Mit ‘Lex Barker’ getaggte Beiträge

Das gab’s noch nie: Die drei Stars der Karl-May-Reihe, Pierre Brice, Lex Barker und Stewart Granger, vereint in einem einzigen Film! Und noch dazu Karin Dor, unvergesslich als Winnetous Gspusi Ribanna in WINNETOU 2. TEIL! Das war das Versprechen des Films, seine Unique Selling Proposition, um es mal in Marketingsprech zu sagen, und die Produzenten waren anscheinend so angetan von dieser Idee, dass die Notwendigkeit, eine richtige Story um diesen Besetzungscoup herum zu stricken, ihnen offensichtlich zweitrangig erschien. So ist GERN HAB ICH DIE FRAU’N GEKILLT also ein Episodenfilm geworden, in dem die drei Stars doch wieder fein säuberlich voneinander getrennt in unterschiedlichen Segmenten agieren, die in Wien (Granger), Rio (Barker) und Rom (Brice) spielen, und also doch nicht „gemeinsam“ auftreten.

Die Rahmenhandlung dreht sich um einen vermeintlichen Mädchenmörder (Peter Vogel), der sich auf der Flucht vor der Polizei im Haus von Professer Alden (Richard Münch) versteckt und von diesem im Verlauf des Abends drei Geschichten zu hören bekommt, die fuck all mit seinem Schicksal zu tun haben, aber egal. Episode eins ist die beste des Films und lässt Granger als mondäner Privatdetektiv David Porter in einer Mordsache in Wien ermitteln – natürlich zu Zithermusik. Dieser Teil des Films ist mit Leichtigkeit sauber inszeniert mit einigen schönen, stimmungsvollen Bildern des nächtlichen Wiens und gut aufgelegten Darstellern. Neben Granger, der diese versnobten Gentlemänner im Schlaf beherrscht, gefällt vor allem Walter Giller als sein freundlicher Butler. Episode zwei fällt dann schon massiv ab und schickt Pierre Brice als Geheimagent Brice (haha!) nach Rom. Worum es geht, ist zweitrangig, die ganze Geschichte wirkt wie aus unattraktiven Resten zusammenstückelt, ein bemüht lustiger Voice-over-Kommentar sowie alberne Soundeffekte versuchen zu retten, was zu retten ist. Es misslingt. Episode drei schließlich lässt den Privatdetektiv Glenn Cassidy (Lex Barker) von Los Angeles nach Rio jetten, um ein Komplott aufzudecken. Karin Dor absolviert einen sinnlosen Cameo als Rezeptionistin in einem Hotel und Klaus Kinski macht seine Aufwartung als kleiner Gauner. Natürlich dürfen Impressionen vom Karneval nicht fehlen. Am Ende erweist sich der Mädchenmörder als Kriminalist, der den eigentlichen Killer – Professor Alden – überführt.

GERN HAB ICH DIE FRAU’N GEKILLT, benannt nach dem Stück „Gern hab ich die Frau’n geküsst“ aus der Operette „Paganini“ von Franz Lehár, ist einigermaßen kurzweilig – wie könnte es bei einem Episodenfilm auch anders sein -, aber so willkürlich und sinnfrei, dass es kracht. Weder passen die drei Geschichten zusammen – von der oben erwähnten Gemeinsamkeit ihrer Hauptdarsteller mal abgesehen – noch werden sie durch die ebenfalls bescheuerte Rahmenhandlung in irgendeiner sinnstiftenden Form zusammengeführt. Man kann hier wirklich nur mutmaßen, was wirklich für eine Idee hinter dem Film steckte bzw. warum es nicht gelang, einen die drei Episoden überspannenden Bogen zu finden. Als Drehbuchautor fungierte übrigens Rolf Olsen, neben etlichen anderen, z. B. Ernesto Gastaldi, und ich vermute, dass wir ihm die „witzigen“ Sprüche aus Episode zwei zu verdanken haben. Ein Mysterium, dieser Film, aber keins der guten Art.

Es war natürlich arg naiv von mir, anzunehmen, dass ausgerechnet Franz Josef Gottlieb einen brauchbaren Eurospy-Film abliefern würde. MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD ist sehr typisch für das filmische Schaffen des Österreichers: Vordergründig bunt, turbulent und witzig, ist sein Bond-Abklatsch seelen- und leblos und noch dazu grauenvoll langweilig. Auch die Besetzung mit Old Shatterhand Lex Barker in der Hauptrolle und einem prominenten Stelldichein deutscher Stars sowie Kurzauftritte von Blacky Fuchsberger, Ralf Wolter und Eddi Arent kann daran nichts ändern. Dabei hatte die Verfilmung eines Romans aus der erfolgreichen Mister-Dynamit-Reihe aus dem Pabel-Verlag eigentlich ein mindestens ebenso lukratives Franchise lostreten sollen. Der Plan scheiterte nicht etwa am kargen Niveau, sondern daran, dass man Barker mit der Gage verprellte: Nachdem der sein Gehalt vor Gericht einklagen musste, hatte er auf weitere Fortsetzungen keine Lust mehr und die MISTER DYNAMIT-Reihe war Geschichte.

Nimmt man den ersten Teil als Orientierungspunkt ist das, wie gesagt, kein Verlust. MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD dreht sich um den Raub einer Atombombe und die sich daran anschließende Erpressung der Vereinigten Staaten durch den italienischen Superschurken und Märklin-Enthusiasten Bardo Baretti (Amedeo Nazzari). Auf ihn angesetzt wird der deutsche BND-Superagent Bob Urban (Lex Barker), der die Bombe finden und sicherstellen soll. Ausgerüstet wird er vom zerstreuten Tüftler Prof. Strahlmann (Eddi Arent), zwischenzeitlich hilft ihm der CIA-Kollege Cliff (Brad Harris), als blonde Verführung agiert Lu Forrester (Maria Perschy). Bardo Baretti sitzt meist an seiner Modelleisenbahn, bevor er dann eine ganze Flasche eines nicht weiter definierten Getränks auf Ex in sich hineinschüttet und sich in einen Teppich einrollt. Auf die Frage, warum er das tut, gibt Gottlieb leider keine Antwort. Anzunehmen, dass er das einfach lustig fand.

Der Verlauf, den die Geschichte um die gestohlene Atombombe nimmt, ist eigentlich interessant und hätte unter anderen Voraussetzungen Stoff für einen spannenden Film gegeben, aber für einen solchen war Gottlieb der falsche Mann. MISTER DYNAMIT findet nie seinen Rhythmus, scheitert kläglich im Messen an den großen Vorbildern aus Großbritannien und versäumt es, so etwas wie Zug zu entwickeln. Das selbstzweckhafte Location-Hopping ersetzt eine funktionierende Dramaturgie, die Szenen im Strategiezimmer des Weißen Hauses wirken hölzern, Lex Barkers ausgestellte Souveränität erstickt jeden Anflug von Spannung schon im Keim, selbstverliebte Auftritte von Fuchsberger (als Militärpolizist) und Ralf Wolter, der die Zuschauer am Ende im Stile eines Peter Lustig zum Abschalten auffordert, enttarnen das ganze Projekt als zynisches cash grab, das sein Versprechen großen Entertainments nie auch nur annähernd einlösen kann. Man hat während der langen 105 Minuten nie den Eindruck, dass irgendjemand eine echte Idee hatte, die über marktwirtschaftliche Erwägungen hinausging. „Lass mal einen Agentenfilm ins Kino bringen, die sind gerade beliebt und wir verdienen uns damit eine goldene Nase.“ Mehr scheint hinter MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD nicht zu stecken. Schade um die vertane Chance und den Einsatz solcher Schauspieler wie Ullrich Haupt, Siegfried Rauch, Dieter Eppler oder Wolfgang Preiss, die kaum etwas zu tun bekommen und von der Regie komplett im Regen stehen gelassen werden.

Wer sich für die literarischen Ursprünge des Films interessiert und von einem echten Fachmann in die Welt der Mister-Dynamit-Romane entführt werden will, der hat hier die Gelegenheit dazu, einen ausführlichen Text von Kollege Martin Compart zu lesen. Die Zeit ist da in jedem Falle sinnvoller investiert als bei der Sichtung des Films (der tatsächlich eine DVD-Veröffentlichung erfahren hat).

 

Der erfolgreiche Zeitungsverleger Henry Clausen (O. W. Fischer) ist seit drei Jahren mit der jungen Liane (Lieselotte Pulver) verheiratet, da meint sie erste Abnutzungserscheinungen seiner Liebe zu ihr zu erkennen. Auf dem Höhepunkt ihrer Frustration versetzt er sie, weil es ihm nicht gelingt, sie von einer spontanen Geschäftsreise nach Moskau zu informieren. In ihrem Zorn kommt ihr der attraktive amerikanische Yogalehrer Victor H. Armstrong (Lex Barker) gerade recht. Die beiden stürzen sich in eine Affäre, von der Henry jedoch bald Wind bekommt. Kurz nachdem sich die beiden Ehepartner auf eine Scheidung geeinigt haben, lernt der Verleger die höchst attraktive Claudia (Ann Smyrner) kennen, die ihre amouröse Lebensgeschichte in ein Buch gegossen hat und nun offensichtlich nicht nur einen Verleger sucht. Als Liane erfährt, dass ihr Gatte eine Neue hat, ist ihre Eifersucht geweckt und der stattliche Victor erscheint nur noch halb so reizvoll …

Axel von Ambessers bemüht sich redlich und durchaus mit einigem Erfolg, seine schwungvolle Ehekomödie vom Esprit und Witz etwa von Billy Wilders Komödien beatmen zu lassen. Die Auftaktsequenz, die die ersten drei Ehejahre durch den Wandel des ehelichen Hochzeitstag-Rituals und einen pointierten Voice-over-Kommentar (gesprochen vom Regisseur selbst) illustriert, ist hierfür das deutlichste Beispiel. O. W. Fischer und Lieselotte Pulver, beide aus sehr unterschiedlichen Schauspiellagern kommend, ergänzen und kontrastieren sich hervorragend, und schneiden im Vergleich mit den großen Paaren der amerikanischen Screwball-Komödie ebenfalls überraschend gut ab. Die Nebendarstellerinnen Edith Hancke als Clausens indignierte Sekretärin und Ruth Stephan als kommunistische Hausdienerin Cilly verleihen dem spärlich besetzten, nahezu kammerspielartigen Film das nötige Leben und eine gewisse Detailfreude. Lex Barker muss kaum mehr tun als körperliche Anwesenheit zeigen und gut aussehen, aber auch er setzt kleine Glanzlichter, als es darum geht, sein Schönlingsimage aufs Korn zu nehmen. Am Ende steht er gegenüber O. W. Fischer gar als sexueller Versager dar.

Was FRÜHSTÜCK IM DOPPELBETT fehlt, zumindest im Vergleich mit den großen Vorbildern aus Hollywood, ist zum einen das gewisse subversive Element: Der von Atze Brauners CCC produzierte Film strickt das damals noch gängige Bild der jungen, mittellosen Gattin, die – kaum dass sie den begüterten Ehemann gefunden hat – zu Hause in Müßiggang versinkt, nichts anderes im Kopf hat, als einzukaufen, und viel Zeit, sich unnötige Gedanken zu machen. Der Mann hingegen ist für die teuren Liebesbekundungen vom Juwelier zuständig, und natürlich dafür, das üppige Gehalt nach Hause zu bringen, um die Flausen der Gattin bereitwillig zu finanzieren. Sofern das stimmt, wird ihm auch die emotionale – und körperliche – Abwesenheit gern verziehen. Die Frau ist schließlich dazu da, ihren Ehemann bei seiner Karriere bestmöglich zu unterstützen. Ambesser hinterfragt diese Rollenzuschreibungen nicht im Geringsten, wenn er auch deutlich die Probleme aufzeigt, die mit ihnen einhergehen. Seine Haltung ihnen gegenüber ist eher die des amüsierten, selbst nicht in diese Spielchen involvierten Zuschauers: Ihm scheinen solche Marotten gerade recht zu sein, tragen sie doch erheblich zu seiner Unterhaltung bei. Auch das ist durchaus etwas, das man von Wilder kennt, nur dass der dem menschlichen Treiben deutlich weniger wohlwollend gegenüberstand, immer wieder seine Enttäuschung oder gar Verzweiflung über die Mangelhaftigkeit der „Krone der Schöpfung“ zum Ausdruck brachte. Was FRÜHSTÜCK IM DOPPELBETT aber am meisten fehlt, ist die dramaturgische Zuspitzung, der Wille zur äußersten Pointierung. Die Affäre, die Liane hinter dem Rücken von Henry beginnt, fliegt auf, bevor es wirklich ernst geworden ist, und Henrys Liaison mit der verführerischen Claudia wirkt unterentwickelt, ein reines Plotvehikel. Der Film kommt im Schlussakt ins Trudeln und der ganz große Konflikt bleibt aus. Nie glaubt man als Zuschauer, dass hier wirklich eine Trennung im Raum stehen könnte. Vielleicht ist das aber auch die größte Erkenntnis, die man aus FRÜHSTÜCK IM DOPPELBETT mitnehmen kann: dass dieser ganze Beziehungsheckmeck kaum mehr ist als ein Spiel und eine funktionierende Beziehung auch die dümmsten Anwandlungen ihrer beiden Hälften übersteht, wenn sich die Gemüter erst einmal beruhigt haben. Vielleicht etwas einfach gedacht, aber durchaus sympathisch, wie der ganze Film.

 

Schon der Titel FRAUENARZT DR. SIBELIUS, obwohl rein begrifflich doch keineswegs verdächtig, verheißt unterschwellig aalglatten Schmier und unangenehme Schlüpfrigkeit. Die meist weiblichen Bedürfnisse, die das mittlerweile fast ganz ins Fernsehen abgewanderte Genre des Arztfilms befriedigen soll, sind zwar unmittelbar nachzuvollziehen, muten heute aber doch irgendwie seltsam neurotisch, wenn nicht gar pathologisch an. Nur schwerlich lassen sie sich mit einem zeitgemäßen Frauenbild in Einklang bringen. Damen, die sich devot und unterwürfig der Autoritätsfigur Arzt hingeben, seine Praxis in Erwartung seiner körperlichen und seelischen Zuwendung auch dann aufsuchen, wenn ihnen gar nichts fehlt: Das passt nicht mehr zu unseren Vorstellungen von der gleichberechtigten, selbstbewussten Frau. Dass der Arzt als Objekt weiblicher Begierde medial nicht mehr so präsent ist wie zuletzt vielleicht noch in den Achtzigerjahren hat aber wohl auch etwas damit zu tun, dass sich der gesellschaftliche Status von Medizinern erheblich verändert hat: In marktwirtschaftliche Zwänge eingebunden, werden nur noch die wenigsten von ihnen reich, und die Notwendigkeit, möglichst viele Patienten in möglichst kurzer Zeit zu behandeln, steht jener engen, vertrauensvollen Beziehung, wie sie der „Halbgott in Weiß“ einst mit seinen Patienten unterhielt, ebenfalls meterhoch im Weg. Der Dr. Sibelius, wie wir ihn in Rudolf Jugerts Film kennenlernen, ist ein Relikt der Vergangenheit: Schon in relativ jungen Jahren zur Koryphäe mit eigener Praxis inklusive Operationssaal aufgestiegen, im Notfall auch bis spät in die Nacht für seine Patienten da, stets mit einem offenen Ohr auch noch für die zudringlichsten Exemplare unter ihnen, aber völlig blind für die Gefahren, die von diesem Verwischen der Grenze zwischen Beruflichem und Privatem für ihn ausgehen. Er schreitet weniger durch sein Leben als er, getragen von einer sanften Welle der Bewunderung, dahinschwebt, beliebt und begehrt, eine Berühmtheit, die auf offener Straße erkannt wird wie ein Popstar, und in einer prachtvollen Villa mit junger, gelangweilter Gattin residiert. Er ist ein Traumbild, ein Produkt der Fantasie, ein Prachtexemplar der Gattung Mensch, ein Heiliger, der mitten unter uns wandelt, aber doch keiner von uns sein kann.

FRAUENARZT DR. SIBELIUS ist kein „Sittenreißer“ und von Jugert ganz bestimmt mit den besten Absichten inszeniert, aber er ist dennoch ganz und gar unfasslich. Viel von dieser Unfasslichkeit verdankt er seinem Hauptdarsteller, dem geradezu unverschämt attraktiven Lex Barker. Wer ihn als Old Shatterhand aus den Karl-May-Filmen kennt, der ist mit seinem sehr speziellen Spiel schon vertraut. Es wird geprägt von einer Mimik, bei der zwischen väterlicher Nachsicht, überlegenem Amüsement und heiligem Ernst nur Nuancen liegen. Entspannung ist ihr gänzlich fremd, die Furchen in der Stirn und das Arbeiten der Wangenmuskulatur deuten stattdessen auf andauernde, zermürbende innere Kämpfe hin. Als Indianerfreund war Barker gleichermaßen aufgeklärter, von überlegener Position des aufgeklärten Zivilisationsmenschen heraus argumentierender Diplomat und als solcher stets mit einem untrüglichen Gespür für die zahlreichen Fallstricke im Umgang mit der fremden Kultur ausgestattet. Doch als Dr. Sibelius agiert er wie ein zwar weiser, aber doch höchst naiver Außerirdischer, der sich immer noch nicht daran gewöhnt hat, dass Menschen nicht immer nur Gutes im Schilde führen. Drehbuch und Regie denken ihn als edlen Ritter mit blütenreinem Gewissen, aber dem Betrachter muss sein kategorisches Von-sich-Weisen jeder Mitschuld gepaart mit gnadenloser Selbstgerechtigkeit, als zutiefst unmenschlich erscheinen. Sein Handeln bietet reichhaltigen Anlass zur scharfen Kritik: Aber weder der Film noch seine Mitmenschen erkennen diese Anlässe. Mit Sibelius als moralischem Kompass des Films sind alle Regeln des menschlichen Zusammenlebens außer Kraft gesetzt. FRAUENARZT DR. SIBELIUS ist von der vermeintlichen Großartigkeit seiner Hauptfigur genauso geblendet wie die Frauen, die sich im Wartezimmer darum streiten, wer als nächster bei ihm eintreten darf.

Dr. Sibelius – schon dieser Name, dessen lateinischer Klang zum einen Intelligenz und Bildung suggeriert, gleichzeitig mit seiner ornamentalen Künstlichkeit eine unüberbrückbare Distanz zum gemeinen Fußvolk – hat es mit seiner Praxis also zu großem Ruhm gebracht. Seine Patientinnen himmeln ihn an, belagern ihn förmlich und bekommen stets die Aufmerksamkeit von ihm, die sie zwar nicht befriedigt, aber doch zufrieden nach Hause gehen lässt. In seinem prächtigen Haus sitzt unterdessen seine jüngere, attraktive Gattin Elisabeth (Senta Berger). Sie arbeitet nicht, muss sich um nichts kümmern und hat demzufolge viel Zeit, eine brennende Eifersucht zu entwickeln. Dass sie keine Kinder bekommen kann, verstärkt ihre Minderwertigkeitsgefühle noch. Sibelius ist zwar zunehmend genervt von ihren haltlosen Vorwürfen, aber mit seiner ganzen Güte und Nachsicht gelingt es ihm immer wieder, Verständnis für sie aufzubringen und sie vorübergehend zu beschwichtigen. Bis eines Tages Sabine Hellmann (Barbara Rütting) auf den Plan tritt, ihrerseits eine erfolgreiche Journalistin und einst die große Liebe von Sibelius, bis sie ihn im Eifer der Jugend zugunsten ihrer Karriere verließ. Heute sieht sie reuevoll auf ihren Fehler und wünscht sich nichts sehnlicher, als ihn rückgängig zu machen. Auch Sibelius, zermürbt von den Kämpfen mit Elisabeth, entflammt in neuer alter Leidenschaft für die intelligente, selbstständige Frau. Doch das Schicksal funkt dazwischen: Eine Untersuchung ergibt, dass Sabine an Leukämie leidet und nur noch wenige Wochen zu leben hat. Sibelius beschließt, ihr die Diagnose zu verheimlichen, um ihr die verbleibende Zeit nicht unnötig schwer zu machen …

Spätestens hier, wenn Sibelius die Entscheidung trifft, Sabine über ihren Zustand zu belügen, er sich dazu aufschwingt, allein zu entscheiden, was gut für sie ist, bröckelt das Bild des gutmütigen Menschenfreunds, dass der Film zu zeichnen so bemüht ist. Aber die Entscheidung ist typisch für ihn, präsentiert er sich doch während des ganzen Films als seinen Mitmenschen in allen Lebensfragen weit überlegen und allein befähigt, sie zu ihrem Glück zu bringen. Abweichenden Haltungen steht er geradezu verständnislos gegenüber, mögliche Gründe, die sie begünstigen, lässt er nicht gelten. Als die nichts ahnende Elisabeth Sabine im Krankenbett mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Ehe zerstört zu haben, wird sie von Sibelius rüde zurechtgewiesen und beschuldigt, der Sterbenden die letzten Stunden unnötig schwer gemacht zu haben. So einfach ist das Leben als berühmter Frauenarzt, auch wenn Sibelius selbst von den Eingebungen des Drehbuchs in eine fast messianische Opferrolle gedrängt wird. Weil er seinen Job so überaus fantastisch macht, wird er von seinen Patientinnen missbraucht, sein Privatleben gestohlen, er von seiner Frau entfremdet. Als er sich weigert, einer jungen Dame (Ann Savo) das in ihrem Leib heranwachsende Kind „wegzumachen“, wird er von ihr des Missbrauchs bezichtigt: Ein Umstand, den sich sein junger, ehrgeiziger Assistent (Harry Meyen) sogleich zunutze macht, gegen ihn auszusagen, um sich die gut gehende Praxis selbst unter den Nagel zu reißen. Schließlich die doppelt gescheiterte Liebe zu Sabine, die ihm das Schicksal auch beim zweiten Anlauf entreißt. Nie, kein einziges Mal, kommen Sibelius Zweifel an der Richtigkeit seines eigenen Tuns. Sein Verhalten ist tadellos, die Befürchtungen seiner Frau reine Spinnerei, auch wenn er sich beim gemeinsamen Konzertbesuch von Patientinnen weglocken lässt und sie mit galanten Handküssen bedenkt. Auch wenn er den hippokratischen Eid verletzt und Sabine über ihren bevorstehenden Tod belügt. Auch wenn er trotz der Eifersucht von Elisabeth Sabines hübsche junge Schwester zur Untermiete in sein Haus ziehen lässt. Am Ende obliegt es einzig und allein Elisabeth, ihre Fehler einzusehen: Sie schaut ihrem Gatten bei einer per Kaiserschnitt durchgeführten Entbindung mit vor Rührung herabkullernden Tränen zu und schließt den Halbgott, mit dem verheiratet zu sein sie das Glück hat, in ihre sanften Arme. Und Sibelius, weil Sabine ja nun den Weg alles Irdischen gegangen ist, kann ihr mit seinem angeborenen Großmut verzeihen. Hach.

Jugerts Film löst über seine gesamte Spielzeit von 100 Minuten abwechselnd das Herunterfallen der Kinnlade, heftiges Kopfschütteln und sanften Ekel aus. Mehr als sein Urheber das zur Entstehungszeit vermutlich geplant hatte, funktioniert FRAUENARZT DR. SIBELIUS heute als Blick in die Befindlichkeiten der Arztromane und Frauenmagazine verschlingenden Frau der Nachkriegsjahrzehnte. Der ganze Film ist weniger psychologisch glaubwürdiges Melodram, als rein auf die Affekte zielende Wunscherfüllungsfantasie. Der schöne Sibelius ist das unerreichbare Traumbild von einem Mann, die Frauen entweder Identifikationsfiguren in ihrem bedingungslosen Anhimmeln oder aber undankbare Biester, die langsam mal zur Besinnung kommen sollten. Sowohl Senta Berger, damals gerade zarte 21 Jahre alt, wie auch die 35-jährige Barbara Rütting sind berückend dumm und einfältig in ihren eindimensionalen Rollen. Das sei keinesfalls als Kritik an Jugerts Film zu verstehen, der durchweg faszinierend ist, während seiner finalen Kaiserschnitt-Operation sogar ausgesprochen blutig-explizites Material einschmuggelt. Eine Szene ist mir besonders aufgefallen: Nach einer Behandlung zu Beginn bringt Sibelius‘ Sprechstundenhilfe ihm eine Tasse Kaffee. Es ist durch den Kamerawinkel gut sichtbar, dass die Tasse vollkommen leer ist, zumal sie Barker einmal kurz entgleitet und auf der Untertasse umkippt, ohne dass etwas verschüttet würde. Aber Barker spielt das ganz professionell zu Ende, ohne sich beirren zu lassen. In dieser Szene ist er ganz Sibelius: Er ist so christlich, dass er lieber an einer leeren Tasse nippt, als die Person, die versäumt hat, ihm etwas einzugießen, darauf hinzuweisen. Er hält das für Güte, in Wahrheit ist es die ultimative Form der Herablassung.

 

 

Der Anwalt Roger Mont Elise (Lex Barker), ein Findelkind ohne Wissen über seine Herkunft, erhält eine mysteriöse Einladung von einem ihm unbekannten Grafen Regula (Christopher Lee) auf dessen Schloss. Auf der beschwerlichen Reise dorthin – allein die Nennung des Namens „Regula“ lässt alle Menschen sofort angsterfüllt verstummen – trifft er auf die schöne Baroness Lilian von Brabant (Karin Dor), die die gleiche Einladung erhalten hat; angeblich, um eine Erbschaft anzutreten. Doch mit beiden hat Graf Regula andere, finstere Pläne …

Dem Titel nach beruft sich Reinls DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL auf Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „The Pit and the Pendulum“, die einige Jahre zuvor bereits von Roger Corman adaptiert worden war, zudem ähnlich frei wie hier. (Von Poes Geschichte sind in beiden Verfilmungen eigentlich nur noch die titelgebenden Foltermethoden und der insgesamt fragmentarische Charakter erhalten.) Mehr als eine Literaturverfilmung oder ein deutsches Remake des US-Films stellt DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL aber vielmehr einen der in den Sechzigerjahren eher rar gesäten Ausflüge des deutschen Kommerzkinos ins Horrorkino dar, genauer gesagt in jene Gefilde, die auf der anderen Seite des Ärmelkanals so verlässlich von den seligen Hammer Studios beackert wurden: Reinls Film ist lupenreinster Gothic Horror, in der kurzen Spielzeit außerdem so vollgepackt mit typischen Elementen wie alten Flüchen, dunklen Familiengeheimnissen, verfallenen, verwunschenen Schlössern, dem Tode geweihten Jungfrauen, finsteren Gewölben, hilflosen Damen, gefährlichen Kutschfahrten, okkulten Experimenten und sinistren Typen, dass er beinahe wie eine Parodie wirkt, der der extrovertierte Humor abhanden gekommen ist. Der Auftakt erinnert massiv an Mario Bavas Regiedebüt LA MASCHERA DEL DEMONIO, die Reise des Protagonisten in das Schloss eines berüchtigten Grafen an die zahlreichen DRACULA-Filme (ebenso wie die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Special Effects), andere Elemente lassen hingegen zukünftige Geschmacksentgleisungen erahnen (ich musste manchesmal an HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT und DER HEXENTÖTER VON SCHLOSS BLACKMOOR denken). Gleichzeitig ist der Film von Reinl aber mit jenem Schwung und jener Freude am Bild inszeniert, die man aus den zu jener Zeit reüssierenden Wallace- und Karl-May-Filmen kennt. Und Peter Thomas‘ Score verbindet dann auch ganz konsequent orgellastige Geisterbahnklänge mit tanzbaren, eingängigen Jazzrhythmen.

In der unaufgeregten, zielstrebigen Art, mit der der Film ohne irgendwelche Finten oder Subplots auf sein Finale zuläuft, entspricht er seinem Sujet auch formal par excellence. Wenn der Spuk nach gerade einmal 80 Minuten vorbei ist, fühlt man sich eben wie nach einer ausgedehnten Geisterbahnfahrt, gut bedient, aber nicht satt. Hier und da hätte man sich vielleicht etwas mehr gewünscht, aber es ist gerade dieses Fragmentarische, das dem Film gut tut. Reinl wusste wohl ganz auch genau, dass die Story gegenüber markigen Bildern pendelnder Guillotinen, zerfallender Schurken, kriechender Schlangen und kreischender Schönheiten zweitrangig ist, und hält sich deshalb auch gar nicht lang mit eitlem Kram wie Charakterzeichnung oder ähnlichen Tand auf. Wenn die holde Lilian ihren Roger am Ende fragt, ob das alles nur ein Traum war, dann trifft diese Frage auch auf den Film selbst zu, der sich ebenso schnell wieder verflüchtigt wie er gekommen war. Nur einige seiner drastischeren Bilder spuken noch im Unterbewussten herum, um in Zukunft noch einmal zurückzukehren. Gleiches gilt für Die SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL auch in filmhistorischer Hinsicht: Er bleibt in seiner Zeit eine Einzelerscheinung, die leider keinen Trend setzen konnte. Schade, denn dass die Formel „deutscher Gothic Horror“ gut hätte aufgehen können, beweist er nachdrücklich. Dass er stattdessen einen gewissen Exotenbonus genießt, verhindert allerdings auch, dass er in Vergessenheit gerät. Ein schöner Trost

code_seven_victim_fivePrivatdetektiv Steve Martin (Lex Barker) folgt dem Ruf des wohlhabenden Minenbesitzers Wexler (Walter Rilla) nach Kapstadt: Der Millionär fürchtet um sein Leben, seitdem sein Butler von Unbekannten ermordet wurde. Auch Steve macht schnell Bekanntschaft mit einigen Übeltätern, die etwas gegen seine Ermittlungsarbeit haben. Von Inspector Dickie Lean (Ronald Fraser) erfährt er, dass der Tote ein Foto bei sich trug, das ihn mit Wexler und zwei weiteren Männern während des Krieges vor rund 20 Jahren zeigt. Nach und nach müssen auch die anderen Abgebildeten sterben …

Nach meinem Text zu DIE DIAMANTENHÖLLE AM MEKONG gibt es über dieses Schmuckstückchen aus der Schmiede des fleißigen Briten Harry Alan Towers gar nicht mehr viel zu sagen. Wie man dem Plakat unschwer entnehmen kann, suchte man die Parallelen zur gleichzeitig ungemeine Erfolge feiernden Bond-Reihe, mit der unschlagbaren Mischung aus kernigem Held, schönen jungen Frauen, exotischen Schauplätzen und zahlreichen Actioneinlagen. Die Fotografie übernahm Nicolas Roeg sechs Jahre vor seiner ersten eigenen Regiearbeit (im selben Jahr hatte er bereits Roger Cormans THE MASQUE OF THE RED DEATH abgelichtet), Dietmar Schönherr ist in einer kleinen, aber zentralen Rolle einmal nicht als Held, sondern – wie auch in Robert Lynns MOZAMBIQUE – als tragischer Mörder zu sehen, für den Sex Appeal sorgen Ann Smyrner und Véronique Vendell, deren Filmografie sich wie der Wunschzettel eines Europloitation-Liebhabers liest. Der heimliche Star des Films ist aber eindeutig Ronald Fraser, der seinen Inspector Lean als gut gelaunten Lebemann gibt, den Martin stets mit wechselnder Damenbegleitung in irgendeiner Bar bei einem guten Gläschen antrifft. Für etwas Verwirrung sorgt die deutsche Synchro, die ihm einen leicht effeminierten Ton gibt, der nicht so recht zu seiner deutlich heterosexuellen Ausrichtung passt. Nicht zu vergessen sind natürlich die Ausflüge in die südafrikanische Fauna: Höhepunkt ist der Ausflug auf eine Straußenfarm mit abschließender Straußen-Stampede, es gibt eine blutige Löwenattacke zu bestaunen und eine ausgedehnte Unterwassersequenz mit Riesenschildkröten, Rochen und Haien. Am besten hat mir aber der Auftritt eines kleinen, schüchternen Skorpions gefallen: Steve Martin und sein love interest, Wexlers Sekretärin Helga (Ann Smyrner), stehen in der Wildnis und tauschen sich über den Ermittlungsfortschritt aus, als sie plötzlich panisch zu schreien beginnt. Vor ihnen im Sand sonnt sich ein kleiner Skorpion, der in Großaufnahme und mit dramatischer Musik eingefangen wird wie ein tödliches Monstrum. Es kommt aber gar nicht erst zur weiteren Eskalation. Steve Martins Stiefel senkt sich ins Bild und zertritt das arme Tierchen mit humorloser Effizienz zu klebrigem Matsch. Ein reichlich unsensibler Moment, der aber auch zeigt, warum Filme dieser Art so toll sind: Hier geht es ohne viel Firlefanz ran an die Buletten.

Liane Martin (Karin Dor), gefeierter Musical-Star, fühlt sich beobachtet. In ihrer Gegenwart bewegen sich Objekte wie von selbst und sie beginnt, an ihrem Verstand zu zweifeln. Der FBI-Agent Joe Como (Lex Barker), der in Deutschland weilt, um gemeinsam mit Kommissar Brahm (Siegfried Lowitz) den Mord an einem Kollegen aufzuklären, macht bald Bekanntschaft mit ihr, als die Ermittlungen ihn an ihren Arbeitsplatz führen. Wie sich herausstellt, war der Tote auf den Spuren einer Organisation, deren Ziel im Erlangen einer Unsichtbarkeitstmaschine bestand, die wiederum der verschwundene Dr. Erasmus erfunden hatte. Es mehren sich die Verdachtsmomente, dass der totgeglaubte Dr. Mabuse hinter der Organisation steckt. Aber wer ist der Unsichtbare, der der schönen Liane nachstellt? Und warum tut er das?

Der dritte Beitrag aus Artur Brauners Dr. Mabuse-Reihe fühlt sich wie ein deutsches Crossover aus James Whales Universal-Science-Fiction-Klassiker THE INVISIBLE MAN und Gaston Leroux‘ Roman „Das Phantom der Oper“, das man dann durch Last-Minute-Drehbuchänderungen zu einem Dr. Mabuse-Film umstrickte. Zeichneten sich DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE, DIE 1.000 AUGEN DES DR. MABUSE und mit leichten Abstrichen auch noch IM STAHLNETZ DES DR. MABUSE durch das Gefühl einer latenten, nicht greifbaren Bedrohung aus, die vom titelgebenden Superverbrecher zwar ausging, sich letztlich aber verselbständigte und die Sphäre des Körperlichen verließ, fungierte der Schurke also nur als fleischlicher Repräsentant eines viel größeren, archaischen Bösen, so ist er mit DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE endgültig auf das Maß eines austauschbaren Größenwahnsinnigen zurechtgestutzt. Er liefert Reinl eigentlich nur noch den nominellen Anlass für eine wüste Mischung aus Science Fiction, Krimi und tragischer Liebesgeschichte, der das dystopische Element völlig abhanden gekommen ist. Auch wenn der Schritt zum Groschenheft-Pulp bereits mit dem vorangegangenen Beitrag vollzogen worden war: Hier ist jede Ahnung von Größe getilgt und die Geschichte ist einfach nicht interessant genug, um darüber hinwegzutäuschen. Mit der Konzentration auf die rehäugige Karin Dor als damsel in distress nähert sich DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE den Wallace-Filmen der Rialto auf Spucknähe (ein gothisch anmutendes Schlosssetting fungiert auch als optisches Bindeglied) und so manche blödsinnige Idee lässt erahnen wie wenig die Verantwortlichen das Spektakel aneinandergeklebter Plotversatzstücke selbst ernst genommen haben. Ausgerechnet Werner Peters, weder in Statur noch Mimik besonders verwechselbar, spielt hier den mit Clown-Make-up getarnten Mörder. Dass für diese fehlgeleitete Inkognito-Auftritte ein Synchronsprecher eingesetzt wurde, um die Identität des Clowns zu verbergen, bringt dem Film vielleicht Sympathiepunkte für rührende Naivität ein, zeigt andererseits aber auch, wie wenig Mühe man sich eigentlich gemacht hatte. Das interessanteste Element, eben jener tragische Liebes-Subplot um den Wissenschaftler, der seine Erfindung benutzt, um seinem Schwarm nahe zu sein, überragt den eilig zusammengeschusterten Rest um Dr. Mabuses neuesten Plan bei Weitem und hätte eigentlich einen eigenen Film gerechtfertigt. Immerhin gibt es am Schluss noch einmal eine schöne Action-Einlage, bei der die unsichtbaren henchmen Mabuses mithilfe von Wasser aus Feuerwehrschläuchen wieder sichtbar gemacht werden.

Für die Strukturalisten recht spannend ist zudem die Erklärung des Unsichtbarkeitsphänomens. Anders als in anderen Filmen, etwa dem genannten THE INVISIBLE MAN oder auch Verhoevens HOLLOW MAN entsteht Unsichtbarkeit hier nicht durch eine Veränderung der biologischen Struktur des menschlichen Körpers, sondern durch das Aussenden eines Störsignals   an die Wahrnehmenden. Das bedeutet genau genommen, dass der Unsichtbare eigentlich nur unsichtbar ist, soweit jemand seine Gegenwart überhaupt wahrnehmen könnte. Und das schließt interessanterweise die Filmkamera oder den Zuschauer mit ein: Dass der Betrachter den Unsichtbaren auch in jenen Szenen nicht sehen kann, in denen auf intradiegetischer Ebene keiner sonst der technischen Manipulation aufsitzen könnte, suggeriert ja, dass die Technologie über die vierte Wand hinaus wirksam ist. Das hat authentifizierende Wirkung: Der behauptete Effekt funktioniert tattsächlich und der Beweis sitzt gewissermaßen vor der Leinwand. Ob solche Aspekte den Film aber nun wirklich sehenswert machen? Für mich ist DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE der bislang schwächste Beitrag zur Reihe. Als populärer Vertreter der in den Sechzigerjahren entstandenen deutschen Psychotronik hat er gewiss seine Berechtigung und Bedeutung, ist als Kintopp-Erlebnis dank putziger Special Effects und der üblichen Beigaben auch nicht ohne Charme. Dennoch schien er zumindest mir insgesamt doch ein wenig zu flüchtig, zu albern, zu egal, um mich wirklich zu packen, mich dazu zu bringen, ihm den haarsträubenden Quark abzukaufen. Als Mabuse-Film funktioniert DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE eigentlich gar nicht, fügt sich stattdessen recht nahtlos in das breite Mittelmaß technisch versierter Unterhaltung, das die vereinten deutschen Bemühungen in ihren Edgar-Wallace-, Bryan-Edgar-Wallace-, Jerry-Cotton- oder Wasweißich-Reihen im Gros repräsentierten. Vielleicht stünde ich diesem Vertreter wohlwollender gegenüber, hätte ich ihn vor einem halben Jahr gesehen.

Zwei FBI-Agenten werden in Deutschland unter mysteriösen Umständen ermordet: Wie Kommissar Lohmann (Gert Fröbe) weiß, versuchten beide etwas über die anstehende Kooperation des Gangstersyndikats von Chicago mit einem deutschen Verbrecherring herauszufinden. Bei den Ermittlungen bekommt Lohmann Unterstützung von Maria Sabrehm (Daliah Lavi), einer Journalistin, die auf der Suche nach ihrem verschwundene Vater, einem Wissenschaftler, ist, und von Joe Como (Lex Barker), der sich ebenfalls als FBI-Beamter ausgibt, aber eine rätselhafte Doppelidentität pflegt. Die Spuren führen in das Gefängnis von Direktor Wolf (Fausto Tozzi), dessen Gefangenen – allen voran der hünenhafte Alberto Sandro (Ady Berber) – seltsamerweise kommen und gehen wie sie wollen, um draußen wie unter Hypnose Auftragsmorde zu begehen. Steckt hinter allem der angeblich verstorbene Dr. Mabuse?

Mit dem zweiten Teil der neuen Dr. Mabuse-Reihe engagierte Artur Brauner den bereits erprobten Harald Reinl für die Regie, nachdem Fritz Lang sich mit dem Vorgänger aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatte. Mit diesem Besetzungswechsel näherte sich die Reihe unweigerlich den parallel von Horst Wendlandt gestarteten Edgar-Wallace-Filmen an, für deren erste Installationen Reinl stilprägend und maßgeblich war. Der Auftritt von Gruselkrimi-erprobten Darstellern wie Werner Peters, Rudolf Fernau, Ady Berber und Albert Bessler trug ebenfalls dazu bei, die beim Vorgänger von den Kritikern noch festgestellten Unterschiede einzuebnen: Notierten diese anlässlich Langs DIE 1.000 AUGEN DES DR. MABUSE noch einen gewissen Ernst gegenüber den von Anfang an selbstironisch zwinkernden Wallace-Filmen, erkannten sie die deutlichen Bezüge zur aufkeimenden Realität des Kalten Krieges, gerade im geteilten Berlin, so mussten sie bei IM STAHLNETZ DES DR. MABUSE nun die Kursänderung hin zum mit absurden Einfällen gespickten Pulpspektakel konstatieren. Die in DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE noch furchteinflößende, die Fantasie anregende Figur, war schon im Aufguss von 1960 zum weitestgehend austauschbaren Superschurken deformiert worden und das wird hier hier noch weitergtrieben: Gleich zu Beginn wird der Superverbrecher als Inkarnartion des Teufels höchstselbst in eine Reihe mit Vampiren und Werwölfen gestellt, und wenn er am Ende mit breitkrempigem Hut, Gesichtstuch und Cape durch die Dunkelheit flüchtet, fühlt man sich nicht wenig an die Serials der 1930er-Jahre erinnert. Durchaus doppelbödig zu thematisierende Ideen wie jene einer Übernahme fremder Individuen durch die Verabreichung einer Droge verkommen vor diesem Hintergrund zu reinem Kintopp, frei von jeglicher Relevanz. Aber sich daran aufzuhängen bedeutet ja auch den Witz, Schwung und die Fabulierfreude des Films zu verkennen, die er im Übermaß anbietet, und zu übersehen, was IM STAHLNETZ DES DR. MABUSE dennoch von Wendlandts Konkurrenzfilmen unterscheidet. Während sich die Londoner Beamten auf altehrwürdigen Schlössern mit der Gier etwas überkreativer Meuchelmörder herumschlagen mussten, deren Opfer eh kurz vor Überschreitung des Haltbarkeitsdatums waren, tobt in den Mabuse-Filmen ein noch unbemerkter Krieg, der jedoch unübersehbare Folgen für alle haben wird.

Gert Fröbe erdet den Film als Kommissar Lohmann (der dem Zuschauer schon in Langs M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER und DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE als Identifikationsfigur zur Seite stand), liefert gewissermaßen den gutbürgerlichen Gegenpart zum Hollywood-Beau Lex Barker und lässt den kriminellen Einfallsreichtum Mabuses noch visionärer, abseitiger und teuflischer erscheinen als er es ohnehin schon ist. Wenn er zum ersten Mal auftritt, freut er sich wie ein kleiner Junge auf einen Angelausflug und lässt sich von seinem Sohn die dafür angeschafften Bierkisten ins Auto laden: Undenkbar in einem Wallace-Film und absolut prägend dafür, wie man diese Figur im weiteren Verlauf wahrnehmen wird. Das folgende bunte Treiben – Auftragsmorde auf offener Straße, ferngesteuerte „Zombies“, die sich auf Befehl hin in den Tod stürzen, Zeugen, die im entscheidenden Moment verschwinden oder zum Schweigen gebracht werden, das Wechselspiel verschiedener Identitäten und Motivationen – nimmt er als bundesdeutscher Ottonormalverbraucher wahr, den nichts mehr erschüttern kann, weil er es nach zwei Weltkriegen gewohnt ist, mit dem schlimmsten zu rechnen. Das ist ebenso bundesdeutsche Realität des Jahres 1961 wie der Blick auf deutliche Kriegsschäden zeigende Straßenzüge, und daran kann auch der bei Fausthieben geradezu perfekt aus der Form geratene Scheitel von Lex Barker nichts ändern. Hier wird die Ohnmacht des Bürgers gegenüber dem Treiben von „denen da oben“ illustriert. Das wird natürlich am deutlichsten im Finale, wenn Mabuses willenlos gemachte Privatarmee zur über Lautsprecher wiederholten Beschwörungsformel gegen das Militäraufgebot marschieren, seinerseits lediglich Vollstreckungsgewalt eines Befehls von oben. Man meint die aufkeimenden Zweifel an der Richtigkeit der eigenen Mission, das Erkennen der Ähnlichkeit des Anderen in den Augen der Soldaten erkennen zu können. Es ist ein ungemein kraftvolles, vielsagendes Bild, das IM STAHLNETZ DES DR. MABUSE in den letzten Minuten noch einmal gehörig aufwertet und ihn in mehr als guter Erinnerung behalten lässt.

Als Horst Wendlandt 1967 das Ende der Karl-May-Verfilmungen verkündete, musste sein großer Konkurrent Artur Brauner sich geradezu dazu aufgefordert fühlen, das Zepter von ihm zu übernehmen. Mit WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN trat er zwei Jahre nach seinem letzten Karl-May-Film IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN an, zu beweisen, dass das Publikum immer noch an den Titelhelden interessiert und bereit war, an der Kinokasse seinen Obolus für neue Abenteuer von ihnen zu entrichten. Er musste sich eines besseren belehren lassen: Im Jahr der Studentenbewegung waren die beiden in die Jahre gekommenen Tugendbolzen, „die immer dort zu finden sind, wo es gilt, das Unrecht zu bekämpfen und dem Recht zum Siege zu verhelfen“, hoffnungslos überkommen, wollten die Menschen lieber dem Hänger Martin bei der Bewältigung seines Schwabinger Faulenzeralltags in ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN beiwohnen (6,5 Millionen Zuschauer) oder aber den Lausbuben um Pepe Nietnagel dabei zuschauen, wie sie die autoritären Vaterfiguren (mit Nazivergangenheit) der Lächerlichkeit preisgaben. Genaue Zahlen über den (Miss-)Erfolg von Brauners Western habe ich auf die Schnelle nicht gefunden, ein Blick auf diese (nicht verifizierten) Kinocharts des Jahres 1968 lässt aber schließen, dass weniger als 500.000 Zuschauer ihn sehen wollten.

Dabei ist hier fast noch einmal alles beim Alten: Winnetou und Shatterhand/Brice und Barker sind wieder vereint, schauen sich zur Musik von Martin Böttcher, die zum wolkenlos blauen Himmel emporsteigt, ein letztes Mal tief in die blauen Augen. Neben Ralf Wolter als skalpierter Trapper Sam Hawkens treibt Eddi Arent als Lord Castlepool seine Späße: Wie auch Karin Dor war er zum letzten Mal in WINNETOU 2. TEIL dabei, gehörte mit jener aber gewissermaßen zum Ursprungsensemble aus DER SCHATZ IM SILBERSEE. Auf dem Regiestuhl nahm Harald Reinl Platz, dessen vier Karl-May-Filme für Wendlandt – DER SCHATZ IM SILBERSEE sowie die drei WINNETOUFilme – stilprägend für die Reihe und auch die Konkurrenzfilme Brauners waren. Er versieht auch WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN mit jenem epischen Schmelz, der Jungeherzen höher schlagen lässt, und einem fast biblischen Sinn für Gut und Böse, der sich immer wieder in grausamen Sterbeszenen niederschlägt (etwa wenn die Bösewichter am Schluss von Hunderten von Giftschlangen förmlich niedergerungen und dezimiert werden). Dann natürlich die malerische jugoslawische Berg-, Seen- und Flusslandschaft: Nicht nur wandelt WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN inhaltlich auf den Spuren von DER SCHATZ IM SILBERSEE, er scheint auch sonst einer noch nicht ganz verblichenen Spur zu folgen. Wie die Figuren hier die aus den vorangegangenen Filmen bekannten Schauplätze noch einmal aufsuchen – das Hochplateau, auf dem sich einst das Pueblo der Apachen erhob und das über dem Flusslauf liegt, auf dem sich Old Shatterhand den Respekt des jungen Häuptlings erkämpfte, die berühmten Wasserfälle, die Halbinsel aus OLD SHATTERHAND, um nur einige zu nennen –, kann man sich des Eindrucks eines „Abschiedsfilms“, der WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN nach Wunsch des Produzenten natürlich nicht sein sollte, kaum erwehren. Auch die Bilder, die Winnetou nun tatsächlich in seiner amerikanischen Heimat vor dem gewaltigen Panorama des Grand Canyon zeigen, verkünden die unterschwellige Botschaft: Winnetou ist zu Hause angelangt, der Kreis hat sich geschlossen, die Reise ist zu Ende.

Auf diese Weise betrachtet, stimmt WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN durchaus versöhnlich. Die insgesamt unbefriedigenden MexikoAusflüge und NahostExkursionen (mit Ausnahme von DER SCHUT) sind vergessen und auch die von unübersehbaren Abnutzungserscheinungen gebeutelten WINNETOU UND DAS HALBBLUT APANATSCHI und WINNETOU UND SEIN FREUND OLD FIREHAND lässt Reinl hinter sich; zumindest gelingt es ihm eben jene Stimmung wiederzubeleben, die die erste Hälfte der Karl-May-Verfilmungen zu solch großen Erfolgen machte. Dennoch bleibt ein Aufguss ein Aufguss: Vor allem Lex Barker sieht man den Lauf der Zeit und wohl auch die Folgen des Alkoholismus deutlich an, sein einst strahlend schöner, kerniger Old Shatterhand sieht in Nahaufnahmen reichlich mitgenommen aus, als hätte er den Apachen am Vorabend das letzte Feuerwasser weggesoffen. Die Witzchen von Wolter und Arent sind bestenfalls noch vage Erinnerungen an Momente, die schon beim ersten Mal nicht gerade als komödiantische Höhepunkte gelten durften, und Winnetou funktioniert weder als der Indianer gewordene Messias der WINNETOU-Trilogie noch als „realistischer“ Ersatz-Geronimo aus OLD SHATTERHAND. Pierre Brice spielt ihn auf Autopilot, sich ganz auf sein markantes Gesicht und die wehende Perücke verlassend, aber ohne echtes Engagement. Wenn er nicht im Titel erwähnt würde und auf dem Poster abgebildet wäre, ich würde mich heute wahrscheinlich fragen, ob er tatsächlich mitmacht. Ein paar Szenen werden vielleicht im Gedächtnis bleiben: Die schon erwähnte Auseinandersetzung mit den hyperaggressiven Giftschlangen, die ihren armen Opfern offensichtlich ins Gesicht springen, die hübschen Beulen-Make-ups, die den Gangstern sowie Hawkens und Castlepool nach einem Bienenangriff verpasst werden und dann, als komisches Highlight, Old Shatterhands Antwort auf die Frage des Richters, wer er denn sei: „Man nennt mich Old Shatterhand“. Ich habe mir fest vorgenommen, es ihm gleichzutun, wenn sich einmal die Gelegenheit bietet, und mich dann als „Keule“ vorzustellen.

Mal sehen, ob ich mir bei Gelegenheit noch DAS VERMÄCHTNIS DES INKA zu Gemüte führen werde, den fehlgeschlagenen Versuch von Georg Marischka, Drehbuchautor einiger Karl-May-Filme von Brauner, sich neben den beiden Alpha-Produzenten als dritte Kraft im Karl-May-Geschäft zu etablieren. Vorerst bin ich ganz froh, mich wieder etwas anderem zuwenden zu können. Ich habe während der Beschäftigung mit diesen Filmen oft darüber nachgedacht, warum sie rein quantitativ nicht mit den Edgar-Wallace-Filmen mithalten konnten. Die Karl-May-Filme bieten auf den ersten Blick doch deutlich mehr Schauwerte, sind bunter, größer, actionreicher. Natürlich waren sie daher auch mit einem viel größeren Aufwand verbunden, teurer in der Herstellung und damit insgesamt ein riskanteres Geschäft. Ich glaube aber, dass mehr dahinter steckt. Tatsächlich boten sich die Karl-May-Figuren nicht in dieser Form für die serielle Aufbereitung an wie die Scotland-Yard-Beamten und ihre Gegenspieler in der gleichzeitig laufenden Wallace-Reihe. Die Wiederholung bestimmter Elemente, die dort gerade einen nicht unerheblichen Teil des Appeals ausmachte, wirkte in den Karl-May-Filmen recht bald müde. Ich glaube, die Auseinandersetzung zwischen Weißen und Indianern war einfach zu unspezifisch, zu unkonkret, zu archetypisch, um über mehr als eine Handvoll Filme hinaus zu fesseln. Wahrscheinlich haben mir deshalb gerade jene Filme am besten gefallen, die entweder gerade das Mythische möglichst ungebrochen transportieren – DER SCHATZ IM SILBERSEE, die WINNETOU-Trilogie – oder aber deutlich aus dem Fluss der Serie heraustreten und sich ganz auf reißerische Action konzentrieren: UNTER GEIERN, DER ÖLPRINZ.

Der schurkische Machredsch von Mossul (Djordje Nenadovic) hat den vermeintlichen Todessturz am Ende von DURCHS WILDE KURDISTAN wie durch ein Wunder überlebt und sinnt auf Rache. Er schließt sich mit dem Bandenführer Abu Seif (Sieghardt Rupp) zusammen, um sich den von der Chaldäerin Marah Durimeh (Anne-Marie Blanc) bewachten Schatz unter den Nagel zu reißen. Seinen Vorgesetzten, den Padischah (Fernando Sancho), überzeugt er indessen davon, dass Kara Ben Nemsi (Lex Barker) hinter eben jenem Schatz her sei, um ihn sich vom Hals zu schaffen und die schöne Igdscha (Marie Versini), die Enkelin der Schatzbewacherin entführen zu können …

„Trist“ nannte Hofbauer-Kommandant Christoph Draxtra diesen Film, den er im gleichen Atemzug als Tiefpunkt der von Wendlandt und Brauner initiierten Karl-May-Welle bezeichnete. Ich kann ihm da nur schwerlich widersprechen, wenngleich IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN nicht richtig schlecht ist. Man merkt ihm einfach überdeutlich an, dass es den Machern nur noch darum ging, möglichst schnell einen weiteren Film rauszuhauen, solange das Publikum noch bereit war, bares Geld für Karl-May-Umsetzungen zu bezahlen. Man hätte hier, ähnlich wie bei dem gleichermaßen enttäuschenden Mexiko-Zweiteiler DER SCHATZ DER AZTEKEN und DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES, gut daran getan, den Rotstift anzusetzen, das Drehbuch kräftig zu kürzen und dann einen, vielleicht etwas längeren, Film daraus zu machen. IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN hat im Grunde genommen gar nichts mehr zu erzählen, nur noch lose Enden zu verknoten. Der ganze Film ist eine einzige Aneinanderreihung von Kämpfen, Verfolgungsjagden und Schlachten, die überaus ermüdend ist und sich darüber hinaus total redundant anfühlt. Warum konnte man den bösen Machredsch mit seinem kurdischen Felsensturz im Vorgänger nicht einfach sterben lassen? Seine Wiederauferstehung erscheint angesichts der Ziellosigkeit von IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN höchst selbstzweckhaft und absolut unnötig. Auch dass man sich bei der „Konstruktion“ des Ganzen sehr frei aus allen möglichen Büchern Mays bediente, diese losen Elemente dann reichlich sinnfrei unter einem ganz anderen Titel vereinte, kaschiert Franz Josef Gottlieb sehr viel ungeschickter als seine Vorgänger. Es reicht ein kurzer Ritt der Helden, um sie vom wilden Kurdistan in die Sahara und zu jenem tückischen Salzsee zu führen, mit dessen gefährlicher Überquerung Karl May in seinem Band „Durch die Wüste“ den Orientzyklus eröffnete. Nicht, dass ich mich hier für strikte Vorlagentreue oder die Wahrung geografischer Gegebenheiten stark machen will, aber in solcher Ungenauigkeit zeigt sich das Manko des ganzen Films: IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN ist lieblos zusammengeschustert, ohne jedes Gefühl für eine innere Dramaturgie, ohne Rücksichtnahme auf die Logik und vor allem eben: ohne jedes Ziel. Die zeitgenössische Kritik, die den Karl-May-Filmen von Anfang an ebensowenig wohlgesonnen war wie den zur gleichen Zeit reüssierenden Wallace-Filmen und sich damit in deutlicher Opposition zum begeisterten Publikum befand, war sich hier weitestgehend einig, beklagte „Willkür“ und „Handlungsdurcheinander“ (Evangelischer Filmbeobachter, 5. März 1966) für „anspruchslose Zuschauer“ (film-dienst, 9. Februar 1966) und den Griff in „filmische Routine-Töpfe“ (Der Tagesspiegel). Während Horst Wendlandt sich zu diesem Zeitpunkt noch in den Vorbereitungen zu WINNETOU UND DAS HALBBLUT APANATSCHI und WINNETOU UND SEIN FREUND OLD FIREHAND befand, die ebenfalls nicht mehr den ganz großen Ertrag brachten, ließ Brauner sein Engagement in Sachen Karl May nach IM REICHE DES SILBERNEN LÖWEN für drei Jahre ruhen und verabschiedete sich dann mit WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN. Und das werde ich in Kürze auch tun.