Wissenschaftler der westlichen Welt vermuten auf einer Insel im Nordpazifik ein geheimes Atomwaffenlager und planen daher eine U-Boot-Expedition, um Gewissheit zu erlangen. Das U-Boot soll von Captain Adam Jones (Richard Widmark) kommandiert werden, neben dessen ehemaliger Weltkriegs-Crew sind auch der Nobelpreisträger Prof. Montel (Victor Francen) und die attraktive Wissenschaftlerin Denise (Bella Darvi) mit an Bord, die den Männern sogleich den Kopf verdreht …
Wie bei Fuller üblich, beginnt auch HELL AND HIGH WATER, sein erster Farbfilm, mit einem Paukenschlag: Eine ganze Insel explodiert, der Sprecher aus dem Off erklärt, dass der folgende Film die Geschichte hinter dieser Explosion erzählen werde. Fullers Film ist also eine Rückblende. Die einleitende Explosion begegnet dem Zuschauer am Ende von HELL AND HIGH WATER noch einmal wieder, diesmal jedoch um ein Detail angereichert, das ihm zu Beginn vorenthalten wurde und die Frage nach dem „Warum?“ beantwortet. Dieser erzählerische Kniff mag allein der Erzählökonomie und Spannungsdramaturgie geschuldet sein als dass er auf einen tieferen Sinn hindeutet, doch er ist gut geeignet, Fullers Strategie zu verdeutlichen. Zunächst einmal in der Hinsicht, dass Fullers Filme Sinnstiftung leisten: Der sich an den Prolog anschließende Film füllt im wahrsten Sinne des Wortes eine Leerstelle, er ergänzt ein Bild, das vorher noch unvollständig war. In anderer Hinsicht kommuniziert HELL AND HIGH WATER aber auch die eigene Kontingenz: Er bietet eben nur eine mögliche Erklärung, nur eine von vielen „Auffüllungen“ der Leerstelle. Der Zuschauer muss, wenn er seinen Sinnen vertraut, die Gültigkeit von Fullers Erklärung hinterfragen. Hier tritt der Geschichtenerzähler (und Journalist) Fuller hervor: Ausgangspunkt für seinen Film ist ein Bild, eine Idee, das seine Kreativität anregt. Was könnte sich hinter dem Bild verbergen? Schicht um Schicht wird aufgetragen, bis am Ende ein Film steht, der in sich vollkommen geschlossen ist – aber eben auch von hinten nach vorn gesehen werden kann.
Hinten und Vorne, West und Ost, Militär und Wissenschaft, Mann und Frau, Leben und Sterben: HELL AND HIGH WATER ist ein Film der harten Kontraste und der Gegenüberstellungen. „There’s a reason for living and a price for dying“, wie Professor Montel sagt. Zwischen diesen beiden Polen, zwischen denen die Wahl nicht immer leicht fällt – Hölle und Hochwasser eben – spielt sich der ganze Film ab. Jones‘ (Richard Widmark konnte ich früher nie leiden, langsam wandelt er sich zu einem meiner Lieblingsdarsteller) Motivation sind zunächst nur die 50.000 Dollar Belohnung, die ihm winken, doch am Schluss steht für ihn die Ehre auf dem Spiel. Montel unternimmt die Expedition aus einem weltbürgerlichen Verantwortungsbewusstsein, doch als er erkennt, dass es hart auf hart kommt, stößt auch er an seine Grenzen. Momente, in denen man sich entscheiden muss: Jones schickte im Krieg einst 26 seiner eigenen Männer in den Tod, aber er handelte nach bestem Wissen und Gewissen, würde jederzeit wieder so handeln, weil er ist, wer er ist. Hölle und Hochwasser: die Wahl haben und doch keine Wahl haben, die Wahl treffen, wenn man keine Wahl hat.
Fullers Helden wissen wer sie sind und sie stehen dazu, sie kennen keine Täuschung, keine Verstellung. Sie sind Machos, aber keine Chauvinisten – auch nicht in politischer Hinsicht: Denise muss zwar manchmal durch ein gezielte Ohrfeige zur Besinnung gebracht werden, aber an ihrer Qualifikation hat Jones niemals Zweifel. Das sichert ihr auch ihren Platz in der Männerwelt des U-Boots: Die von einigen von Jones‘ Männern hervorgebrachten Ressentiments, Frauen hätten auf einem U-Boot nichts verloren, gelten für ihn nicht. Für ihn zählt nur, ob jemand seinen Job macht oder nicht. „Don’t let your mouth write a cheque that your ass can’t cash“: Man muss dazu bereit sein, mit allem für das einzustehen, was man ist. Wenn Jones am Schluss ganz entgegen seines ursprünglich rein materiellen Interesses doch noch „Flagge zeigt“ (vorher hatte er Montel noch als „flagwaver“ beschimpft: eine Parallele zum Spruch „Don’t wave your damn flag at me!“, den Widmarks Skip McCoy in Fullers PICKUP ON SOUTH STREET einem CIA-Mann entgegenschleudert, der an seine Vaterlandsliebe appelliert), so ist das weder ein Widerspruch noch Beweis einer neu gewonnen Liebe zum Heimatland, sondern eine Entscheidung, die auf einem Moralkodex beruht, der Lüge und Verrat nicht als gültige Optionen vorsieht.
Ich habe erst Probleme mit diesem Film gehabt, der mir wenig finessenreich erschien. Äußere Umstände – Müdigkeit, Haushaltstätigkeiten, klingendes Telefon – sind mir bei der Sichtung zudem mehrfach in die Quere gekommen und haben mir den Zugang erschwert. Als ich HELL AND HIGH WATER deshalb gleich im Anschluss noch einmal geschaut habe, mit Blick auf die vielen Details, die ihn lebendig machen, ist mir erst aufgefallen, wie wunderbar markant und kernig auch dieser Fuller ist, wie zerreißend spannend etwa das Belagerungsspiel der beiden U-Boote auf dem Meeresboden geraten ist. Toll!
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