Mit ‘Abenteuer’ getaggte Beiträge

Die Spiele der Tomb-Raider-Reihe verkauften sich seit 1996, als der erste Teil erschien, rund 35 Millionen mal. Parallel entwickelte sich die Heldin Lara Croft, ein weiblicher Indiana Jones mit Gardemaßen, zur popkulturellen Ikone und zum Sexobjekt, dem Angelina Jolie 2001 und 2003 in zwei Verfilmungen höchst passende leibliche Konturen verlieh. Seit damals ist viel Zeit vergangen: Das Tomb-Raider-Videospiel-Franchise wurde 2013 einer Generalüberholung unterzogen. Nicht nur gab man der weiblichen Abenteurerin ein fotorealistisches Aussehen, eine neue Backstory und generell mehr Persönlichkeit, auch das Gameplay ist heute deutlich actionlastiger und weniger auf das Lösen von Puzzles und das Absolvieren von Sprung- und Kletterpassagen ausgerichtet.

Zum spielerischen Neustart gehörte auch der filmische: Roar Uthaugs TOMB RAIDER (seinen FRITT VILT habe ich damals gehasst, würde ihm aber eine neue Chance einräumen, da so viele Menschen auf ihn zu schwören scheinen) wartet mit der schönen Alicia Vikander in der Titelrolle auf, ist wie die aktuellen Spiele deutlich ruppiger als die Filme von Simon West und Jan de Bont und etabliert seine Heldin als selbstbewusst, ungehorsam, unbeugsam und leidensfähig. Letzteres macht dann auch ihren neuen Sexappeal aus: Wie dieser Hardbody da über zwei Stunden geschunden und gepeinigt wird, auf in Stürmen zerberstenden Schiffen landet, Wasserfälle hinunterstürzt, von Metallsplittern durchbohrt oder von gedungenen Killern verdroschen wird, vor Schmerzen stöhnt, aber immer wieder aufsteht, appelliert zweifellos an verschüttete sadistische Impulse. Aber Vikander ist durchaus mehr als ein schöner Körper: Sie trägt den inhaltlich dünnen (wie könnte es anders sein?), fast ausschließlich über Schauwerte funktionierenden Film ganz allein und schafft es, das Interesse des Zuschauers kraft ihres Charismas wachzuhalten. Ohne sie wäre TOMB RAIDER weniger als Luft – was eher ein ausdrückliches Lob in ihre Richtung als eine Kritik am Film ist.

Denn seien wir ehrlich: Niemand hat von einem neuen TOMB RAIDER ein cineastisches Meisterwerk oder einen feinsinnigen Film zur conditio humana erwartet. Was man erwarten durfte – einen actionreichen Abenteuerfilm mit Drive, Kinetik, einem Hauch Fantastik und schönen Bildern sowie eben einer scharfen Heldin -, liefert Uthaug ohne nennenswerte Abstriche. Die Vikander ist so überzeugend, dass einem versierte Charaktermimen wie Dominic West und Walton Goggins daneben fast leid tun: Das Drehbuch ist an ihnen aber auch nur insofern interessiert, als ihre Handlungen eine Wirkung auf die Heldin haben. Die Suche nach den Überresten eine angeblich dämonischen Königin ist spektakulär, temporeich und schön anzusehen, aber aufgrund dieser Tatsache auch ein bisschen leer. TOMB RAIDER macht Spaß, aber es bleibt nicht gerade viel hängen. Den nächsten Teil würde ich mir trotzdem geben. Wegen Alicia.

Frank Walsh (Nicolas Cage) verdient sein Geld damit, seltene und gefährliche Tiere zu fangen und an diverse Zoos zu verkaufen. Sein neuester Coup ist ein weißer Jaguar, den er mit diversen Giftschlangen und aggressiven Affen auf einem Schiff nach Übersee transportiert. Mit auf dem Seelenverkäufer sind der NSA-Mann Freed (Michael Imperioli) und seine schwer bewaffneten Männer sowie die Militärpsychologin Dr. Ellen Taylor (Famke Janssen). Im Schlepptau haben sie den psychopathischen Söldner Loffler (Kevin Durand), der sich nur wenig später natürlich aus der Gewahrsam befreien kann, sofort anfängt, Jagd auf seine Häscher zu machen und dazu auch noch Walshs Biester freilässt …

PRIMAL ist ganz gewiss keine versteckte Perle des DTV-Kinos, aber er erinnert doch sehr positiv an längst vergangene Zeiten, in denen sich zwischen den Eventmovies aus Hollywood auch immer mal eine verkappte Videopremiere ins Kino schlich oder man in der Videothek gern zu den diversen Kickbox-, Söldner- oder Copfilmen mit den markigen Zweiworttiteln und den muskulösen Kämpfern auf dem Cover griff – und dann manchmal positiv überrascht wurde. Cages jetzt schon längst nicht mehr neuester Film sieht am Anfang sogar richtig aufwändig aus: Die Urwaldszene, mit der der Film beginnt, ist wunderbar, der per CGI zum Leben erweckte weiße Jaguar wird auch höheren Effektansprüchen gerecht. Mit Famke Janssen, Michael Imperioli, dem herrlich overactenden Durand und dem kantigen LaMonica Garrett ist PRIMAL zudem gut besetzt und das ganze Schiffs-und-Killer-Szenario erinnert positiv an eine wüstpulpige Mischung aus UNDER SIEGE, CON AIR, SILENCE OF THE LAMBS und SNAKES ON A PLANE. Cage hat offensichtlich auch Spaß gehabt, das heißt, man bekommt eine seiner engagierteren Leistungen zu sehen, wenngleich man auch auf ein Showcase seines Megaactings verzichten muss: Er orientiert sich hier eher an den schweigsamen Stoikern des Männerfilms und die fette abgekaute Zigarre im Mundwinkel steht ihm ganz hervorragend. Weniger gut gelitten ist die einst betörend schöne Famke Janssen, die es leider für nötig hielt, ihre markanten Wangenknochen mit Botox auszupolstern und die nun in Nahaufnahmen schmerzhaft künstlich aussieht.

In der zweiten Hälfte kann PRIMAL seine Herkunft und das magere Budget nicht mehr ganz so gut kaschieren wie zu Beginn: Da wird dann wie in den oben geschilderten Zeiten durch die endlosen Gänge eines Heizungskeller geschlichen, der als Innenraum eines Schiffes fungieren muss, das in der finalen Totalen zudem deutlich kleiner aussieht, als es der Film suggeriert. Da fehlen dann noch einmal ein erzählerischer Kniff und eine Zuspitzung des Szenarios zumal auch die CGI-Tiere nicht so zum Zuge kommen, wie man sich das zu Beginn erhofft hat. Einmal wird ein bärtiger Koch von den Affen zerschnetzelt, ein alter Zausel von einer Giftschlange gebissen und der weiße Jaguar huscht immer mal wieder drohend durchs Bild, ohne dass wirklich etwas passiert. Aber böse sein kann ich dem Film trotz all dieser offenkundigen Mängel einfach nicht, im Gegenteil. Irgendwie ist das alles wunderbar bodenständig und retro, aber eben nicht mit diesem nervigen Kult-Appeal anderer Titel, die verzweifelt eighties sein wollen und dann mit irgendwelchem Schnickschnack aufwarten. Denkt man sich die Tiereffekte ein bisschen schlechter, hätte PRIMAL genau so wie er ist vor 25 Jahren erscheinen können. Wahrscheinlich eher nicht mit Cage in der Hauptrolle, aber ihr wisst, was ich meine.

Hatte mir der direkte Vorgänger JURASSIC WORLD bei der Erstsichtung mit einigen Abstrichen noch ganz gut gefallen, relativierte sich das bei der kürzlich erfolgten Zweitbetrachtung deutlich: Sind der Überraschungseffekt und die damit einhergehende Freude über ein Wiedersehen mit den Dinos erst einmal verpufft, bleibt von dem Film nicht mehr viel übrig als ein technisch kompetent gemachtes Effektspektakel ohne jede eigene Idee und Charme. In der Zeichnung seiner beiden Protagonisten stellt der Film sogar einen herben Rückfall in die Fünfzigerjahre dar, als auf Stöckelschuhen durch die Karriere rasende Powerfrauen noch regelmäßig von hemdsärmeligen Machotypen auf den Mutterinstinkt geeicht werden mussten. Dass von der Fortsetzung JURASSIC WORLD: FALLEN KINGDOM, die direkt an das megaerfolgreiche Reboot anknüpft, keine allzu großen Sprünge erwartet werden durften, war klar, aber beim mittlerweile fünften Eintrag in die Reihe ist die Luft schon beim ersten Durchgang raus.

Handlungstechnisch setzt dieser Teil seine Geschichte spiegelbildlich zu Spielbergs THE LOST WORLD fort: Nach der Katastrophe im Themenpark droht nun ein Vulkanausbruch, die seitdem frei lebenden Dinos auszurotten. Also engagiert der im Auftrag des Dinopark-Urhebers Lockwod (James Cromwell) agierende Eli Mills (Rafe Spall) die einstige Parkleiterin Claire (Bryce Dallas Howard) und den Raptorspezialisten Owen (Chris Pratt), um eine Evakuierungsaktion anzuführen. Wie man es von der Serie mittlerweile gewöhnt ist, ist dieser Plan aber eigentlich nur Vorwand für etwas Gemeines: Mills will nämlich den Indoraptor kreieren, eine neue, intelligente Killermaschine, um sie den Mächtigen dieser Welt als Waffe zu verhökern. In seinem britischen Anwesen kommt es zur Auktion und zur Auseinandersetzung mit dem tödlichen Biest.

Na, klingt das alles bekannt? Das liegt daran, dass in JURASSIC WORLD: FALLEN KINGDOM wirklich alles Second Hand, geklaut oder zitiert ist. Von der Wiedervereinigung des sich von nun an bis zum romantischen Happy Ende anzickenden Protagonistenprächens über den erneuten Besuch der von Ruinen des alten Parks übersäten Insel bis hin zu dem an Camerons ALIENS erinnernden Plan des Schurken und das ebenfalls von dort entlehnte Design des Indoraptors besteht dieser fünfte Teil einzig und allein aus Versatzstücken. Das ist an und für sich noch nicht verwerflich, auch wenn ich es schon bedauerlich und traurig finde, dass eine 200-Millionen-Dollar-Produktion sich solche Ideenarmut erlauben kann, aber die Lust- und Spannungslosigkeit, mit der diese Versatzstücke aneinandergereiht werden, ist beachtlich. Drei Tage, nachdem ich den Film gesehen habe, ist eigentlich nur eine Sequenz im Gedächtnis geblieben: die schöne Suspense-Szene, in der die beiden Helden mit dem eingeschläferten T-Rex in einem Transportcontainer gefangen sind. Der Rest ist reinstes Fast Food, das aber mit der großen Geste des Luxusdinners serviert wird, anstatt eben mit dem deutlich sympathischeren und bescheideneren Gestus eines JURASSIC PARK III. Spätestens , wenn der T-Rex zum mittlerweile dreiunddrölfzigsten Mal zu seiner triumphalen Schreipose ansetzt, möchte man den Machern zurufen, dass es kein Surrogat für echte Begeisterung und Leidenschaft gibt. An den Kassen lief auch dieser Film freilich wie geschnitten Brot und durchbrach die Eine-Milliarde-Schallmauer. Nuff said.

Streng genommen ist Joe Johnstons JURASSIC PARK III der Film, der das Franchise tötete, das keine zehn Jahre zuvor noch einen Aufbruch zu neuen Effektufern bedeutet (und zu schier unerschöpflicher Rendite versprochen) hatte. Er erwirtschaftete zwar einen deutlichen Gewinn und gehörte zu den erfolgreichsten Filmen seines Jahrgangs, spielte aber weniger Geld ein als seine beiden Vorgänger und führte im Anschluss zu einer fast 15-jährigen Pause, die erst mit dem Reboot JURASSIC WORLD beendet wurde. Dass Johnstons Sequel nicht mehr die ganz große Begeisterung hervorrief, liegt wahrscheinlich im Understatement des Filmes selbst begründet, der kaum einen Hehl daraus macht, nicht viel mehr sein zu wollen als ein 90-minütiger Monsterfilm mit Achterbahncharakter, aber ohne jeden Langzeiteffekt. Selten kam ein Eventfilm so entspannt daher.

Die Story – ein Junge (Trevor Morgan) geht auf der Dino-Insel verloren, seine getrennten Eltern (Téa Leoni und William H. Macy) engagieren den Paläontologen Dr. Alan Grant (Sam Neill) mit fadenscheinigen Begründungen, um ihn wiederzufinden und vor etwaigen Dinoattacken zu retten – ist lediglich lose Prämisse, das Personeninventar ist merklich aufgeräumt, der Plot läuft zielstrevig auf sein Finale zu und im Zentrum des Interesses stehen die Dinos sowie die entsprechenden Action-Set-Pieces. Diese lassen zwar vielleicht die Eleganz von Spielbergs Arbeiten vermissen, machen aber kaum weniger Spaß. Der neue Spinosaurier bekommt ein paar eindrucksvolle Auftritte, doch der Höhepunkt dürfte die ausgedehnte Sequenz um die Pteranodone sein, die mit ihren Luftangriffen eine neue Dimension bringen und die wahrscheinlich spektakulärste „Innovation“ eines Films darstellen, der sich sonst damit begnügt, über Jahrzehnte erprobte Monsterfilm-Schemata abzuspulen.

Man kann durchaus kritisieren, dass das vielleicht ein bisschen wenig für eine 90-Millionen-Dollar-Produktion ist und am Ende wenig hängenbleibt. Ja, erzählerisch/inhaltlich war hier ohne Zweifel Meister Schmalhans Küchenmeister, aber das war ja streng genommen schon bei Spielbergs Vorgänger so, der seine Geschichte aber trotzdem auf 120 Minuten Läge aufblies und einen Showdown hinten anklebte, der auch nicht so das Gelbe vom Ei war. Da lobe ich mir Johnstons Bescheidenheit bzw. seine Konzentration auf das Wesentliche (der Mann ist eh gnadenlos unterschätzt). Für mich ist JURASSIC PARK III neben dem Original wahrscheinlich der Höhepunkt der Reihe, weil er genau das liefert, was ich von einem Dinofilm erwarte und den ganzen unnötigen Ballast eherzt über Bord schmeißt.

Und diese Sequenz mit den Pteranodonen, die finde ich einfach nur geil.

Damals, als das Sequel zu JURASSIC PARK in die Kinos kam, war ich, glaube ich, einfach mit anderen Sachen beschäftigt: Ich habe nicht viel mitbekommen von dem Film und davon, wie er aufgenommen wurde, habe ihn dann erst etwas später auf Video zum ersten Mal gesehen – und mochte ihn. Vielleicht ist es nur meine subjektive Wahrnehmung oder meine lückenhafte Erinnerung, aber gemessen an dem Wirbel, den der Vorgänger verursacht hatte, und den Erwartungen, die damals regelmäßig an einen neuen Spielberg geknüpft wurden, hinterließ das Sequel kaum Spuren. Und 25 Jahre später lässt sich der Eindruck, es hier zwar mit einem wie immer hoch professionell gefertigten, aber doch seltsam unambitionierten Film zu tun zu haben, kaum wegwischen.

Tricktechnisch ist THE LOST WORLD erwartungsgemäß noch eine ganze Ecke besser als der Vorgänger, überzeugt in dieser Hinsicht auch heute noch, und hat natürlich mehr Dinos und mehr direkte menschliche Interaktion mit ihnen. Die Hauptattraktionen sind eine T-Rex-Familie, die eine ebenso verschworene Einheit bildet, wie ihre menschlichen Konterparts, natürlich die Velociraptoren und eine ganze Horde kleiner hühnerähnlicher Saurier, die zwar für sich genommen wenig furchteinflößend sind, aber im Rudel dann doch ausreichen, um es mit dem fiesen Peter Stormare aufzunehmen. Die spannendste Sequenz spielt an Bord eines über eine Klippe hängenden Anhängers, in dem sich die drei Helden – Jeff Goldblums Chaostheoretiker Malcolm, seine Ex-Flamme Sarah (Julian Moore) und der Fotograf und Umweltaktivist Nick (Vince Vaughn) befinden, während die Tyrannosaurier versuchen, ihn über den Abhang zu schubsen. Im Gedächtnis hängen bleibt auch eine schöne Szene, in der die Velociraptoren den Saurierjägern um Roland Tembo (Pete Postlethwaite) in hohem Gras nachstellen, dafür mutet das Finale, in dem der T-Rex in einer deutlichen Reminiszenz an KING KONG die Straßen von San Diego unsicher macht, wie eilig hinten angeklebt an. Dazu kommt eines der krassesten Plotholes, die ich kenne: Das Schiff mit dem T-Rex treibt führerlos in den Hafen, an Bord sind alle tot, aber das Dinosaurier, das für den Tod der Besatzung verantwortlich sein soll, ist nach wie vor in seiner Kammer im Rumpf des Schiffes eingesperrt. Ich habe normalerweise kein Problem damit, die Logik bei einem Film hinten anzustellen, aber hier fügt sich diese Schlamperei nur zu gut ins Gesamtbild eines Filmes, der sehr deutlich erkennen lässt, wo die Prioritäten lagen. Gegenüber den großen schuppigen Stars und der Technik, mit der sie zum Leben erweckt wurden, war ein schlüssig konstruiertes Drehbuch offensichtlich zu vernachlässigen.

Nun war auch JURASSIC PARK kein großer erzählerischer Wurf, aber man fieberte dennoch mit seinen Protagonisten mit. Hier sind die privaten Probleme, die Malcolm, seine Tochter Kelly (Vanessa Chester) und Sarah zu überwinden haben, jederzeit als müde Drehbuchkniffe durchschaubar, die Spielberg mit Leben zu füllen, sich kaum Mühe macht, und Vince Vaughns Nick verschwindet sogar, ohne auch nur ein kleines „Auf Wiedersehen“ geschenkt zu bekommen. Dafür hätte es das „Wunderkind“ gewiss nicht gebraucht. Auch wenn sich das wie ein Verriss liest, finde ich THE LOST WORLD durchaus unterhaltsam und kurzweilig. Er macht Spaß und liefert hinsichtlich seiner Titelkreaturen ordentlich ab. Aber von seinem Macher ist man dann doch andere Kaliber gewöhnt. In Spielbergs Werk rangiert THE LOST WORLD ohne Zweifel eher im unteren Drittel.

Meine Erstsichtung dieses Kindheitsklassikers für Menschen, die zwischen 1960 und 1980 geboren wurden (ich erinnere mich daran, dass der Film auch unter einigen meiner Klassenkameraden Pausenhofthema war), war kompliziert und hat ungefähr fünf Anläufe gebraucht. Der erste Teil der Dudu-Reihe ist ein ultrabilliges, ultrafadenscheiniges und streng genommen unverschämtes Vehikel, dem man aufgrund seiner naiven Machart aber nicht wirklich böse sein kann. Angelehnt an den drei Jahre zuvor erschienenen Disney-Film THE LOVE BUG schickte Regisseur und Hauptdarsteller Zehetgruber einen gelben Käfer auf eine Rallye durch Westafrika, der mit sehr inkonsistenten Fähigkeiten ausgestattet ist und frecherweise aus Überresten des Disney-Autos bestehen soll.

Dudu soll nach der Logik des Films ein Hightech-Fabrikat sein, dem ein Supercomputer seine zahlreichen Fähigkeiten verleiht, wirkt dann aber eher wie ein von einem frechen Kobold beseelt, der seine menschlichen Freunden dabei unterstützt, dem Guten zum Sieg zu verhelfen: Was hier bedeutet, einer wohlmeinenden Tierärztin und Humanistin namens „Daktari Jo“ (Kathrin Oginski) im Kampf gegen Armut, Krankheit und eine Bande von Diamantenräubern beizustehen. Weil der ganze Film aber im Wesentlichen um einen ganzen Batzen Stock Footage (wahrscheinlich aus Heinz Sielmanns oder Bernhard Grzimeks Privatarchiv) herumgebastelt wurde, ist er erzählerisch ähnlich unzusammenhängend und alogisch wie sein motorisierter Protagonist. Eigentlich geht es um ein Autorennen, bei dem unter anderem der exzentrische schottische Millionär Butler (Gerd Duwner) mit einem Luftkissenboot antreten und die Geschwindigkeitsdefizite gegeüber den PS-starken Sportwagen dadurch ausgleichen will, dass er nicht um Gewässer und Sümpfe herumfahren muss. Neben Dudu und seinem neuen Besitzer (Rudolf Zehetgruber) fährt unter anderem auch noch der Rennsportstar Hallmark mit, dessen Namen die Synchro beständig „Holmak“ ausspricht. Am Ende verzichten die Guten auf den Sieg, fahren gemeinsam über die Ziellinie und spenden ihr Geld an die liebe Doktorin.

Dudus Fähigkeiten bestehen unter anderem darin, dass er auf der Stelle wenden oder sich mt Tischtennisschlägern an den Reifen in einen Radschaufeldampfer verwandeln kann. Seine Motorhaube dient als Schlitten und seine Scheinwerfer fungieren einmal gar als weinendes Augenpaar. In einigen besonders „spektakulären“ Szenen werden die „Effekte“ mithilfe eines kleinen Plastikmodellautos realisiert, ansonsten fällt auf, dass der Wagen von etlichen unterschiedlichen Käfer-Modellen „gespielt“ wurde. Dazu gibt es zahlreiche Szenen um das afrikanische Wildleben, das für die erwartbaren Gefahren und „Späße“ sorgt. Heute kann man nur den Kopf darüber schütteln, dass ein solch zusammengeschluderter Blödsinn tatsächlich so erfolgreich war, dass man bis 1978 noch vier Fortsetzungen nachschob. Selbst im Suff ist EIN KÄFER GEHT AUFS GANZE heute nur schwer zu ertragen.

In Mersabad, einer asiatischen Stadt im römischen Reich, plant der böse Oniris (Erno Crisa) einen Putsch gegen die gutmütige Königin Thalima (Scilla Gabel): Mithilfe der sieben schlagkräftigen Gladiatoren des Geschäftsmannes Rufo (Vittorio Sanipoli) will er sie vom Thron stürzen und ihre verräterische Schwester Resia (José Greci), mit der er ein Verhältnis hat, an ihre Stelle setzen. Doch der tapfere Maciste bzw. Marcellus (Mark Forest) kommt den Bösewichten auf die Schliche.

Michele Lupos erster Spielfilm lief, wie man am Titel meines Eintrags unschwer erkennen kann, in Italien als Beitrag der im Zuge des Peplum-Booms der späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahre neue Popularität erlangten Maciste-Reihe im Kino. Der Held einer populären Romanreihe war ursprünglich keinesfalls ein antiker Heros, vielmehr konnte er in ganz unterschiedlicher Gestalt und verschiedenen historischen Kontexten auftreten und hatte das bereits zur Stummfilmzeit in diversen Filmen getan. In MACISTE, IL GLADIATORE PIÙ FORTE DEL MONDO wird er nun aber, der Mode der Zeit folgend, vom italoamerikanischen Muskelprotz Mark Forest in Sandalen und schickem Minirock verkörpert und muss es mit einer ganzen Horde von Schurken aufnehmen, um eine auf der Seite der armen Leute stehende Herrscherin zu verteidigen. Der Film liefert die genreüblichen Kostüme und Settings, finstere Bösewichter, die man schon an ihrem verschlagenen Gesichtsausdruck erkennt, eine wunderschöne, brave Königin, finstere Kerker, offene Arenen und einen wortkargen Helden, der aus purem Altruismus und Edelmut sein Leben für das Gute riskiert, ist aber ein gutes Stück schwungvoller, frischer und moderner als seine Zeitgenossen.

Man erkennt sehr deutlich die Handschrift Lupos, der 1962 gerade 30 Jahre alt war und eine eigene Vorstellung vom Kino mitbrachte. (Zum Vergleich: Pietro Francisci, der die Peplum-Welle vier Jahre zuvor mit seinem LE FATICHE DI ERCOLE losgetreten hatte, war 26 Jahre älter als Lupo, hatte sein Debüt bereits in den Dreißigerjahren absolviert und stand Ende der Fünfziger schon kurz vor seinem Karriereende.) In MACISTE, IL GLADIATORE PIÙ FORTE DEL MONDO gibt es gleich zu Beginn eine ausufernde Keilerei, bei der die sieben schurkischen Gladiatoren eine Taverne in Schutt und Asche legen und dabei jene Tricks und Scherze zeigen, die Lupo später in einer ganz ähnlichen Sequenz in seinem großartigen LO CHIAMAVANO BULLDOZER erneut zum Einsatz bringen sollte. Die bei Spencer so wichtige Komik, geht hier allerdings noch ziemlich ins Leere: Da es die Bösen sind, die die Dresche verteilen und dabei völlig Unschuldige in Mitleidenschaft ziehen, mutet die Freude, mit der Lupo die Zerstörungsorgie inszeniert, ziemlich deplatziert an. Generell ist der Witz des Films problematisch, um es mal freundlich auszudrücken, und Kind seiner Zeit: Es gibt einen schwarzen Sidekick namens Wambo (Jon Chevron), der mit leicht tuntiger Hilflosigkeit als Comic Relief fungiert und zu allem Überfluss auch noch einen putzigen Schimpansen im Schlepptau hat, der immer wieder für „Späße“ sorgt. Ich stehe auf solche Albernheiten, vor allem, wenn sie mit diesem Drive und Tempo dargeboten werden. Ein echter Schwachpunkt ist aber ganz eindeutig der Hauptdarsteller Mark Forest: Große mimische Fähigkeiten sollte man eh nicht erwarten, aber der gute kommt gänzlich charmefrei daher, jede Leichtigkeit geht ihm ab und er wirkt furchtbar angestrengt. Da war Steve Reeves schon ein anderes Kaliber.

Niemand wird jemals auf die Idee kommen, ausgerechnet Francos unterfinanzierte Ausflüge ins Abenteuer- oder Fantasygenre zu seinen besten Leistungen zu zählen: Mit seinen persönlichen Interessen, Obsessionen und Fetischen sowie seiner ästhetischen Sensibilität war er im dunkelromantischen bis sadistischen Horror-, Erotik- und Sexfilm sicherlich am besten aufgehoben und fühlte sich dort auch zu Hause. Das zeigt auch X312 – FLUG ZUR HÖLLE, der gewiss auf keiner Franco-Best-of-Liste landet, aber trotzdem ganz vergnüglich ist, wenn man sich auf seiner kargen Reize einlassen kann. Der Film hat auf seiner Habenseite aber auch eine Top-Besetzung und einer launige deutsche Synchro zu verbuchen, die über seine traurigen Production Values – eigentlich der Genickbruch eines Abenteuer- und Actionfilms – hinweghelfen und wenn schon nicht für Begeisterung, so doch für angeregtes Amüsement sorgen. Was X312 – FLUG ZUR HÖLLE gegenüber anderen Versuchen Francos im klassischen Erzählkino auszeichnet, ist seine Geradlinigkeit: Während etwa seine „Thriller“ DER TEUFEL KAM AUS AKASAVA, DR. M SCHLÄGT ZU oder DER TODESRÄCHER VON SOHO, die ungefähr zur gleichen Zeit entstanden, gnadenlos konfus, holprig und von etlichen erzählerischen Problemen und Ungereimtheiten geplagt sind, kann man diesem Abenteuerfilm folgen, ohne immer wieder an seinem Verstand zweifeln zu müssen. Franco entwickelt tatsächlich so etwas wie Zug, was ihn sonst eher wenig interessierte und ihm daher auch nur selten gelang.

Worum geht’s: Der Reporter Tom (Thomas Hunter) nimmt für einen Freund von der Polizei einen Bericht auf Tonband auf: Laut eigenen Angaben kommt er soeben von einem Abenteuer zurück und er weiß nicht, ob er noch lange leben wird. Er war Passagier eines Flugzeuges, das auf dem Weg von Chile nach Brasilien über dem Amazonas abstürzte. An Bord war neben etlichen „normalen“ Bürgern – darunter die österreichische Studentin Steffi (Gila von Weitershausen), der schöne Jüngling Carlos (Hans Hass jr.), die attraktive Spanierin Anna Maria (Esperanza Roy) sowie eine amerikanische Nachtclubtänzerin (Ewa Strömberg) -, die vor der Diktatur fliehen mussten, auch ein gewisser Alberto Ruprecht (Siegfried Schürenberg), seines Zeichens ehemaliger Chef der chilenischen Landesbank, der sich mit Juwelen im Wert von mehreren Millionen Dollar absetzen wollte. Natürlich hatten diverse Schurken davon Wind bekommen: Nach dem durch einen Verbrecher provozierten Absturz Im Urwald entbrannte aus diesem Grund ein Kampf um die Reichtümer: Der fiese Somers (Paul Muller) hatte seine Männer auf Ruprecht angesetzt und vor Ort hatte es auch der Halsabschneider Pedro (Howard Vernon) auf die Juwelen abgesehen. Doch im folgenden Gemetzel ist es Tom gelungen, die Juwelen in seinen Besitz und zurück nach Rio zu bringen.

X312 – FLUG IN DIE HÖLLE krankt, wie man das erwarten durfte, an seinem nicht vorhandenen Budget: Der Flugzeugabsturz wird mithilfe von wildem Kameragewackel und herumtorkelnden Schauspielern in einem engen Raum (= Cockpit) realisiert, als Stand-in der für den wilden Amazonasdschungel muss ein gepflegter Park herhalten, den Rest besorgt Stock Footage. Wer sich große Schauwerte erhofft, wird demnach enttäuscht werden, wobei die finale Auseinandersetzung zwischen den Überlebenden und Pedros Männern dann doch mit einigem Krawumm verbunden ist. Der größte Reiz liegt aber im Miteinander der Charaktere, einem bunten Panoptikum an Klischeefiguren, die sich in der schönen deutschen Synchronfassung in einem Fort Sprüche um die Ohren hauen: Peer Schmidt intoniert Thomas Hunter mit Trunkenheit vermuten lassender, hingeworfener Lässigkeit, Brummbär Arnold Marquis übernimmt Fernando Sancho, mal wieder der fette Schmierlappen, Gila von Weitershausen interpretiert ihre Wiener Studentin als kulleräugiges, schutzbedürftiges Mädchen, das zudem den wahrscheinlich hässlichsten Teddy der Welt mit sich herumschleppt, Beate Hasenau wirft sich als Esperanza Roy in deren üppig bestückte Brust, die in der obligatorischen Lesbensex-Szene ihren großen Auftritt hat, und Franco-Regular Howard Vernon – gesprochen von Heinz Petruo –  sieht aus, wie aus dem Mexiko-Bereich vom Phantasialand geflohen, komplett mit angeklebtem Schnäuz, Bräunungsceme im Gesicht und Sombrero, Er hat auch meine Lieblingszeile des Films: Als er einen beherzten Schluck aus der Rumpulle nimmt, fragt seine Geliebte (Beni Cardoso) ihn, ob er denn immer so viel saufen müsse, woraufhin er ihr trocken entgegnet: „Alkohol ist gut fürs Zahnfleisch.“ Nach rund 90 Minuten ist der Spaß vorbei und man ist überrascht, wie kurzweilig das war.

Man könnte die neun Filme, die Jess Franco zwischen 1968 und 1970 für den Briten Harry Alan Towers drehte – DER TODESKUSS DES DR. FU-MANCHU, DER HEISSE TOD, VENUS IN FURS, DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU, MARQUIS DE SADE: JUSTINE, DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU-MANCHU, DIE JUNGFRAU UND DIE PEITSCHE, DER HEXENTÖTER VON BLACKMOOR und NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT – als seine zugänglichsten bezeichnen: Sie sind vergleichsweise üppig budgetiert, bunt, prominent besetzt und allesamt dem Feld des Genrefilms zuzurechnen. Wer den Einstieg in das Werk des produktiven Spaniers sucht, findet hier einen naheliegenden Zugang. Aber ist das wirklich ein Zugang?

DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU basiert wie schon die beiden Fu-Manchu-Filme auf den Pulp-Romanen von Sax Rohmer: Sumuru (Shirley Eaton) ist eine größenwahnsinnige Superschurkin, die in ihrer Kunststadt Femina eine weibliche Armee befehligt, mit der sie die verhasste männliche Gattung auszulöschen gedenkt. Um ein saftiges Startgeld für ihren ehrgeizigen Plan zu erpressen, hat sie Ulla (Marta Reves) entführt, die Tochter des wohlhabenden Bankers Rossini (Wolf Rilla). Der engagiert den Privatdetektiv Jeff Sutton (Richard Wyler), um die Tochter zu befreien und Sumuru das Handwerk zu legen.

Möglicherweise macht DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU in der richtigen Laune richtig Spaß: Der Film hat haufenweise tolle Kostüme, viel nackte Haut, absurde Einfälle und jenen Charme, den diese den muffig riechenden Seiten der Schundromane entrissenen Abenteuerfilme fast immer für sich in Anspruch nehmen können. Die Anlehnung an die zur selben Zeit Kassenrekorde aufstellenden Bond-Filme sorgt immer wieder für entwaffnende Peinlichkeiten wie die Foltermaschine, die zwar eine Düse hat, aber eben keinen sichtbaren Laserstrahl wie bei GOLDFINGER. Herzallerliebst, wie sich die Gefolterten unter dem Gerät winden, das offenkundig gar nichts macht. Mit seinen knapp 80 Minuten bietet Francos Film auch nicht gerade viel Gelegenheit für Langeweile. Trotzdem ist mir DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU  ziemlich am Allerwertesten vorbeigegangen: Man merkt einfach, dass Franco für die Abwicklung des Plots, für spektakuläre Effekte und Actionsequenzen einfach keinen Enthusiasmus aufbringen konnte. Wahrscheinlich hat ihn die Eröffnungsmontage, die sich im Trockeneisnebel räkelnde leicht bekleidete Damen und kurze sadomasochistische Spielchen mit leidenden Männern zeigt, noch am meisten gekickt (mich übrigens auch). Stephen Thrower merkt in seinem Buch „Murderous Passions“ mehrfach an, dass Franco sich besser mit weiblichen Helden identifizieren konnte und das belegt auch dieser Film, der immer aufblüht, wenn er sich der männerhassenden Sumuru zuwendet und förmlich einschläft, sobald der männliche Held die Szenerie betritt. Ich will nicht übermäßig hart mit DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU ins Gericht gehen, denn der ist natürlich liebenswert und in der passenden Tagesform vielleicht sogar richtig vergnüglich. Ich erwarte von Franco aber etwas anderes: Poesie, Wahnsinn, aufreizende Schlampigkeit, betörende Langsamkeit. Die Towers-Produktionen sind alles das nicht und als „Einstieg“ demnach nur dann geeignet, wenn man bereit ist, sich danach auf etwas völlig anderes einzulassen.

Der ehemalige Agent und jetzige Universitätsprofessor Jonathan Hemlock (Clint Eastwood) wird von seinem ehemaligen Auftraggeber, dem „Drachen“ (Gordon Thayer), reaktiviert, um dem Mörder eines alten Freundes und Partners Hemlocks unschädlich zu machen. Der Haken: Die Identität des Mannes ist unbekannt, es steht lediglich fest, dass er vorhat, die Eiger Nordwand zu besteigen. Um sich für die Bezwingung des Berges zu wappnen, an der er bereits zweimal gescheitert ist, lässt sich Hemlock im Monument Valley von seinem Kumpel Ben Bowman (George Kennedy) ausbilden.

THE EIGER SANCTION nimmt im Schaffen Eastwoods einen eher unbedeutenden, für seine Entwicklung als Filmemacher aber nicht ganz so unwichtigen Platz ein: Nach den vergleichsweise kleinen Regiearbeiten SADISTICO, HIGH PLAINS DRIFTER und BREEZY handelte es sich um eine deutlich größere, publikumsträchtige Beststellerverfilmung, die zudem das Ende von Eastwoods Kollaboration mit Universal bedeutete, mit deren Einsatz er unzufrieden war. Das Drehbuch kursierte zum Zeitpunkt von Eastwoods Involvierung bereits seit einigen Jahren durch Hollywood; es hatte einige Probleme, die zum Ausstieg des zuvor mit ihm verknüpften Stars Paul Newman führten und derer sich auch Eastwood bewusst war. Was ihn an dem Projekt aller Schwierigkeiten zum Trotz aber reizte, war die Möglichkeit, fernab des Studiotreibens mit einem kleinen Team zu arbeiten und natürlich seine eigenen Bergsteigerstunts durchzuführen. Seine Haltung zu dem Agentenplot, der ihn nur wenig interessierte, spiegelt sich dann auch in der Struktur des fertigen Films, der zwar aufwändiges Unterhaltungskino mit spektakulären Landschaftsaufnahmen und halsbrecherischen Stunts bietet, aber nie ganz verbergen kann, dass seine Story nur den Vorwand liefert, seine Figuren an die „Mordwand“ zu schicken, an der etliche Bergsteiger zuvor ihr Leben gelassen hatten.

Die Besteigung der Eiger Nordwand stellt dann auch den unbestrittenen Höhepunkt des Filmes dar und nimmt ungefähr sein letztes Drittel ein: Für Hemlock geht es dabei darum, sich sowohl als Bergsteiger zu behaupten als auch seinen Widersacher ausfindig zu machen (bevor dem dasselbe mit ihm gelingt) und ihn dann auszuschalten. Die schwierige Wetterlage erschwert dieses Vorhaben aber erheblich. Die Zuspitzung der dramatischen SItuation, auf die der Zuschauer mit dem Protagonisten zusammen hinfiebert, findet letztlich aber niemals statt; auch die Bezwingung des Berges misslingt und die Auflösung wird auf eine kurze Dialogszene verlegt, die nach der zweistündigen Aufbauarbeit unbefriedigend und antiklimaktisch wirkt, worüber auch der zuvor betriebene Aufwand und die mitunter atemberaubenden Kletterszenen nicht vollständig hinwegtäuschen können. In seiner Anlage erscheint THE EIGER SANCTION damit fast schon als Vorläufer jener „High Concept“-Filme, die den Zuschauern heute mehr Event als Film versprechen, eher auf einem Bild oder einer einzelnen visuellen Idee aufbauen als auf Charakterzeichnung und Dramaturgie. Die Kritik, die intradiegetisch an den sogenannten Totenvögeln laut wird, Touristen, die die Seilschaften mit Ferngläsern beobachten und insgeheim darauf hoffen, einer Katastrophe beiwohnen zu können, ist somit ein bisschen scheinheilig, denn natürlich baut auch Eastwood mit seinem Film ganz wesentlich auf Angstlust und Sensationalismus. Es ist aber nicht das einzige Element von THE EIGER SANCTION, das heute ein „Geschmäckle“ hat: Das Frauenbild des Films ist bisweilen schockierend gestrig, er bietet gleich mehrere Damen auf, die vor dem Charme des männlichen Protagonisten allzu bereitwillig auf die Matratze sinken, dazu reihenweise Männer, die sich ihrer Unwiderstehlichkeit und Überlegenheit sehr bewusst sind, und und noch dazu einen Schurken, dessen hervorstechendste Eigenschaft seine Homosexualität ist. Diese peinlichen Klischees verstärken in ihrer Häufung noch den Eindruck, dass man sich hier mit Details gar nicht lang aufhielt: Wen interessiert das schon, die Leute gehen eh nur ins Kino, um jemanden abstürzen zu sehen.

Auf der Habenseite verbucht THE EIGER SANCTION aber, wie schon erwähnt, diese imposanten Kulissen, die DoP Frank Stanley  effektreich einfängt und die dem 08/15-Plot erheblichen Scope verleihen. John Williams‘ Score passt sich den erhabenen Bildern an und strebt mit Pathos-getränkten Melodien zum Himmel. Make no mistake: Der Film macht Spaß und Lust auf den nächsten Urlaub, er ist spannend und in seinen Bergsteigerszenen atemberaubend bis nervenzerrend: Was fehlt, ist ein Narrativ, das es mit dem betriebenen formalen und logistischen Aufwand aufnehmen und darüber hinwegtäuschen kann, dass sich wirklich keiner der Beteiligten für die fadenscheinige Agentengeschichte interessierte.