Mit ‘Max von Sydow’ getaggte Beiträge

New York im Jahr 2012: Nachdem eine Epidemie weite Teile der Menschheit ausgelöscht hat, versuchen ein paar Überlebende um den charismatischen Baron (Max von Sydow) eine neue Zivilisation aufzubauen. Einem der ihren ist es gelungen, Gemüse zu züchten, Barons Tochter ist schwanger. Doch die Vorräte gehen zur Neige, außerhalb des abgeriegelten Wohnblocks warten Kannibalen und die Gang um den fiesen Carrot (William Smith). Als Baron den Einzelgänger Carson (Yul Brynner) für sich gewinnen kann, fasst er neue Hoffnung. Er träumt davon, auf einer Insel vor North Carolina einen neuen Anfang zu wagen …

Da ist er endlich, ein weiterer wirklich guter Film von Robert Clouse. Die Parallelen zu dem ein Jahr zuvor entstandenen THE OMEGA MAN sind zwar kaum zu übersehen (wie Charlton Heston residiert Max von Sydow hier in einem Zimmer umgeben von geretteten Antiquitäten, Luxusgütern und Büchern), aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch, zumal jener bereits deutlich von Fleischers SOYLENT GREEN inspiriert gewesen sein dürfte. Ein paar Jahre später kam noch Richard Comptons THE RAVAGERS, der wiederum die Parallelen zu Clouses Film kaum verhehlen kann. Egal, die genannten Titel bilden ein schönes Quartett des angestaubten Siebzigerjahre-Endzeitfilms (mit stetig sinkenden Budgets), der zwar noch nicht mit selbstgebauten Panzerwagen oder wilden Verfolgungsjagden aufwartete, aber dafür mit viel echter baulicher Tristesse und der bleiernen Schwere der Watergate-Jahre.

THE ULTIMATE WARRIOR ist vor allem bitter: Die schöne Utopie Barons bröckelt immer mehr, bis sie mit ihm zusammenbricht, von den eigenen, aufgewiegelten Leuten zu einem blutigen Haufen zusammengedroschen. Aber schon vorher zeigt sich, dass man das Projekt „Menschheit“ vielleicht besser sterben lassen sollte: Ein des Lebensmitteldiebstahls Verdächtigter wird auf Geheiß von Baron aus der Gemeinschaft ausgestoßen, was gleichbedeutend mit dem Tod ist. Der Unglücksselige – wir wissen zudem, dass er unschuldig ist – wird nach wenigen Sekunden außerhalb der schützenden Mauern sofort umgebracht und seiner Habseligkeiten beraubt. Baron dreht nur enttäuscht ab, angewidert von der Lynchmob-Mentalität der eigenen Leute, die auch er nicht im Zaum halten kann. Er wird am Ende derselben Urgewalt zum Opfer fallen, in einer Szene, die man durchaus als Spiegelung begreifen kann. Clouse‘ Zeichnung einer Menschheit, die dem Untergang geweiht ist, weil ihre schlechten Eigenschaften in der äußersten Not noch potenziert zu Tage treten, erinnert durchaus auch etwas an Romeros DAWN OF THE DEAD. Keine schlechte Referenz.

Der „ultimative Krieger“ Carson ist zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Schwangeren auf dem Weg durch die U-Bahn-Tunnel New Yorks, um einen Weg aus der Stadt zu finden, die Schergen von Carrot auf den Fersen. Der Showdown ist wirklich geil, auch weil er gar nicht schnell oder rasant inszeniert ist, sondern eher langsam und trocken daherkommt. Nichts ist triumphal an Carsons Sieg. Yul Brynner ist der Ultra-Badass in diesem Film, aber seine weibliche Partnerin steht ihm in nichts nach, im Gegenteil: Sie bringt ein Kind zur Welt, ohne einen Laut von sich zu geben, weil sie die Verfolger nicht auf sich aufmerksam machen will. Yul Brynner muss sich da schon eine Hand abhacken, um halbwegs mithalten zu können.

Dieser Tage schnappte ich irgendwo die Nachricht auf, dass sich IT, die aktuelle Verfilmung von Stephen Kings Roman, anschicke, Friedkins über 40 Jahre alten THE EXORCIST als erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten abzulösen. Ob ihm das mittlerweile gelungen ist, weiß ich nicht, aber darum soll es hier auch nicht gehen. Vielmehr finde ich es ziemlich beeindruckend, wie lange sich Friedkins Klassiker behaupten konnte: Es sind in den Jahrzehnten nach ihm ja nicht gerade wenige Horrorfilme entstanden, darunter einige, die als große Klassiker gelten und ihren Machern dicke Geldbörsen verschafften. Trotzdem reichte keiner an Friedkins Werk heran. Für den Horrorfilm nimmt THE EXORCIST darüber hinaus einen ganz ähnlichen Stellenwert ein wie Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY fünf Jahre zuvor für das Science-Fiction-Genre: Es ist der Film, mit dem das Genre, das zuvor weitestgehend als trivialer Schund für Halbwüchsige angesehen wurde, gewissermaßen rehabilitiert wurde. Es war also doch möglich, einen künstlerisch anspruchsvollen, erwachsenen Horrorfilm zu machen. (Dass es vorher schon einige gegeben hatte, hatten die Gatekeeper der Hochkultur wahrscheinlich einfach vergessen.)

Für Friedkin, der kurz zuvor mit THE FRENCH CONNECTION für Aufsehen gesorgt hatte, bedeutete der riesige Erfolg von THE EXORCIST einen gewaltigen Karrieresprung: Er konnte sich sein nächstes Projekt aussuchen und dabei aus dem Vollen schöpfen. Wir wissen, was passierte: SORCERER entpuppte sich als logistischer Albtraum und Riesenflop, von dem sich Friedkin kommerziell nie mehr wirklich erholte. Auch wenn er noch einige tolle Filme inszenierte – CRUISING, TO LIVE AND DIE IN L.A., RAMPAGE, THE HUNTED -, THE EXORCIST ist der Film, der ihm seinen Platz in den Annalen der Filmgeschichte sichert. Formal, aber auch dramaturgisch erreichte der damals 38-Jährige mit ihm eine Klasse, die innerhalb des Genres bis heute tatsächlich eher eine Ausnahme ist – und das sage ich als eingefleischter Horrorfreund, der mit THE EXORCIST bis heute so seine Probleme hat. So schrieb ich mal zu De Martinos Rip-off L’ANTICRISTO, dass ich ihn für den intelligenteren Film der beiden halte. Grund für diese Aussage ist die Tatsache, dass De Martino seine Exorzisten-Geschichte aus der Position des linksliberalen, antiklerikalen Intellektuellen erzählt, der Besessenheit für Ausdruck von Suggestion und religiösem Wahn hält, während Friedkin im Wesentlichen eine Geschichte über den ewigen Kampf von Gut und Böse erzählt: Basierend auf dem Roman des gläubigen Katholiken William Peter Blatty, der wiederum von einem realen Fall aus dem Jahr 1949 inspiriert ist, suggeriert er, dass es tatsächlich der Teufel ist, der von der jugendlichen Regan (Linda Blair) Besitz ergriffen hat, und der Exorzismus die einzige Möglichkeit, sie von dem Fluch zu befreien. Weltlichere Interpretationen kommen bei ihm zwar auch zur Sprache, aber der „wahre“ Hintergrund von Regans Besessenheit ist für ihn nicht wirklich entscheidend.

In seiner kurzen Einleitung zum 25. Geburtstag des Films, die ihm auf der BR-Disc vorangestellt ist, sagt Friekdin sinngemäß, man nehme aus THE EXORCIST mit, was man an ihn herantrage. Das ist eigentlich eine triviale Aussage, die letztlich auf jede Kunstrezeption zutrifft, aber sie harmoniert mit einer wichtigen Szene des Films: Ein Arzt, der Chris McNeil (Ellen Burstyn), der Mutter der Besessenen, keine zufriedenstellende Diagnose geben kann, empfiehlt ihr, sich an einen Exorzisten zu wenden: Der Glaube an dämonische Kräfte reiche oft aus, um die Symptome einer Besessenheit durch Autosuggestion zu erzeugen. Genau aus demselben Grund funktioniere auch ein Exorzismus: weil die „Besessenen“ an ihn glauben. Mit anderen Worten: Für die Besessenheit und den Exorzismus ist es letztlich irrelevant, ob es wirklich einen Dämonen gibt, entscheidend ist lediglich der Glaube auf beiden Seiten. Es gibt eine ganz kurze Szene, die die Möglichkeit einer Wahnvorstellung nicht nur stützt, sondern sogar zu bekräftigen scheint: Als Vater Karras (Jason Miller), ein Priester mit psychologischer Ausbildung, Weihwasser auf Regan spritzt, windet diese sich und behauptet, es brenne. Karras gesteht gegenüber Regans Mutter kurz darauf jedoch, dass es sich um ganz gewöhnliches Wasser gehandelt habe – worauf der Dämon eigentlich nicht hätte reagieren dürfen. Es sind solche kleinen Details, die Friedkins aufgeklärtere Sicht stützen, aber sie treten gegenüber dem finalen Exorzismus, bei dem den ausführenden Priestern Karras und Merrin (Max von Sydow) sogar der Leibhaftige selbst erscheint, in den Hintergrund, ziehen keine Aufmerksamkeit auf sich – wahrscheinlich, weil es Friedkin fern lag, dem Zuschauer seine Sichtweise aufzuzwängen. Dass gerade Karras, der über den Tod seiner Mutter in eine schwere Glaubenskrise geraten ist, einen Gottesbeweis herbeisehnt und ihn demzufolge auch bekommt, liegt auf der Hand. Und was soll Merrin, ein Kirchenveteran, anderes sehen als den Teufel? Friedkin handhabt dieses Thema nicht einseitiger, sondern im Gegenteil offener als De Martino. THE EXORCIST ist kein antiklerikaler Kommentar, er zeigt einfach nur. Das ist auch der Grund, weshalb ich den Film jahrelang für einen verklausulierten Gottesbeweis gehalten habe. Er positioniert sich nicht eindeutig, sondern lässt zu, dass Christen und Atheisten sich gleichermaßen in ihren Ansichten bestätigt fühlen können. Wie Friedkin das macht, ist seine wahre Meisterleistung. Und er musste mit Blatty im Nacken wahrscheinlich überaus subtil vorgehen.

Mit dieser Einsicht konnte ich zwar ein seit langem bestehendes Missverständnis ausräumen, aber ein Problem habe ich immer noch mit THE EXORCIST: Ich finde ihn trotz seines famosen Sounddesigns, seiner auch heute noch überzeugenden Special Effects, der fantastischen Kameraarbeit und seinen bahnbrechenden Einfällen nur mäßig unheimlich. Besessenheitsschocker funktionieren für mich einfach nicht, weil mir dafür der nötige Glaube fehlt. Keinen Zweifel kann es aber hinsichtlich der Klasse von THE EXORCIST geben: Der Aufbau des Films ist einfach fantastisch, die Dialoge absolut glaubwürdig und was vor allem Ellen Burstyn, Jason Miller und der großartige Lee J. Cobb – eigentlich mein Lieblingscharakter – leisten, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Revolutionär war auch der quasidokumentarische Ton, den Friedkin aus THE FRENCH CONNECTION herüberrettete und mit großem Erfolg in einem Genrefilm etablierte. THE EXORCIST fühlt sich echt an, er benötigt keine standardisierten Plotverläufe, sondern entwickelt sich ganz und gar organisch. Das gibt es heute ja fast gar nicht mehr im Hollywood-Kino: Filme, die nicht alles endlos auserzählen und sich zu Tode erklären, die es verstehen, mit Auslassungen und Ellipsen zu erzählen, ohne diese Strategie als Gimmick auszureizen.

Ob das für den Director’s Cut auch gilt, weiß ich nicht. Ich habe seine Existenz immer als einen Affront verstanden. Jahrelang beteuerte Friedkin, die Kinofassung sei der Director’s Cut, wenn er auf fehlende Szenen angesprochen wurde, dann erlag er doch den Verlockungen des Geldes. Ich fand das damals immens enttäuschend und habe mich der Langfassung bis heute verweigert. Aber wenn mir die Sichtung von THE EXORCIST etwas beigebracht hat, dann das: Es ist nie zu spät, seine Meinungen zu ändern.

 

 

 

shutter_island_ver2_xlgAls ich in den Neunzigerjahren begann, die Splatting Image zu lesen, gab es eine Textreihe von Bodo Traber, die sich mit dem sogenannten „Paranoia-Film“ beschäftigte. Ich wusste zwar, was sich unter dem Begriff der „Paranoia“ verbarg, aber die Methode, Filme quasi motivisch zu sortieren, war mir neu. Was sollte das sein, ein „Paranoia-Film“, was hatten die doch sehr unterschiedlichen Filme, die Traber besprach, miteinander gemein? Mit den Jahren verstand ich besser, dass der Paranoia-Film keine willkürlich erfundene Kategorie war, sondern dass tatsächlich viele Genres und Subgenres ganz natürlich um das Gefühl einer alles niederdrückenden, zermalmenden Angst kreisen: Horrorfilme, Science-Fiction- und Invasionsfilme, Psychothriller, Serienmörderfilme, Monster- und Katastrophenfilme, Kriegsfilme und etliche mehr. Trotzdem war Paranoia ein Thema, dass mit dem Leben, wie ich es kannte, nur wenig zu tun hatte. Das hat sich in den letzten 15 Jahren massiv gewandelt und heute neige ich fast zu der These, dass der Verfolgungswahn und die Angst, von einem übermächtigen, nicht greifbaren Feind bedroht zu werden, zu einer Art Volkskrankheit geworden sind.

Die Leute, die meinen, dass ihnen „Ausländer“ die Arbeitsplätze wegnehmen, der Islam sich anschicke, den Kopftuchzwang in Deutschland einzuführen oder Homosexuelle ihre Kinder schwul machen wollen, gehören ja erstaunlicherweise noch zu den gemäßigteren Vertretern einer Spezies, die ihre empfundene Machtlosigkeit zum Anlass nimmt, immer wüster ins Kraut schießende Verschwörungstheorien zu entwickeln. Die jüdische Weltverschwörung, Chemtrails, Illuminaten, Reichsbürgertum und was da sonst noch so kreucht und fleucht: Alle diese Theorien haben den Vorteil, dass sie durch den Widerspruch nicht zum Einsturz gebracht, sondern im Gegenteil noch verstärkt werden. Wer nicht an Chemtrails glaubt, hat nicht etwa die besseren Argumente, er ist lediglich selbst ein hoffnungsloses Opfer der Staatspropaganda. Die Verschwörungstheorie ist ein autopoietisches System: Wenn sie einmal „implementiert“ ist, vereinnahmt sie alles in ihr Theoriegebilde. Sie ist nicht falsifizierbar. Sehr praktisch für Leute, die sich ihren Solipsismus nicht durch lästige Fakten kaputt machen lassen wollen.

Scorseses SHUTTER ISLAND, seit CAPE FEAR der erste Ausflug des Regisseurs ins Gefilde des Horrorfilms, enttäuscht zunächst einmal damit, dass er ins 2010 schon etwas angegraute Subgenre des „Mindfuck“-Movies eingemeindet werden muss und damit hoffnungslos rückständig wirkt – zumindest für einen Film eines sogenannten Meisterregisseurs. Die Auflösung, die zwei Drittel des Films zur Wahnvorstellung eines psychisch Kranken macht, sieht man schon von Weitem heraufziehen, und richtig originell ist diese Entscheidung auch nicht. Bis dahin strengt sich SHUTTER ISLAND kräftig an, möglichst viele pulpige Geschmacklosigkeiten in kürzester Zeit abzuhaken. Kindsmord, Nazis, Konzentrationslager, Kommunistenjäger, Menschenexperimente, Hardboiled-Cops, augenrollende Irre und eiskalte Psychologen in einer verfallenen Irrenanstalt: SHUTTER ISLAND hat alles und noch dazu eine von der Welt vergessene Insel im grauen, wettergepeitschten Ozean. Der US-Marshal Teddy Daniels (Leonardo DiCaprio) reist hier mit seinem neuen Partner Chuck Aule (Mark Ruffalo) an, um eine unter mysteriösen Umständen aus ihrer Zelle verschwundene Kindsmörderin zu finden. Der Anstaltsdirektor Dr. Cawley (Ben Kingsley) gibt sich kaum Mühe, sein diabolisches Grinsen zu verbergen und als dann auch noch ein deutscher Arzt (= Nazi) namens Dr. Naehring (Max von Sydow) auftaucht, ist eigentlich alles klar. Doch dann gibt Daniels seine Rolle als objektiver Beobachter auf, offenbart seine ganz individuelle Verstrickung in die Geschichte: Er sucht unter den Insassen den Mann, der einst den Tod seiner Frau verursachte.

Von diesem Moment an dauert es nicht mehr lange, bis SHUTTER ISLAND seine angesprochene 180-Grad-Wendung vollzieht. Eine echte Überraschung ist diese Entwicklung, wie oben erwähnt, nicht. Das hat strukturelle Gründe, liegt aber auch an Scorseses eigener Haltung zum Stoff. Er selbst glaubt seinem Protagonisten nicht, kann ihm nicht glauben, weil er ja weiß, was mit ihm los ist, und es gelingt ihm nicht, sich dessen Wahnvorstellung zu eigen zu machen. Scorsese wird und wurde von vielen seiner Kritiker als kaltschnäuzig bezeichnet, die Gewaltdarstellung in Filmen wie TAXI DRIVER oder besonders GOOD FELLAS, hatte immer eine sehr dunkle, verlockende Komponente, auch SHUTTER ISLAND geizt nicht mit grellen Geschmacklosigkeiten (wobei die abstoßendeste Szene die grauenhaft kitschige CGI-Vision der langsam verbrennenden Gattin ist), aber hier ist es die spürbare Empathie für diesen Daniels, die den Effekt des „Twists“ unterminiert. Scorsese will seine Heilung. Und zu dieser treibt er ihn mit dem unermüdlichen Schwung eines Actionfilmers. Langweilig ist SHUTTER ISLAND nicht.

Womit wir wieder am Anfang wären: Daniels ist kein Spinner wie die Leute, die dem Kopp-Verlag die Bücher aus den Händen reißen oder auf Chemtrail-Kundgebungen rumlaufen. Er ist krank. Aber wie die ganzen Verschwörungstehoretiker hat auch er sich eine Welt aufgebaut, die immun ist gegen den Versuch, sie zum Einsturz zu bringen. Warum? Weil die Wahrheit zu schmerzhaft für ihn ist. In seiner Welt ist er ein Cop auf der nimmermüden Suche nach dem Mörder seiner Frau, der von skrupellosen mad scientists, Kommunistenhassern und Ex-Nazis gedeckt wird, in Wirklichkeit aber ein armer Tropf, dem das Schicksal ganz übel mitgespielt hat. Man muss mit ihm fühlen, etwas, was mir bei oben genannten Trotteln beim besten Willen nicht gelingen mag. Und ich habe auch meine Zweifel, ob sie sich in diesem Daniels wiedererkennen würden.

 

 

Wir schreiben das 17. Jahrhundert: Für die britische Krone hat der Adlige Solomon Kane (James Purefoy) auf zahlreichen Feldzügen unbeschreibliche Gräueltaten verübt, für die ihn der Leibhaftige schon sehnsüchtig erwartet. Dem Teufel eben noch von der Klinge gesprungen begibt sich Kane für den Karmaausgleich ins Exil in ein Kloster, aus dem er nach Jahren der Einkehr jedoch verstoßen wird. Auf seinen Irrwegen durch ein von Pest, marodierenden Banden und den Armeen des teuflischen Zauberers Malachai (Jason Flemyng) geplagtes Land begegnet er dem Ehepaar Crowthorn (Pete Postlethwaite und Alice Krige) die nach Amerika auswandern wollen. Von ihnen freundschaftlich aufgenommen, fühlt er sich in seinem Plan bestätigt, nie wieder Gewalt anzuwenden und ein neues tugendhaftes Leben zu führen. Doch als er bei einem Überfall hilflos zusehen muss, wie die Familie ermordet und die jüngste Tochter Meredith (Rachel Hurd-Wood) entführt wird, erkennt er, dass es für ihn keinen anderen Weg als den der Gewalt gibt …

SOLOMON KANE basiert auf den Pulp-Romanen von „Conan“-Schöpfer Robert E. Howard und wurde vom nie um einen fantasievollen Film verlegenen Samuel Hadida produziert. Für das ganz große Eventkino, nach dem die Vorlage eigentlich schreit, hat das Geld wohl nicht ganz gereicht: ein großer Star fehlt – Max von Sydow absolvierte seine zwei Szenen nach bester Exploitationtradition an geschätzt ebenso vielen Drehtagen und verabschiedete sich danach wahrscheinlich feixend und herausfordernd mit seinem üppigen Gehaltsscheck wedelnd vom Set – und die CGI-Effekte, die vor allem im Prolog epische Breite schaffen sollen, erreichen eher das Gegenteil. Dennoch ist SOLOMON KANE durchaus beachtlich, vielleicht gerade weil sich Regisseur Bassett mangels Budget auf klassische handwerkliche Tugenden besinnen musste, anstatt alles mit Pomp und Tamtam zuzukleistern.

Das 17. Jahrhundert des Films sieht wunderbar schlammig, trist und regnerisch aus, die Settings sind sehr realistisch und klein gehalten: SOLOMON KANE erhält so eine ungemeine Physis und ist herrlich texturiert, ganz im Gegensatz zu jenen Filmen, die ihre pompösen Fantasiewelten ganz im Rechner entstehen lassen und am Ende seltsam leer und leblos erscheinen. Auch Hauptdarsteller Purefoy passt da gut ins Bild: Optisch eine weniger gut aussehender Doppelgänger von Hugh Jackman, wirft er sich mit sichtlichem Spaß in seine Rolle und verhilft auch potenziell peinlichen Szenen noch zum Erfolg. SOLOMON KANE schafft manchmal sogar den Quantensprung und liefert richtig großes Kino, wo er seiner Anlage nach doch eigentlich nur ein kleiner Fantasy-Exploiter für Zwischendurch ist. Zum rundum begeisternden, ganz großen Wurf fehlt logischerweise noch ein Quäntchen, aber das ist sehr verzeihlich. SOLOMON KANE hat nämlich vielen vergleichbaren Großproduktionen etwas voraus, das sich eben nicht kaufen lässt: Er hat Herz und Seele. Und weil man genau diese Eigenschaften im Eventkino von Heute allzu oft vermisst, darf man über die (Geringfügigen) Schwächen von Bassetts Film großzügig hinwegsehen. Schön!