dante, usa 1989)
Veröffentlicht: Februar 1, 2011 in FilmSchlagwörter:Achtzigerjahre, Bruce Dern, Carrie Fisher, Corey Feldman, Henry Gibson, Horror, Joe Dante, Komödie, Tom Hanks
Ray Peterson (Tom Hanks) will eigentlich eine entspannte Urlaubswoche im Vorstadthaus verbringen, doch die mysteriösen neuen Nachbarn, die Klopeks, sowie das dem Vorstädter angeborene Misstrauen machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Weil sich die Neuen nicht so ins Vorstadtleben integrieren wie es den Alteingesessenen angemessen erscheint, sie ihren Rasen nicht pflegen und nachts außerdem rätselhafte Geräusche aus ihrem Keller dringen, beginnen Ray, Quasselstrippe Art Weingartner (Rick Ducommun) und Soldat a.D. Lieutenant Mark Rumsfield (Bruce Dern) wild zu spekulieren und den Nachbarn nachzuspionieren. Als dann auch noch der Nachbar Walter spurlos verschwindet, steht für die drei Freizeitagenten fest: Die Klopeks haben ihn umgebracht …
Ein tolles Wiedersehen mit einem großartigen Film, der leider nicht ganz den großen Ruf genießt, der ihm eigentlich gebührt. Joe Dante war meines Erachtens nie besser als bei THE ‚ BURBS, der das beliebte Thema vom Horror, der in den tristen Alltag einbricht, von der komödiantischen Seite aufrollt, dem vorurteilsbeladenen Vorstadtspießer gleichermaßen den Spiegel vorhält wie er ihm eine ausgesprochene Liebeserklärung macht. Das ist dann auch das Besondere an THE ‚BURBS: Im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Filmen predigt Dante nicht mit ätzender Besserwisserei von der Kanzel herab, sondern betrachtet den nun mal von Natur aus fehlerbehafteten Menschen mit viel Sympathie und Liebe und gesteht ihm die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis zu. Bewundernswert ist vor allem das Timing des Films, der keine elaborierten Slapsticksequenzen braucht, sondern nur die kleinen perfekt platzierten Beobachtungen und passgenauen Dialogzeilen, um das Zwerchfell des Betrachters zu strapazieren. Tom Hanks ist brillant als autoagressiver, aber im Grunde harmloser Ottonormalverbraucher: Wenn sich die Zerstörungswut in seinen Wutanfällen darin erschöpft, Bierdosen zu zerdrücken, dann erkennt man darin den von der Zivilisation jeder Möglichkeit zum Ausleben der Triebe beraubten Pantoffelheld besser als in jedem noch so wortreichen Geständnis. Es wird sehr deutlich, dass die Filmwelt mit Hanks‘ Aufstieg in die Sphären des drögen Qualitätskinos einen der größten Komiker der Achtzigerjahre verloren hat. Die Szene, in der Ray Peterson und Rumsfield unter Anleitung ihrer vernünftigen Ehefrauen im Hause der Klopeks auflaufen, um sich von deren Normalität zu überzeugen, die Luft aber unter dem Druck des im Raum stehenden Verdachts förmlich vibriert, ist eine der witzigsten Sequenzen, die das amerikanische Kino in den Achtzigerjahren hervorgebracht hat. Wirkungstreffer folgt auf Wirkungstreffer und das Spiel der Akteure, die ihr ganzes Unbehagen allein Blicken und Körperhaltung zum Ausdruck bringen, während Bruce Dern mit stichelnden Bemerkungen den „bad cop“ gibt, ist einfach nur perfekt zu nennen. „Sardine?“ – Ich habe mir fast in die Hosen gemacht und meiner Gattin ist es wohl ähnlich ergangen. Ein Klassiker zum Immer-Wieder-Gucken. Daran werde ich mich jetzt wieder häufiger erinnern.