the asphyx (peter newbrook, großbritannien 1973)

Veröffentlicht: Juni 13, 2013 in Film
Schlagwörter:, , ,

Britisches Horrorkino aus den Siebzigern: ein bisschen, wie in einem unscheinbaren Haus an einer unscheinbaren Straße in einem unscheinbaren Stadtteil einer wenig bemerkenswerten Stadt auf ein Geschäft zu stoßen, das nur für DICH dort zu existieren scheint. Ein Zeitschriftenantiquariat vielleicht, erfüllt von dem Geruch alten Papiers und Staubs, die Regale bis unter die Decke vollgestopft mit Trivialmüll vergangener Jahrzehnte: Groschenromane, Horrorcomics, Krimis, Filmzeitschriften, Perry-Rhodan-Bände, Pornomagazine und anderer Kram, der für manche Menschen Müll sein mag, für andere aber gleichzusetzen ist mit einer geborgenen Grabkammer. THE ASPHYX ist auch so ein Film: Klein, billig, rührend naiv und mit seiner Frankenstein-Variation um beanzugte Wissenschaftler im ausgehenden 19. Jahrhundert 1973 bereits hoffnungslos überkommen. Die Hammer-Studios, deren von Kostüm- und Historienfilm beatmete Horrorschinken unübersehbares Vorbild für THE ASPHYX wareb, ließen den Blick zu jener Zeit bereits nach Hongkong schweifen oder Dracula in der Gegenwart seine Opfer suchen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Peter Newbrook schert sich wenig um solche Modernisierungsversuche und lässt sich auch nicht davon bremsen, dass er nicht auf die üppige Requisite zurückgreifen kann, die die Hammer-Filme auszeichnete. Sein Film bleibt klein und angestaubt, aber es ist auch diese Schmuddeligkeit, die ihn funktionieren lässt. Kein guter Film, mehr als einmal unfreiwillig komisch, aber auf seine ihm eigene krude Art seltsam effektiv.

Der Wissenschaftler Sir Hugo Cunningham (Robert Stephens) ist auf ein merkwürdiges Phänomen auf mehreren Fotos Sterbender gestoßen. Der schwarze Fleck, den er auf allen diesen Fotos ausfindig gemacht hat, ist mitnichten die Seele, die die sterbenden Körper verlässt, sondern der „Asphyx“: ein Geist, der die Angst Sterbender aufspürt und letztlich für das Eintreten des Todes zuständig ist. Nachdem er dem Asphyx dabei zusehen musste, wie er ihm seinen Sohn und seine Schwiegertochter raubte, ist er dazu entschlossen, den Plagegeist einzufangen: Seiner Meinung nach der Schlüssel zur Unsterblichkeit. Das Experiment gelingt bei einem Meerschweinchen. Die Probleme fangen an, als es darum geht, einen Menschen unsterblich zu machen …

THE ASPHYX behandelt natürlich ein in Horrorliteratur und -film gängiges Thema: die Frage, inwieweit der Mensch sich über Leben und Sterben erheben darf, aber auch, ob der Tod – bei aller Angst, die wir vor ihm haben – nicht auch etwas Erlösendes ist. Newbrook gibt die erwartbaren Antworten auf diese Fragen. Wer sich neue Erkenntnisse erhofft (welche sollten das sein?) sieht sich wahrscheinlich enttäuscht, aber die Art und Weise, wie sich Newbrook damit auseinandersetzt, ist schon mehr als amüsant. THE ASPHYX erinnert mit seiner „Moral von der Geschicht“ ohne Frage an die alten EC-Comics, strapaziert die Logik aber so über Gebühr, dass der moralische Impetus selbst wie ein schlechter Scherz wirkt. Die Wissenschaftler – Cunningham erhält Hilfe von seinem Stiefsohn Giles (Robert Powell) – stellen sich bei ihren Versuchen mehr als dumm an, machen es dem Asphyx ziemlich leicht: Man sollte annehmen, dass es bessere und vor allem sicherere Methoden gibt als eine Guillotine, wenn man eine Person in Todesgefahr bringen möchte, ohne sie tatsächlich umzubringen. Dass dem armen, fiepsenden Meerschweinchen im weiteren Verlauf des Films eine ganz entscheidende Rolle bei der Eskalation der Ereignisse zukommt, ist wirklich herzallerliebst. Der finale „Twist“ wird von einem miserablen Make-up-Effekt torpediert, der aber – das meinte ich mit „krude“ – gerade wieder zum Gelingen des Ganzen beiträgt. Und dann ist da der Asphyx selbst, der ein bisschen wie eine holographierte Kermit-Mumie aussieht …

Kein großer Film, auch nicht unbedingt einer, den man als unverzichtbaren Geheimtipp bezeichnen müsste, aber einer, der auf eine sehr eigene, individuelle Art halbmisslungen ist. Kein Vergleich mit US-Schund aus derselben Epoche und deshalb unbedingt liebens- und bewahrenswert. Irgendwo in einem rammeligen Regal zwischen Dutzenden anderer abgenudelter und vergessener Filme vielleicht.

Kommentare
  1. Schlombie sagt:

    Toll war „Asphyx“ wirklich nicht, aber ich konnte mich in meiner Sammlung auch nie von ihm trennen. Auf ungewöhnliche Art muss man ihn einfach mögen, und wie schwer es ist dies in Worte zu fassen macht Dein Text recht deutlich. Ich habe ihn bislang nur einmal gesehen und hatte in Erinnerung, dass es eine Seele sei, die eingefangen wird um ewiges Leben zu erhalten. Wenn ich hier nun Deine Inhaltsangabe lese komme ich in Versuchung mich nach all den Jahren doch noch mal heranzuwagen, klingt die Erklärung des Asphyx doch reizvoller als die einer eingefangenen Seele. Oder könnte es mit der von mir gesichteten Synchronfassung zusammenhängen, dass ich das falsch in Erinnerung hatte. Ich habe die deutsche VHS-Fassung „Experiments“ gesichtet. Welche Fassung hast Du denn gesehen?

    • Oliver sagt:

      Ich habe jetzt die Anchor-Bay-Version gesehen, vor Urzeiten aber auch mal die deutsche VHS besessen und gesichtet. Die habe ich zwar nicht mehr parat, aber der Film mkam mir jetzt immer noch sehr bekannt vor, sodass ich annehme, dass es keine durch die Synchro bedingte Verfälschung gegeben hat. Belegen kann ich das jetzt aber wie gesagt nicht.

  2. Alex sagt:

    Schöner Text! Den Film müßte ich auch noch mal auffrischen. Fand es bei aller sonstigen Angestaubtheit immerhin lobenswert, sich mit dem „Asphyx“ ein neues Motiv ausgedacht zu haben, wenn das Thema selbst auch bekannt ist.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..