THE ANNIHILATORS – in Deutschland unter dem Titel CITY COMMANDO von CBS-Fox auf Video verwurstet – erfuhr vor einiger Zeit das Arrow-HD-Treatment, was gleichermaßen absurd wie geil ist. Die New World Produktion aus der Hand von SILENT NIGHT, DEADLY NIGHT-Regisseur Charles E. Sellier ist alles andere als ein vergessener Klassiker oder übersehener Geheimtipp, sondern einer von Hunderten preiswert runtergekurbelter Reißer jener Zeit, die, mit einem geilen Coverartwork versehen, in die aus dem Boden schießenden Videotheken gekippt wurden, um den im Fahrwasser all der geilen Stallones, Schwarzeneggers und Norrisens riesigen Hunger der schnauzbärtigen Actionkundschaft zu stillen. Die Muskelprotze mit den Riesenwummen vor apokalyptischer Großstadtkulisse, die mindestens den besten Film aller Zeiten versprechen, entpuppen sich schließlich – und für den Kenner nicht sonderlich überraschend – als eher durchschnittlich Respekt einflößende Vietnamveteranen und die testosteronhaltige Megaaction, die man sich vor dem geistigen Auge ausmalt, bekam man damals auf ähnlichem Niveau im Wochenrhythmus bei EIN COLT FÜR ALLE FÄLLE oder DAS A-TEAM serviert. Okay, ein bisschen härter und räudiger ist THE ANNIHILATORS schon, aber um den Schlaf brachte Selliers DEATH WISH 3-Ripoff garantiert schon vor 34 Jahren niemanden. Selliers letzter Film ist billig, klischeehaft, hebt nie das in seiner Geschichte angelegte Potenzial, ist formal unambitioniert, aber rundum zweckmäßig und professionell – und in dieser Mischung auch ziemlich geil. Zumindest für mich.
Bill (Christopher Stone), Ray (Gerrit Graham), Garrett (Lawrence-Hilton Jacobs), Woody (Andy Wood) und Joe (Dennis Redfield) sind eine verschworene Einheit im Vietnamkrieg. Bei einem Einsatz wird Joe angeschossen und ist danach querschnittsgelähmt. Jahre später fällt er in seinem kleinen Gemischtwarenladen einem Überfall des fiesen Roy Boy Jagger (Paul Koslo) zum Opfer, dem Anführer einer Gang, die South Point, ein Elendsviertel in Atlanta, in Angst und Schrecken versetzen. Um ihren Freund zu rächen und die Ordnung in dem Stadtteil wiederherzustellen, reisen Joes alte Kumpels an.
THE ANNIHILATORS greift alle Klischees auf, die man als Fan des Eighties-Action- und -Vigilantenkinos so liebt: Da ist die verschworene Einheit harter Typen aus dem ja doch irgendwie coolsten Krieg aller Zeiten, die sich insgeheim lieber über den Haufen schießen ließen, anstatt einem eierlosen Bürojob nachzugehen; der heruntergekommene Stadtteil, in dem asoziale Flegel die braven Bürger drangsalieren, die sich einfach nicht trauen, sich zu wehren; und natürlich die untätige Polizei, die immer zu spät kommt, nichts anderes tut, als die Leichen einzusammeln und Autorität vorzugaukeln, wo eigentlich die pure Hilflosigkeit regiert. Kaum kommen die alten Armykumpels vorbei, geht ein Ruck durch die ängstlichen Bürger, werden sie im Nahkampf ausgebildet und nehmen sie sich ein Herz, sich den Bösewichten endlich entgegenzustellen. Unter den Helden befinden sich Typen wie der stets den Überblick behaltende Vatertyp (Stone), der gut gelaunte Irre (Graham), der stylische Afroamerikaner (Hilton-Jacobs) und der traurige, aber loyale Säufer (Wood), während die Gangmitglieder allesamt gut 20 bis 30 Jahre älter sind, als es in Gangs eigentlich üblich ist. Koslo sieht mit seiner Friese aus wie der Keyboarder der Puhdys und reißt den Hahn deutlich weiter auf, als es ihm angesichts der verblödeten Asis, die er da um sich geschart hat, und der hilflosen Gegner, die er sich aussucht, eigentlich zusteht. Und warum die Polizei sich so dämlich anstellt, versteht auch keiner: Es ist ja nicht gerade so, dass sich die Schurken große Mühe geben, unerkannt zu bleiben.
THE ANNIHILATORS ist zumindest für einen schäbigen Videofilm überdurchschnittlich gut besetzt und die üblichen Peinlichkeiten bleiben aus, aber er lässt etliche Chancen ungenutzt. Wie Winners erwähnter DEATH WISH 3 scheint er auf die Ausbildung der Ottonormalverbraucher durch die Veteranen abzuzielen, aber das bleibt dann eine bloße Behauptung. Es gibt zu Beginn eine putzige Trainingsmontage, in der die Soldaten den Bürgern Selbstverteidigung beibringen und wie man seinem Gegenüber einen Bleistift in den Hals rammt (no shit), aber das wird leider nie wirklich ausgespielt. Am Schluss sieht man zweimal, wie die Zivilisten den Helden zu Hilfe kommen, in dem sie den Schurken von hinten eins über den Schädel ziehen, aber dass hier eine Schlacht tobe, bei der „jeder mitmacht“, wie einer der Charaktere vollmundig euphorisiert behauptet, kann man als unparteiischer Betrachter nicht wirklich bestätigen. Überhaupt „Schlacht“: Schon bei DEATH WISH 3 war ja Schmalhans Küchenmeister, aber gegenüber THE ANNIHILATORS nimmt er sich aus wie APOCALYPSE NOW. Mir ist das bei solchen Dingern meistens völlig egal, weil es mir da eher um Attitude, jene gewisse Räudigkeit und eine Power geht, die nicht immer synonym mit Größe ist. Auch THE ANNIHILATORS nahm mich ein, weil der Film seine Klischees gut ausfüllt und einen wirklich herrlich trostlosen Schauplatz aufweisen kann. Im letzten Drittel, also eigentlich genau dann, wenn der Film sich seinem Höhepunkt nähert, geht ihm aber ein bisschen die Luft aus, weil er nichts mehr draufzusetzen hat. Ich kann ihm das nicht richtig anlasten, denn man merkt dem Film seine budgetären Zwänge in jeder Sekunde an. THE ANNIHILATORS ist bestimmt kein Werk, dass ich beim nächsten Gespräch über geilen Videoschund mit einer flammenden Rede bedenken werde, aber ich glaube, ich mag den Film nicht zuletzt deshalb so, weil er so durchschnittlich verläuft. Für mich gehört das zu diesen Dingern dazu: Dass man sie mit kindlicher Fantasie im eigenen Kopf größer macht als sie tatsächlich sind. Ich habe mit Filmen wie diesen das Filmesehen gelernt.