Mit ‘Rock Hudson’ getaggte Beiträge

Von den drei zuletzt gesehenen Rock-Hudson-Vehikeln ist das hier wahrscheinlich nicht das beste, aber dafür ganz sicher das witzigste. Nach drei italienischen Produktionen und einem britischen Film mit Sean Connery kehrte „Lollo“ nach Hollywood zurück, um erneut mit ihrem Co-Star aus COME SEPTEMBER zusammenzuarbeiten. Wie in diesem spielt sie – logisch – eine temperamentvolle Italienerin, die mit dem amerikanischen Beau in einer hitzigen Liebesbeziehung steckt. Der Zuschauer weiß ungefähr, was er zu erwarten hat, aber unter der Regie von Melvin Frank ist das alles eine Nummer absurder und comichafter als sonst. Und das ist dann auch der Schlüssel zum Erfolg, denn STRANGE BEDFELLOWS läuft gegen Ende völlig aus dem Ruder.

Hudson ist Curtis Harrison, erfolgreicher Vertreter eines großen amerikanischen Ölkonzerns, und seit sieben Jahren von seiner Frau, der italienischen Künstlerin Toni (Gina Lollobrigida) getrennt. Beide hatten sich einst Hals über Kopf ineinander verliebt, übereilt das Ja-Wort gegeben und dann festgestellt, dass sie einfach nicht zueinander passen: Er ein eher konservativ geprägter Kapitalist, sie eine voller Ideale steckende Aktivistin. Zu Beginn des Films treffen sich beide wieder und sofort sprühen die verloschen geglaubten Funken. Aber auch die alten Konflikte sind noch da. Toni engagiert sich im „Antiamerikanischen Bund“ und neuestes Ziel der Aktivisten ist eine Zensurmaßnahme: Die Statue eines italienischen Bildhauers wurde bei einer Ausstellung zensiert und aus Protest will Toni als Lady Godiva auf einem Pferd eine offizielle Veranstaltung sprengen. Pikantes Detail: Auf der Veranstaltung wird auch Curtis‘ Chef zugegen sein. Er will seinen besten Angestellten befördern, doch dazu muss dessen Privatleben völlig untadelig sein …

Man kann anhand der etwas umständlichen Inhaltsangabe schon erahnen, welche Wirrnisse STRANGE BEDFELLOWS erdichtet, um zu Lachern zu kommen. Und das ist erst der Anfang, denn nach bester Verwechslungskomödien-Strategie zieht jede Wendung eine wahre Kettenreaktion an unerwarteten Überraschungen nach sich, die die Protagonisten – allen voran den armen Curtis – vor neue Herausforderungen stellen. Auch wenn das mit dem „echten Leben“ alles rein gar nichts mehr zu tun hat, so trifft Frank doch meistens ins Schwarze – richtig daneben schießt er nie. Ja, aus heutiger Perspektive kann man es schon ein bisschen seltsam finden, wie die Männer da mit vereinten Kräften manipulieren und lügen, um sich die Zuneigung einer Frau zu sichern – und wie weit sie dafür gehen. Richtig nett ist das nicht, was Curtis mit Tina anstellt, auch wenn ihre blöden Aktivisten-Freunde durchaus eine Abreibung vertragen können. „Sexismus“ ist ein großes Wort, das ich hier nicht ganz passend finde, aber man merkt schon, in welcher Zeit der Film entstand. Unter den Mitgliedern von Tonis Verein befindet sich auch eine deutlich als unattraktive Schreckschraube gezeichnete Frauenrechtlerin und es ist ein Running Gag des Films, dass Curtis ihr immer wieder unabsichtlich zu nahe tritt, sodass sie sich von ihm belästigt fühlt: In einer aktuellen Komödie fände ich einen solchen Gag deutlich weniger verzeihlich als hier, wo man einfach merkt, dass da noch ein ganz anderes Rollenverständnis vorherrschte. Im Wesentlichen geht es hier aber genau um die Kluft zwischen diesen neuen gesellschaftlichen Strömungen und den Männern, die am Alten festhalten. Und da erfährt Curtis am Ende ja durchaus eine Läuterung, als er das Engagement seiner Frau vor Gericht verteidigt, obwohl er damit seine Karriere aufs Spiel setzt.

Fazit: Eine kurzweilige, höchst amüsante Komödie, die nicht ganz den Stil und die Klasse der Komödienhighlights aus dieser Zeit hat – aber immer noch genug davon, um eine Empfehlung wert zu sein. Viele Eindrücke vom Londo der swingin‘ sixties und einen Gastauftritt des unvergleichlichen Terry-Thomas gibt es als Bonus.

 

Feelgod-Komödien mir Rock Hudson, die zweite, diesmal noch verstärkt um das unvergleichliche Urlaubsflair dass das italienische Küstensetting mit sich bringt. Und natürlich Gina Lollobrigida, die neben der kurvenreichen Figur auch noch das feurige Temperament ihr eigen nennt (oder es zumindest für die Leinwand perfekt vorzutäuschen weiß), von dem Mulligans vergnügliche Komödie wesentlich profitiert.

Rock Hudson ist wieder einmal in seiner Paraderolle des gutsitutierten amerikanischen Geschäftsmanns zu sehen, dessen Charme alle Frauen erlegen sind. In diesem Fall hat es die Italienierin Lisa (Gina Lollobrigida) getroffen: Einmal im Jahr – immer dann, wenn ihr „Robertino“, wie sie Robert L. Talbot zu nennen pflegt, auf Geschäftsreisen in Italien weilt – ist sie seine Geliebte, liegt er ihr zu Füßen und trägt er sie auf Händen. Doch sie will mehr als einen Mann für ein paar Wochen, also plant sie die Hochzeit mit einem seriösen Briten. Bis der jährliche Anruf von Robert bei ihr eingeht: Der Zukünftige bekommt eine Abfuhr und wieder einmal beschließen die Liebenden sich in Roberts Anwesen für einen amourösen Urlaub zu treffen. Diesmal kommt ihren Plänen aber etwas in die Quere: Roberts Hausdiener Maurice (Walter Slezak) verwandelt das Haus während der Abwesenheit des Meisters nämlich in ein Luxushotel um, dessen Gäste er nun nicht mehr rechtzeitig vor der Ankunft der beiden Turteltauben loswird. Es handelt sich um einen Haufen vergnügungssüchtiger Teens …

Es ist interessant sich vorzustellen, wie COME SEPTEMBER heute wohl ausfiele. Es handelt sich nämlich um einen Film, der seinen Witz zu einem ganz erheblichen Teil daraus bezieht, dass seine beiden attraktiven Protagonisten am Bumsen gehindert werden: eine Cockblock-Comedy also. Es wird nie so richtig explizit gemacht, schließlich befinden wir uns im Jahr 1961, aber es ist dennoch ganz klar. Und es ist wahnsinnig putzig, wie wenig eigentlich nötig ist, um die beiden von ihren Plänen abzuhalten. Die bloße Anwesenheit anderer Gäste macht es den beiden unmöglich, auch nur im selben Zimmer zu nächtigen. Man ahnt, was heute für Geschütze aufgefahren werden müssten und wie häufig die Dialoge die schmerzenden Testikel des männlichen Protagonisten umkreisten. Aber um solcherlei Unrat soll es jetzt und hier nicht gehen, denn Robert Mulligan wusste diese durch und durch menschlichen Probleme auf eine Art und Weise zu behandeln, die man nur als „sophisticated“ bezeichnen kann. Was man jetzt nicht unbedingt mit anspruchsvoll verwechseln sollte, ganz im Gegenteil, aber COME SEPTEMBER ist in seiner alles erfassenden Leichtgkeit einfach beeindruckend.

Diese seine herausragendste Eigenschaft ist aber schon fast wieder ein Problem, denn richtig viel bleibt nicht hängen von ihm und im letzten Drittel, in dem die erwartbaren Konflikte auf ebenso erwartbare Art und Weise gelöst werden, geht ihm auch ein bisschen die Puste aus. Richtig herauststechend ist vielleicht noch am ehesten die Szene, in der Robert die vor spätpubertärem Omnipotenzwahn überlaufenden American boys um das britische Rock’n’Roll-Sternchen Bobby Darin gepflegt unter den Tisch säuft, triumphierend zu seiner Lisa zurückkehr, die er nun endlich für sich hat … und dann besoffen zusammenbricht. Aber dieser Mangel an einzelnen Highlights ist auch nicht so richtig entscheidend, weil COME SEPTEMBER einfach so gut reinläuft wie ein fruchtiger Cocktail auf dem Liegestuhl am Pool in der strahlenden Sonne. Es ist eine große Kunst, diese Leichtigkeit auf die Leinwand zu bringen, wahrscheinlich ganz besonders in so einer prestigeträchtigen Produktion. Rock Hudson tut, was er immer tut und ist famos darin, Gina Lollobrigida sieht fantastisch aus und ist besonders gut, wenn die aufbrausende Italienerin durchbricht. Die wunderbare Urlaubskulisse trägt viel zum Vergnügen bei. Es ist tatsächlich so: Diese Form des Entertainments hat Hollywood leider komplett verlernt.

Komödien mit Rock Hudson und Doris Day: In meiner Kindheit ein Fixpunkt im spärlich besetzten öffentlich-rechtlichen Filmprogramm, der Familienabende vor dem Fernseher prägte. Noch heute verkörpern diese Filme für mich zum einen die (frühen) Sechzigerjahre als bonbonbunte Verlängerung der Fifties und das, was manche Leute „feelood movies“ nennen, aber damit meist die falschen Filme bezeichnen. LOVER COME BACK ist einer der Klassiker der beiden, wunderbar leicht, mit tollen Performances und göttlichem Set Design – und Betrachtungen zu den Themen Karriere und Geschlecht, die einen abwechselnd mit ihre Progressivität überraschen, dann wieder ein nachsichtiges Augenrollen evozieren. Was das Vergnügen eher noch steigert und über die dramaturgische Beliebigkeit hinwegsehen lässt, der Manns Film im letzten Drittel anheimfällt.

Jerry Webster (Rock Hudson) ist erfolgreich in der Werbebranche unterwegs: Um Deals an Land zu ziehen, öffnet er schon einmal die Trickkiste, führt seine Klienten in zwielichtige Amüsierbetriebe, füllt sie ab und organisiert wilde Parties für sie. Der zugeknöpften Carol Templeton (Doris Day), die für die Konkurrenzagentur arbeitet, sind solche Manöver zuwider. Sie sagt Webster den Kampf an, doch dann verliebt sie sich in ihn – ohne ihr Wissen. Er gibt sich ihr gegenüber als Wissenschaftler aus, der für Webster ein neues Konsumprodukt erfinden soll. Und genau an diesem Produkt hat sich auch der jüngste Streit zwischen Templeton un Webster entzündet …

LOVER COME BACK ist eines der zahllosen Beispiele für jene turbulenten Verwechslungskomödien, auf die sich Hollywood einst so gut verstand. Die müde Inhaltsangabe kann das Vergnügen, das es bereitet, dem Film bei der Entfaltung seines Plots zuzuchauen, nur sehr unzureichend wiedergeben. Hudson und Day sind in ihren jeweiligen Paraderollen zu sehen – und dabei so überzeugend, dass man sich den Film kaum mit anderen Darstellern ausmalen kann. Hudson gibt den charmanten, von sich selbst überzeugten und erfolgreichen Junggesellen, dem die Frauen zu Füßen liegen und der diese Tatsache weidlich für sich zu nutzen weiß. Die Day ist das etwas prüde Mauerblümchen, der die Spielverderbermentalität selbst ein wenig auf die Nerven geht. LOVER COME BACK macht sich über beide lustig, auch wenn er sich mit dem Zuschauer insgeheim einig ist, dass es vor allem die Day ist, die einer dringenden Läuterung bedarf. Der Film stammt eben unverkennbar aus einer Zeit, in der der Grundstein für die bevorstehende Frauenbewegung und die fortschreitende Emanzipation gelegt wurden, der diese Frauen, die meinen, jetzt auch noch Karriere mache zu müssen, aber doch auch ein wenig putzig findet. Es ist schon auch ein wenig symptomatisch, dass Hudsons Webster gegenüber Days Templeton im Vorteil ist, sein Spiel mit ihr treibt und es sichtlich genießt, den Zeitpunkt, an dem er sie aufklärt, herasuzuzögern. Die Auflösung kann fast erwartunsggemäß nicht ganz mithalten, aber bis dahin gibt es dafür Tony Randall als neurotischen Vorgesetzten Websters („Krank seid ihr, KRANK!“ knallt er einem völlig ahnungslosen Pärchen im Vorbeigehen an den Kopf) sowie den Besuch von Templeton und Webster in einem Stripclub zu sehen in dem das „ID Girl“ Sigrid Freud auftritt. Der grausige Anzug, mit dem Webster zum ersten Date aufläuft ist ebenfalls ein Highlight. Und dass diese Bonbons, die für 10 Cent einen gepflegten Alkoholrausch erzeugen, noch niemand erfunden hat, ist ein echter Skandal!

 

 

Wenn selbst ein vermeintliches Liebhaberprojekt wie ELECTRIC BOOGALOO: THE WILD, UNTOLD STORY OF CANNON FILMS lediglich die tausendfach gehörte (und also keinesfalls „unerzählte“) Geschichte von den israelischen Bonzen mit dem miesen Geschmack erzählt, dann muss man sich wohl keine Illusionen darüber machen, dass die Produktionsfrma Cannon irgendwann einmal die Rehabilitation erfährt, die sie verdient hat. Möglicherweise ist das einfach zuviel verlangt: Dass eine Welt, die ein schnödes Langweilerprdoukt wie THE SHAWASHANK REDEMPTION ernsthaft für den besten Film aller Zeiten hält, die Schönheit eines TOUGH GUYS DON’T DANCE nicht erkennt, ist kaum verwunderlich. THE AMBASSADOR, Rock Hudsons letzter Film, bevor er an Aids starb, dauert noch keine zehn Minuten, da steht schon zum ersten Mal der Mund offen. Mal ganz von der unglaublichen Besetzung abgesehen: Welches große Studio hätte im Jahr 1984 sonst die Traute gehabt, eine Sexszene mit der barbusigen, damals bereits 52-jährigen Ellen Burstyn in die ersten zehn Minuten ihres Eventfilms zu packen?

Leider gibt es über THE AMBASSADOR sonst nicht viel Positives zu berichten. Zugegeben, das Ende ist schon ziemlich unglaublich, aber leider nicht auf die gute Art. Der Film setzt sich mit dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bzw. der PLO auseinander, erläutert seine Hintergründe zu Beginn in einem ausladenden Text und widmet sich den Bemühungen des amerikanischen Botschafters Peter Hacker (Robert Mitchum) als diplomatischer Vermittler zwischen den verfeindeten Parteien und als Friedensstifter zu fungieren. Seine Bemühungen kulminierem in einem übersteuerten Finale, in dem er israelische Studenten und Vertreter der PLO zusammenbringt und sie miteinander diskutieren lässt. Doch kaum hat eine Annäherung stattgefunden, skandieren die jungen Leute gemeinsam „Peace“, kommen auch schon die Terroristen mit den rotweißen Schals und ballern alle über den Haufen. Das Blutbad ist schockierend, doch die gelegte Saat geht dennoch auf. Nur wenige Stunden später gibt es vor dem Haus des Botschafter eine große Kundgebung und die mit Kerzen ausgestatteten Teilnehmer fordern erneut lautstark „Peace“. Hacker steht gerührt auf seinem Balkon: Sein Werk ist getan, er kann jetzt abreisen.

Das mag gut gemeint sein, aber mal davon abgesehen, dass die Darstellung unangenehm kitschig und naiv ist, stößt es schon etwas sauer auf, dass es lediglich die warmen Worte eines gütigen Amerikaners bedarf, um einen seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zu beenden. Es ist der größte, wenn auch nicht der einzige Fehltritt von Thompsons Film, der mit seiner Starbesetzung, den Originalschauplätzen und seinem aktuellen Thema den Eindruck großen Kinos erwecken möchte, aber nur eine ziemlich lahmarschige, durch krude Details zudem reichlich holprige Politschmonzette auf den Weg bringt. So hat Hackers Gattin Alex (Ellen Burstyn), die sich von ihrem Gatten vernachlässigt fühlt, eine Affäre mit dem Antiquitätenhändler Hashimi (Fabio Testi), der sich dann als wichtiger PLO-Mann entpuppt. Das gemeinsame Schäferstündchen wird von den Terroristen aufgezeichnet und Hacker damit erpresst, dass man den Film an die internationale Presse weitergeben will. Rock Hudson gibt Hackers Berater und Leibwächter Frank Stevenson, dessen Aufgabe es ist, seinen Chef zur Vorsicht zu mahnen oder Maulschellen an Finsterlinge zu verteilen. Aber richtig aus den Pötten kommt der Film nicht: Die Geschichte entwickelt sich zu einer Suche nach dem kompromittierenden Filmmaterial, aber ein nahe des Wachkomas agierender Mitchum erstickt mit seiner Indifferenz jedes Aufkommen von Spannung im Keim. Hier und da gibt es mal etwas, was über das bloß routinierte Formelkino hinausgeht, etwa die Dialoge zwischen Hacker und seiner Ehefrau, die die jahrzehntelange Vertrautheit der beiden Partner sehr schön einfängt, aber insgesamt ist THE AMBASSADOR vor allem betulich und öde. Schade, denn der Anfang lässt durchaus noch auf einen spannenden Politthriller mit aktuellem Bezug hoffen. So bleibt es nur ein weiterer der vielen irgendwie fehlgeleiteten Filme der Cannon, den zu verteidigen eine Aufgabe ist, der ich mich jetzt nicht stellen möchte. Für Trivialisten: Donald Pleasence wirkt als israelischer Minister Eretz mit, unter den Einheimische befinden sich unter anderem Zachi Noy und Jesse Katzur. Außerdem meine ich, Spiros Focás, bekannt als Rambos afghanischer Sidekick in RAMBO III, entdeckt zu haben, aber die IMDb möchte das nicht verifizieren.

 

Beim Filmgeschäft mit der Katastrophe durfte Roger Corman mit seiner New World Pictures natürlich nicht fehlen. Erwartungsgemäß kann er mit dem Schaulaufen der Stars, das andere aufboten, nicht mithalten, aber sein Hauptdarstellertrio ist dennoch recht beachtlich. Rock Hudson war in jener Zeit wohl recht verzweifelt und bereit, bei allem mitzumachen – EMBRYO anyone? -, trotzdem reicht seine bloße Präsenz, AVALANCHE aufzuwerten.

Bevor ich auf den Film selbst eingehe, muss ich mich um die Tücken des Katastrophenfilms kümmern. Vor allem die Naturkatastrophen erweisen sich immer wieder als pain in the ass. Sie kommen, wann sie wollen, oft ohne erkenn- oder wenigstens beeinflussbare Ursache, brechen herein, ohne dass man viel dagegen tun kann, und sind dann wieder vorbei. Spannung? Fehlanzeige. Auch bei AVALANCHE ist das das größte Manko: Da kann der Fotograf und Umweltkenner Nick Thorne (Robert Forster) noch so sehr vor der Lawinengefahr warnen und die Bausünden von Davis Shelby (Rock Hudson) kritisieren, am Ende ist es ein durch menschliches Versagen verursachter Flugzeugabsturz, der die Lawine auslöst und jede Illusion von dramaturgischer Kausalität zerstört. Irgendwann muss der Schnee halt runterkrachen, der Anlass ist da fast egal und alles, was dem Spektakel vorausgeht, ist bloß Makulatur. Was wiederum gut zu New World Pictures passt: Es gibt ein bisschen Melodrama und Sex (natürlich ohne die Stars) und viel Wintersport, um die Zeit zu überbrücken, wobei es Regisseur Allen vor allem die haarsträubenden Stürze angetan haben, von denen es eine ganze Reihe gibt, die mitunter unweigerlich das Gesicht verziehen lassen.

Es dauert eine geschlagene Stunde, bevor die Lawine auftritt, viel Zerstörung anrichtet und Tote fordert – und dann ist sie – anders als der Film – auch schon wieder vorbei. Die letzten 15 Minuten widmen sich den diversen Rettungsaktionen, bei denen sich alle möglichst panisch und unorganisiert verhalten, damit noch der ein oder andere Autocrash dabei abfällt. Man spürt förmlich die Befreiung und die Lust an Action, Zerstörung und Verwüstung, nachdem zuvor krampfhaft 60 Minuten lang auf ernstes Drama gemacht und ein ernstes Gesicht aufgesetzt wurde. Das Ende ist auch hübsch, wie Hudsons Shelby da inmitten seines zerstörten Urlaubsparadieses steht, auch seine Ex-Frau Caroline (Mia Farrow) nicht zurückgewinnen konnte und einen Schluck aus der Chamapgnerbuddel nimmt. Wahrscheinlich ist es auch deshalb so schön, weil man solche Zurückhaltung hier beim besten Willen nicht erwarten konnte.

poster20-20pillow20talk_02PILLOW TALK ist wohl einer der manipulativsten Filme, die ich in der jüngeren Vergangenheit gesehen habe. Wie er sich seinen Protagonisten und vor allem Doris Day gegenüber verhält, ist schon eine ziemliche Unverschämtheit. Darüber hinaus liefert er natürlich einen aufschlussreichen Einblick in die Geschlechterpolitik der späten Fünfzigerjahre, als die Welt sexuell noch wohlgeordnet war, zumindest in Hollywoodkomödien. Als aufgeschlossener und aufgeklärter Zuschauer bekommt man hier eine teilweise ziemlich harte Nuss zu knacken, aber gerade auch deshalb fand ich den Film so toll. Dass er diese wunderbar farbenfrohe Optik und den typischen Schwung und Drive von Hollywood-Komödien jener Zeit hat, schadet gewiss auch nicht. Und das wichtigste: PILLOW TALK ist trotz – oder gerade wegen – aller Vorbehalte ziemlich lustig.

Seine Prämisse ist wie folgt: Die erfolgreiche und alleinstehende Inneneinrichterin Jan Morrow (Doris Day) muss sich mit dem Komponisten und Filou Brad Allen (Rock Hudson) eine Telefonleitung teilen. Selbst kommt sie kaum zum Telefonieren, weil Brad ständig die Leitung mit seinen unzähligen Eroberungen blockiert, denen er im Stile eines Casanovas sweet nothings ins Ohr säuselt. Jan ist nicht nur genervt, sie ist auch von der durchsichtigen Masche des Junggesellen und der Naivität seiner Gespielinnen schockiert und hält mit dieser Meinung ihm gegenüber nicht hinterm Berg. Für ihn hingegen ist klar, dass Jan eine frustrierte Jungfer ist, die dringend mal einen richtigen Kerl braucht. Als Jans wohlhabender Kunde und Verehrer Jonathan (Tony Randall), gleichzeitig ein Freund Brads, diesem von seinem neuesten Schwarm berichtet, und Brad begreift, um wen es da geht, wird er neugierig: Er nähert sich Jan unter Vorspiegelung einer falschen Identität und erobert das Herz der Frau, die natürlich irgendwann hinter den Betrug kommt …

Die größte Unverfrorenheit von PILLOW TALK steht gleich am Anfang, wenn der Film sich Brads Meinung über Jan komplett zu eigen macht. Mag ihr Gehabe auch etwas humorlos und verkniffen sein, ihr Ärger über den Mann, der ihre Telefonleitung in Beschlag nimmt, ist durchaus verständlich, sie deshalb zur sexuell frustrierten Lustfeindin zu erklären, reinster Sexismus. Nach Auffassung von PILLOW TALK ist eine Frau, die nicht die heilige Ehe und das Hausfrauendasein an der Seite eines erfolgreichen Mannes anstrebt und den ganzen Tag darauf wartet, sich von ihrem Hengst begatten zu lassen, nur eine halbe. Sogar Jans Haushälterin, die schon morgens sturzbesoffene Alma (Thelma Ritter), ist der Überzeugung, ihre Arbeitgeberin solle sich nicht so anstellen und mal ordentlich durchziehen lassen. Das hedonistische Machogehabe Brads hingegen, der allen seinen floozys erzählt, was sie hören wollen, sie glauben lässt, sie wären sein ein und alles, ist im höchsten Fall ein Kavaliersdelikt, eigentlich aber sogar insgeheim adorable. PILLOW TALK kommt im weiteren Verlauf zu einer etwas diplomatischeren, differenzierteren Betrachtung, schlägt sich bis dahin aber in einer Art und Weise auf die Seite Brads, dass einem die Spucke wegbleibt.

Er wird durch das Drehbuch in eine gegenüber seinem weiblichen Gegenüber privilegierte Situation gebracht: Er weiß, wer Jan ist, ohne dass diese eine Ahnung über seine wahre Identität hat. Als texanischer Tourist Rex nähert er sich ihr als wahrer Gentleman, schaltet sich aber als Brad immer wieder in ihre Telefonate mit dem virtuellen Rex, um sich einen Spaß mit der nichts ahnenden Frau zu machen – und sich selbst als Rex wiederum in eine bessere Position zu bringen. Einmal warnt er die in Männerdingen ja so unbeschlagene Jan: Er kenne solche „gentlemen“ zu Genüge, in Wahrheit wollten auch sie nichts anderes, als ihre Eroberung in ein Hotelzimmer und dann auf die Matratze zu zerren. Tatsächlich nimmt „Rex“ Jan beim nächsten Date mit in sein Hotelzimmer, doch anstatt sie dort zu überfallen, zeigt er ihr nur die Aussicht über den Central Park. Als Jan dies gegenüber Brad geradezu triumphierend mitteilt, suggeriert er ihr, dass Rex ein heimlicher Schwuler sein könnte, der unter einem Mutterkomplex leide. Das Drehbuch hält Jan den ganzen Film über in der passiven Rolle der manipulierten Frau und freut sich mit Brad über dessen „gelungenen“ Streich. Dass er sich tatsächlich in sie verliebt hat, ist eher der Konvention geschuldet, als es das Machtverhältnis umdrehen würde. Erst ganz am Schluss gestattet der Film seiner Protagonistin die Rache, als sie Brads Wohnung in einen innenausstatterischen Albtraum voller Ethnokitsch, grauenhafter Statuen, ausgestopfter Tiere und von der Decke hängender Vorhängn und Troddeln verwandelt. Aber da hat sie selbst insgeheim schon beschlossen, mit ihm zusammen sein zu wollen.

In einer sehr bizarren Episode versteckt sich Brad in der Praxis eines Entbindungsarztes und sieht sich gezwungen, bei der verdutzten Sprechstundenhilfe einen Termin wegen diffuser Magenprobleme zu machen. Als er die Praxis danach wieder verlässt, bekommt die arme Frau den Ärger des Arztes ab, der in dem vermeintlich schwangeren Mann ein Wunder der Medizin vermutet. Der Gag wird später noch einmal aufgegriffen, wenn die Sprechstundenhilfe Brad aus einer Frauentoilette kommen sieht. Dieser kleine Exkurs lässt vermuten, dass sich PILLOW TALK über die rigiden gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen für Mann und Frau bewusst ist, aber wirklich distanzieren kann er sich nicht davon. Eher ist er davon überzeugt, dass das, was vor 1.000 Jahren schon „richtig“ war, auch heute nicht umgeworfen werden muss. Das Typecasting von Doris Day und Rock Hudson tut sein Übrigen: Die Rollenklischees werden mit Augenzwinkern zur Kenntnis genommen, aber dann doch wieder zementiert. Die herzlichsten Lacher gehen auf das Konto von Thelma Ritter und Tony Randall. Beste Szene: Ritters Alma säuft Hudsons Brad am hellichten Tag unter den Tisch. Seine konsternierte Zusammenfassung des Erlebnisses: „I stayed with her through a bottle of Scotch and then lost her half way through the Vodka.“

embryoFilme wie EMBRYO sind mir mit die liebsten. Wir haben es hier mit einer Hollywoodproduktionen zu tun, bei der etwas ganz erheblich schiefgelaufen und die infolgedessen zu einem unerklärlichen Fiasko geraten ist. Auch die Anwesenheit des großen Rock Hudson (im Herbst seiner Karriere) kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser sicherlich gut gemeinte SciFi-Horrorfilm eine bodenlose und nahezu unerklärliche Geschmacksentgleisung ist, die wahrscheinlich selbst im Bahnhoskino eine Massenflucht der anwesenden Obdachlosen verursacht hätte (so sie nicht vom wärmespendenden Anblick der nackten Barbara Carrera zurückgehalten worden wären). Aber die Reaktionen, die dieser Film bei einem „normalen“ Publikum einst auslöste? Schade, dass man das wohl nie erfahren wird. Vorab eine Warnung: Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, sich den Film aber nicht von mir verderben lassen will, hört hier auf zu lesen, denn es hagelt Spoiler.

EMBRYO beschäftigt sich im Stile der Science-Fiction-Mahnfabel mit der Behandlung von Embryonen ex utero und den natürlich verheerenden Folgen, die diese nach Genrelogik nach sich zieht. Rock Hudson gibt den ganz und gar freundlichen, humanistisch gesinnten, verwitweten und gar nicht so verrückten scientist Holliston, dem es gelingt, das Junge einer sterbenden Hundemama durch Verabreichung eines Wachstumshormons zu retten, das das Tier binnen weniger Tage voll ausreifen lässt. Der vermeintliche Erfolg – nur der Zuschauer weiß, dass der Hund ein unberechenbarer Killer ist, der auch vor niedlich bejackten Yorkshires nicht haltmacht – führt Hollister dazu, bei einem befreundeten Arzt einen menschlichen Embryo anzufragen, einen, der anderenfalls eh keine Chance auf Überleben hätte. Was man als Arzt halt so macht. Er bekommt das gewünschte Objekt ohne große Probleme und geht sogleich ans Werk. Ralph Nelson, der zuvor immerhin mal den späten Noir-Klassiker REQUIEM FOR A HEAVYWEIGHT, den Oscar-nominierten LILIES IN THE FIELD und den Aufreger SOLDIER BLUE gedreht hatte, inszeniert fast das gesamte erste Drittel als semidokumentarischen Lehrfilm: Man sieht Rock Hudson in seinem Privatlabor an Gummiembryos rumhantieren, Injektionen verabreichen, ungeduldig-zweifelnd dreinblicken und durch Mikroskope schauen, hört dazu seinen Fachkommentar als Voice-over. Man fühlt sich unweigerlich an billigste Frankenstein-Klopper erinnert, nur dass sich in denen eben Gordon Mitchell oder John Carradine durch die Pappkulissen chargierten und nicht Rock Hudson. Der Film quält sich mit ernstem Blick durch diese „Geburtswehen“, bis im Brutkasten die zwar erst wenige Wochen alte, aber bereits zu Hosen anschwellen lassender Blüte gereifte Barbara Carrera liegt.

EMBRYO wird nach diesem reichlich wahnsinnigen Auftakt etwas gemäßigter, was aber nicht heißt, er wäre nun weniger bescheuert. Hollisters „Kind“ Victoria entpuppt sich nach seiner, ähem, Erziehung – man sieht in einer kurzen Montage, wie er ihr geduldig den Globus erklärt, sie durch Mikroskope gucken lässt etc. – als superintelligent, aber eben mit dem Gemüt eines Kindes ausgestattet. Trotzdem hält er es für eine gute Idee, sie als seine Assistentin in die feine Gesellschaft, in der er sich aufzuhalten pflegt, einzuführen. Zunächst geht alles gut, weil Victoria mit ihrem Charme (und ihren festen Brüsten wahrscheinlich) alle Herzen im Sturm erobert, obwohl sie doch im Grunde genommen eine üble, emotional unterentwickelte Streberin ist, die die Welt nur aus Büchern kennt. Aber bald schon ziehen dunkle Wolken auf: Victoria erleidet, unbemerkt von Hollister, schlimme Anfälle, und sie findet heraus, dass sie durch das forcierte Wachstum bereits langsam stirbt. Die Suche nach dem Hormon, dass ihren Tod verhindern kann, führt sie zu Hollisters schwangerer Tochter Helen (Alfs Adoptivmama Anne Schedeen). EMBRYO endet stilecht kintoppmäßig mit einem Kampf in Hollisters Labor, bei dem sein durch Kaiserschnitt auf die Welt geholtes Enkelkind lustig auf den Boden klatscht, und einer Verfolgungsjagd, in deren Verlauf er die mittlerweile wie eine alte Vettel aussehende Victoria beherzt von der Straße drängt und sie anschließend versucht, in einem Teich zu ersäufen. Als die Polizei auftaucht, steht er natürlich dumm da, aber das ist nichts gegen den Schock, der ihn ereilt, als sich herausstellt, das Victoria sein Kind erwartet. The End.

Inhaltlich ist EMBRYO eigentlich nicht besonders erwähnenswert: Er erzählt eine genretypische Story, die in ähnlicher Form bereits dutzendfach erzählt worden ist. Was Nelsons Werk auszeichnet und zu einem solch herausragenden Casefile hoffnungslosen Hollywood-Filmmakings macht, ist die Tatsache, dass er eben gar kein Genrefilm sein will, sondern seine haarsträubende Geschichte mit salbungsvollem Ernst und der unerschütterlichen Überzuegung in ihre gesellschaftliche Bedeutung erzählt. Tonal ist EMBRYO bis auf wenige Szenen kein Horrorfilm, sondern ein Drama, was ihn überhaupt erst zu dieser Geschmacksentgleisung werden lässt. Mal ganz davon abgesehen, dass die ganze Prämisse total bescheuert ist, ist die Beziehung zwischen Hollister und Victoria mehr als nur anstößig. Dass der Protagonist nicht bemerkt, auf welch wackliges Terrain er sich da begibt, liegt in der Natur der Sache, aber dass Nelson und Hudson das auch alles völlig normal zu halten scheinen, führt EMBRYO endgültig über die Klippe. Visuell und formal bewegt sich Nelsons Film auf Fernsehniveau (so weit ich das anhand meiner nicht optimalen Fassung beurteilen kann), aber auch intellektuell und emotional fühlt man sich hier an melodramatische Vorabendserien der Siebzigerjahre erinnert. In einer Szene bringt Hollister Victoria das Sprechen (und nach der verblüffenden Logik des Films auch das Rechnen) bei, indem er immer wieder sagt „One plus one is two, two plus two is four, four plus four is eight, eight plus eight is sixteen, sixteen plus sixten ist thirtytwo“. Victoria wiederholt das irgendwann selbstständig und mit holpriger Diktion und der Film zeichnet das als großen, ergreifenden, ja geradezu triumphalen Moment, der Hollister ein beglücktes Lachen aufs und die Tränen der Rührung ins Gesicht treibt. Als Zuschauer sitzt man hingegen nur fassungslos da und kann die Unbeholfenheit des Ganzen kaum in Worte fassen. Da wünscht man sich dann auch eine von Rock Hudson verabreichte Intelligenzspritze.

 

 

 

Wer hätte das gedacht? Wenn der französische Erotomane Roger Vadim in seinem US-Debüt das Drehbuch von STAR TREK-Erfinder Gene Roddenberry verfilmt, kommt dabei eine ziemlich bizarre Sexkomödie mit Serienmörderplot  heraus, in der Rock Hudson sich selbst und Angie Dickinson eine Lehrerin spielt, die nicht weiß, dass sie im Körper eines Lustobjekts steckt.

Der 17-jährige Ponce (John David Carson) steht zwischen den beiden. Er ist noch Jungfrau und wird von Dauererektionen geplagt, weil an seiner Schule nur gut gebaute Supermodel-Kandidatinnen ihren Abschluss zu bauen scheinen. Die Aushilfslehrerin Betty Smith erregt ihn besonders, bekommt jedoch gar nicht mit, dass sie ihm ständig den Po oder die Brüste entgegenstreckt. Als er auf die Toilett flieht, um sich zu erleichtern, findet er die Leiche einer MItschülerin. Captain Sam Surcher (Telly Savalas) leitet die folgenden Ermittlungen, die um den Coach der Footballmannschaft und Schulpsychologen Michael „Tiger“ McDrew (Rock Hudson) kreisen, der Einblick in die Seele des Killers gewähren soll. Direktor Mr. Proffer (Roddy McDowall) hofft indesen vor allem, dass der Mordfall die Austragung des wichtigen Footballspiels nicht gefährdet.

Vadims Film ist einerseits eine satirische Auseinandersetzung mit amerikanischen Wertvorstellungen, andererseits ein fast philosophisch angehauchtes Bekenntnis zum ungehemmten Sex. Rock Hudson gibt den Mann gewordenen amerikanischen Traum, vor dem Frauen zitternd in die Knie gehen, und Männer andächtig lauschen, auf das etwas von seiner Magie auf sie überspringe. „Tiger“ kann alles: Als Psychologe trägt er zur rekordverdächtigen Abschlussquote der Schule bei, das Footballteam treibt er von Erfolg zu Erfolg, er hat eine wunderschöne Ehefrau sowie ein bezauberndes Kind, und er befriedigt jeden sexuellen Wunsch, der ihm entgegengebracht wird. Es gelingt ihm sogar, seine gelegentllichen Morde nicht mit seinem Selbst in Konflikt treten zu lassen. Und er züchtet mit Ponce sogar einen Nachfolger heran, als er den mit der ahnungslosen Mrs. Smith verkuppelt.

Ich finde PRETTY MAIDS ALL IN A ROW gar nicht so seltsam wie Nathan Rabin in diesem trotzdem sehr lesenswerten Text, der den Film so umfassend behandelt, dass mir kaum noch etwas einfällt. In seiner zynischen Überführung utopischer Freier-Liebe-Klischees in einen albtraumhaften amerikanischen Narzissmus ist er sehr Kind seiner Zeit, gleichzeitig half es wohl, dass ein Europäer hinter der Kamera stand, der von außen auf diese spezielle Form des entitlements blicken konnte, die „Tiger“ McDrew idealtypisch verkörpert. Nietzsche schwebten für seinen Übermenschen sicherlich höhere Ideale vor, „Tiger“ liefert eine sehr weltliche Intepretation der nietzscheanischen Philosophie ab: Ficken, was bei drei nicht auf dem Baum ist, umbringen, was danach noch Schwierigkeiten bereitet, und sich keinen Kopf drum machen. Wer so geil ist, für den gelten Ausnahmeregeln. Was PRETTY MAIDS ALL IN A ROW von ähnlichen Gesellschaftssatiren unterscheidet, ist die Abwesenheit jeder Bitterkeit. Unsympathisch ist dieser „Tiger“ niemals, im Gegenteil. In einer durch und durch oberflächlichen Welt ist er sogar der einzige, der authentisch und ehrlich wirkt. Und Rock Hudson, dessen langsam aus den Fugen geratender Körper dekadente Maßlosigkeit und Genussfreude widerspiegelt, ist ein geradezu brillanter Besetzungscoup. Definitiv ein Film für einen zukünftigen Hofbauer-Kongress.

ice_station_zebra_xlgUm ICE STATION ZEBRA, der heute meist als verkappter Trashfilm im teuren Gewand des Blockbusters belächelt wird, rankt sich eine wunderbare kleine Anekdote, derzufolge dies der erklärte Lieblingsfilm des Moguls Howard Hughes war. In seinem Privatkino soll er eine Kopie des Films weit über 100 mal laufen lassen haben, und wenn er in Las Vegas war, wo er einen lokalen Fernsehsender besaß, pflegte er dort stets anzurufen, um die Ausstrahlung des Films zu bestellen. Paul Anka schrieb in seiner Autobiografie, dass man daran erkennen konnte, dass Hughes in der Stadt war: „You’d get back to your room, turn on the TV at 2 a.m. and the movie ‚Ice Station Zebra‘ would be playing. At 5 a.m., it would start all over again. It was on almost every night. Hughes loved that movie.“ Ich liebe diese Geschichte vor allem deshalb so sehr, weil sie so viel über Filmleidenschaft sagt. ICE STATION ZEBRA ist objektiv betrachtet – was immer das bedeuten mag – ganz gewiss kein Film, der solche Hingabe unbedingt erfordert. Und wären mir solche apodiktischen Behauptungen nicht zuwider, würde ich mich wahrscheinlich gar dazu hinreißen lassen, ihn als „schlecht“ zu bezeichnen – was nicht heißt, dass er mir nicht gefallen hat, doch dazu später mehr.

Der mit zweieinhalbstündiger Laufzeit viel zu lange Film ist ein recht kläglich gescheiterter Versuch, großes, buntes Abenteuerkino im Stile von THE GUNS OF NAVARONE (oder Sturges‘ THE GREAT ESCAPE) zu machen. Wie ersterer basiert auch ICE STATION ZEBRA auf einem Roman von Alistair MacLean, und er sollte 1963 unter Mitwirkung der NAVARONE-Stars Gregory Peck und David Niven in Produktion gehen. Daraus wurde jedoch nichts und als 1967 nach etlichen Rewrites endlich die erste Klappe fiel, war eine gänzlich neue Besetzung an Bord. Dem Erfolg tat das keinen Abbruch, auch wenn die Kritiker nicht gerade begeistert waren. Aber von der Größe des Vorbilds ist in ICE STATION ZEBRA nichts mehr zu sehen: Die ersten 90 Minuten des Films spielen ausschließlich an Bord eines U-Boots, danach begeben sich die Stars auf Expedition über einen im Studio nachgebauten Nordpol (wo sie in ihren dicken Jacken sicherlich brutal geschwitzt haben müssen). Die Geschichte ist durchaus interessant, die Spannung wird langsam aufgebaut, darf sich dann aber nie in dem Finale entladen, das man sehnsüchtig erwartet. Selbst der Showdown im Eis ist nicht mehr als eine zähe Verhandlung zwischen den von Captain Ferraday (Rock Hudson) angeführten Amerikanern und den Russen. 

Trotzdem übte ICE STATION ZEBRA einen mir unerklärlichen Reiz auf mich aus. Einen Teil meines Gefallens kann ich sicherlich auf die Schauspieler zurückführen: Vor allem Patrick McGoohan ist spitze als mysteriöser Geheimagent, aber auch Ernest Borgnine als neugierig-freundlicher Russe ist gewohnt toll und Rock Hudson ist halt Rock Hudson. Ich mag ihn einfach. Aber genauso wichtig ist diese mit äußerstem Ernst und Geduld erzählte Geschichte, die Suggestion, dies sei eben nicht bloß Kintopp, sondern großes, vielleicht gar tagesaktuelles Kino. Der Aspekt des Make-believe, der hier noch eine größere Rolle spielt als bei anderen Filmen, weil man ihm abnehmen muss, dass seine Studiosettings das Interieur eines U-Boots und der Nordpol sind. ICE STATION ZEBRA ist fürchterlich aus der Zeit gefallen, wirkt streckenweise wie ein B-Movie aus den Fünfzigern, das man mit einer Multimillionen-Dollar-Injektion gedopt hat. Diese Kluft zwischen dem was sein sollte und dem was ist, dazu diese fast comichaft-surreale Künstlichkeit: Das macht seinen Reiz aus. Es wundert mich nicht, dass zu den Fans des Films auch John Carpenter zählt, der ihn als ausgewiesenes guilty pleasure beschreibt, ohne jedoch genau erklären zu können, was er an ihm genau schätzt. Während des Films dachte ich noch, dass seine Settings und die Atmosphäre in der titelgebenden Eisstation etwas an sein THE THING erinnern, nun weiß ich, dass sich Carpenter hier ganz sicher hat inspirieren lassen. Und die Frage nach „gut“ und „schlecht“ macht dann tatsächlich keinen Sinn mehr. Warum an etwas herummäkeln, das so vielen tollen Menschen so viel Freude bereitet?

THE LAST SUNSET ist der erste Farbfilm von Robert Aldrich seit VERA CRUZ und auch der erste Film seit diesem, der – wie es für den Western typisch ist – Räume und Blicke öffnet, anstatt sie zu beschränken. Dominierten in den vorangegangenen Schwarzweiß-Filmen dräuende Schatten und Innenräume das Bild, sind es hier die Sonne, das strahlende Blau des Himmels und die Weite der Landschaft. Thematisch bleibt sich Aldrich treu: Dennoch kann man kaum verhehlen, dass THE LAST SUNSET auf einer versöhnlicheren Note endet, als die Filme zuvor. Für einen der Protagonisten ist die Sonne zwar soeben zum letzten Mal untergegangen, aber sie wird am nächsten Tag wieder am Himmel stehen und mit ihrem wärmenden Licht auf das Leben der Verbliebenen scheinen. Natürlich trägt auch das Sujet dazu bei, dass man diesen Film als warm, melancholisch und sentimental zwar, aber eben doch als hoffnungsfroh empfindet. Die Ruinenlandschaften und die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs liegen in weiter Ferne und mit ihnen auch konkretes menschliches Leid. In der texanischen Prärie kann der Mensch sich hier wieder einer besseren Zukunft entgegenträumen, die hinter dem Horizont liegt. Doch dafür muss er erst die Vergangenheit ad acta legen.

In THE LAST SUNSET stehen sich erneut zwei Männer als Rivalen gegenüber. Wie auch schon in VERA CRUZ oder TEN SECONDS TO HELL verhalten sich diese Rivalen zueinander jedoch nicht wie Licht und Schatten, sondern eher wie Spiegelbilder. Beide teilen eine Obsession, die sich jedoch jeweils etwas anders äußert. Kirk Douglas ist Brendan O’Malley, ein Draufgänger und Abenteurer und die Jugendliebe von Belle Breckenridge (Dorothy Malone), die nun zusammen mit dem Alkoholiker John (Joseph Cotten) und ihrer Tochter Melissa (Carol Lynley) auf einer Ranch lebt. Brendan wird vom unwissenden John angeheuert, um beim bevorstehenden Viehtreck zu helfen – und gesteht dem Mann unumwunden, dass er ihm dessen Frau nehmen wird, die er seit damals nie vergessen hat. Bei diesem Plan kommt ihm jedoch Dana Stribling (Rock Hudson) in die Quere. Er ist auf der Suche nach Brendan, weil dieser seinen Schwager erschossen hat. Er lässt sich von ihm überreden, beim Treck zu helfen, aber keinen Zweifel daran, dass er ihn, am Ziel angelangt, umbringen wird. Als auch er sich in Belle verliebt, hat er noch einen Grund mehr, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sowohl O’Malley wie auch Stribling klammern sich an die Vergangenheit, doch während ersterer sie wieder aufleben lassen möchte, muss Stribling sie abschließen, um neu anfangen zu können. Und dabei steht ihm eben O’Malley im Weg – in doppelter Hinsicht. Letzten Endes erkennt O’Malley selbst, dass er für die Zukunft verloren ist. Er geht in das Duell mit Stribling, wissend, dass er verlieren muss, um den Menschen, die ihm etwas bedeuten, einen neuen Sonnenaufgang zu bescheren.

THE LAST SUNSET ist wunderbar. Er kreuzt die Abenteuer- und Westernelemente von VERA CRUZ mit dem Melodram von AUTUMN LEAVES, den Aldrich ja als „classy soap opera“ bezeichnete, scheut nicht vor Romantik oder gar Kitsch zurück, triumphiert aber, weil alles durch Struktur und Charaktere zusammengehalten wird. Vor allem Kirk Douglas ist herausragend. Die Figur des aufbrausenden, leidenschaftlichen Arschlochs O’Malley formt er zu einem Charakter aus Fleisch und Blut, den der Zuschauer im Verlauf des Filmes – gerade wegen seiner Zerrissenheit – immer mehr ins Herz schließt. Um ehrlich zu sein: Douglas‘ Performance und O’Malleys Schicksal haben mich beinahe zu Tränen gerührt. Der Moment, in dem er realisiert, dass sein Glück nur auf Kosten von Leid und Schmerz für die anderen erkauft werden kann und die Konsequenz daraus zieht, ist ebenso heroisch wie tragisch. Es ist kein Moment des großen pathetischen Überschwangs: Erkenntnis und Entscheidung zeichnen sich einzig und allein in seinem Gesicht ab, sind dabei so deutlich lesbar, als würden sie ausgesprochen werden. Im Grunde genommen ist O’Malley ein Spätwesternheld: Im Gestern lebend, ist seine Zeit längst abgelaufen. Sein Typus ist nicht mehr gefragt, er ist ein wandelnder Anachronismus, der der Geschichte im Weg steht. Doch anders als etwa Peckinpah in THE WILD BUNCH macht Aldrich den Umbruch nicht historisch fest. Das Überkommen-Sein ist bei ihm keine Frage des Zeitenwandels, sondern der Psychologie. Für O’Malley gibt es kein Morgen, er hat sich mit Haut und Haaren der Vergangenheit verschrieben, die sich nicht wiederholen lässt. Rock Hudson muss als etwas langweiliger Stribling gegenüber Douglas verblassen, aber seine Darbeitung ist nicht etwa eine Fehlleistung, vielmehr stellt er sich in den Dienst des Films, der neben O’Malley keine zweite Figur verträgt, die die Leinwand ähnlich füllen würde. Douglas ist als O’Malley brennende Leidenschaft, glühender Zorn und innere Aufruhr. Stribling ist die Klarheit, Nüchternheit, Vernunft. Er ist nicht der Typ, dem man stundenlang zuhören möchte, aber der, auf den man sich immer hundertprozentig verlassen kann.

Wie VERA CRUZ ist auch THE LAST SUNSET ein Film der Spiegelungen, Dopplungen und Kreisbewegungen: O’Malleys Ankündigung, Breckenridge die Frau nehmen zu wollen, findet ein Echo, wenn Stribling Belle förmlich androht, dass er sie zur Frau nehmen werde. Belle, die als junge Frau im gelben Kleid O’Malleys Erinnerungen erfüllt, wird später durch ihre Tochter Melissa ersetzt, die sich dem älteren Mann im selben Kleid anbietet und ihm ihre Liebe gesteht. Und in dieser jungen, aufkeimenden Liebe zwischen dem jungen Mädchen und dem älteren Mann spiegelt sich schließlich, was Belle O’Malley auf dessen Avancen erwiderte: dass er nicht sie liebe, sondern das junge Mädchen, an das er sich erinnert. Er rennt einem Bild hinterher. Und weil dieses immer mehr verblasst, will er es mit neuem Leben füllen. Weil Belle sich verweigert, soll Melissa die klaffende Lücke füllen. Doch dann offenbart sich ihm auf die denkbar deutlichste Art und Weise, dass er sich im Kreis dreht. Vergangenheit und Gegenwart sind in THE LAST SUNSET unentwirrbar verwoben. Seine Protagonisten zahlen immer noch die Schulden ab, die sie in der Vergangenheit angehäuft haben. Das Konto muss ausgeglichen werden, damit Platz für die Zukunft ist. Am Ende liegt der eine tot im Staub, seine Geliebte kniet trauernd über ihm, während der andere nun seine Liebe in die Arme schließen kann. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass O’Malley, wie er da so mit ausgebreiteten Armen und einem abgewinkelten Bein daliegt, ein wenig an Jesus am Kreuz erinnert.