Der deutsche Pauschaltourist und Spießer ist seit je her eine beliebte Zielscheibe ätzender Satire und Kabarettisten und Gerhard Polt einer derjenigen, die sich auf diesen Typus – laut, dumm, chauvinistisch, bayrisch und plump – spezialisiert hatten. Unvergessen natürlich sein Fernsehsketch um „Mai-ling“, die asiatische Katalogbraut, die stumm und devot im Kimono neben Polts bayrischem Urviech sitzt, der ihren Fleiß und ihren Gehorsam preist, als handele es sich bei ihr um ein besonders folgsames Haustier. Die dreiköpfige Löffler-Familie aus MAN SPRICHT DEUTSH – Papa Erwin (Gerhard Polt), Mama Irmgard (Gisela Schneeberger) und Sohn Heinz Rüdiger (Thomas Geier) – ist deutlich weniger hassenswert angelegt: Polt, der das Drehbuch zusammen mit Regisseur Müller schrieb, hält sich zwar nicht zurück, was das Bloßstellen deutscher Herablassung angeht, aber letzten Endes sind die Löfflers und ihre deutschen Strandnachbarn ja auch Opfer des tristen Mittelklasse-Daseins mit Bild-Zeitung, Pauschalurlaub an italienischen Albtraum-Stränden und dem Mangel an jedweder Bildung und Kultur. Ein bisschen können sie einem auch leid tun, in ihrer Borniertheit, die ihnen die höheren Weihen des Daseins gnadenlos versperrt, auch wenn sie schrecklich dumm und vulgär sind.
MAN SPRICHT DEUTSH hat keine richtige Handlung, keinen Plot nach klassischem Verständnis: Er spielt während der letzten Urlaubsstunden der Löfflers am Strand des italienischen Touri-Ortes, den sie anscheinend jedes Jahr aufs Neue beehren, und läuft in kleinen Vignetten und Gags ab. Die Familienkutsche steht vollgepackt auf dem Parkplatz und muss bewacht werden, schließlich klauen die Italiener wie die Raben. Wie praktisch, dass in Erwins Blickschneise das vollbusige Fräulein Häberle (Isa Haller) liegt. Gleich nebenan hat es sich das Ehepaar Endress (Siegfried Mahler & Elisabeth Welz) aus dem Frankenland gemütlich gemacht und sogar ein paar Flaschen kühles deutsches Pils dabei, schließlich kann man die italienische Plörre nicht trinken. Gemeinsam bestätigt man sich in seinen Vorurteilen, motzt über die Italiener, lauscht Bayern3 im Radio und ärgert sich über die anderen Urlauber, die die eigene Ruhe empfindlich stören. Ein Dr. Wilms (Michael Gahr) hängt die ganze Zeit am Münzfernsprecher des Strandkiosks und versucht verzweifelt, seine Mutter in Deutschland zu erreichen. Sohn Heinz Rüdiger schleppt ständig irgendwelchen Unrat aus dem Meer an und wird von den Eltern gemaßregelt. Zwischendurch fallen Erwin und Irmgard in kleine Tagträume, die von der Flucht aus ihrem armseligen Leben handeln. Dieter Hildebrandt feiert einen Auftritt als neureicher Immobilienhai Eigenbrodt, der Irmgard in ihrem Traum in seine vor Sicherheitsgimmicks und schrillen Alarmanlagen nur so strotzende Traumvilla entführt. Erwin geht hingegen mit der italienischen Schönheit Violetta (Pamela Prati) in ein Luxusrestaurant, wo er sich darüber beschwert, dass es keine Pizza „mit allem“ gibt, sodass er stattdessen Spaghetti Bolognese bestellt, schließlich ist man ja in Italien. In einem anderen Traum verfolgt er den kleinen Straßenjungen, der von Autodieben als Ablenkung eingesetzt wurde, und wird in den Gassen des Städtchens von aufgebrachten Einwohnenern und den Carabinieri gestellt. Als er aufwacht, händigt ihm der Junge den Autoschlüssel aus, den die Löfflers zuvor verloren hatten. Zwischendurch geht es zum Essen ins Strandlokal „Schwarzwald-Grotte“ und weil es der letzte Tag ist, gönnen die Löfflers sich die Meeresfrüchte-Platte, lässt sie aber wieder zurückgehen, weil ein Hummer dann halt doch keine Schweinshaxe ist.
Müllers Film krankt ein bisschen an seiner Episoden- und Kabaretthaftigkeit. Zur Hochform läuft er immer dann auf, wenn er seinen Karikaturen aufs Maul schaut, die ganze Bräsigkeit ihres Urlaubs abbildet und die kleinen Banalitäten so authentisch einfängt, z. B. wie der präpubertär-ungelenke Heinz Rüdiger sein Eis in den Sand fallen lässt, kaum dass er dessen Papierverpackung abgezogen hat, oder wie er mit Teerflecken an der Babyspeckplauze aus dem Wasser stapft. Unvergessen die Momentaufnahme der an der Kamera vorbeitreibenden Kackwurst oder des Klopapierfetzens, der Erwin nach seinem Tauchgang am Rücken klebt. Die Hauptdarsteller sind allesamt großartig und eigentlich wäre es vollkommen ausreichend, einfach nur 80 bis 90 Minuten lang draufzuhalten aufs biedere Deutschsein. Offensichtlich glaubte man aber nicht, dass das ein über die volle Länge tragfähiges Konzept sei, und erdachte den erzählerischen Kniff mit den Traumsequenzen. Diese bringen den Film aber nicht wirklich weiter. Die verbindende Idee hinter ihnen ist der Wunsch seiner Protagonisten, ihrem jämmerlichen Dasein zu entfliehen, doch ihre Fantasie entpuppt sich immer wieder als noch größerer Albtraum. Diese Strategie trägt sicher dazu bei, die Figuren sympathischer zu machen: Sie haben eine Ahnung davon, dass ihr eigenes Leben flach und armselig ist, sie sind noch nicht vollkommen abgestumpft, auch wenn diese Ahnung bisher noch in ihrem Unterbewusstsein schlummert. Aber erzählerisch bringen diese Episoden nichts und sie unterwandern mit ihrem grellen Witz auch den stumpfen Realismus des Films, der seine wahre Stärke ist.