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Mit LA NOCHE DEL TERROR CIEGO war Amando del Ossorio ein großer Wurf gelungen: Die reitenden Templerleichen stellten einen schönen Neueintrag im Horrorfilm-Bestiarium dar, denen Ossorio mit seiner traumgleichen Inszenierung die passende Plattform bereitete und alle budgetären wie technischen Limitierungen damit positiv umdeutete. Der Film war überdurchschnittlich erfolgreich, auch und nicht zuletzt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, also da, wo es wirklich zählt. Kein Wunder, dass Ossorio dem Bedürfnis nach einem Sequel nachkam und das schon ein Jahr später mit EL ATAQUE DE LOS MUERTOS SIN OJOS.

Wie es so oft ist mit Fortsetzungen, mutet auch diese RÜCKKEHR DER REITENDEN LEICHEN an wie der Besuch einer flüchtigen Bekanntschaft, die beim ausgedehnten Wiedersehen dann doch einige nur schwer tolerierbare Charakterzüge aufweist – man ist am Ende ganz froh, wenn sie wieder abreist. Ossorio begeht den verständlichen Fehler, zu glauben, sein Sequel brauche mehr Templeraction, und er greift mit dem Belagerungsszenario auf eine Plotschablone zurück, die straffer inszenatorischer Organisation bedarf, was nun nicht gerade die Kernkompetenz des Vorgängers war. Ließ er die mumifizierten Monstren im ersten Teil weitestgehend in einer vom Rest der Welt abgeschirmten Dimension agieren – erst am Schluss brechen sie in der tollen Zugsequenz in die Realität ein -, agieren sie nun ganz in der Gegenwart des Films und büßen so einiges von ihrem spukhaften Charme ein. Die aufreizend langsam und völlig geräuschlos voranstaksenden Leichen wirken zwischen den aufgebracht hin und her rennenden Bürgern des spanischen Örtchens Berzano nicht nur deplatziert, sondern geradezu hilflos. Wie ein paar Rentner, die sich auf eine Rave verirrt haben. Das Belagerungsszenario, in dem der Film schließlich kulminiert, funktioniert ebenfalls nicht richtig, weil von den passiv vor der Tür wartenden Templern keinerlei echte Bedrohung ausgeht. Die Eingesperrten dezimieren sich tatsächlich eher durch eigene Dummheit, weil sie immer wieder hirnrissige Gründe finden, die Sicherheit ihres Refugiums zu verlassen. Das Finale, eine kleine Reminiszenz an Hitchcocks THE BIRDS ist wieder sehr schön, ein Rückgriff auf die märchenhafte Albtraumlogik des ersten Teils, aber es fühlt sich hier ein wenig hilflos an. Als habe Ossorio nicht gewusst, wie er die Herausforderungen seiner Geschichte meistern solle.

Trotzdem mag ich den Film irgendwie. Er hat die pulpige Qualität von Groschenheftchen, die sich mit ihren markigen Sensationen letztlich an kindliche Gemüter wenden. Held Jack Marlowe (Tony Kendall) kommt mit einem knallroten Geländewagen angebraust, stellt sich als „ehemaliger Sprengmeister der Pioniere“ vor und gräbt sofort seine Ex (Esperanza Roy) an, die jetzt mit dem schmierigen Bürgermeister liiert ist. Er instruiert „seine Männer“ (die man nie zu Gesicht bekommt) das Feuerwerk vorzubereiten, das die im Zentrum des Films stehenden Festlichkeiten begleiten soll, trinkt Whiskey und schwingt sich dann zum Anführer auf, als die Kacke am Dampfen ist. Frauen sind in diesem Film nur dazu da, männliche Begehrlichkeiten zu wecken und adrett auszusehen, sie werden rumgeschubst oder in die Koje gezwungen. Als besagte Vivian statt des ihr angebotenen Whiskeys ein Bier verlangt, wird sie sofort angeherrscht, warum sie denn nur immer so kompliziert sein müsse. Zur Strafe bekommt sie ein Pils, dass zu fünf Sechsteln aus Schaum besteht. Das Oberschwein des Films ist der Bürgermeister (Fernando Sancho), ein Feigling vor dem Herren, der in der niederträchtigsten Szene ein kleines Kind ins Unglück schickt, um selbst die Flucht ergreifen zu können. Ganz toll auch die kleine humorvolle Episode, in der er den „Minister“ aus dem Bett klingelt, um militärische Hilfe anzufordern und dieser lieber seinem Jahrzehnte jüngeren Hausmädchen auf den leicht bekleideten Hintern stiert. ATAQUE DE LOS MUERTOS SIN OJOS ist von einer krachigen Schablonenhaftigkeit, dass es geradezu rührend ist – zumal Ossorio weitesgehend ohne jedes selbstironisches Augenzwinkern inszeniert. Der Film tritt mit dem Selbstverständnis eines knallharten Reißers auf, das in krassem Missverhältnis zu dem Unfug steht, den er präsentiert. Spannend ist er zu keiner Sekunde, aber liebhaben muss man ihn trotzdem. Filme mit einem von der Dorfbevölkerung gedemütigten Buckligen bekommen sowieso immer einen Bonuspunkt von mir.

 

operazione-pakistan-b6a467a5-f08a-4540-94d6-35020d640550Zwei Jahre, nachdem das Duo aus Kommissar X (Tony Kendall) und Captain Tom Rowland (Brad Harris) zum letzten Mal auf der Leinwand aktiv war, kehrt es zurück, um eine Drogenorganisation zu zerschlagen, die von Pakistan aus den Weltmarkt mit ihrem Stoff flutet. Die Zeit ist nicht spurlos an ihnen vorübergegangen: Die Siebzigerjahre sind angebrochen, und das macht sich bemerkbar in einem flapsigeren Stil, den auch Regisseur Harald Reinl mit ein paar gezielten Sadismen nicht aushebeln kann. Die beiden verbrecherjagenden Kumpels schmeißen mit Sprüchen nur so um sich, ganz im Stile der damals so beliebten Brandt-Synchros werden da „Beulen in den Bart“ gehauen oder Vergleiche zu Zeitgeistheroen wie Gunther Sachs gezogen. Der naive Pop-Charme, der die ersten Teile der Reihe beflügelte und sie zu idealtypischen Beiträgen der Eurospy-Welle machte, ist irgendwo im Sommer der Liebe abhanden gekommen. Eine äußerst herbe, im Rahmen des Films gleichermaßen deplatziert wirkende wie prägende Sequenz zu Beginn zeigt ein paar übrig gebliebende Hippies beim Kiffen und Fixen: Das ist nicht gestellt, wie die Nadel da in einen bereits reichlich zerstochen aussehenden Arm geführt wird, und es fiel mir tatsächlich schwer, die Augen nicht abzuwenden. So „real“ der Hintergrund des neuesten Kommissar-X-Abenteuers auch sein mag, der Blick auf echtes Drogenelend ist in einem Maße spekulativ und abgezockt, wie die Reihe zuvor harmlos war. Und wenn sich Reinl nach dem kurzen, verstörenden Einschub wieder der losen Folge von Keilereien, Verfolgungsjagden, Attentaten und amateurhaften Ermittlungsversuchen zuwendet, bei dem die bösen, bösen Drogen nicht mehr als ein McGuffin sind, erhärtet er diesen Eindruck noch. Was natürlich nicht heißt, dass auch dieser letzte Eintrag der Reihe angenehm seichte Unterhaltung bietet.

Am putzigsten sind natürlich die verzweifelten Versuche des Drehbuchs, die Räuberpistole irgendwie respektabel oder gar relevant erscheinen zu lassen. So schwadroniert ein Kollege Rowlands gegenüber dem pakistanischen Superintendend Ali (Mohammad Ali) von „alten asiatischen Geheimbünden“, nach deren Vorbild die Organisation der roten Tiger aufgezogen sei, nur um im selben Atemzug zuzugeben, von der Materie eigentlich gar keine Ahnung zu haben. Ein Sachbuch soll die Bildungslücke schließen und dieses Buch befindet sich im Besitz des Wissenschaftlers Professor Tavaria (Ernst Fritz Fürbringer). Das finde ich immer wunderbar: Diese Vorstellung, dass es ganz genau ein Buch gibt, das alle Probleme beseitigen kann, dass dieses Buch zwar ungemein selten ist, aber natürlich trotzdem jeder von seiner Existenz und seinem Besitzer weiß. Die Antwort auf die Frage, warum das Wissen über alte Geheimbünde, die es doch laut Ali gar nicht mehr gibt, bei den Ermittlungen hilfreich sein soll, bleibt der Film leider schuldig, aber so geht das eigentlich die ganze Zeit: Die Handlung schreitet voran, indem irgendeine Behauptung aufgestellt wird, die dann unweigerlich zum nächsten Kapitelchen führt. So auch mit dem Buch: Dass Wissen Macht ist, ist nämlich auch den Schurken nicht verborgen geblieben, weshalb der Kriminalbeamte nach Ausleihe des Buches unverzüglich gen Jenseits befördert werden muss. Warum? Egal! In diesem Stile geht es weiter: Kommissar X und Captain Rowland werden hinzugezogen und immer, wenn sich eine Spur ergibt oder jemand einen wichtigen Hinweis geben könnte, wird ein Attentat verübt und der nächste muss ins Gras beißen, bis schließlich nur noch der Oberschurke übrig ist. Dass diese mit allen Wassern gewaschenen Kriminellen nicht merken, wie sie den Helden die Arbeit abnehmen. Es ist fraglich, ob die beiden nun nicht gerade als Superhirne zu bezeichnenden Kriminalisten den Fall gelöst hätten, hätte der Gesuchte nicht alle Verdächtigen selbst aus dem Weg geräumt. Am Schluss überführt ihn ein Siegelring, der den „roten Tiger“ zeigt, das Wappentier der Drogenhändler. Das ist nun wirklich ziemlich dämlich, zumal das Wappentier auch noch aussieht wie von einem Achtjährigen mit dem Wasserfarbkasten gemalt. Wegen eines solch hässlichen Rings ins Gras beißen zu müssen, muss für jeden Verbrecher eine echte Schmach sein. Aber immer noch besser, als im Knast gehänselt zu werden.

Wenn ich gewusst hätte, welches Vergnügen dieser Film kredenzt, hätte ich ihn mir schon vor 20 Jahren geschnappt, als er für einen lausigen Zehner als ramschiges Videotape in jener berühmt-berüchtigteten Venloer Videothek feilgeboten wurde, von der ich hier schon so oft berichtet habe. Von Ossorio kannte (und liebte) ich bereits die REITENDEN LEICHEN-Filme, aber LAS GARRAS DE LORELEI wurde in den einschlägigen Horrorlexika immer als eher vernachlässigbarer Billighuber gehandelt, sodass ich leichtfertig auf den Zuschlag verzichtete. Die Blu-Ray, die den Film dieser Tage, vierzig Jahre nach seiner Entstehung, zum ersten Mal in Deutschland verfügbar macht (in einer eigens erstellten Synchro, an die ich mich aber nicht herangetraut habe), lässt dieses Versäumnis allerdings als vorausschauendes Steigern der Vorfreude erscheinen, denn der Film erstrahlt hier in einem Glanz, der seinen Zauber noch verstärkt.

Ich habe an anderer Stelle schon einmal eine Lanze für den spanischen Horrorfilm gebrochen: Gegenüber seinem mediterranen Nachbarn aus Italien fristet er ein etwas trauriges Schattendasein. Selbst wenn einige seiner berühmtesten Vertreter – man denke an die schon erwähnten REITENDEN LEICHEN oder die WaldemarDaninskyFilme mit Paul Naschy – verdienten Kultstatus unter Freunden des ungewöhnlichen Films erlangt haben, werden seine eigenartigen Reize insgesamt doch weitaus weniger lautstark besungen. LAS GARRAS DE LORELEI ist ein perfektes Beispiel für den Zauber, den spanische Horrorfilme (vor allem der Siebzigerjahre) mit schöner Regelmäßigkeit entfachen: hoch emotional, voller ausufernder, die Grenze zum Kitsch lustvoll überschreitender (Düster-)Romantik, unter deren Oberfläche mühsam unter Kontrolle gehaltene Lust auf ihre orgiastische Schmieruption wartet, geprägt durch den großzügigen Verzicht darauf, nein, sogar die pure Unfähigkeit dazu, die Narration in geordnete Bahnen zu lenken, die Poesie mithilfe schnöder Logik einzuzäumen und zu zähmen. Und dann wird dieses Märchen immer wieder durch krude Splattereien durcheinandergewirbelt, die im Kontext wie das sich in höchste Höhen emporschaukelnde Crescendo eines von Herzschmerz und Liebespein kündenden Schlagers anmuten.

LAS GARRAS DE LORELEI basiert, wenig überraschend, auf dem deutschen Lorelei-Mythos, modifiziert ihn aber zum im Kern tragischen Monsterfilm mit Science-Fiction-Einsprengseln und fabuliert sich zum Schluss mit der Erwähnung von Nibelungenschätzen, Walhalla und Asgard sowie dem Auftritt knapp bekleideter Amazonen in Unterwassergewölben endgültig ins Nirwana. Gerade für deutsche Zuschauer ist diese sehr freie iberische Approximation germanischer Sagen ein Fest und fast nichts erfreut das Herz so sehr, wie der Kontrast zwischen den Archivbildern von Rüdesheim und dem Rhein und den spanischen Stand-ins, an denen der Film tatsächlich gedreht wurde. Tony Kendall gibt den markigen Jägersmann namens Sigurd, der eine Mädchenschule oder vielmehr ihre Bewohnerinnen, die kaum jünger sind als die gestrenge Lehrerin (Silvia Tortosa), vor den Übergriffen des Monstrums beschützen soll. Das bietet Gelegenheit für diverse Poolszenen (Unterricht gibt es hingegen nicht) sowie kurz vor Schluss eine lesbische (?) Badeeinlage zweier Mädels, deren fast hysterische Freude angesichts von Schaumbad und Dusche auf ein reichlich schlichtes Gemüt oder aber die Verabreichung harter Drogen vermuten lässt. Natürlich bahnt sich eine Liebesgeschichte zwischen Sigurd und der prüden Gouvernante an, doch eigentlich hat er sein Herz an Lorelei (Helga Liné) verloren, die ihm am Ende immerhin verspricht, in Walhalla auf ihn zu warten. Koblenz verfügt zum Glück über gute Bahnanbindung.

Jo Walker (Tony Kendall) wird auf Empfehlung seines Freundes Captain Rowland (Brad Harris) von einer Amerikanerin nach Thailand gerufen, weil deren Tochter Phyllis (Hansi Linder) bei einem Urlaubsausflug spurlos verschwunden ist. Dahinter steckt die angebliche Wohltätigkeitsorganisation der „Drei Goldenen Schlangen“ von Kim So, die auf einer Insel junge Frauen aus aller Welt gefangen hält. Unter Drogen gesetzt, stehen die Mädchen finanzkräftigen Herren gegen Bezahlung für Liebesdienste zur Verfügung und sehen einem traurigen Schicksal entgegen. Aber mit vereinten Kräften gelingt es Walker und Rowland, zur Insel vorzudringen …

Stammregisseur Gianfranco Parolini machte für den sechsten KOMMISSAR X-Film seinem Landsmann Roberto Mauri Platz und begnügte sich mit dem Verfassen des Drehbuchs. Mehr als dieser Besetzungswechsel macht sich jedoch ein gewisser Zeitgeistwandel bemerkbar. DREI GOLDENEN SCHLANGEN kündigt mit seinem sexualisierten Thema den Übergang vom unschuldig-naiven Popspektakel zum handfesten Sleaze an, wie er sich in den Siebzigern engültig vollziehen sollte. Immer wieder werden barbusige Damen im Bild drapiert: ein Schauwert, der die Science-Fiction-Eskapaden und das Location Hopping der vorangegangenen Reihenbeiträge weitestgehend ersetzt. Der Umschwung vom heiteren Agentenfilm zur handfesten Komödie war schon vorher vollzogen worden, doch Rainer Brandts Synchronisation gibt dem Film noch einen zusätzlichen Schub. Die Sprüche, die er den Figuren in den Mund legt, haben entscheidenden Anteil daran, dass DREI GOLDENE SCHLANGEN seinen Charme entwickelt, auch wenn er sonst eher roh und hingeworfen wirkt. Gleich zu Beginn singt Rowland unter der Dusche „Oh, my darling Clementine, plötzlich war er wieder klein“, später nennt er ein dreirädriges Taxigefährt „Rost Royce“ und beschimpft einen Einheimischen als „Galettebürste“, was immer das ist. Die verbalen Absurditäten nehmen kein Ende, sodass auch dieser sechste KOMMISSAR X-Film als voller Erfolg verbucht werden kann, auch wenn er die Eurospy-Eleganz der Anfangstage gänzlich vermissen lässt und ihm im Finale etwas die Puste ausgeht. Egal. Nach diesem Film legte Produzent Theo Maria Werner die Serie zunächst auf Eis, bevor er 1971 Harald Reinl für ein neues, dann jedoch endgültig letztes Abenteuer von Jo Walker und Captain Rowland anheuerte. KOMMISSAR X JAGT DIE ROTEN TIGER erscheint demnächst via Filmjuwelen auf DVD und selbstverständlich werde ich die Reihe dann zu ihrem angemessenen Abschluss bringen.

Der Schwerverbrecher Arthur Hillary (Franco Fantasia) wird von seinen Kumpanen, darunter der gefährliche Anthony (Siegfried Rauch), bei einem Gefangenentransport befreit. Hillary hatte vor seiner Inhaftierung einen spektakulären Diamantenraub gelandet, die Beute hatte er in der titelgebenden Statue bei seinem Zwillingsbruder Robert in Kanada versteckt. Jenen gilt es nun ausfindig zu machen, um ihm die Steinchen wieder abzunehmen. Derweil Captain Rowland (Brad Harris) auf den flüchtigen Schurken angesetzt wird, ist Privatdetektiv Jo Walker im Auftrag der Versicherung unterwegs, die Diamanten zurückzuholen. Beide müssen sich wieder miteinander arrangieren, um zum Ziel zu kommen …

Der fünfte Film der insgesamt siebenteiligen Reihe setzt die mit dem Vorgänger KOMMISSAR X – DREI GRÜNE HUNDE eingeschlagene Linie fort. Das bedeutet, dass es auch hier um einen „normalen“ Kriminalfall geht, die an die Erfolge der Bond-Reihe angelehnten Ausflüge ins Science-Fiction-Genre der Vergangenheit angehören. Die Story ist nicht übermäßig spektakulär, aber durchaus kurzweilig, das Zusammenspiel von Harris und Kendall steht wieder mehr im Vordergrund, der Ton des Films ist wesentlich komödiantischer als zuvor. Harris hat als Rowlanddie Rolle des etwas einfältigen Deppen inne, der der Cleverness seines freischaffenden Partners nur wenig entgegenzusetzen hat, aber dessen Scharfsinn mit der nötigen körperlichen Durchschlagskraft ergänzt. Die spritzige Dynamik der beiden kann man etwas mit jener vergleichen, die Terence Hill und Bud Spencer einige Jahre später zu Ruhm und einem Platz in der (europäischen) Filmgeschichte verhelfen sollte. Den Hintergrund des munteren Treibens bildet vor allem die Kulisse der damaligen Weltausstellung in Montreal, und Ausflüge nach L.A. und Calgary werden auf die bekannt rührend-unbekümmerte Art mit Material aus Italien ergänzt. Das garantiert gleich zu Beginn einige Lacher, wenn Parolini dem Zuschauer ein südeuropäisches Bergambiente mit unbefestigten Schotterpisten als die Serpentinen der Hollywood Hills verkaufen will, oder er jenen berühmten Wasserfall, der in fast jedem italienischen Film der Sechziger- und Siebzigerjahre zu sehen ist, nach Kanada verlegt. Schön ist auch die als Hightech-Sensation eingebaute Archivmaterial-Szene mit einem Jetpack, das für „Menschen im Düsenzeitalter“ als die kommende Fortbewegungsart gepriesen wird, sonst aber keinerlei narrative Funktion erfüllt. Das sind die Momente, für die man den trivialen Stoff jener Tage liebt. Für Kurzweil ist also, nicht zuletzt aufgrund der Anwesenheit von Eurobabes wie Erika Blanc oder Hannelore Auer, wieder einmal gesorgt, auch wenn die vorangegangenen Höhepunkte der Reihe unerreicht bleiben. Ein Meisterwerk erwartet von einem KOMMISSAR X-Film eh niemand, insofern darf die Mission „Entertainment“ nach 90 schön bunten, beschwingten und angenehm depperten Minuten dennoch als „erfolgreich“ abgehakt werden. Mehr fällt mir zu diesem Film aber auch nicht mehr ein.

Ein Film, der mit einer ausgedehnten Prügelei anfängt, kann nicht schlecht sein. KOMMISSAR X – DREI GRÜNE HUNDE knüpft nach dem doch etwas langweiligen Vorgänger wieder an das Niveau der ersten beiden Filme um den Privatdetektiv an. Der Job führt Jo Walker (Tony Kendall) diesmal nach Istanbul, dessen beeindruckende Skyline gleichermaßen Exotik wie geschäftige Urbanität mitbringt, etwas, das den vorangegangenen Titeln, die in Sri Lanka respektive Singapur spielten, fehlte. Auch die Storyline – es geht um die Drohung einiger Ganoven, der titelgebenden „drei grünen Hunde“, die Trinkwasserversorgung der Metropole mit LSD zu verseuchen und die Stadt so zur Zahlung eines stattlichen Sümmchens zu erpressen. Glücklicherweise kann Captain Tom Rowland (Brad Harris) das Halluzinogen in Sicherheit bringen, mit den erwartbaren Konsequenzen: Auch KOMMISSAR X – DREI GRÜNE HUNDE weicht kein Stück vom bisher etablierten Erfolgskonzept ab, was bedeutet, dass auch dieser Film in loser Folge Verfolgungsjagden, Mordanschläge, Prügeleien, Ballereien und Entführungen aneinanderreiht.

Ob man das nun anregend oder ermüdend findet, hat nicht wenig mit der Fähigkeit zu tun, die freifließende Lebensfreude hinter dem Spektakel zu erkennen. Dass Walker und Rowland laut ihrer Berufsbezeichnung im Dienste des Gesetzes unterwegs sind, ist eigentlich nur vorgeschoben. In ihrem Handeln zeigt sich überdeutlich die Berauschung an der eigenen Bewegung, an der Herrschaft über den Körper, die sich am klarsten natürlich dort zeigt, wo sie gleichzeitig den Triumph über andere bedeutet. Wobei KOMMISSAR X – DREI GRÜNE HUNDE trotz etlicher Tote niemals wirklich auf böse Art gewalttätig wird. Alles ist als Spiel gekennzeichnet und von geradezu kindlicher Euphorie getrieben. Im Showdown in der bizarren Felslandschaft Kappadokiens gibt es eine ausgedehnte Verfolgungsjagd, in deren Verlauf Rowland und seine Häscher die sandigen Hänge der Hügel hinabrutschen wie in einem Vergnügungspark, und eine Totale, die zeigt wie die Schurken nach einem Schlag von Rowland die Böschung hinunterpurzeln. Die Verbrecherjagd ist reiner Selbstzweck, im Grunde genommen egoistische Lustförderung der beiden Helden, und dass sie dabei noch etwas Gutes tun, nehmen sie eher amüsiert zur Kenntnis. Vor allem Walker kommt aus dem Grinsen gar nicht mehr raus, wenn er da in einer Tour mit hübschen Dingern anbändelt und auch schon mal zu einer in den Zuber steigen darf, um sich vor der Polizei zu verstecken.

Die gute Laune des Films ist ansteckend, die Sonne strahlt aus jedem Einzelbild und danach möchte man sich am liebsten so einen Schlapphut kaufen, wie ihn nur Herbert Fux tragen kann, der hier den Schurken Eddie Shapiro spielt. Seine Rolle ist ganz und gar nicht entscheidend, aber diese Wiener Lässigkeit, die er mitbringt und die jede Szene mit ihm durchzieht wie Zigarrendunst eine funzelige Eckkneipe, passt wie der Arsch auf den Eimer und ist das Element, das dieser vierte KOMMISSAR X-Film den Vorgängern voraus hat.

Same procedure as before: Jo Walker (Tony Kendall) und Tom Rowland (Brad Harris) werden vom Physiker Prof. Akron (Ernst Fritz Fürbringer) nach Singapur gerufen. Der Mann hat einen speziellen Filter erfunden (der Film sagt beharrlich „das Filter“), mit dem sich Laserstrahlen so bündeln lassen, dass sie sämtliche Motoren auf eine Distanz von Hunderten von Kilometern lahmlegen. Verständlicherweise gibt es eine Schurkenorganisation, die alles daran setzt, die Vernichtungswaffe in ihre Hände zu bekommen. Schon nach ihrer Ankunft entgehen die beiden Helden nur knapp einem spektakulären Anschlag, die folgenden 90 Minuten setzen sich dann wie in den beiden Vorgängern aus einer rasanten Abfolge von Verfolgungsjagden, Entführungen, Keilereien und Schießereien zusammen, bis Jo am Ende gemeinsam mit einer schönen Blonden im Helikopter davonschwebt und Tom als schmollender Dritter zurückbleibt.

Ich muss es so deutlich sagen: Dieses dritte Leinwandabenteuer von Kommissar X kann deutliche Ermüdungserscheinungen nicht verhehlen. Der Spaß fängt recht munter an, Parolini verliert keine Zeit und spult das Minimum an Handlung in großer Eile ab, stets bemüht, schnell die nächste Prügelei/Schießerei/Verfolgungsjagd abwickeln zu können. Grundsätzlich kein schlechtes Rezept und zudem eines, mit dem die beiden durchaus schmackhaft geratenen Vorgänger entstanden. Um im Bild zu bleiben, müsste man hier wohl konstatieren, dass die Zutaten von KOMMISSAR X – IN DEN KLAUEN DES GOLDENEN DRACHEN minderer Qualität sind. Anstatt die Geschmacksnerven mit dem subtilen Zusammenspiel unterschiedlicher Aromen zu kitzeln, zu verführen und anzuregen, verbinden sie sich hier zu einem klebrigen Einerlei, das sich als fader Flansch um die Zunge legt und schon nach kurzer Zeit ein Gefühl träger Sattheit erzeugt. Die einzelnen Bestandteile laufen ölig ineinander und am Ende ist alles eine beigefarbene Soße von zweifelhafter Konsistenz. Um das Bild wieder zu verlassen: Es fehlen hier die echten Highlights, der Wahnsinn, die absurde Übertreibung, die Zehetgrubers strukturell sehr ähnlich gelagertem KOMMISSAR X – DREI GELBE KATZEN den entscheidenden Kick gaben, die Momente, die aus dem Strom des Immergleichen herausragen. Vielleicht würde ich anders denken, hätte ich die beiden Filme in umgekehrter Reihenfolge gesehen, aber IN DEN KLAUEN DES GOLDENEN DRACHEN ist kaum mehr als eine schwache Kopie des Vorgängers. Die Einstellung stimmt, aber das Drehbuch bietet irgendwie wenig, aus dem sich etwas machen ließe. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Da dreht sich der ganze Film um eine gefährliche Laserkanonen und außer bei einer kleinen Testvorführung kommt die kein einziges Mal zum Einsatz.

So bleiben eigentlich nur zwei Szenen wirklich im Gedächtnis: Die eine spielt in der musealen Folterkammer eines alten chinesischen Tempels, und der Museumsführer steigert sich während seines Vortrags über die weiblichen Folterknechte, die ihre Opfer dort einst auf Geheiß des Kaisers Ming zu Tode quälten, beinahe in erotische Ekstase – womit er, wenig überraschend, eine Turtelei zwischen Jo und der lispelnden Schönheit Selena (Margaret Rose Keil) inspiriert. (Leena merkte richtig an, dass die KOMMISSAR X-Filme eine seltsame Obsession für gewalttätige Frauen in Uniform kultivieren.) Die zweite ist kaum weniger nebensächlich: In der Lobby des Hotels, in dem Jo und Tom abgestiegen sind, spielt eine Girlgroup und Brad Harris legt eine flotte Sohle aufs Parkett, die sich gewaschen hat. Sein Kumpel fühlt sich sofort herausgefordert und tut es ihm mit munter im Takt wippenden Scheitel gleich. Nur in dieser Szene entwickeln die beiden Pappfiguren ein bisschen Leben, nur hier springt der Funke auf den Zuschauer über. Ansonsten zielt Parolini mit dem ganzen Aufwand, den er betreibt, leider ins Leere.

In einer ceylonesischen Grotte, die ein großer, goldener Katzenkopf als Eingangstor ziert, bekommt der beschnurrbartete Karatemeister King (Dan Vadis) den Auftrag, Babs Lincoln (Ann Smyrner), Tochter des amerikanischen Botschafters Jefferson Lincoln, zu entführen. Das sieht dann so aus, dass er der blonden Schönen mit seinen beiden Kumpanen (darunter Siegfried Rauch als „Nitro“) auffällig, aber unbemerkt durch die deutlich kürzer gewachsenen Scharen Einheimischer hinterherstapft, die sich anlässlich eines Volksfestes auf den Straßen tummeln. Niemand stört sich daran, als die Frau von ihnen niedergeschlagen und weggeschleppt wird, nur ihr amerikanischer Kollege nimmt die Verfolgung auf, muss diesen Wagemut aber mit seinem Leben bezahlen, derweil Babs entkommen kann. Schnitt zu einer im Freien abgehaltenen Polizeipräsentation, bei der der Redner die Vorzüge von Karate preist und vor seinen Gefahren warnt, gerät die Kampfkunst in falsche Hände. Dass ein Karateschlag die Durchschlagskraft einer Pistolenkugel hat, belegt danach Captain Tom Rowland, indem er eine Delle in einen mit Alufolie umwickelten Styroporwürfel boxt, die von den Anwesenden bestaunt wird wie die Landung eines Ufos. Bevor er Autogramme geben muss, wird er aber abkommandiert nach Colombo, um im Fall der oben geschilderten Ermordung zu ermitteln. An Ort und Stelle trifft er auf seinen Kumpel Jo Walker (im vorangegangenen Text nannte ich ihn fälschlicherweise „Joe“), der wiederum herausfinden soll, wer die schöne Babs entführen wollte. Schon nach kurzer Zeit werden diverse Mordanschläge auf die beiden verübt: Erst plätschert eine gefährliche Säure aus Walkers Dusche, dann sollen die beiden Gangsterjäger samt Babs Lincoln, Lincolns Neffe Dawson (Philippe Lemaire) und des einheimischen Inspektor Da Silva in die Luft gesprengt werden. Hier zeigt sich nicht zum ersten Mal, aber am eindrucksvollsten das, was den Film vor allem auszeichnet: der unbändige Wille, sich jeder schnöden Logik zu widersetzen, um ein hübsches Spektakel auf die Leinwand zu bringen: Zunächst platziert King eine Ampulle mit Nitroglycerin auf dem Nebentisch der Helden – warum er mit seinem überaus auffälligen Äußeren von Babs nicht erkannt wird, bleibt ihr Geheimnis – und macht sich dann vom Acker. In einem Hotelzimmer mit Aussicht auf die fröhlich plauschende Tischgemeinschaft nimmt nun „Nitro“ mit einem Scharfschützengewehr Platz. Seine Aufgabe ist es, das Nitrofläschchen abzuschießen und so eine Explosion auszulösen, die alle auslöscht. Ja, das hätte man durchaus einfacher lösen können, und so ist es dann auch kein Wunder, dass der Plan vereitelt wird. Wer so blöd ist, der hat es nicht besser verdient. Auch nicht, wenn man sich hinter einem so geilen Kampfnamen wie „Drei gelbe Katzen“ versteckt. Die verbergen sich hinter diesen ganzen mal mehr, meist aber weniger geglückten Taten, handeln jedoch nur im Auftrag eines noch größeren Schurken. Es geht nämlich um einen Wissenschaftler, der einen todbringenden Biokampfstoff entwickelt hat und nun den Mann erpresst, der ihn wegen diese Erfindung einst des Landes verwiesen hatte. Alle wollen Geld, alle haben Dreck am Stecken, aber außer den beiden Protagonisten blickt keiner mehr durch.

Nach Ablauf der 90 Minuten von KOMMISSAR X – DREI GELBE KATZEN dessen Handlung zusammenzufassen, stellt daher auch vor einige Probleme. Wie bei den besten Exploitern wirkt die Story wie von einem Zehnjährigen mit galoppierender Fantasie, aber mangelndem editorischen Geschick erdacht, wüst mit dem heiligen Vorsatz zusammengekloppt, möglichst viele astreine Elemente unterzubringen. War Parolinis KOMMISSAR X – JAGD AUF UNBEKANNT noch annähernd seriös, begibt sich die Reihe unter der Regie von Rudolf Zehetgruber auf eine Kreuzfahrt in beinahe surrealistische Gaga-Gefilde. In den ersten Minuten des Films dreht sich alles um „Karate“, wobei dieser heute sehr trivial anmutende Begriff hier wie der unaussprechliche Vorname des Leibhaftigen behandelt wird: „Karate“, das ist hier noch etwas Exotisches, Geheimnisvolles, potenziell Gefährliches. Und je häufiger das Wort ausgesprochen wird, umso exotischer, geheimnisvoller und potenziell gefährlicher wird auch der Film. Karate, Karate, Karate. In der Vorstellungswelt des Zehnjährigen, der sich diese Geschichte ausgedacht hat, gibt es eigentlich nur eine Sache, die noch verbotener und verlockender ist: Säure. Deshalb gibt es auch einmal den tollen (von mir aus dem Gedächtnis paraphrasierten) Dialogsatz: „Seit letztem Jahr sind mehrere Menschen verschwunden. Entweder getötet durch Karate oder durch Säure!“ Ein Satz, den man so sicherlich nie bei den Tagesthemen hören wird und der Schrödingers Katzensatz mit einem neuen Paradoxon kontert: Wie kann jemand verschwunden und gleichzeitig durch Karate (oder Säure) getötet worden sein? Kommissar X kennt die Antwort auf diese Frage mit Sicherheit auch nicht, ist er doch immun gegen jeden erkenntnistheoretischen Höhenflug. Mit geradezu autistischer Beschränktheit stelzt er allem hinterher, was ballonförmige sekundäre Geschlechtsmerkmale aufweist, drückt jeder Frau ungefragt ein Küsschen ab, fest davon überzeugt, dass die nichts dagegen haben könne. Und zum Wunder des heutigen Mannes ist das hier auch so. Es ist durchaus reizvoll, sich ein „gritty reboot“ der Kommissar-X-Reihe vorzustellen, das den Titelhelden als Stalker und Sexualverbrecher zeigt, einen von seinem unstillbaren Trieb aufs gesellschaftliche Abstellgleis geführten psychiatrischen Pflegefall, der sich zwanghaft an Frauen reiben muss und vor lauter Anzeigen wegen sexueller Nötigung einen Zweitwohnsitz längst im Gerichtsgebäude hat, wo ihn selbst der Hausmeister mitleidig beäugt. Seltsam ist in diesem Zusammenhang auch diese permanente Kippen-Not: Es ist einer der Running Gags des Films, dass Walker seinen Kumpel Rowland um Zigaretten anschnorrt. Ein weiteres Merkmal, dass ihn als unverdrossenen Frechdachs zeichnet, der immer auf die Füße fällt: Er ist natürlich das alter ego des zehnjährigen Drehbuchautors.

Der hat neben abstrusen Albernheiten aber durchaus noch einige gute Ideen in petto: Der „Todessee“, auf dem der Film gegen Ende spielt, eine Sumpflandschaft mit im Wasser stehenden, abgestorbenen Bäumen, liefert ein stimmungsvolles Setting. Die von Zehetgruber völlig lautlos eingefangene Todesszene von Dawson, der auf dem Rücksitz eines Autos vergast wird, derweil der durch eine Scheibe geschützte Fahrer seinen Tod mit sadistischem Grinsen quittiert, ist für einen sonst doch sehr munteren Film überaus bitter und unangenehm geraten. Super ist auch der Showdown zwischen Rowland und King: Vom Polizisten besiegt, schleicht der Geschlagene tief enttäuscht von dannen, um die Schmach der Niederlage durch seinen Todessturz zu mildern. Und der Film endet dann mit dem begehrlichen Blick Walkers auf gleich drei Frauenärsche: den von Babs, den der exotischen Michéle (Michéle Mahaut) und den einer rassigen Elefantendame. DREI ÄRSCHE FÜR KOMMISSAR X wäre durchaus ein passender Alternativtitel gewesen. Rudolf Zehetgruber ist mir von seinem verschnarchten DIE NYLONSCHLINGE in leidlich guter Erinnerung und von Christoph Draxtra weiß ich, dass Verschnarchtheit gewissermaßen der modus operandi des DUDU-Stars ist. Dass er sich schwertut mit einer ökonomischen Spannungsdramaturgie (wie ein Zehnjähriger!), fällt bei KOMMISSAR X – DREI GELBE KATZEN allerdings kaum ins Gewicht, da hier einfach immer was los, immer was geboten ist. Wer braucht schon Suspense, wenn er Remmidemmi haben kann. Das macht Hoffnung für Zehetgrubers zweiten Beitrag zur Reihe, die laufende Nummer 4, KOMMISSAR X – DREI GRÜNE HUNDE.

Schöne Frauen mit fliederfarbenen Betonfrisuren, smarte Helden mit charmantem Gewinnerlächeln und Blei in den Fäusten, schnittige Sportwagen mit Radarortung, willenlos gemachte Frauenarmeen, eine ausgehöhlte Insel, Giftpfeil-Morde, Radioaktivität, viel Gold und ein finsterer Plan: Attraktive Zutaten zu diesem bonbonbunten Spektakel, das dank aerodynamischer Inszenierung, schöner Kamerarbeit und vielen prallen Ideen vergessen lässt, dass es gleich in doppelter Hinsicht eine Kopie ist.

„Kommissar X“ hießen der Privatdetektiv und die Groschenheft-Reihe, die der Erich-Pabel-Verlag gegen den FBI-Agenten Jerry Cotton ins Rennen schickte, der wiederum im konkurrierenden Baste Lübbe Verlag seine eigene Heftserie hatte. Ab 1959 leistete Joe Walker, wie der Detektiv mit bürgerlichem Namen heißt, erbitterten Widerstand gegen Cottons Schundroman-Monopol, bevor er den Beruf 1992 aufgrund schwindenden Leserinteresses an den Nagel hängen musste. Da sich die Jerry-Cotton-Filme in den späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren zu Publikumsmagneten mit entsprechendem Ertrag entwickelten, konnte sein Rivale nicht hinten anstehen. Doch während Jerry Cotton sich auf der Leinwand durch recht klassisch (und bis 1967 schwarzweiß) gehaltene Polizeifilmstoffe schlug, orientierten sich die Produzenten von KOMMISSAR X – JAGD AUF UNBEKANNT deutlich erkennbar an den Abenteuern des britischen Superagenten James Bond. Der Plot, eine sich nicht groß um etwaige Plotholes und Ungereimtheiten scherende Mixtur aus DR. NO (der distinguierte, stets lächelnde Superschurke mit seiner Insel samt Indoor-Hafen), GOLDFINGER (der Clou mit dem Goldraub) und YOU ONLY LIVE TWICE (die ausgehöhlte Insel) zuzüglich etwas Atomparanoia, vollzieht sich genreüblich vor sonniger Urlaubskulisse (die Küstenlandschaft des heutigen Kroatiens dient als allerdings wenig überzeugendes USA-Double) und unter Mitwirkung zahlreicher attraktiver Damen. Titelheld Joe Walker wird sogar von Gert Günther Hoffmann synchronisiert, der auch Sean Connerys Bond die Stimme lieh. Mit diesen Parallelen hat KOMMISSAR X – JAGD AUF UNBEKANNT freilich nicht gerade einen Exotenstatus inne – die große Zahl meist europäischer Bond-Rip-offs fasst man heute sogar unter einem eigenen Genrebegriff als Eurospy-Filme zusammen –, aber er hebt sich doch sehr positiv aus der Menge hervor.

Ursächlich hierfür ist neben der handwerklich sauberen Fertigung und dem humorvollen Ton – der Begriff „Trash“ wird angesichts der Souveränität, mit der Parolinie seine Posse spinnt, wirklich nur von den gelangweiltesten Menschen ins Spiel gebracht – vor allem das Zusammenspiel von Tony Kendall und Brad Harris, als Captain Tom Rowland. Der Chef der New Yorker Mordkommission fungiert als Partner des Detektivs, steht jedoch gleichzeitig mit ihm im Wettkampf um die schnellste Lösung des Falls. Nicht, dass die beiden jetzt unbedingt eine überirdische Chemie miteinander entwickelten, aber die Dynamik zwischen ihnen bürgt für Abwechslung, wo andere, vergleichbare Titel sich auf einen meist doch eher langweiligen Helden konzentrieren, der eben kein Bond ist. Die Schurkenhatz von KOMMISSAR X – JAGD AUF UNBEKANNT gewinnt einen jungshaft-lausbübischen Charakter, crimefighting wird zum coolen Anlass, geile Schlitten zu fahren und chicks abzuschleppen (man beachte das museale Appartement Walkers, das ausschließlich mit eitlen Accessoires vollgestellt ist), und hinter dem Wunsch, Kriminalbeamter oder Detektiv zu werden, steckt weniger eine gesellschaftliche Mission als vielmehr der Wunsch nach Selbstermächtigung und einem gewissen lifestyle. Bei O’Brien (Nikola Popovic), dem Schurken mit dem Masterplan, ist das nicht unbedingt anders: Wer würde nicht gern eine Armee willenloser henchwomen in Fetischkleidung durch sein unterirdisches lair patroullieren lassen? Eben.

Der eben zum Chef der Westküste berufene Mafioso Charlie Adamo (Peter Falk) will sich ins neue Royal-Casino in Las Vegas einkaufen. Als ihm dieser Wunsch verweigert wird, lässt er seine Kontakte spielen und sorgt für die Begnadigung des Schwerverbrechers Hank McCain (John Cassavetes). Dieser ahnt nicht, wer da im Hintergrund die Fäden zieht, als ihn sein Sohn aus dem Knast abholt und ihm das Angebot offeriert, das Royal auszurauben, er ist sofort Feuer und Flamme. Während er sich mit seiner neuen Geliebten Irene (Britt Ekland) an die Vorbereitungen macht, wird Adamo von seinem Vorgesetzten Don Francesco DeMarco (Gabriele Ferzetti) zurückgepfiffen. Der muss nun versuchen, McCain zu stoppen, um Ärger anzuwenden, doch der denkt ja immer noch, er arbeitet auf eigene Rechnung …

Wenn ich Rezensionen zu Filmen lese, in denen am Plot rukmgekrittelt wird, Plotholes und Logikfehler beklagt werden oder behauptet wird, das hätte man ja schon hundertmal gesehen, dann wundere ich mich immer, dass es noch Menschen gibt, die sich Filme überhaupt wegen der Handlung anschauen, die für mich eigentlich immer das Uninteressanteste an dem Ganzen ist: Im Grunde hat man jede Geschichte schonmal gehört/gesehen und mehr als das Was steht bei meinen Filmsichtungen das Wie im Vordergrund. Es ist das Wie der Erzählung, die Filmtechnik, die im Idealfall noch unbekannte Aspekte der bereits bekannten Geschichte offenbart. Im weitesten Sinne gilt das natürlich auch für GLI INTOCCABILI (was nichts anderes als „Die Unbestechlichen“ bedeutet), der die Geschichte des Gangsters aus Überzeugung erzählt, dessen letzter Coup auf ganz andere Art und Weise sein letzter wird, weil das System, innerhalb dessen er arbeitet, den Ausbruch des Einzelnen nicht zulässt. Und als Zuschauer weiß man daher auch von Beginn an, dass Hank am Schluss natürlich nicht triumphieren wird. Doch Giuliano Montaldo erzählt diese bekannte Geschichte so kunstvoll und raffiniert, dass man als Zuschauer tatsächlich das Gefühl hat, sie zum ersten Mal erzählt zu bekommen. Wie sich Hanks Schicksal nun vollziehen wird, ist nicht absehbar, weil die Interessen der drei Konfliktparteien so geschickt ineinander verwoben sind, dass man auf die Entfesslungskünste Montaldos angewiesen ist, um den Durchblick wiederzuerlangen. GLI INTOCCABILI war so für mich einer jener mittlerweile immer rarer werdenden Glücksfälle, bei denen die Außenwelt komplett hinter dem Film verschwindet: kein Blick zur Uhr, keine frühzeitige Reflexion, kein Spekulieren darüber, was da als nächstes kommen könnte. Nur das Hier und Jetzt des Films.

Es schadet gewiss nicht, dass nahezu jede Rolle ein kleiner Besetzungscoup ist und die drei männlichen Hauptdarsteller Cassavetes, Falk und Ferzetti ihre gänzlich unterschiedlichen Rollen von ebenso unterschiedlichen Seiten angehen: das immersive, angespannte Spiel Cassavetes‘, dem zuzusehen fast körperlichen Einsatz vom Zuschauer erfordert, das Brodeln Falks, bei dem der Silberblick schon die halbe Miete ist, schließlich die weltgewandte Zivilisiertheit Ferzettis, der alle Autorität aus der Differenz zwischen kontolliertem, zurückgenommenen Körpereinsatz und der Bestimmtheit der Stimme bezieht. Es sind die psychologischen Details, die GLI INTOCCABILI ausmachen: Allein die seltsame Beziehung zwischen Cassavetes McCain und seinem Sohn, den er nur zwei Mal in seinem Leben gesehen hat, lädt schon dazu ein, sich in diesen Film zu verbeißen. Und dann gönnt sich Montaldo auch noch den geradezu unverschämten Luxus, die große Gena Rowlands bis 20 Minuten vor Ende zurückzuhalten, nur um sie den Film in ihren drei, vier Szenen komplett an sich reißen zu lassen. Wahnsinn!

Dieser mir bislang völlig unbekannte Film ist vor rund zwei Jahren bei Blue Underground unter dem Titel MACHIN GUN MCCAIN auf DVD erschienen und genauso lang besitze ich ihn auch schon. Die Begeisterung über dieses Meisterwerk überwiegt mein Unverständnis darüber, wie ich den so lange herumliegen lassen konnte. Ich rate dringend zum Erwerb zu schreiten!

EDIT: Ich sehe gerade, dass GI INTOCCABILI unte dem Titel Amrican Roulette via e-m-s auch in Deutschand erschienen und für wenig Geld zu haben ist.