Mit ‘Wings Hauser’ getaggte Beiträge

In den späten Achtzigern und frühen Neunzigern war Wings Hauser ein treuer Weggefährte der jungen Produktionsschmiede namens PM Entertainment. Für Richard Pepin und Joseph Merhi durfte er auch seine ersten Regiearbeiten absolvieren. COLDFIRE war sein Debüt, ihm folgten wenig später LIVING TO DIE und THE ART OF DYING. Wings Hauser agierte als Schauspieler immer an der Klippe zum Overacting, aber er beherrschte die Gratwanderung perfekt, verlieh auch generischen Produktionen stets einen Hauch von Unvorhersehbarkeit, Extravaganz und Klasse. In COLDFIRE spielt er nur eine Nebenrolle: Er fungiert als eine Art Mentor für die beiden Protagonisten, zwei heißspornige Jungcops, die für ihre unbekümmerte Art einen Einlauf nach dem anderen bekommen, und er agiert, wie es die Rolle erfordert, sehr zurückgenommen. Es scheint so, als habe er seine sonstige Manie ganz in die Regie gelegt: Mit COLDFIRE peilt er brodelnde Intensität an, aber aufgrund des mickrigen Budgets und des beknackten Drehbuchs wirkt das alles lediglich hoffnungslos überdreht und albern. Was ja auch nicht so schlecht ist.

Der Drogenmarkt von L.A. soll mit einer neuen Designerdroge namens „Coldfire“ geflutet werden: Sie verspricht ihren Nutzern ein unbeschreibliches High, nachdem sie dann wieder völlig klar sind. Die Wahrheit sieht anders aus: Wer die Droge genommen hat, kann bei Nervosität, Aufregung oder Angst noch Wochen später zum Amokläufer werden. Die beiden Freunde und Jungcops Jake (Michael Easton) und Nick (Kamar de los Reyes) werden auf den Fall angesetzt und finden heraus, dass hinter Coldfire ein Exilrusse steckt, der die USA mithilfe der Droge von innen heraus zersetzen will …

Wie so viele der frühen PM-Filme will auch COLDFIRE alles auf einmal sein. Die Handlung macht so viele Twists und Turns, dass man Schwierigkeiten hat, zu bestimmen, wer denn nun eigentlich die Hauptfigur ist, geschweige denn sagen zu können, was das eigentlich für ein Film sein soll. Zunächst scheinen Jake und Nick lediglich zwei Nebenfiguren, bevor Jake dann zum Zentrum avanciert, nur um zum Schluss wieder ins zweite Glied zurückzutreten und Nick den Vortritt zu überlassen. Auf dem Weg dahin werden bisweilen melodramatische Töne angeschlagen, Charaktere und Beziehungen eingeführt, die dann überhaupt keine Rolle mehr spielen. Allein das Hin und Her zwischen den beiden Bösewichten, dem Russen Groska (Albert Cutt) und dem amerikanischen Drogenzar Sheldon (Addison Randall), ist ein Faszinosum, das zu durchschauen nahezu unmöglich ist. Nur um mal einen Überblick zu geben, womit sich COLDFIRE neben seiner eigentlichen Geschichte befasst: Zu Beginn diskutieren zwei Cops ausführlich über eine Quotenregelung im Polizeidienst, dann hat Jake eine traurige Auseinandersetzung mit seinem inhaftierten Vater. Nick indessen streitet sich mit seiner schwangeren Frau, weil er fürchtet, dass die Freundschaft zu Jake ihm die Karriere kostet. Lars (Wings Hauser) flirtet mit der Wissenschaftlerin Dr. Tate, Jake hingegen mit der hübschen Ellen (J. Cynthia Brooks), die in der Umkleide Stepptanz übt und unter Ohnmachtsanfällen leidet, seitdem ihr Partner in einem Hinterhalt erschossen wurde. Ein wichtiger Teil des Plots befasst sich mit der draufgängerischen Art Jakes, der sich in einer Ermittlungsszene auch noch als chamäleonartiger Akzentimitator und Schauspieler erweist. Ein kleiner, eigentlich völlig unwichtiger Drogenverkäufer taucht am Ende noch einmal auf und soll dann für tragische Untertöne sorgen.

Ein einziges Kuddelmuddel zwar, aber immerhin kann man COLDFIRE nicht vorwerfen, er sei langweilig. Es passiert immer irgendwas und dass die ganze Porduktion gnadenlos unterfinanziert ist, trägt zu ihrem unbeholfenen Charme bei. Herrlich etwa das Luxusdinner, dass sich die bösen Big Shots da gönnen, zu viert an einen Tisch für maximal zwei gequetscht. Später gibt es noch eine geile Szene, bei der sie sich mit ihren versammelten henchmen treffen und einige aufgrund akuten Platzmangels auf dem Kaminsims platznehmen müssen wie Schulkinder. Eine echte Schau ist auch Getz (Robert Viharo), der Vorgesetzte der Cops, der einmal einen absolut Oscar-verdächtigen Tobsuchtsanfall bekommt, dabei fast an seinem Zigarrillo erstickt und den verhassten Jake einfach so aus dem Auto schmeißt. Kamar de los Reyes hingegen hat eine Megaszene, als er im nächtlichen Garten mit gut eingeöltem Oberkörper Martial-Art-Posen einnimmt. Fighten darf er aber den ganzen Film nicht, was nur ein weiteres Beispiel für die erfrischende Impulsivität des Vehikels ist, das im Showdown nochmal vom Leder zieht und mit zwei obdachlosen Frauen, die „Amazing Grace“ singen, sogar eine richtig schöne Idee hat. Für Fans.

unbenanntThose were the days. In die Videotheken ging man nicht so sehr, um die aus den Kinos bekannten Hits, sondern vor allem verlockende Geheimtipps wie diesen hier auszuleihen: geilen Scheiß, der auf den Coverhüllen mit markigen Sprüchen als „Superhit aus den USA“ „mit dem Weltstar Wings Hauser“ beworben wurde. Man ahnte damals schon, dass da eher der Wunsch der Vater des Gedanken war, ließ sich aber gern an der Nase herumführen und musste nach durchgefeierten 90 Minuten geplättet einräumen, dass dieser L.A. BOUNTY, ja doch, schon ziemlich fett ist und die Leute in den US of Ey sich kein X für ein U vormachen lassen, wenn es um geile Ballerfilme geht.

Spaß beiseite: L.A. BOUNTY ist einer jener Filme, die mit den großen Action-Blockbustern jener Tage budget- und effekttechnisch zu keiner Sekunde mithalten konnten, aber dann doch noch so professionell aussahen, dass man nur zu gern auf die frechen Sprüche der Werbung hereinfiel. Hätte ich ihn damals schon gesehen, wäre er gewiss ein Highlight meiner Jugend gewesen, heute reicht es immerhin noch zu nostalgisch verklärtem Genuss und der milden Trauer darüber, ihn nicht vor 25 Jahren in die Finger bekommen zu haben. Und man bekommt sofort Bock auf weitere Klopper mit dem B-Film-Eastwood Wings Hauser, der hier wieder mal groß aufspielt und den Film allein schon sehenswert macht.

Er gibt den größenwahnsinnigen, leicht psychopathisch veranlagten Drogenschmuggler Cavanaugh, der den ganzen Film über in einer mit Tarnnetzen verhängten Lagerhalle herumhängt, eine nackte Frau malt und darüber hinaus seine Lakaien in der Gegend herumkommandiert oder nach sadistisch langem Vorlauf exekutiert, wenn er nicht gerade philosophische Gespräche mit dem lieben Gott führt. Sein jüngster Coup ist die Entführung des Politikers Rhodes (Mike Hanley), seines Zeichens Anwärter auf den Posten des Bürgermeisters von L.A. Blöderweise ist seinen henchmen Rhodes‘ Gattin Kelly (Lenore Kasdorf) entkommen: Gerettet wurde sie von der Kopfgeldjägerin Ruger (Sybil Danning), die noch eine Rechnung mit Cavanaugh offen hat, denn der hatte einst ihren Partner erschossen …

Die Story zu L.A. BOUNTY hat sich Sybil Danning selbst ausgedacht – was immer das bei einem so archetypischen Stoff auch bedeuten mag – und ihre „Vision“ dann auch gleich als Produzent umgesetzt. Die Sexikone mit den markanten Wangenknochen ist in diesem Film ganz entgegen ihrer sonstigen Rollenprofile bis oben zugeknöpft, sieht mit ihrer platinblonden Mähne aus, als sei sie ohne Schirm in einen heftigen Wolkenbruch geraten, wohnt wie einst Kollege Martin Riggs in einem schäbigen Wohnwagen, wo sie schon morgens Fastfood in sich reinstopft, und lässt ihre Kollegen Stallone und Schwarzenegger mit ihrer wortkargen Darbietung als geschwätzige Labertaschen erscheinen. Laut Imdb spricht sie 31 Worte, mir schienen es sogar noch deutlich weniger zu sein, aber ich habe auch nicht mitgezählt. Sie macht nicht viel mehr, als mit großen Wummen ins Bild zu latschen (gern in coolen Gegenlichtaufnahmen) und diverse Bösewichter mit gezielten Salven in die ewigen Jagdgründe zu schicken, aber das bringt sie schon recht überzeugend. Dass die Effektleute mit soßigen Squibs nicht geizen und Stuntmen von den Schüssen regelrecht aus den Schuhen gerissen werden, trägt zum wuchtigen Eindruck des Films erheblich bei. Worth Keeter, der Dutzende kleiner Exploiter auf dem Kerbholz hat, ist gewiss kein unbesungener Action-Auteur, aber er weiß, worauf es ankommt, und versteht es, wenig nach viel aussehen zu lassen.

Der Schlüssel zum Erfolg ist aber, wie erwähnt, eindeutig Wings Hauser, der seine wahrscheinlich an drei Drehtagen abgerissene Rolle mit dem Drive eines Mannes versieht, für den es keine „kleinen“ Filme gibt. Mit Kettchenohring, geflochtenem Zopf im Nacken und selbstzufriedenem Grinsen feiert er sich hier ohne Unterlass selbst und wird zum eigentlichen Sympathieträger des Films. Ganz groß, wie er im Showdown durch seine Lagerhalle tänzelt, vor sich hin summt oder mit sich selbst Zwiegespräche führt, dabei immer dieses zahnreiche Haifischgrinsen im Gesicht, das auch etwas dezidiert Spitzbübisches hat. Man kann ihm einfach nicht böse sein, wenn er seinen glücklosen Angestellten in eine Holzkiste steigen, kleinlaut „Entschuldigung“ murmeln lässt und dann mit der Maschinenpistole ein paar Luftlöcher hineinballert. L.A. BOUNTY lässt es einem mal wieder wie Schuppen von den Augen fallen: Dass Hollywood es versäumt hat, diesen Mann konsequent zum Superschurken aufzubauen, ist eine der großen Unterlassungssünden der Achtzigerjahre. Andererseits: Wer hätte einem sonst das Herz in solchen Videothekenklassikern wie eben L.A. BOUNTY aufgehen lassen?

511jYUgLbNL._SS500_Gleich zu Beginn wird der Bulle Jack (Wings Hauser) mit seiner Partnerin, einer dicken Schwarzen, in einem Fall häuslicher Gewalt um Hilfe gerufen. Ein redneckiger Typ verdrischt seine Frau, geht sogleich auf Jack los, als der sich Zutritt zu dessen Wohnung verschafft. Die Partnerin befreit Jack aus seiner misslichen Lage, packt den Angreifer bei den Eiern und bekommt dafür von dessen ihre Liebe wiederentdeckenden Frau ein Messer ins Kreuz. Jack handelt sofort und reißt die Frau weg, die daraufhin allerdings aus dem Fenster und zu Tode stürzt. Wenn man mehr als einen Copfilm gesehen hat, ahnt man, was jetzt kommt: Suspendierung wegen Totschlags, Alkoholsucht, Bruchlandung in der Gosse. Es ist nur das erste Zeichen für den seltsamen, Konventionen zersetzenden und ganze eigene Wege gehende Film Hausers, dass dem nicht so ist. Jack darf einfach weitermachen, die ganze Geschichte hat kein böses Nachspiel für ihn. Im Folgenden bekommt er es mit einem Serienmörder zu tun, der junge naive Starlets, denen er den „großen Durchbruch“ verspricht, in berühmten Todesszenen inszeniert und sie dann on camera umbringt. Doch Hauser erzählt diese Story mit sehr lockerer Hand, so wie er auch seinen Bullen Jack spielt. Als freundlich-schnoddrigen street worker, der schon alles gesehen hat, sich keine Illusionen mehr macht, aber sich genauso wenig runterziehen lässt.

THE ART OF DYING hat einen angenehm konversationellen Tonfall. Er ist keine gut geölt laufende Thrillmaschine, sondern ein Film, der so gemütlich ist wie eine 15 Jahre alte, ausgebeulte Jogginghose. Nur dass eine solche Hose selten Überraschungen wie dieser Film bereithält. Michael J. Pollard, einer der seltsamsten Typen, die Hollywood je hervorgebracht hat, darf einen Kollegen und Kumpel Jacks spielen, und er gibt sich nicht die geringste Mühe, seine immer etwas manische Art dafür zu zügeln. (Einen Gastauftritt absolviert ein anderer Hollywood-Freak, nämlich Sidney Lassick, den man als Cheswick aus ONE FLEW OVER THE CUCKOO’S NEST kennt.) Ein wichtiger Subplot dreht sich um die Beziehung Jacks zu der mysteriösen Holly (Kathleen Kinmont): Bei ihrem ersten Auftritt erwartet sie Jack mit einer Waffe und droht ihn umzubringen, aus Rache für den Selbstmord des Bruders, den Jack einst in den Knast gebracht hatte. Jack reagiert, wie ein Bulle seiner Gattung das zu tun pflegt: „Na komm, dann leg mich um, ich hatte eh einen Scheißtag.“ Sie drückt tatsächlich ab, doch die Waffe ist nicht geladen, die beiden küssen sich und alles entpuppt sich für den Zuschauer als höchst seltsame Interpretation des  Rollenspiels, mit dem gelangweilte Ehepaare ihr Sexleben aufzupeppen pflegen. Später kommt man dann noch in den Genuss einer von 9 1/2 WEEKS inspirierten Sexszene zwischen Wings Hauser und der Bride of Re-Animator Kinmont: Doch weil Hauser kein Bonvivant wie einst Mickey Rourke ist, füttert er seine Angebetete nicht mit Träubchen und Käsehäppchen, sondern gießt ihr Milch aus einem Gallonen-Kanister über die eindrucksvoll wogenden Hupen.

So wie ZERO TOLERANCE enorm vom Schauplatz Las Vegas profitierte, profitiert THE ART OF DYING vom nächtlichen Hollywood, dessen eher heruntergekommenen Ecken der Film sucht, findet und gnadenlos festhält. Dazu orgelt schwül-rauchiger Smooth Jazz von der Tonspur und Wings Hauser bewegt sich mit einer Selbstverständlichkeit, die er sich wahrscheinlich einst bei Gary Shermans meisterlichem VICE SQUAD angeeignet hatte. Er ist eine Schau, wie er durch diesen Film scharwenzelt und noch die abseitigsten Ideen und krassesten Dialogzeilen verkauft wie Wasser an einen Verdurstenden. Einmal lockt ihn Holly mit der Aussicht auf ein geiles Fesselspiel und er, mehr als nur etwas ermüdet und genervt vom nie versiegenden Einfallsreichtum seiner Freundin, antwortet: „No cuffs! I mean can’t we just have straight sex like normal people? Look, I have an idea: I’l be on top, how’s that?“ Wings Hauser ist ein Meister jene Art von Schauspiel, das nicht wie Schauspiel aussieht, und er ist sich nicht zu schade, dahin zu gehen, wo’s weh tut.

Mit THE ART OF DYING ist Hauser ein kleines, schmuddeliges Juwel gelungen, das zweite nach dem ebenfalls für PM Entertainment gedrehten LIVING TO DIE, und es bestätigt mir wieder einmal, dass er das Zeug zum Schauspielstar hatte, der er in einer gerechten Welt auch geworden wäre. So mancher hochbezahlte Langweiler würde sich freuen, hätte er nur halb so viel Charisma wie Wings. So landete der leider nicht in den großen Publikumsschlagern, sondern irgendwann beim DTV-Film, worüber wir uns angesichts solcher absolut eigenständigen, sympathisch abgerissenen Neo Noirs aber mehr als glücklich schätzen dürfen.

Der Ex-GI, Ex-Con, erfolglose Schriftsteller, dafür aber erfolgreiche Alkoholiker Tim Madden (Ryan O’Neal), Ehemann der geldgeilen Südstaatenschlampe Patty Lareine (Debra Sandlund), wacht nach einer übel durchzechten und durchfickten Nacht auf und stellt fest, dass er offensichtlich einen heftigen Blackout hat. Das ist umso schlimmer, als er Hinweise darauf findet, seine Frau ermordet zu haben. Der wahnsinnige Polizist Alvin Luther Regency (Wings Hauser) ist Madden bereits auf der Spur – und darüber hinaus mit Maddens großer verflossener Liebe Madeleine (Isabella Rosselini) liiert. Haben Geister Tim zum Mord angestiftet? Oder steckt dahinter doch nur ein schiefgelaufener Drogendeal, in dem Tim die Rolle des Sündenbocks zukommt?

Der große Skandalschriftsteller Norman Mailer adaptierte mit TOUGH GUYS DON’T DANCE seinen eigenen Roman für die Leinwand – im Zuge der Qualitätsoffensive der Cannon, während der Regisseure wie Cassavetes, Altman, Schroeder, Godard oder eben Mailer das mit Actionfilmen „ramponierte“ Image der Cannon aufbessern und die Produktionsfirma als ernstzunehmende cineastische Adresse etablieren sollten. Zumindest was TOUGH GUYS DON’T DANCE angeht, war dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Zwar ist Mailers Film durchaus künstlerisch eigenständig und hoch interessant, doch ist er dabei auf so überaus seltsame Art und Weise so weit neben der Spur, dass er sowohl ein auf straightes Crimekino gepoltes als auch ein cineastisches Publikum vor den Kopf schlagen dürfte. Was genau den Film so schräg macht, ist dabei keienswegs leicht zu beantworten: Die Storyline um einen Mann, der einen Teil seines Geächtnisses verloren hat und herausfinden muss, was in dem ihm fehlenden Zeitraum geschehen ist, kennt man aus etlichen Thriller- und Noirfilmen, ebenso wie die Erzählstrategie das Ganze über ein Puzzle aus Rückblenden und gegenwärtigen Ermittlungen aufzuschlüsseln.

Nein, es sind die Mischung aus klassischen Noir-Elementen und Eighties-Ennui (es wird gekokst, dass es nur so kracht), aus unterkühlten und krass überdrehten Szenen, aus Mindfuck-Movie – ist alles nur die Fantasie eines depressiven Alkoholikers? – und „weltlichem“ Krimiplot, dargeboten von einer fantasievollen Besetzung aus alternden Mainstream-Beaus (O’Neal), berückend schönen Modelmusen (Rosselini), alten Noir-Haudegen (Tierney) und B-Movie-Extremisten (Hauser), deren Charakteren der Drehbuchautor abwechselnd mit beißendem Spott, giftiger Verachtung und kühler Distanziertheit begegnet, und sich nie zu hundert Prozent dafür entscheidet, ob er seinen Film nun als surreal angereicherten Krimi, als ätzende Satire über gelangweilte Neureiche oder gar als Parodie auf vertrackte Thriller verstanden wissen will. Oder als alles auf einmal.

Ryan O’Neals Tim Madden kann man – das machte den Film für mich besonders interessant – durchaus als eine um 20 Jahre weiterentwickelte Version seines Jack Ryan aus THE BIG BOUNCE begreifen: Gab es für den Drifter am Ende von Alex Marchs Film doch die Hoffnung, irgendwann einmal ein halbwegs solides Leben führen zu können, vielleicht mit einer gleichermaßen attraktiven wie netten Frau, so zeigt sich in TOUGH GUYS DON’T DANCE, dass diese Hoffnung sich nicht wirklich bestätigt hat. Zwar muss er nicht mehr mit dem Seesack per Anhalter durch die USA reisen, das Bankkonto ist dank seiner wohlhabenden Frau stets gut gefüllt, aber eigentlich haben sich alle seine Probleme und Charakterschwächen endgültig manifestiert. Die gute, aber vielleicht etwas zu selbstbewusste Madeleine hat er für die immergeile Patty verlassen, deren erschwindelter Reichtum auch ihm zu Gute kommt, allerdings mit dem unguten Nebeneffekt, in ihren Augen nun als unfähiger, eierloser Schmarotzer dazustehen. Mit dem Bücherschreiben klappt es auch nicht so richtig und so taumelt Tim durch den stetigen Kreislauf von Suff, bedeutungslosen One-Night-Stands und Drogenabstürzen, bis er endgültig in einer Sackgasse gelandet ist.

Sein Schicksal nimmt man aber nur mile geschockt und relativ gelassen zur Kenntnis: Das hier abgebildete Milieu liegt denkbar fern von der Lebenswirklichkeit des durchschnittlichen Zuschauers weg und man kann nur darüber staunen, was für Parties manche Menschen so zu feiern gewohnt sind und in was für Albtraumbeziehungen sie sich sehenden Auges begeben. TOUGH GUYS DON’T DANCE verkommt gottseidank nie zur selbstmitleidigen Nabelschau der Reichen und Schönen, dafür ist Mailer viel zu abgewichst. Die Scheiße, die man sich eingebrockt hat, muss man gefälligst selbst ausbaden. Vor allem, wenn man ein so ausgesprochenes Talent dafür hat, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten und einen Haufen idiotischer Egomanen um sich zu scharen. Rumheulen ist da nun mal keine Option. Angelo Badalamentis Score trägt neben den abseitigen Plotwendungen, den strangen Regieeinfällen, den völlig von der Kette schauspielerischer Mäßigung gelassenen Darstellern und dem jenseits jeder geografischen Konkretion liegenden Schauplatz, einem Fischerort namens Hell Town (!!!), noch seinen Teil dazu bei, dass man doch erhebliche Schwierigkeiten hat, diese Geschichte in der Realität zu verorten. TOUGH GUYS DON’T DANCE ist stattdessen im Fegefeuer der Eitelkeiten angesiedelt, wo manche verkorkste Existenz der Ewigkeit entgegenbrutzelt und sich der liebe Gott in Person von Mailer einen Spaß daraus macht, sich ganz besonders abstruse Schicksalsschläge für sie auszudenken.

Ich weiß nicht so genau, was ich über den Film abschließend sagen soll. Ich fand ihn befremdlich, gleichzeitig absolut faszinierend, dann und wann sehr inspiriert und intelligent, ja nahezu brillant dann wieder jenseits von Gut und Böse, peinlich und überdreht. Aber das scheint mir durchaus beabsichtigt zu sein und es macht gerade den Reiz dieses Films aus, wie er die Grenze zum Trash teilweise lustvoll hinter sich lässt. Für Cannon-Enthusiasten wie mich eh unerlässlich, für Filmfreunde mit dem Faible fürs Absonderliche inmitten des Mainstreams eigentlich auch. Ja, doch, TOUGH GUYS DON’T DANCE ist schon zeimlich geil. Auf seine ihm eigene, völlig individuelle Art und Weise.

Nachdem sie nach einem Nervenzusammenbruch aus dem Krankenhaus entlassen wird, bezieht Alice Jarrett (Lynne Adams) mit ihrem Mann Martin (Pierre Lenoir) ein neues Haus, an dem Handwerker noch letzte Sanierungsarbeiten vornehmen. Als Alice nachts von Geräuschen geweckt wird und deren Ursache nachgeht, trifft sie zu ihrer Überraschung auf einen Tischler (Wings Hauser), mit dem sie sogleich ins Gespräch kommt. Die Zuneigung des Mannes baut nicht nur ihr angekratztes Selbstwertgefühl wieder auf, er schafft ihr auch einen übergriffigen Bauarbeiter blutig vom Hals. Aus der Freundschaft entwickelt sich bald eine handfeste Romanze. Doch wer ist der Mann eigentlich?

Hoppla, was war denn das? THE CARPENTER, der bei uns auf Video ziemlich geschnitten war und jetzt endlich ungekürzt auf RC-1-DVD veröffentlicht wurde, ist weit mehr als bloß ein Film fürs Kuriositätenkabinett, zu dem ich ihn aufgrund seines Besetzungscoups – Wings Hauser mal nicht in einem Actionfilm –  „vorverurteilt“ hatte, sondern ein exzellent inszenierter, sehr feinfühliger und weitestgehend subtiler Psychothriller. Schon bei der Auftaktsequenz wurde mir klar, dass THE CARPENTER eigene Wege gehen würde: Man sieht eine Frau, blass, mit dunkel geschminkten Augen, die ins Leere starren. Schnitt auf die Frau in der Totalen, sie stützt sich verträumt auf einen Besen, schaut zur Verandatür hinaus. Erneuter Schnitt auf die Frau, jetzt liegt sie im Bett, mit offenen Augen und voll bekleidet, gedankenverloren. Schnitt. Sie steht auf, geht an den Kleiderschrank, greift sich einen dunkeln Anzug, legt ihn aufs Bett, setzt sich dazu. Schnitt. Sie nimmt eine Schere und beginnt den Anzug hoch konzentriert und fast zärtlich in kleine Rechtecke zu zerschneiden. Schnitt auf die Zimmertür, ihr Ehemann tritt ein, bleibt abrupt stehen, als er seine Frau mit ihrem Werk auf dem Bett sieht. Er braucht einen Augenblick, um die Situation zu erfassen, dann fragt er ganz ruhig: „Rough day, huh?“ Seine Frau lächelt ihn an, es ist ein ein süßes, sanftes, mädchenhaftes Lächeln. Auch seine Lippen umzuckt kurz ein Lächeln. Dann beendet ein weiterer Schnitt die Szene und der Zuschauer befindet sich mit der Frau und dem Mann im Krankenhaus. Sie will wieder nach Hause, sagt, es gehe ihr wieder gut. Er antwortet scherzhaft, dass er sich auf Dauer nicht so viele Anzüge leisten könne. Auf sehr ungewöhnliche, ruhige und sensible Art und Weise hat Wellington in die Ausgangssituation des Films eingeführt.

Und er verfährt in diesem Stil weiter. Der Schnitt des Films ist großartig, auffällig vor allem der geschickte Einsatz von Überblendungen, die sowohl eine traumgleiche Atmosphäre schaffen als auch helfen, den psychischen Zustand von Alice zu illustrieren. Wenn Martin ihr das neue Haus zeigt, wechselt Wellington mittels solcher sanfter Überblendungen zwischen Detailansichten des Hauses und dem Gesicht der staunenden Frau, damit sofort die mentale Bindung zwischen den beiden schaffend, um die es im Folgenden (auch) gehen wird. Wunderbar aufgelöst ist auch eines der nächtlichen Treffen zwischen Alice und dem Tischler (er hat keinen Namen): Im Garten besucht sie ihn bei der Arbeit, er steht an einem Tisch und sägt Holzlatten zurecht, sie setzt sich zu ihm, sie unterhalten sich. Er spricht über seine Einstellung zur Arbeit: Wie wichtig es sei, sorgfältig und geduldig zu sein, beharrlich zu sein, keine schlechte Arbeit abzuliefern, sondern so lange an einer Sache zu feilen, bis sie wirklich fertig ist, notfalls bis in die Nacht hinein zu arbeiten, vergleicht den Flow, in den er während der Arbeit kommt, schließlich mit der Musik und diese wiederum mit der Liebe. Das Gespräch wird in Schuss/Gegenschuss-Aufnahmen aufgelöst und jedes Mal, wenn der Tischler ins Bild kommt, hat er sich einer anderen Tätigkeit zugewendet: Zuerst sägt er – Schnitt -, dann hämmert er – Schnitt -, dann schleift er. Und währenddessen fließt das Gespräch ganz einfach weiter. Auch hier wieder: einerseits die perfekte bildliche Umsetzung für die Äußerungen des Tischlers, dann wieder die Akzentuierung des Träumerischen, der Wahrnehmung Alice‘. In einer anderen Szene beweist Wellington ähnliche Raffinesse mit dem Einsatz des Tons: Als Martin von seiner Geliebten angerufen wird, muss er ein geschäftliches Gespräch vortäuschen, weil Alice anwesend ist. Als sie sich wieder entfernt und außer Hörweite ist, setzt er das Gespräch normal fort. Die Kamera folgt Alice, die sich auf der Couch mit ihrem Frühstück niederlässt, doch auf der Tonspur hören wir weiterhin Martin am Telefon mit der Geliebten. In Verbindung mit Alice‘ Gesichtsausdruck – sie schaut nicht genervt, vielmehr völlig gleichgültig – ergibt sich der unmissverständliche Eindruck, dass Alice vom Betrug ihres Mannes weiß, dass ihr das aber vollkommen egal ist, sie für seine erfolglose Heimlichtuerei nicht einmal mehr Verachtung übrig hat. Und seine Versuche, seine Liebschaft zu vertuschen, wirken nur noch jämmerlicher.

Das führt nun auch zum Kern des Films: THE CARPENTER ist trotz seines Titels (auf dessen Implikationen ich gleich noch eingehen werde) ein sehr weicher, ja, weiblicher Film. Es geht um einen Mann und seine über den Tod hinausgehende Bindung an das von ihm errichtete Haus, aber noch mehr um eine dysfunktionale Liebesbeziehung, ja um die Dysfunktionalität heterosexueller Beziehungen überhaupt. Die Frau, der Mann, das unbekannte Wesen. Das exerziert Wellington hier par excellence durch: Die Ehe, die er zeichnet, liegt in Trümmern, ohne dass sich dies aber in krassen Ereignissen oder Handlungen niederschlüge. Da erreichen sich zwei Menschen einfach nicht mehr. Die Kommunikation ist gestört, hoffnungslos. Und während der Mann alle Versuche, daran etwas zu ändern, einstellt, flüchtet sich die Frau nach innen und erträumt sich einen starken, einen „richtigen“ Mann, einen der sie beschützt, sie versteht und liebt. Einmal erzählt Martin – er ist Dozent an der Uni – von Paul Bunyan, der amerikanischen Sagengestalt, einem Holzfäller mit riesenhaften Körperausmaßen und in Begleitung eines gewaltigen Bullen, der das Männliche in Reinkultur verkörpere. Es ist klar, dass er, der langweilige Anzugtyp, dessen Versuche, „männlich“ zu sein, allesamt anmaßend bis lächerlich wirken, diesem Idealbild krass widerspricht; aber auch die Handwerker, die an dem Haus arbeiten, sind erbärmliche Gestalten: ungehobelt, dumm, uncharmant. Erst in dem Phantomtischler stehen körperliche Stärke, Intelligenz und Einfühlsamkeit (einmal bittet er Alice im weißen Anzug zum Tanz) anscheinend in einem ausgewogenen Verhältnis, das Männlichkeit erst aus- und ihn somit für Alice interessant macht. Aber die bedingungslose Liebe führt selten ins Glück, den Menschen ohne Makel gibt es nicht.

THE CARPENTER ist ein sehr ungewöhnlicher, überraschend eigenständiger Thriller, der viele interessante Denk- und Deutungsansätze bietet – die Parallelisierung von Haus und Geist müsste den oben angerissenen Themenkomplexen noch hinzugefügt werden -, sich aber nicht dazu versteigt, diese alle wirklich zu Ende zu denken. Er ist eben auch ein Exploiter, ein kleiner Genrefilm, der nebenbei auch noch ein paar krude Effekte und ein knalliges Ende liefern muss, um sein Publikum zufriedenzustellen. Der schon während des Films aufkeimende Verdacht, dass die vielen Fäden unmöglich zu einem befriedigenden Schluss zusammengeführt werden, bestätigt sich, ohne dass dies der Freude über diesen ungewöhnlichen Film einen Abbruch täte. Am Schluss setzt es Kintopp: Die Leichen der vom Tischler entsorgten Menschen stapeln sich, Alice erkennt, dass auch diese Beziehung zum Scheitern verdammt ist. Zusammen mit dem Haus zerstört sie auch den Tischler und kann fliehen, in eine ungewisse Zukunft. Klar ist nur eins: In diesem Haus wohnt Alice nicht mehr.

Als ein einfacher Gefangentransport in einem Blutbad endet, quittiert Polizist Nick Carpenter (Wings Hauser) den Dienst und verdingt sich fortan als Privatdetektiv. Sein alter Kumpel, der rücksichtslose Spekulant Eddie Minton (Asher Brauner), wendet sich an ihn, weil er vom Fotografen Jimmy (Arnold Vosloo) erpresst wird. Der weiß nämlich, dass Minton der letzte Kunde der verstorbenen Prostituierten Maggie (Darcy DeMoss) war, die vor Mintons Augen einem drogeninduzierten Herzanfall erlegen war. Carpenter sucht den Fotografen auf, der aber erschossen wird, bevor er etwas sagen kann. Dafür macht er wenig später die Bekanntschaft mit der vermeintlichen Toten – und verliebt sich in sie … 

Hausers zweite Regiearbeit, die er für die Produktionsfirma PM Entertainment von Richard Pepin und Joseph Merhi vorlegte, ist anhand der deutschen Synchronfassung zwar kaum fair und abschließend zu beurteilen, aber dass es sich bei LIVING TO DIE um einen ziemlich dreckigen und düsteren Film handelt, erkennt man trotzdem. Das nächtliche Las Vegas liefert mit seinen Glitzerfassaden eine attraktive Kulisse, statt in schicken Casinos und mondänen Hotels spielt Hausers Film aber meist in gammeligen Nachtclubs und heruntergekommenen Absteigen. Und dazu passend leistet die deutsche Synchronisation vor allem in der ersten halben Stunde Schwerstarbeit, um den Film zu einer denkbar schmierigen und asozialen Angelegenheit zu machen: Die rotzig intonierenden Sprecher greifen tief in die Kiste mit den saftigen Kraftausdrücken, das Englische „fucking“ wird treffend mit „verfickt“ übersetzt, Nutten immer mit besonders viel Nachdruck als solche bezeichnet. Es ist eine hässliche Welt, in die uns Hauser entführt. Er selbst hingegen, der ja auf cholerische Prolotypen geradezu abonniert ist, agiert eher zurückgenommen, ist eindeutig die Sympathiefigur und auch im Vergleich zu seinen Detektivkollegen etwa aus der Schwarzen Serie ein eher moderater Charakter: kein knurriger Einzelgänger, sondern ein gutgelaunter, optimistischer Zeitgenosse. Das Ende, das das Drehbuch für ihn bereithält, trifft da umso härter, zumal ich die finale Wendung, die den Film im Unterschied etwa zum kürzlich gesehenen WAR tatsächlich aufwertet, nicht habe kommen sehen. Mir hat LIVING TO DIE nach anfänglicher Irritation sehr gut gefallen, aber man sollte sich schon auf preiswert gemachten Sleaze einstellen, um ihn goutieren zu können. Action gibt es eher wenig, der Film ist ganz dem Noir verpflichtet, liefert aber eine angemessene Gossenversion dieses ja auch inhaltlich eher schmuddeligen Genres. Ich habe die deutsche Billig-DVD, die den Film in angemessener Qualität mit nicht zu sauberem Bild und nicht zu gutem Ton präsentiert, vor ein paar Jahren für nen Appel und nen Ei erstanden und erst jetzt als Nachtisch zu NO SAFE HAVEN ohne große Erwartungen eingeworfen. Die ideale Vorraussetzung, um diesen kleinen Schmierlappen zu genießen und ihn ins blutende Herz zu schließen.

Als der Ex-FBI-Agent Clete Harris (Wings Hauser), der wegen seiner ruppigen Methoden zum Peace Corps nach Honduras abkommandiert worden ist, von der Ermordung seiner Mutter und seiner beiden Brüder erfährt, setzt er alles daran, zu erfahren, wer für ihren Tod verantwortlich ist. Mit Hilfe seiner alten Kontakte kommt er einer Bande südamerikanischer Drogendealer auf die Schliche, mit denen sich sein Bruder Buddy, ein Footballprofi, dummerweise eingelassen hatte. Clete startet seinen privaten Rachefeldzug, bei dem ihm der Schrott- und Waffenhändler Randy (Robert Tessier) tatkräftig zur Seite steht. Die Spur führt beide nach Bolivien …

NO SAFE HAVEN habe ich zum ersten Mal vor drei Jahren gesehen, als ihn mir mein lieber Freund und Himmelhund-Kollege Aussenseiter, ein beinharter Wings-Hauser-Fan, in der deutschen Version vorführte. Die jetzige Sichtung der ungeschnittenen Originalversion kam an dieses schöne Ereignis nicht ganz heran: NO SAFE HAVEN ist so ein Film, den man am besten im Kreise der Lieben genießt. Seine Actionszenen beschränken sich während der ersten 80 Minuten auf einige kurze, aber dafür umso heftigere Morde, erst für den explosiven Showdown in den restlichen zehn Minuten lässt Rondell seinen Film dann von der Leine. Dass NO SAFE HAVEN trotzdem nicht langweilig, im Gegenteil sogar eine sehr kurzweilige Angelegenheit geworden ist, ist zum einen der Besetzung – neben dem immer gern gesehenen Tessier hat vor allem Branscombe Richmond eine schöne Rolle abbekommen -, zum anderem dem Drehbuch mit seinen pointierten, witzigen Dialogen und den immer etwas abseits vom Mainstream angelegten Charakteren zu verdanken.

Hauser ist als Clete Harris (der für die deutsche Version zum „Clint“ und auf dem Videocover zum Bond-Verschnitt mutierte) ein liebenswerter Prolet, der seinen Strafdienst in Honduras mit Dosenbier, einem versifften T-Shirt und Füßen auf dem Tisch absolviert, besoffen aus dem Auto von eben durchgezogenen Nutten fällt und auch sonst not quite das gewohnte Heldenmaterial darstellt. Tessier gibt seinen Südstaaten-Waffennarren nicht etwa als rassistischen Redneck, sondern als freundlichen alleinerziehenden Vater im Camouflage-Look, der eine Ferkelsfreude daran hat, wenn Sachen in die Luft gehen, und seinen ebenso veranlagten halbwüchsigen Sohn von einer Gänsefamilie beaufsichtigen lässt und Richmond ist als Drogendealer Manuel stets auf 180 und versucht sich an einer unkultivierten Version von Pacinos Tony Montana. In meiner Lieblingsszene steigen Harris und Randy mitten in der bolivianischen Pampa aus einem Bus und starren erst einmal tatenlos in die Einöde, bevor Randy kurzerhand seine Hose öffnet und zu pissen anfängt, was ihm Harris dann in Ermangelung einer besseren Alternative einfach mal nachmacht. Trotz dieser humorigen Seite wird NO SAFE HAVEN aber niemals zu albernen Hanswurstiade, wie das später im Actiongenre so oft der Fall sein sollte (man denke nur aan die unsäglichen RUSH HOUR-Filme), benutzt den Humor vielmehr ausschließlich dazu, seine Figuren zu charakterisieren. NO SAFE HAVEN gehört bestimmt nicht zu den Actionklassikern seines an solchen nicht gerade armen Jahrzehnts, aber er ist diesen mit seiner locker-flockigen Art dicht auf den Fersen.

Man könnte es vielleicht in folgendes Bild kleiden: Wenn das Actiongenre eine Disco ist, all die FIRST BLOODs, TERMINATORs, COMMANDOs und MISSING IN ACTIONs arhythmisch und unsexy herumstaksende Weißbrote, die eigentlich eher auf eine Schlägerei aus sind als auf eine gute Zeit, dann schwoft NON SAFE HAVEN locker und lässig über die Tanzfläche, lässt enthemmt das Becken kreisen, nimmt am Ende des Abends zwei scharfe Bräute mit nach Hause und zwinkert beim Rausgehen verschmitzt den neidisch über ihrem Bier brütenden Kollegen zu …