William Goldmans Drehbuchadaption seines eigenen Bestsellers „Heat“ war damals ein sogenanntes „hot property“ in Hollywood und wurde mit Burt Reynolds – der eine Gage von satten zwei Millionen Dollar dafür erhielt – in der Hauptrolle verfilmt. Was ein Hit und ein Comeback für den alternden Star hätte werden sollen, geriet zum Fiasko, das gleich mehrere Regisseure verschliss, von der Kritik verrissen wurde, sein Publikum meilenweit verfehlte und etliche Gerichtsprozesse nach sich zog. Rund 30 Jahre, nachdem HEAT an den Kinokassen unterging wie ein Stein, nahm sich Simon West des Stoffes an und siehe da: In dieser Fassung macht die Geschichte, die im ersten Anlauf fürchterlich konfus zwischen Thriller und Komödie hin und her pendelte, endlich Sinn.
Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Filme dabei überraschenderweise überhaupt nicht. Die Dialoge wurden etwas überarbeitet, dem Star und heutigen verbalen Gepflogenheiten angepasst, das Finale etwas modifiziert, aber wer beide Filme wie ich innerhalb kurzer Zeit sieht, erlebt mehr als nur den ein oder anderen Wiedererkennungseffekt: die Szenenfolge ist absolut identisch, selbst Details wie die als Messer verwendete Kreditkarte oder die angedrohte Kastration blieben unverändert. Überraschenderweise hat man dennoch einen völlig anderen Film vor sich: Er ist stilistisch und tonal aus einem Guss und was vorher einfach nicht recht zusammenpassen wollte, ist nun kaum noch voneinander zu trennen. Was wieder einmal zeigt, wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich es für den Außenstehenden ist, das Versagen eines Filmes an einem Aspekt festzumachen. Nach HEAT hätte ich gewiss eine Teilschuld beim Drehbuch gesucht, doch WILD CARD beweist ziemlich nachdrücklich, dass es daran eben nicht lag. Was HEAT mehr als alles andere fehlte, war Identität, eine verbindende Vision und Idee: kein Wunder bei einem Film, dessen Regiestuhl zum Zentrum einer „Reise nach Jerusalem“ wurde.
Simon West besetzt den zwischen Gangstern, Zockern und Nutten festsitzenden, von einem ruhigen Leben am Mittelmeer träumenden Privatdetektiv Nick Wild mit Jason Statham, der eine ganze Karriere auf diesen Haudraufs aufgebaut hat, die dunkle Geheimnisse und eine schwere Last mit sich herumtragen und immer wieder ihrer eigenen Gutmütigkeit zum Opfer fallen (die beiden hatten bereits für THE MECHANIC und THE EXPENDABLES 2 miteinander gearbeitet). Das ist schon einmal eine gute Wahl: Reynolds war anno 1986 einfach viel zu eitel, um die melancholischen Untertöne, die der Film braucht, glaubwürdig hinzubekommen (vielleicht verlor er auch irgendwann das Interesse an dem Film, der sich schnell als Schuss in den Ofen erwies), für Statham ist die Melancholie ein Teil seiner Persona. Der andere wesentliche Unterschied ist der Style, den West mitbringt: Er betont nicht die billige Künstlichkeit der Zockermetropole, sondern ihren verführerischen Glanz und schafft so nicht nur einen sehr elegant aussehenden Actioner, sondern macht auch nachvollziehbar, was seinen Helden überhaupt dort hält. Die Fights sind von zupackender Härte, dank der überaus kompetenten Choreografie von Corey Yuen aber auch sehr flüssig und deutlich spektakulärer als das, was der bereits etwas hüftsteife Reynolds zum besten gab. Letztlich sind das alles einzelne Facetten, die sich so zusammenfassen lassen: West hat eine Vorstellung davon, worum es in WILD CARD geht, und eine Idee, wie er das umsetzen möchte.
Letzten Endes wird es wahrscheinlich auch an individuellen Präferenzen liegen, welchen Film man besser findet: HEAT ist ohne Frage grittier, schmutziger als Wests Version, in seiner Unentschlossenheit als Kunstwerk vielleicht auch spannender. Für mich steht außer Frage, dass WILD CARD den Vorgänger weit in den Schatten stellt – ihn so aber letztlich auch nachträglich rehabilitiert. Ich verstehe ihn jetzt besser.