Um das Städtchen Texas City herum tauchen seit Jahren immer wieder Frauenleichen auf, zum Teil versteckt in den „Fields“, einer riesigen unwirklichen Sumpflandschaft, von der die Einheimischen glauben, dass es dort spukt. Der texanische Cop Mike Souder (Sam Worthington) versucht gemeinsam mit dem New Yorker Polizisten Brian Heigh (Jeffrey Dean Morgan) den Mord an einer jungen Frau aufzuklären, der möglicherweise zur selben Serie gehört. Nachdem ihnen der Killer gerade noch einmal entkommen ist, klingelt in ihrem Büro das Telefon: Und am anderen Ende hören sie die Schreie einer vermissten Frau …
TEXAS KILLING FIELDS ist fast ausschließlich Textur, Licht und Atmosphäre. Die Serienmördergeschichte verläuft relativ handelsüblich, lediglich eine Spur unaufgeregter als sonst: Michael Manns Tochter erzeugt keine Stimmung der Panik, sondern eine des langsamen Simmerns, des bewegungsunfähigen Wartens auf den Tod, der Lähmung. Die schwüle Hitze von Texas City, seine desolaten Vorortstraßen, schließlich die gigantischen Sümpfe, die so aussehen als könnte jederzeit ein Dinosaurier durchs Bild stapfen, sie sind die bildlichen Vorboten einer Apokalypse, die niemanden mehr wirklich erschreckt, weil dieser Ort sowieso unrechtmäßig dem Teufel abgerungen wurde. Auch ein bekennender Christ, der New Yorker Cop Heigh, kann hier nicht mehr wirklich etwas ausrichten, den Tag des jüngsten Gerichts allenfalls hinauszögern.
Regisseurin Mann hat ihr Handwerk sichtbar von ihrem Vater gelernt. Die virtuose Kameraarbeit, die geschliffenen Bildkompositionen, deren rücksichtslose Schönheit fast wehtut, die wortkargen Figuren, die nicht die Dinge verändern, sondern selbst von ihnen verändert werden, der Kontrast von alles verschluckender Nachtschwärze und blendenden Lichtkegeln: Man kennt sie auch aus Michael Manns Filmen, die jedoch noch eine Spur entrückter, verträumter, im positiven Sinne leerer wirken. TEXAS KILLING FIELDS ist hingegen weniger abstrakt als vielmehr mythologisch aufgeladen – allerdings ohne dabei in den Barock eines SE7EN abzustürzen. Eine Ahnung existenzieller Verzweiflung bestimmt den Film: Alle Charaktere agieren, als befänden sie sich zur Abbitte im Fegefeuer, als seien sie hoffnungslos gestrandet. Die Mahnungen Souders an seinen auswärtigen Kollegen, er habe keine Ahnung, wo er sich befinde, wie dieser Ort funktioniere, dienen weniger der Anleitung und Einweisung, als dazu, die eigene Resignation zu legitimieren. „Diese Ort ist das Chaos“, sagt Souder. Wo aber Leere ist, da ist auch kein Gesetz, das Polizisten noch verteidigen könnten. Es ist ein Kampf gegen das unwirtliche Land selbst, den sie da führen. Die Hitze kriecht in alle Köpfe und lässt jede Vernunft verdunsten. Der Tod folgt da fast zwangsläufig und wer stirbt, draußen in den Sümpfen, der wird unweigerlich wieder in die Nahrungskette eingegeliedert.
Wem Plot alles ist, etwa Krimifans, die erwarten, mitfiebern und mitraten zu können, abgerundete, psycholgisch ausgefeilte Charaktere vorzufinden, der wird von TEXAS KILLING FIELDS enttäuscht sein. Der Mörder wird irgendwann gefunden, aber nicht, weil die Ermittler so brillant gewesen wären, sondern weil auch der Killer dem Gesetz der Natur unterworfen ist, nach dem alles irgendwann sein Ende finden muss. Ami Canaan Mann hat einen Film über das ungerechte unausweichliche und deshalb nur noch nüchtern festzustellende Sterben gemacht. Es ist ein großer Film geworden. Aber er ist wohl nicht für jeden.
PS Wie erbarmungswürdig unkreativ ist eigentlich der deutsche Verleih, der diesem Film den Untertitel „Schreiendes Land“ aufgedrückt hat – denselben Titel, den schon Roland Joffés THE KILLING FIELDS abbekam?