Mit ‘Michael Keaton’ getaggte Beiträge

Der zu Gewaltausbrüchen neigende Bill Caufield (Michael Keaton), der Jesus-Freak Jack McDermott (Peter Boyle), der an einer Zwangsstörung leidende Schizophrene Henry Sikorsky (Christopher Lloyd) und der einfältige Albert Ianuzzi (Stephen Furst) sind allesamt Insassen einer Nervenheilanstalt. Um sie für ihre Therapiefortschritte zu belohnen, nimmt ihr Psychiater Dr. Weitzman (Dennis Boutsikaris) sie auf einen Ausflug mit nach Manhattan. Als er dort jedoch Opfer eines Überfalls wird und ins Koma fällt, sind die vier Verrückten plötzlich auf sich allein gestellt …

Kurz bevor er als Batman in Tim Burtons Verfilmung zu kurzem Superstardom aufstieg, wirkte Michael Keaton in dieser typischen Achtzigerjahre-Komödie mit – ein Genre, dem er schon seinen Durchbruch mit MR. MOM verdankte. THE DREAM TEAM startete in den USA tatsächlich recht erfolgreich, bevor sein Stern an der Kasse unaufhörlich zu sinken begann: Heute ist Zieffs Film nahezu vergessen. Der auf Wikipedia zitierten Kritik von Howard Canby kann ich mich vollumfänglich anschließen. Er schrieb in der New York Times, dass „there’s nothing dreadfully wrong with THE DREAM TEAM, Howard Zieff’s new comedy, except that it’s not funny too much of the time. On those occasions when it is funny, the humor less often prompts laughter than mute appreciation of the talents of the principal performers – Michael Keaton, Christopher Lloyd and Peter Boyle.“ Der Film krankt an seinem viel zu routinierten Script, das krampfhaft bemüht darum ist, alle Plotmechanismen der Eighties-Comedy abzuhaken und darüber vergisst, sein Szenario mit Leben und Esprit zu füllen. Was schade ist, weil die Darsteller, allen voran Lloyd, Keaton und Boyle, wie Canby richtig schreibt, hervorragend aufgelegt sind und besseres Material verdient gehabt hätten.

Anstatt seine komödiantisch eigentlich reizvolle Prämisse – vier Verrückte in einer Stadt, die als Schmelztiegel der Verrückten gilt – weidlich auszureizen, verstrickt sich das Drehbuch in eine müde Krimiposse, wie sie damals anscheinend in keiner Komödie fehlen durfte. Die Suche nach zwei korrupten Cops, die einen Kollegen erschossen und auch die Verletzung des Psychiaters zu verantworten haben, bleibt erwartungsgemäß oberflächlich und kommt über den Status eines leeren Plotvehikels niemals hinaus, dazu wird der Hauptfigur Caufield auch noch eine kaum weniger formelhafte Liebesgeschichte angedichtet, wahrscheinlich weil man der Meinung war, eine Komödie benötige unbedingt eine Romanze. All das interessiert niemanden, raubt aber wertvolle Laufzeit für das, wovon der Film eigentlich handeln sollte. Dass THE DREAM TEAM ein krass unrealistisches, arg simplifizierendes und fast romantisierendes Bild von Geisteskrankheit zeichnet, fällt angesichts dieser Verfehlungen kaum ins Gewicht: Caufield ist eigentlich ein guter Kerl, dessen Aggressionen im Wesentlichen darauf beruhen, dass er den Bullshit der Gesellschaft nicht mitmachen will – er ist ganz deutlich nach dem Vorbild von Nicholsons Charakter aus ONE FLEW OVER THE CUCKOO’S NEST gezeichnet (und Keaton tut sein bestes Nicholsons Manierismen zu emulieren). McDemotts Jesustick ist eine harmlose kleine Marotte im Vergleich zu dem ätzend-kapitalistischen Opportunismus, der bei seiner ehemaligen Tätigkeit als Copywriter einer großen New Yorker Werbeagentur von ihm gefragt war, und Sikorsky muss eigentlich nur mal klarkommen und sich zu seiner Familie bekennen, dann wird das auch schon mit seinen Zwangsstörungen und dem Glauben, er sei ein Arzt. Nur der Simpleton Ianuzzi ist ein hoffnungsloser Fall, was aber okay ist, weil er ja niemandem wehtut mit seinen ständigen Baseball-Analogien. Die Aussage des Films, dass die Irren eigentlich die Normalen sind, ist gewiss fragwürdig, wäre aber vertretbar, wenn das Drehbuch sich die Mühe machte, das richtig herauszuarbeiten, anstatt nur die einfachsten Klischees und Feindbilder zu bemühen: Ärzte sind unmenschlich und lechzen nur danach, großzügig Gehirnwäschen zu verteilen, der Polizeiapparat ist dumm und verbrecherisch (gut, das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Nachrichten vielleicht weniger problematisch), die Yuppies, die New York bevölkern, die allerletzten narzisstischen Arschgeigen. Wie sympathisch sind dagegen diese putzigen Sonderlinge, wie liebenswert und orginiell ihre Wahnvorstellungen: Von ihrem Nonkonformismus könnten wir uns alle echt eine Scheibe abschneiden. So einfach ist es leider nicht.

Aber wie gesagt: Man muss sich gar nicht auf das Podest der Ideologiekritik stellen, um an THE DREAM TEAM einiges falsch zu finden. Für eine Komödie – vor allem eine, die das Hohelied des Nonkonformismus und der Individualität singt – ist THE DREAM TEAM viel zu stromlinienförmig und letztlich zu bieder. Es fehlen der Wahnsinn und der Drive – oder auch einfach nur die Gags, bei denen man sich wirklich schütteln muss vor Lachen. Komplettisten und Eighties-Aficionados kann ich trotzdem eine kleine Empfehlung aussprechen: Ich finde es immer wieder schön, diesen Darstellern zu begegnen, Manhattan gibt immer eine gute Kulisse ab und es gibt auch ein paar Marquees zu sehen, die ihre nostalgische Wirkung zumindest bei mir nicht verfehlen.

 

 

Urlaub und Badespaß: Am Strand hat Mitch Rapp (Dylan O’Brien) seiner Freundin soeben einen Heiratsantrag gemacht, da wird das junge Glück durch einen Schicksalsschlag zerrissen: Islamische Terroristen richten unter den Touristen ein Gemetzel an, Mitch muss mitansehen, wie seine Verlobte vor seinen Augen hingerichtet wird. 18 Monate später ist er eine Kampfmaschine, spricht fließend Arabisch, hat sich Eingang zum inner circle der Terrorzelle um den Mörder seiner Liebsten verschafft – und damit auch die Aufmerksamkeit des CIA auf sich gezogen, die in ihm einen perfekten Killer sieht. Der Ex-Navy Seal Hurley (Michael Keaton) verpasst Rapp den letzten Feinschliff, dann geht es gegen „Ghost“ (Taylor Kitsch), einen Abtrünnigen, der eine Atombombe bauen will …

AMERICAN ASSASSIN basiert auf einer Reihe von Polit-Thrillern des amerikanischen Autors Vince Flynn, der in der Tradition solcher Autoren wie Robert Ludlum, Alistair MacLean oder Tom Clancy steht: Harte Action mit ebenso harten Typen, schwer verständlicher Tech Talk, internationale politische Verwicklungen und Intrigen sowie die Vorstellung eines stark Staates – der natürlich nichts ist ohne seine treuen Diener, die sich ohne mit der Wimper zu zucken für die Werte der Demokratie und der Freiheit opfern – zeichnen das literarische Genre aus, das vor allem ab den Siebzigerjahren immer wieder fürs Kino adaptiert wurde. In den letzten Jahren hatte sich diese Spielart des Actionfilms – von den immens erfolgreichen Filmen um Jason Bourne einmal abgesehen – etwas rar auf den Leinwänden gemacht: Politik wird kritisch beäugt und vom modernen Actionhelden erwartet man eher einen gewissen Nonkonformismus und das Einstehen für die Unterdrückten als die Unterwerfung unter die Staatsräson zum Wohle des Erhalts des Status quo. AMERICAN ASSASSIN versucht die Kluft zu überbrücken, indem er einen Helden in den Mittelpunkt rückt, der zunächst von einem inneren Trieb motiviert wird und dessen Wille auch von seinen Vorgesetzten nicht gebändigt werden kann. Man könnte sagen, dass Cuesta dem immer auch etwas aseptischen Polit- und Agententhriller eine Dosis Sex und Badassery injiziert. Was nicht unproblematisch ist.

Das beginnt schon mit dem Auftakt, der ungute Assoziationen zu den Schreckensbildern aus den Nachrichten der letzten Jahre weckt und damit nicht gerade die geschmackssicherste Wahl für einen Film darstellt, der letztlich reines Actionspektakel liefert. Die folgende Sequenz, die den nun zur Ein-Mann-Armee gereiften Rapp zeigt, ist die beste des Films: Kurz vor der Konfrontation mit den Mördern seiner Freundin förmlich brennend, sehen wir ihn, wie er wegen Disziplinlosigkeit erst aus seinem Kampfsportstudio geschmissen wird, anschließend eine Massenpanik auf einem Schießstand auslöst, auf dem er wie ein Irrer mit seinem Maschinengewehr herumballert und dann mit den Terroristen auf Arabisch chattet, bevor er sie in Tripolis höchstpersönlich trifft. Dylan O’Brien, auf Bildern ein Jüngelchen, das jede Schwiegermutter in Verzückung geraten ließe, ist super als zu allem entschlossener Killer mit Isis-Bart und mangelndem Respekt vor staatlichen Institutionen. Das denkt auch die CIA-Agentin Irene Kennedy (Sanaa Lathan): Rapp hat etwas, das man einem Mann nicht antrainieren kann. Hurley ist etwas anderer Meinung, aber am Ende ist es natürlich so, dass die flammende Leidenschaft und die Disziplinlosigkeit des Quereinsteigers genau jene Eigenschaften sind, die den Unterschied machen. Im Kampf gegen Wahnsinnige ist es hilfreich, wenn man es mit den Regeln selbst nicht so genau nimmt. Behauptet der Film zumindest.

Outlaw Vern bemängelte in seiner Kritik, dass AMERICAN ASSASSIN sich seine inhärente Absurdität nicht verdiene. Seiner Meinung nach sei der Film zu glatt und generisch inszeniert und letztlich zu kommerziell, um mit seinen Over-the-Top-Momenten wirklich Freude zu bereiten. Ganz Unrecht hat er damit nicht, aber ich finde, dass allein die Mischung aus heftiger Ruppigkeit und Hochglanzoptik mit schönen Menschen, mit der Cuesta seine Law-and-Order-Fantasie kredenzt, Aufmerksamkeit verdient hat. Das Finale mit der Atombombe im Rucksack, die Rapp aus einem Boot ins Wasser schmeißt und damit eine Katastrophe verhindert, ist zugegebenermaßen Tinnef und macht unmissverständlich klar, wessen Geistes Kind AMERICAN ASSASSIN ist (falls man es bis dahin vergessen haben sollte), aber um sich 90 Minuten lang durchpusten zu lassen reicht dieses hübsch reaktionäre Stück Film wunderbar aus. Scott Adkins hat eine kleinere Nebenrolle als Kollege/Rivale von Rapp und muss beim ersten gemeinsamen Einsatz natürlich ins Gras beißen. Aber immerhin hat er ein paar Sekunden zusammen mit Michael Keaton, der in einer fiesen Folterszene seine Fingernägel einbüßt.

Mit drei Anläufen binnen 20 Jahren dürfte das Kapitel der Spider-Man-Verfilmungen eine der größeren Marketing-Kuriositäten sein, die sich Hollywood erlaubt hat. Raimi hatte mit seinen Silver-Era-Huldigungen eigentlich alles richtig gemacht, bis er sich mit seinem dritten Teil zu viele Freiheiten gönnte und die Gunst seines bis dahin wohlgesonnenen Publikums verlor. Der zweite Anlauf um den AMAZING SPIDER-MAN war im Gegensatz dazu eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt und zum Spott freigegeben, bevor auch nur ein Bild davon zu sehen gewesen war: Das MCU stand beim Start des ersten der beiden Filme mit Andrew Garfield bereits in voller Blüte und Sonys Bemühen, die Figur um jeden Preis zu halten, wurde von den Marvel-Fans geradezu als Sakrileg betrachtet. Dass der wahrscheinlich populärste aller Marvel-Superhelden mit CAPTAIN AMERICA: CIVIL WAR endlich eingemeindet wurde, sorgt für kollektives Aufatmen und mit SPIDER-MAN: HOMECOMING ist nun endlich alles gut. Zumindest wenn man den Nerds Glauben schenkt.

Schluss mit den Querschlägern, den eigenen Ansätzen, der Abwesenheit anderer beliebter Marvel-Helden – und der nach mittlerweile zwei Auffrischungen überflüssigen Origin-Story. Es ist sicherlich ein wesentlicher Vorteil, dass man sich bei HOMECOMING nicht erneut durch Spideys Genese quälen muss, sondern gleich in medias res geht, auch wenn das bedeutet, per „Found Footage“ noch einmal mit Erinnerungen an CIVIL WAR gelangweilt zu werden. Watts Film beschäftigt sich mit Parkers (Tom Holland) Reifeprüfung: Nachdem er seinen ersten Auftritt zu Tony Starks (Robert Downey jr.) Zufriedenheit absolviert hat, wird er erst einmal wieder auf die Warterampe verschoben. In Wahrheit natürlich ein Test Starks, mit dem er Parkers „Erdung“ sicherstellen will. So kümmert sich Spidey dann auch nicht um einen der großen kosmischen Weltbeherrschern, sondern einem vergleichsweise unambitionierten Strauchdieb: Adrian Toomes (Michael Keaton) ist allerdings Alien-Technologie aus THE AVENGERS in die Hände gefallen, die ihm und seinen Männern auf ihren Streifzügen nun besonderen Waffenpower verleiht: Als Vulture erhebt er sich in die Lüfte und startet von dort aus seine Überfälle. Derweil muss Parker sich mit den Bullies aus seiner Klasse herumärgern, das Warten auf einen Anruf der Avengers aushalten und natürlich das Herz der schönen Liz (Laura Harrier) erobern. Am Ende rettet er den Tag, bekommt einen neuen Anzug von Starks überreicht und die Post-Credit-Sequenz teasert den nächsten Film an.

Genau das haben die Comicnerds und Marvel-Fans gefeiert: Das endlich auch bei Spidey alles so ist wie immer in diesem Filmen. Ja, HOMECOMNG ist natürlich besser als der Clusterfuck namens THE AMAZING SPIDER-MAN 2 und, ja, Holland ist sympathischer als sein Vorgänger Andrew Garfield. Der Neighborhood Hero muss nicht mehr im luftleeren Raum agieren, sondern schwingt sich tatsächlich in seinem natürlichen Habitat von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer, Marvel-Diehards müssen keine lauen Kompromisse mehr eingehen und mit Watts Regie halten die für die Comics so charakteristischen Leichtigkeit und Witz Einzug. Parker bei seinen ersten Gehversuchen als Held beizuwohnen, bedient das jugendliche Wish Fulfillment, das den Charakter vor anderen Superhelden auszeichnet, und Holland kommt natürlich rüber dabei, weniger schnöselig als sein direkter Vorgänger, weniger brav als einst Tobey Maguire. HOMECOMING macht so gesehen vieles richtig, aber er büßt Identität ein, weil er sich dem rigiden Marvel-System unterwirft. Die Story um den Vulture ist – wie so oft in diesen „Einführungen“ – kaum mehr als ein Nachgedanke, hingeworfen, ohne echten Konflikt oder Spannung. Das Duell mit dem Verbrecher ist kaum mehr als ein Ornament, denn im Wesentlichen ist HOMECOMING ein filmisches Wassertreten, das wieder einmal Kommendes vorbereiten soll. Am Ende fragt man sich, was da jetzt eigentlich genau passiert ist in den vergangenen zwei Stunden. Auch formal hat der Film keinerlei Identität: Dass er den beiden ersten Anläufen visuelle Reize hinzufügen würde, war eh nicht wirklich zu erwarten, denn effekttechnisch gab es an denen ja nichts zu bemängeln. Am Ende bleibt das mittlerweile gewohnte Marvel-Gefühl: nettes, aber weitestgehend standardisiertes Entertainment ohne jedes Bemühen um Originalität; Film als reiner, pflichtbewusster Fan-Service, als sauber produziertes, aber auf kurzfristige Befriedigung abzielendes Produkt, dessen wichtigste Aufgabe es ist, die Maschine am Laufen zu halten. Nichts daran ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt.

Ich will mich darüber dann auch gar nicht mehr ereifern. Irgendwann wird auch diese Blase platzen, bis dahin muss man sich damit abfinden, dass von Marvel keine kreativen Impulse zu erwarten sind. Das einzige, was mich dann auch wirklich genervt hat, ist Downeys Darbietung als Tony Starks. Fällt den Autoren denn wirklich gar nichts mehr für diese Figur ein, als ständig seine arrogante Smugness zu betonen? Starks ist wohl einer der unsympathischsten Sympathieträger der gesamten Filmgeschichte. Und Downey finde ich mittlerweile unerträglich.

 

„The other guys“: Der nicht ganz leicht sinngemäß zu übersetzende Originaltitel akzentuiert den Unterschied zwischen den beiden New Yorker Supercops Highsmith (Samuel L. Jackson) und Danson (Dwayne „The Rock“ Johnson), die ihren Job mit jenem Maximalismus versehen, der normalerweise Filmfiguren vorbehalten ist, und den beiden Durchschnittstypen Allen Gamble (Will Ferrell) und Terry Hoitz (Mark Wahlberg), die neben diesen beiden Superhelden eben nur „die anderen Typen“ sind. Die, für die sich keine Sau interessiert. Adam McKay lässt seinen Film mit einer von Highsmith und Danson zelebrierten Autoverfolgungsjagd und Zerstörungsorgie beginnen, die er in Hochglanzoptik mit rasanter Kamera und in wilden Schnittfolgen inszeniert, um einige Minuten später, wenn er sich seinen wahren, weniger überlebensgroßen Protagonisten zuwendet, deutliche gemäßigtere Mittel aufzufahren.

Wie eigentlich in allen Ferrell-Komödien besteht der Witz auch hier in erster Linie darin, einem Mann, dessen Gesicht und Körperbau biederstes Mittelmaß sind, Aufgaben zu geben, die dazu in krassem Widerspruch stehen. Sein Allen Gamble ist mit der superheißen Sheila verheiratet (Eva Mendes), die er Hoitz gegenüber als „old lady“ bezeichnet und so behandelt, als sei sie von eher mäßiger Attraktivität, während sie mit größter Offenherzigkeit über ihr aktives gemeinsames Sexleben vor dem staunenden Partner spricht. Dass er keinerlei Interesse an all jenen Aspekten seines Jobs hat, wegen derer Hoitz den Beruf einst ergriff, erklärt er mit einem „dark chapter“ seines Lebens: Es stellt sich heraus, dass er zu Collegezeiten ein erfolgreicher Zuhälter namens „Gator“ war, auch wenn er der Meinung ist, es habe sich dabei um einen ganz normalen Job gehandelt. Als „Aufpeitschmusik“ hört er den einschläfernden Folkpop der „Little River Band“ und eine Tasse mit der Aufschrift „FBI – Female Body Inspector“ hält er für die Sternstunde des Humors.

Adam McKay, der mit Ferrell schon die großartigen ANCHORMAN: THE LEGEND OF RON BURGUNDY, TALLADEGA NIGHTS und STEP BROTHERS gedreht hat (und noch ANCHORMAN 2: THE LEGEND CONTINUES folgen ließ), weiß, dass man Ferrell an einem guten Tag nur die Brocken hinschmeißen und ihn machen lassen muss. Einige der witzigsten Szenen entstehen demzufolge, indem er seinen Star einige seiner unnachahmlich abseitigen One-Liner improvisieren lässt, etwa, wenn dessen spießiger Prius von Obdachlosen für wilde Sexorgien missbraucht wurde und nun nach „deer vagina“ riecht. Was an THE OTHER GUYS indessen weniger gut als in den genannten Filmen gelingt, ist das Halten der Balance zwischen diesen aneinandergereihten Sketchen und der Handlung, einer Krimigeschichte um einen Finanzbetrüger à la Bernie Madoff (Steve Coogan). Den kriminellen Machenschaften, um die es geht, fehlt einfach der Sexappeal, weshalb eine Gang von henchmen um den Australier Wesley (Ray Stevenson) für die nötigen Ballereien eingeflochten wird, mit der Folge, dass die Abwicklung der immer komplizierter werdenden Story von den Figuren, um die es eigentlich gehen soll, wegführt. Die letzte halbe Stunde knickt gegenüber den rasanten ersten 60 Minuten deutlich ein. Hätten sich die Macher an den altbewährten Leitsatz des „Weniger ist mehr“ erinnert, das Resultat wäre noch deutlich besser ausgefallen: Die Schlusscredits, die von Statistiken rund um Finanzkrise, ungerechte Geldverteilung und illegales Geschäftsgebaren von Banken und Kredithäusern gesäumt werden, lassen vermuten, dass die Ambitionen für eine einfache Komödie vielleicht eine Spur zu groß waren, man sich nicht allein auf die ausreichend beknackte Prämisse verlassen wollte. Sei’s drum, THE OTHER GUYS ist immer noch einer der besseren Ferrell-Filme der letzten Jahre.

Jackie Brown (Pam Grier), eine 44-jährige Stewardess einer kleinen mexikanischen Airline, verdient sich etwas als Geldkurier des Waffen- und Drogenhändlers Ordell Robbie (Samuel L. Jackson) dazu. Weil sie schon einmal in einer Drogensache auffällig geworden ist, lauert ihr der Kriminalbeamte Ray Nicolette (Michael Keaton) auf, der es auf Robbie abgesehen hat, und zwingt sie zur Mitarbeit: Sie soll ihn bei der Übergabe von 500.000 Dollar in die Falle locken. Doch Jackie hat eine bessere Idee: Gemeinsam mit dem Kautionsagenten Max Cherry (Robert Forster) schmiedet sie einen Plan, mit dem sie Nicolette und Robbie hereinlegen und das Geld dabei für sich einstreichen kann …

In PULP FICTION ging es nach Thomas Elsaesser nicht zuletzt um „love and theft“, darum, wie Weiße schwarze Kultur (die sie lieben) für sich vereinnahmen (also stehlen). Mit JACKIE BROWN holt Tarantino diesen Subtext nun gewissermaßen auf die strukturalistische Ebene, indem er selbst als weißer Filmemacher einen Film macht, der nach dem Vorbild der Blaxploiter der Siebzigerjahre gefertigt ist. Mit Pam Grier übernimmt ein ehemaliger Star des Genres die Hauptrolle und der Soundtrack wird überwiegend von Größen der Soul- und Funk Music bestritten. Das dem Blaxploitation-Film inhärente Thema des Kampfes der Unterdrückten um Selbstbestimmung und Gleichberechtigung holt Tarantino aber auf eine realistische, soziale Ebene zurück, indem er seine schwarze Heldin auch noch zu einer mittelalten Geringverdienerin macht, die sich ernste Gedanken um ihre Zukunft machen muss, und ihr einen 56-Jährigen zur Seite stellt, der sich in sie verliebt und durch diese Liebe beginnt, sein eigenes Dasein zu hinterfragen. Den ewigen, nicht erwachsen werden wollenden und in ödipalem Ringen begriffenen Jungspunden aus PULP FICTION setzt er mit Jackie Brown und Max Cherry zwei Charaktere entgegen, die ihre Sturm- und Drangzeit längst hinter sich haben und die sich vielmehr damit beschäftigen, wie sie ihr Leben ausklingen lassen wollen.

Soweit ich mich erinnere, bedeutete JACKIE BROWN das Ende der nach PULP FICTION grassierenden Tarantino-Verehrung. Viele, die jenen Film für all jene Oberflächenmerkmale so liebten, die man damals mit dem Regisseur verband, kehrten ihm nach diesem mit Spannung erwarteten Drittwerk enttäuscht den Rücken. Sie vermissten wahrscheinlich die ausgestellte Coolness von Auftragskillern in schwarzen Anzügen und Bonnie-und-Clyde-Pärchen, die Dialoge über unterschiedliche Hamburger-Benennungen, die heftigen Gewaltausbrüche, die verschachtelte Narration. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass JACKIE BROWN einen sehr viel ruhigeren, gemächlicheren Rhythmus anschlägt. Ganz im Stile des Heist Movies spielen Langsamkeit und Geduld eine sehr wichtige Rolle. Ein großer Coup will sorgfältig geplant statt überstürzt werden und wer wüsste das besser, als Jackie und Max, zwei Menschen, die sich im Leben eingerichtet haben wie auf einer gut eingesessenen Couch? Ein Fauxpas wie Vincent Vega, dem Killer aus PULP FICTION, der auf der Toilette seiner Zielperson erschossen wurde, soll ihnen nicht passieren. Das, was ihnen an Skrupellosigkeit und Abgebrühtheit fehlt, machen sie durch Routine, Menschenkenntnis und Umsicht wett. Sie müssen gar keine Gewalt anwenden, weil sie die Situationen, die auf sie zukommen, antizipiert haben wie Schachspieler.

Die Jugend zieht in JACKIE BROWN konsequent den Kürzeren – wobei „Jugend“ hier durchaus relativ zu verstehen ist. Das Surfergirl Mel (Bridget Fonda), notgeile Gespielin von Robbie, glaubt, sich alles erlauben zu können, und endet mit zwei Kugeln im Leib. Beaumont (Chris Tucker) ist ganz einfach zu dumm, um zu begreifen, warum er nicht bei Robbie in den Kofferraum steigen sollte. Und Nicolette ist viel zu ehrgeizig, viel zu heiß auf den Ruhm, den ihm die Verhaftung des Waffenhändlers einbringen wird, um die Gefahr zu bemerken, in die er sich begibt. Man muss nur die Ruhe und Würde erkennen, mit der sich Jackie bewegt (bzw. die Tarantino ihr mit seiner Inszenierung zuweist), und sie mit der Selbstverliebtheit ihrer Kontrahenten vergleichen, um zu wissen, dass sie am Ende triumphieren wird. Schon wie sie in der Creditsequenz an dieser blauen Mosaikwand entlangschreitet, den Blick immer geradeaus gerichtet, totale körperliche Souveränität ausstrahlend, ist klar, dass sie sich auf ihrem Weg nicht aufhalten lassen wird. Pam Grier ist grandios in JACKIE BROWN, eine bessere Besetzung kaum denkbar. Sie verkörperte schon in den Siebzigern eine Art weiblicher Urgewalt, mit der Mann sich besser nicht anlegte, aber verfügte in ihrer Jugend über einen noch sehr ungeschliffenen Charme. Es war eher Trotzigkeit, die sie antrieb und sie manchmal auch über das Ziel hinausschießen ließ. Hier verpulvert sie keine unnötige Energie, geht höchst ökonomisch mit ihren Reserven um. Körpereinsatz muss sie fast nie zeigen, weil sie in der Lage ist, die anderen in ihrem Sinne zu lenken. Man sieht ihr eine gewisse Müdigkeit an. Nicht die körperliche Erschöpfung nach einer vollbrachten Anstrengung, sondern jene, die der jahrelange Alltag, der daily grind bei ihr hinterlassen hat. Aber diese Müdigkeit schärft auch noch einmal ihre Sinne, weil sie den Fokus auf ihre eigene Verletzbarkeit lenkt, während Robbie, Nicolette und Konsorten sich in ihrer virilen Kraft für unbesiegbar halten. Pam Griers Gesicht spiegelt diese Ruhe und Konzentration, den Willen, sich nicht mit den Verhältnissen abzufinden. Es ist kein Wunder, dass sich Max Cherry sofort in sie verliebt, wie sie da als reine weibliche Präsenz auf ihn zuläuft und noch in der Bewegung zu einem Denkmal weiblicher Selbstbehauptung kristallisiert (ich meine, damals wurde in der Rezension in der Splatting Image ausgeführt, wie Jackie durch die Montage immer ein Stück zurückversetzt wird, so als dehne sich der Weg, den sie zurücklegen muss, für Max Cherry ins Endlose). Sein Blick der Verzauberung wiederholt sich am Ende noch einmal, wenn Jackie nach gemeinsam überstandenem Abenteuer und einem innigen Kuss in ein anderes, neues Leben entschwindet und ihn, der ihre Kraft nicht hat, in seinem zurücklässt. Er muss sein Telefonat beenden, und sein Blick erinnert an den Killer Jules aus PULP FICTION, der eigentlich tot sein müsste, den aber alle Kugel auf wundersame Weise verfehlt haben. Als sei ein Tornado über ihn hinweggerauscht, ohne eine Spur zu hinterlassen. Auch Max ist Zeuge göttlicher Einmischung geworden.