Archiv für November, 2015

heat_ver4THE HEAT ist gleich der zweite große Wurf von Paul Feig nach dem auch schon tollen BRIDESMAIDS, hat mir sogar noch besser gefallen, was nicht zuletzt an meiner großen Liebe für Cop- und Buddyfilme liegt. Feig nimmt dieses typischerweise von Männern dominierte Genre und überträgt seine Klischees (wie schon bei BRIDESMAIDS) auf Frauenfiguren, die sich im Rahmen des Films allerdings durchaus echt, eben nicht wie Pappkameraden anfühlen. Der Witz besteht nicht darin, dass sich Frauen bei ihm wie Männer benehmen, sondern entsteht aus den sehr eigenen Problemen und Situationen, auf die sie in einer genretypischen (sprich: auf männliche Protagonisten zugeschnittenen) Cop-Geschichte stoßen.

Sandra Bullock verkörpert FBI-Agentin Ashburn, den prototypischen Streber, der sich stets streng an die Regeln hält, keinerlei Humor besitzt und natürlich auch keine Freunde hat. Melissa McCarthy steht als Bostoner Hardass-Cop Mullins im Abseits, weil sie ordinär und dreckig ist, das Gesetz gern beugt und nicht viel von wohlklingenden Theorien von der Polizeischule hält. Natürlich müssen die beiden sich zusammenraufen und beide lernen dabei etwas vom anderen. Wobei: Eigentlich darf Mullins bleiben wie sie ist, lediglich Ashburn bekommt beigebracht, sich wie ein menschliches Wesen zu verhalten, was in THE HEAT damit einhergeht, dass das Bild der gutaussehenden Karrierefrau lustvoll zertrümmert wird.

Ich habe nicht vor, große Aufsätze über die emanzipatorische Kraft von Feigs Film zu schreiben (die er gewiss hat): Mich hat der Film nämlich schon auf sehr viel basalerer Ebene voll erwischt. Ohne eine empirische Studie angestellt zu haben, behaupte ich, dass ich bei keinem Film der letzten fünf Jahre annähernd so viel, laut und herzhaft gelacht habe wie bei diesem. Man merkt ihm die Apatow-Herkunft natürlich an, aber es macht einfach einen Unterschied, ob einem diese bekannten Vulgarismen von 40-jährigen männlichen Slackern um die Ohren gehauen werden, die sich seit der Pubertät jeder Weiterentwicklung versperrt haben, oder von einer 40-jährigen Frau mit der Statur eines Gefrierschranks und dem Gesicht einer Bulldogge. Melissa McCarthy ist großartig als bärbeißige Mullins, wird aber eben nicht einfach auf die hässliche und damit per se „witzige“ Schreckschraube festgenagelt, sondern darf durchaus Brüche zeigen, die einem die Figur menschlich näherbringen und ihr Ecken und Kanten verleihen. Genauso Agentin Ashburn, deren Spießigkeit natürlich auch nur ein Panzer ist, den sie aufgebaut hat, um sich zu schützen. Ja, das sind die Klischees des Buddyfilms, aber Feig versteht eben, sie mit Leben zu füllen. Die Chemie seiner beiden Hauptdarstellerinnen – auch Sandra Bullock ist famos – hilft ihm dabei.

Das soll an dieser Stelle reichen. Ich hoffe, meine Leena macht ihr Versprechen wahr, über THE HEAT zu schreiben, denn sie kann gewiss besser artikulieren, warum Feig nicht nur ein zum Brüllen komischer, sondern auch ein wichtiger und bewegender Film gelungen ist.

to-all-goodnight-blurayDer leider nicht mehr unter uns weilende David Hess, unvergessen als skrupelloser Soziopath Krug in Wes Cravens frühem Masterpiece THE LAST HOUSE ON THE LEFT und psychopathischer Anhalter in Pasquale Festa Campaniles kaum weniger brillantem AUTOSTOP ROSSO SANGUE, legte mit TO ALL A GOODNIGHT (schöner deutscher Titel: DIE NACHT, ALS KNECHT BLUTBRECHT KAM) seine erste und einzige Regiearbeit vor (von einem Doku-Short abgesehen), leistete seinen Beitrag zum seinerzeit reüssierenden Slasherfilm und, spezieller, zum Sub-Subgenre des Weihnachtsslashers.

Ich mochte den Film, was mich in Erklärungsnotstand bringt, denn TO ALL A GOODNIGHT ist alles andere als ein übersehenes und vergessenes Meisterwerk, er ist kein bizarrer Quertreiber, kein hintergründiger Schocker, keine formal herausragende Fingerübung, kein niederziehender, sprachlos machender Terrorfilm. Ganz im Gegenteil handelt es sich um ein Werk, das den Slasher-Konventionen geradezu sklavisch ergeben ist: Der kurze Prolog zeigt das zwei Jahre in der Vergangenheit liegende Unglück mit Todesfolge, das in der Gegenwart mittels einer Reihe blutiger Morde an einer Handvoll Mädchen und ihren Freunden gerächt wird. Schauplatz ist ein vornehmes Mädcheninternat während der Weihnachtsfeiertage und der Killer ein Unbekannter im Santa-Claus-Kostüm. Die weapons of choice sind Messer, Garotte, Armbrust, Wackerstein und Axt, und es ereilt die Unglücklichen zumeist nach bzw. vor dem Schäferstündchen oder auf dem Weg zum Kühlschrank, um den Dosenbiernachschub sicherzustellen. Am Ende überleben just die beiden, die sich zuvor als unsicher und sexuell unerfahren erwiesen haben, die Auflösung ist trotz eines Twists vorhersehbar und nur  wenig spektakulär.

Was unterscheidet also TO ALL A GOODNIGHT von anderen Slashern, die mir vielleicht weniger gefallen haben, etwa dem kürzlich gesehenen HE KNOWS YOU’RE ALONE? Es sind tatsächlich Hess‘ Inszenierung, die den Unterschied macht, kleine Nuancen in der Charakterisierung seiner Figuren. TO ALL A GOODNIGHT sieht viel besser aus als man das erwarten darf, lebt von der reizvollen Dissonanz zwischen der Weihnachtsthematik und dem sommerlich-kalifornischen Setting. Die Protagonisten, in diesem Genre üblicherweise leere Sprachflächen, die aufgrund ihres idiotischen „jugendlichen“ Verhaltens schnell nerven, fühlen sich hier doch ein wenig „echter“ an, was gewiss auch an den Darstellern liegt, die nicht ganz so hysterisch und überdreht agieren, wie man das aus vielen ähnlichen Filmen kennt. Hess tut auch gar nicht erst so, als erfände er das Rad neu: Er spult seinen Plot ohne große Umschweife ab, inszeniert vor allem seine Mordszenen „furztrocken“ und ohne großes Buhei. Wirklich spannend ist TO ALL A GOODNIGHT nicht, dafür ist er dann doch zu sehr einer bereits sattsam bekannten Formel verpflichtet, aber er nervt eben auch nicht mit fragwürdigem Unfug. Das reicht mir in diesem Fall.

 

omegamanBeim letzten Mal habe ich den Fehler gemacht, THE OMEGA MAN als krachigen Endzeitfilm zu betrachten und war ernüchtert. Regisseur Boris Sagal hatte zwar vorher schon einige Kinofilme inszeniert – etwa das Elvis-Vehikel GIRL HAPPY (deutscher Titel: KURVEN-LILY) und den frühen Bronson-Western GUNS OF DIABLO -, war aber vor allem fürs Fernsehen tätig gewesen, was man auch seiner Richard-Matheson-Adaption zum Teil anmerkt. Der Film wirkt keineswegs wie das souverän inszenierte, stilsichere große Eventmovie und Showcase für Superstar Charlton Heston, sondern eher wie der Pilotfilm für eine dann doch nie gedrehte Science-Fiction-Serie. Der Auftakt mit dem allein durch die ausgestorbenen Straßen von Los Angeles fahrenden Helden ist überaus viel versprechend, doch verschanzt sich THE OMEGA MAN danach lieber gemeinsam mit ihm in seiner mit protzigem Seventies-Tand zugestellten Wohnung oder bahnt gar eine vollends schmierige und aufgrund des Fehlens jeglicher erotischer Chemie überaus unangenehme Liebesgeschichte zwischen Heston und Rosalind Cash an. Am Ende darf der männliche Hauptdarsteller den Märtyrertod in Jesus-Christ-Pose sterben – den Moses hatte er ja schon einmal verkörpert -, nachdem er aus seinem Blut den Impfstoff zur Rettung der Menschheit hergestellt hat.

THE OMEGA MAN ist eigentlich nur zu retten, wenn man ihn nicht als action- und spannungsgeladenen Reißer (oder gar als adäquate Adaption der Vorlage) betrachtet, sondern als (unbeabsichtigte) Satire auf das Selbstbild weißer, männlicher, privilegierter Konservativer. Auch die Parallelen zu Romeros einige Jahre später entstandenem DAWN OF THE DEAD sind offenkundig und machen im direkten Vergleich klar, wie unreflektiert THE OMEGA MAN eigentlich ist. Wenn Hestons „last man on earth“ Robert Neville Klamotten shoppen geht, sich in seine perfekt ausstaffierte, mit den Insignien von Bildung und Affluenz ausgestattete Wohnung begibt – diese pseudoantiken Büsten und Statuen, die da überall rumstehen, gleich neben der Hausbar mit Schnapsvorrat für 100 Jahre -, er sich für seine Jagd auf die Mutanten um den Anführer Matthias (Anthony Zerbe) in immer neue schicke Sport- und Safari-Outfits wirft, tritt dahinter nicht so sehr ein Mann hervor, der sich ein Stück Normalität im Wahnsinn bewahren will, sondern einer, der sich mit Gewalt dagegen wehrt, der Realität ins Auge zu sehen oder auch nur ein Stück seiner Privilegien aufzugeben. Er ist pures Entitlement und hat insofern natürlich auch Anspruch auf die letzte verbliebene Frau. Es ist gar nicht nötig, dass da ein wie auch immer gearteter Funke überspringt: Allein die Tatsache, dass da eine Frau ist, reicht Neville aus, sie zur Partnerin zu küren. Na klar, das ist evolutionspsychologisch absolut stichhaltig: Es geht ja auch um die Erhaltung der Spezies. Aber THE OMGEA MAN behauptet diesen Notstand ja nur: Man hat eigentlich das Gefühl, dass es Neville/Heston kaum besser gehen könnte. Endlich ist er das, was er seinem Selbstbild nach schon vorher war: der letzte echte Mann.

Ganz anders als wahrscheinlich intendiert, avancieren da die Mutanten zu den eigentlichen Sympathieträgern und tragen zur Überraschung dazu bei, dass diese Zeitreise in die Siebziger heute eine ungeahnte Aktualität erhält: Neville, das ist der Mann aus der westlichen Wohlstandszivilisation, der die nicht länger schweigende Mehrheit draußen auf der Straße nur noch mit Waffengewalt davon abhalten kann, ihm zu nehmen, was er sich genommen hat.

 

baby doll (elia kazan, usa 1956)

Veröffentlicht: November 28, 2015 in Film
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OLYMPUS DIGITAL CAMERAIch habe große Schwierigkeiten mit den großen amerikanischen Dramen des 20. Jahrhunderts – und noch mehr mit ihren Verfilmungen. Ich kann generell nicht so viel mit Theateradaptionen anfangen, vor allem dann nicht, wenn sie sich als künstlerisches Mittel darauf beschränken, Bühnenkulissen durch echte Schauplätze zu ersetzen. Aber das US-amerikanische Drama der genannten Epoche finde ich noch einmal auf ganz spezielle Art und Weise anstrengend. Diese einerseits „naturalistischen“, dann aber doch wieder gnadenlos überformten Dialoge,  die Alltagsthemen, die auf das Format griechischer Tragödien aufgeblasen werden, die aus jeder Zeile fließende Überzeugung der Autoren von der großen gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Stücke: Das alles törnt mich irgendwie ab, selbst wenn ich ihre Relevanz und Kunstfertigkeit erkenne.

BABY DOLL basiert auf Tennessee Williams‘ Bühnenstück „27 Wagons Full of Cotton“, hat drei handelnde Charaktere, spielt an zwei Tagen und fast ausschließlich an einem Schauplatz. Die Handlung wird im Wesentlichen über lange Dialoge entwickelt und am Ende, als alles zu spät ist, gibt es eine mit Ernüchterung verbundende Selbsterkenntnis der Hauptfigur. Im Grunde verfügt BABY DOLL über alle Eigenschaften, die ihn mir verleiden müssten, aber er hat mir dann doch gut gefallen, was zum einen an seiner subject matter liegt – der Film wäre mit seiner Verzichtthematik und Eli Wallachs schmierigem Triebtätergrinsen auf jedem Hofbauer-Kongress gut aufgehoben -, zum anderen daran, dass Elia Kazan die erotischen Spannungen mit seinem Blocking und der ständig in Bewegung befindlichen Kamera so gekonnt abbildet, dass das gesprochene Wort dabei fast zum Beiwerk verkommt. Das gleichzeitig unschuldige wie berechnende Scharwenzeln der Titelfigur, der gerade 19-jährigen Baby Doll Meighan (Carroll Baker), die sich zu Jähzorn emporschraubende Hilflosigkeit ihres Ehemanns Archie Lee (Karl Malden), der selbst von Landstreichern und Säufern noch offen verspottet wird, schließlich besagtes Raubtierlächeln von Eli Wallach, der als Unternehmer Silva, der sich an die hilflose Baby Doll ranwanzt, wie der menschgewordene böse Wolf daherkommt: Das alles fängt Boris Kaufmans Kamera ein, lässt den Film vor brodelnder Sexualität fast überkochen. Eine gemeinsame Schaukelpartie wird unter der gnadenlos brennenden Südstaatensonne zur orgasmischen Sinneserfahrung, ein harmloses Versteckspiel zur lustvollen Jagd.

Kein Wunder, dass die Moral- und Sittenwächter vor BABY DOLL kapitulierten und auf die Barrikaden gingen, Kinos gar wegen Bombendrohungen geräumt werden mussten. Auch die Kritik war sichtlich überfordert mit dieser Geschichte, die beständig um das sexuelle Begehren kreist, das Baby Doll auslöst, und die ihr unbegreifliche Macht, die sie damit in den Händen hält. BABY DOLL ist noch heute treffender und wahrhaftiger als viele modernere Filme zu diesem Thema, weil er die Ambivalenz seiner Charaktere wie ihrer Bedürfnisse offenlegt und zeigt wie die Lust alle Handlungen bestimmt. Baby Doll wird von ihrem Vater an den meistbietenden verschachert wie ein Stück Vieh, befindet sich – vollkommen ungebildet und ohne jede Ausbildung – in totaler Abhängigkeit ihres Gatten, der aber versprechen musste, mit dem „Vollzug“ der Ehe bis zu ihrem 20. Geburtstag zu warten. Dies nutzt Baby Doll weidlich aus, hält ihn gnadenlos hin, wissend, dass ihr Körper der einzige Trumpf ist, den sie überhaupt besitzt. Und während Archie Lee versucht, ihre harte Schale zu knacken, sieht er auch seine wirtschaftliche Kraft dahinschwinden und damit wiederum sein Recht an ihr. Der Film spielt im langsam verfallenden, ruinösen Haus des nur auf dem Papier existierenden Ehepaars, in dem nichts mehr funktioniert, das zudem fast völlig leer steht, weil die Rechnungen für die Möbel nicht bezahlt werden konnten. Es verkörpert natürlich sehr offensichtlich den Zustand der Beziehung der ungleichen Partner und es ist gewiss kein Zufall, dass ausgerechnet das Kinderzimmer, in dem sich auch Baby Doll zu betten pflegt, noch voll eingerichtet ist. Am Ende wandert der arme Archie Lee in den Knast, Baby Doll sieht einer mehr als ungewissen Zukunft ins Auge und Silva ist der lachende Dritte. Das Leben ist hart aber ungerecht, also sollte man wenigstens Sex haben.

 

firestarter-movie-poster-1984-1020192887FIRESTARTER gehört durchaus noch zur ersten großen Welle von King-Verfilmungen, als die Studios sich von den eher durchwachsenen Kritiken und Zuschauerzahlen noch nicht beeindrucken ließen und weiterhin beachtliches Budget und Talent in immer neue Adaptionen steckten. FIRESTARTER sieht wie auch die etwa in die gleiche Phase fallenden CHRISTINE, THE DEAD ZONE oder CUJO fantastisch aus, ist bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzt (neben den Hauptdarstellern David Keith, Drew Barrymore, Martin Sheen und George C. Scott agieren da z. B. Art Carney, Louise Fletcher, Moses Gunn. Antonio Fargas, Heather Locklear, Freddie Jones und Drew Snyder) und von Mark L. Lester technisch gewohnt kompetent umgesetzt. Der Soundtrack stammt von Tangerine Dream und die Feuereffekte sind auch heute noch spektakulär: Die Zerstörungsorgie am Schluss, bei der die kleine Charlene (Drew Barrymore) Kugeln an sich abprallen lässt und explodierende Feuerbälle verschießt, erinnert fast ein wenig an RAMBO: FIRST BLOOD PART II.

Trotzdem ist FIRESTARTER nicht 100-prozentig befriedigend. Auch wenn ich den Film gegen seinen nicht so berauschenden Ruf jederzeit verteidigen würde: Dramaturgisch funktioniert er nicht richtig, mutet ein wenig leer und leblos an und begeht zudem den Fehler, seine beiden wunderbar hassenswerten Schurken – George C. Scott als gemeines Halbblut John Rainbird mit Pferdeschwanz und Augenklappe, Martin Sheen nach THE DEAD ZONE erneut als schmieriger Staatsbeamter – viel zu früh über die Klinge springen zu lassen. Warum der Funke (hihi) nicht richtig überspringt, ist indessen nicht so leicht zu sagen. Der Film hat mehrere kleine Probleme. David Keith bleibt blass in der zugegeben undankbaren Rolle des telepathisch begabten Papas, Drew Barrymore ist niedlich, aber als Schauspielerin einfach noch nicht ausgereift genug, um die Hauptrolle zu tragen. Diese Spannung zwischen dem süßen kleinen Mädchen einerseits und der tödlichen Gefahr, die sie birgt, andererseits, und von der der Film eigentlich leben sollte, bleibt Behauptung, wird nie wirklich greifbar. Der gewohnt außerweltliche Score von Tangerine Dream passt nicht zu den doch eher knalligen Bildern, legt einen Schleier über sie und schafft so Distanz, wo er eigentlich die volle Wucht des Affekts unterstreichen sollte. Aber auch Lester leistet sich einige Ungeschicktheiten, arbeitet mit den immer gleichen visuellen und verbalen Cues, um die unsichtbare Psychoaktivität seiner Protagonisten anzuzeigen. Spätestens beim dritten Mal wird es einfach albern, wenn sich David Keith bedeutungsschwer an die Schläfen fasst oder Drew Barrymore „Back off“ skandiert, um ihre Kräfte zu drosseln. Da offenbart FIRESTARTER eine Käsigkeit, die im krassen Widerspruch zu seinen offenkundigen Production Values steht.

Trotzdem hat mir der Film, den ich zum ersten Mal gesehen habe, gut gefallen. Es ist ein bisschen so ähnlich wie mit dem kürzlich wiedergesehenen SHOOT TO KILL: FIRESTARTER repräsentiert eine Art von unaufgeregtem, professionellem Mainstream-Filmmaking, die heute kaum noch gepflegt wird, mit dem Ende der Achtzigerjahre, spätestens aber zum Jahrtausenwechsel völlig verschwunden ist. Diese Feststellung lässt sich bei Lesters King-Verfilmung gerade deshalb besonders gut anstellen, weil er thematisch so eng bei den Superhelden-Verfilmungen liegt, die heute den Status quo des Blockbuster-Genrekinos ausmachen. Statt pausenlosem Effekt-Heckmeck, 24 handelnden Charakteren und 35 angestoßenen Subplots für die geplanten nächsten 12 Spin-offs und Sequels gibt es hier ein intimes Vater-Tochter-Drama mit parapsychologischem Hintergrund und viele eher unausgesprochene Konflikte. Was will eigentlich John Rainbird von der kleinen Charlene? Die im Raum stehende Frage wird nie beantwortet, was die Beziehung zwischen den beiden umso unheimlicher macht.

pledge night (paul ziller, usa 1990)

Veröffentlicht: November 27, 2015 in Film
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Pledge Night CoverIch habe im Zuge meiner Abarbeitung der FRIDAY THE 13TH-Reihe geschrieben, dass es in den Slasher-Filmen m. E. weniger um die viel zitierte puritanische Abstrafung von Promiskuität und Drogenkonsum geht, sondern eher um die Mittelmäßigkeit der teenage experience als solcher. Das kommt logischerweise in den billigen und schäbigen Vertretern des Genres besonders zum Vorschein. Seine Vorzeigeobjekte können noch mit schick ausgeleuchteten Settings, attraktiven Darstellern und überzeugenden Effekten über die allgegenwärtige Tristesse hinwegtäuschen, in ranzigen Billigstproduktionen wie HIDE AND GO SHRIEK oder eben PLEDGE NIGHT gelingt das hingegen nicht mehr. Der Film wurde von der einigermaßen renommierten Produktionsgesellschaft Shapiro Glickenhaus produziert, doch ich vermute, dass die mit der Produktion selbst nichts zu tun hatte und nur als Vertrieb fungierte. PLEDGE NIGHT – auch bekannt als A HAZING IN HELL – ist so gammelig, dass man kaum glauben mag, dass er erst 1990 veröffentlicht wurde. Und die Demütigungen, die die Fraternity-Anwärter im Film über sich ergehen lassen, um in die sagenumwobene Phi-Epsilon-Fraternity aufgenommen zu werden, muten umso fragwürdiger an, wenn man sich die räudig-staubigen Räumlichkeiten des „feinen“ Hauses und ihre höchst unattraktiven Bewohner anschaut. Wenn man für solch zweifelhafte Privilegien schon bereit ist, seine Menschenwürde aufzugeben, wie soll das dann später noch weitergehen?

PLEDGE NIGHT handelt in der gesamten ersten Hälfte seiner 80-minütigen Spielzeit von diesen Mutproben: Da müssen Cocktailkirschen zwischen den Arschbacken herumgetragen und dann gegessen werden, werden simulierte Brandings vorgenommen, ekelhafte Getränke, Würmer und Kakerlaken verabreicht und die Bewerber gezwungen, falsche Kackwürste aus dem Klo zu essen. Das alles immer mit dem hochtrabenden Hinweis auf militärischen Gemeinschaftssinn, Altruismus und Opferbereitschaft, der angesichts des Versagerdaseins, dass die großmäuligen Oberhäupter selbst führen, geradezu lachhaft anmutet. Das „Herrenzimmer“ zeigt zwar ein Wappen und ein stolzes Schwert, aber eben auch einen angestaubten Teppich, auf dem sich selbst ein Straßenköter zum Sterben nicht niederlassen wollte, die „Bar“ sieht aus wie eine aus Obstkisten zusammengezimmerte Abstellkammer und der „Boom Boom Room“, in den sich die Herrschaften zum Bumsen zurückziehen, zeigt ein vom Sperrmüll gerettetes Sofa unter dem Star Spangled Banner und verströmt so viel Gemütlichkeit und Romantik wie eine Wichskabine im Sexshop am Bahnhof.

Der Film thematisiert die Fragwürdigkeit des in manchen Staaten verbotenen Brauchs auch ganz explizit: Der Killer ist ein aus dem Jenseits zurückgekehrtes Opfer eines vor 20 Jahren schiefgegangenen Streichs, der ehemalige Geliebte der Mutter eines der heutigen Bewerber, die von diesem immer wieder als „Hippie“ diffamiert wird, der ja keine Ahnung vom Leben in der heutigen Leistungsgesellschaft hat. Die Jungs, die sich Zugang zur Fraternity erhoffen, sind tatsächlich der Meinung, mit erfolgreicher Absolvierung der Proben zu besseren Menschen zu werden und überdies ihre späteren Karrierechancen zu verbessern. Zweimal wird behauptet, dass 65 % aller Kongressmitglieder einst Mitglieder in College-Bruderschaften waren und ein Hazing durchlaufen hätten. Die wahre Motivation dahinter bleibt allerdings ungewiss: Die Engelsgeduld, mit der Ziller die unmenschlichen Praktiken im Stile einer typischen College-Komödie breittritt, legt nahe, dass er sie eigentlich selbst ganz witzig findet und die Ansicht vertritt, sie gehörten zum Erwachsenwerden dazu. Dass dabei auch mal was schief geht, räumt er ein, aber gut: Wenn man dran ist, ist man eben dran. Aber gerade diese Unreflektiertheit, diese Kluft zwischen Schein und Sein, die PLEDGE NIGHT auch formal manifestiert, machen ihn ja überhaupt erst so interessant. Es ist eben das zweifelhafte Privileg der Jugend, noch die armseligsten Späße für hilarious, die größten Arschgeigen für Vorbilder zu halten. Und das gilt ja auch für den Film selbst, eine handwerklich, inhaltlich und visuell unterirdische Darbietung, die sich trotzdem eines nostalgischen Kultstatus unter Zeitzeugen gewiss sein darf. Unter den Kommentatoren auf der IMDb-Seite finden sich auch einige Darsteller, die in Erinnerungen an die Dreharbeiten schwelgen. Man ahnt, dass der Film für alle ein großer Spaß war. Anthrax-Sänger Joey Belladonna hat einen damals sicher für spektakulär erachteten Gastauftritt als Hazing-Opfer, Songs der Kapelle dröhnen immer man wieder vom Soundtrack, der Klassiker „Metal Thrashing Mad“ wird in voller Länge ausgespielt. PLEDGE NIGHT ist auf sehr hellsichtige und entlarvende Art und Weise dumm, wie sie heute gar nicht mehr vorkommt. Das macht ihn sehenswert, für Slasher-Aficionados sowieso.

 

 

he_knows_youre_aloneDie berühmt-berüchtigten „kalten Füße“ in Kürze heiratender Frauen manifestieren sich in diesem frühen Slasher in Form eines Killers, der seine Enttäuschung darüber, einst versetzt worden zu sein, nun an künftigen Ehefrauen auslässt. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Studentin Amy Jensen (Caitlin O’Heaney), die mit ihrem Verflossenen, Marvin (Don Scardino) anbändelt, während sich ihr Gatte in spe beim Junggesellenabschied verlustiert. So ganz unverdient ist das Interesse, das ihr der irre Killer mit dem Katzendolch zukommen lässt, also nicht.
Ich gestehe, mich bei diesem Slasher ziemlich königlich gelangweilt zu haben. Regisseur Mastroianni, der uns in den Achtzigern einige Horrorfilme für die unteren Regalbretter bescherte, etwa THE CLAIRVOYANT, THE SUPERNATURALS und CAMERON’S CLOSET, orientiert sich für sein Debüt eher an HALLOWEEN als an FRIDAY THE 13TH – weniger Zoten und Sex, „realistischere“ Morde, ein weniger episodischer Handlungsverlauf – was zunächst ja mal eine gute Sache ist. Den Figuren wünscht man nicht schon nach 15 Minuten den Tod, das Tempo ist moderat, wie in Carpenters berühmtem Vorbild will Mastroianni die Bedrohung ganz langsam steigern. Amy hat keine Ahnung, wer ihr da nachstellt, ganz im Unterschied zum Zuschauer, der ihr immer einen Schritt voraus ist und sich vor Sorge um sie die Nägel abkauen soll. Das gelingt aber einfach nicht, weil es eben keine kontinuierliche Zuspitzung, sondern nur eine endlose Wiederholung des immer gleichen Drohszenarios gibt. Und man fragt sich relativ schnell, warum sich der Mörder überhaupt mit der Hinrichtung unbedeutender Randfiguren abgibt, wenn es ihm doch eigentlich um die Braut geht, der er unablässig nachstellt, nur um dann doch bis zum Showdown von ihr abzulassen. Das Finale und der Schlussgag sind ganz nett, zeigen, was möglich gewesen wäre, ebenso wie der Auftakt, bei dem der Mörder ein Kino heimsucht, in dem gerade ein Slasherfilm läuft. Auch das hat aber Bigas Luna ein paar Jahre später mit ANGUSTIA besser hinbekommen. Es bleibt ein Film, der wohl ausschließlich für Slasher-Enthusiasten und -Komplettisten und Tom-Hanks-Biografen interessant ist: Der spätere Superstar feierte hier seinen Karrierestart und ist in einer Nebenrolle als Love Interest von Amys Freundin zu sehen.

 

horrible-bossses-2-10Sequels haben bei mir derzeit gute Karten: Analog zu KICK-ASS 2 gefällt mir auch HORRIBLE BOSSES 2 um Längen besser als der doch reichlich zwiespältige erste Teil. Der Unterschied zwischen beiden Filmen manifestiert sich zum einen in der nun endgültig völlig abstrusen Storyline, in die sich auch die übersteuerten Figuren besser einfügen, zum anderen – nur scheinbar im Widerspruch dazu – in der größeren Empathie, die Anders ihnen entgegenbringt. Während Jennifer Anistons sexsüchtige Zahnärztin im Vorgänger noch als psychopathisches Biest und misogynes Zerrbild der selbstbewussten Frau durchging, hat sie ihre Sucht im Sequel endlich zur Kenntnis genommen und versucht sie in einer Selbsthilfegruppe in den Griff zu bekommen: Dass ihre Bemühungen eher erfolglos sind, sie die Sitzungen dazu zweckentfremdet, sich an den Berichten ihrer Leidensgenossen aufzugeilen und neues Fleisch zu akquirieren, macht sie fast schon zur tragischen Figur, die deutlich mehr komisches Potenzial in sich birgt.

Der deutsche Verleihtitel KILL THE BOSS 2 macht indes überhaupt keinen Sinn mehr: Nick (Jason Bateman), Dale (Charlie Day) und Kurt (Jason Sudeikis) sind nach ihren Erfahrungen aus dem Vorgänger unter die Unternehmer gegangen und erhalten ein lukratives Angebot vom Großhändler Bert Hanson (Christoph Waltz). Dem liegt allerdings gar nichts an einer fairen Geschäftsbeziehung, vielmehr will er die drei in die Pleite treiben und sich ihr Unternehmen unter den Nagel reißen. Ein erneuter Mordversuch kommt nicht infrage, so viel haben die drei Protagonisten gelernt, aber irgendwie auch Spaß an kriminellen Aktivitäten gefunden, mit denen man lästiges verantwortliches Handeln adrenalinfördernd umgeht. Also wird kurzerhand Rex (Chris Pine) entführt, der selbstverliebte Sohn Hansons, und ein stattliches Lösegeld gefordert. Der Plan wird allerdings dadurch verkompliziert, dass Rex über deutlich mehr kriminellen Drive verfügt, seinen Vater inbrünstig hasst und an dem Coup beteiligt werden will.

Regisseur Sean Anders fährt ganz gut damit, sich auf seine drei Antihelden zu konzentrieren, deren Miteinander mehr Raum erhält als noch im Vorgänger, in dem ihnen die drei titelgebenden Bosse Konkurrenz machten. Nick hat alle Hände voll damit zu tun, seine infantilen, enorm begeisterungsfähigen, aber nicht besonders intelligenten im Zaum zu halten, was ihm mal besser, mal schlechter gelingt. Der eklige Rex – Chris Pine hat sichtlich Spaß an seiner Rolle – weiß die drei geschickt gegeneinander auszuspielen und Nick ist dann doch zu ehrgeizig, um den Idioten allein das Ruder zu überlassen. Doch je näher die Amateure ihrem Ziel kommen, umso häufiger stolpern sie über die von ihnen selbst gelegten Fallstricke. HORRIBLE BOSSES 2 ist witziger, zotiger, aber gleichzeitig auch visuell einfallsreicher: Sehr schön ist die Sequenz gestaltet, in der der Plan der vier wie ein perfekter Film abläuft, sich z. B. ein Blutfleck in einer nahtlosen Überblendung in die Spiegelung roten Neonlichts in einer Pfütze verwandelt. Auch toll, wie alles, was in diesem „Vorstellungsfilm“ noch so  perfekt war, später in der Umsetzung nur noch halb so gut funktioniert oder sich als lediglich filmischer Effekt entpuppte: Die Perücke, mit der sich Kurt in Bert Hanson verwandeln soll, lässt ihn wie einen Wischmop aussehen, die Pagenkostüme, mit denen sich Nick und Dale verkleiden, entsprangen lediglich der überbordenden Fantasie Dales, der sich nun sehr enttäuscht darüber zeigt, ganz undramatisch in zivil fliehen zu müssen.

Am klügsten ist aber die von „Motherfuckah“ Jones (Jamie Foxx) kommende Einsicht, dass der Zuschauer es bei den Protagonisten mitnichten noch mit drei unschuldigen Tölpeln auf Irrwegen zu tun hat. Die Art und Weise, wie sie ihre Probleme nun schon zum zweiten Mal mit einem Verbrechen lösen wollen, und dabei trotzdem beharrlich das Selbstbild aufrechterhalten, lediglich in die Ecke gedrängte Normalos zu sein, die keine andere Wahl haben, macht sie zu den eigentlichen Gestörten des Films.

2000x3000srDer Terror der Ökonomie: Die Zeiten, in denen man während seiner Arbeitszeit mit seinen Händen Dinge von Bedeutung und Bestand schuf, geraten immer weiter in die Vergangenheit, immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit in immer anonymeren Büros, in denen sie zu einer Leistung, Leistung, Leistung angetrieben werden, die oft vollkommen abstrakt bleibt. Der resultierende Burn-out ist die Staublunge der Gegenwart. Richtig verheerend wird die Lage, wenn man an seinem Arbeitsplatz auch noch Mobbing und Psychoterror ausgesetzt ist, und wenn es gar der eigene Vorgesetzte ist, der dafür verantwortlich ist, hat man kaum noch eine Chance. Genau in dieser Lage finden sich die drei Protagonisten von HORRIBLE BOSSES, der sichtlich vor dem Problem steht, dass seine subject matter – Arschgeigen und Psychopathen, die andere Menschen aus purer Boshaftigkeit quälen – nicht die Spur komisch ist. Um sein Thema in den Griff zu bekommen, treibt er die Prämisse so sehr auf die Spitze, dass damit leider auch nahezu jeder Bezug zur Realität flöten geht.

Die „horrible bosses“ mit denen sich Nick (Jason Bateman), Dale (Charlie Day) und Kurt (Jason Sudeikis) herumschlagen müssen sind ein egozentrischer, machtgeiler Manipulator (Kevin Spacey), eine nymphomane Intrigantin (Jennifer Aniston) und der koksbedröhnte Wahnsinnige (Colin Farrell): alle drei ausgemachte Psychopathen weit jenseits jeglichen „normalen“ Arschlochtums. Die Lösung des Problems liegt auf der Hand: Die Chefs müssen sterben. Doch das ist für drei gewöhnliche Typen schwieriger als es sich zunächst anhört.

HORRIBLE BOSSES fängt sich irgendwann, wenn er die Exposition hinter sich gelassen hat und sich den Verwicklungen rund um die Mordbemühungen zuwendet, kommt aber konzeptionell nicht über das oben skizzierte Manko hinaus. Die Differenz zwischen den drei betont durchschnittlich und „realistisch“ gehaltenen Protagonisten und ihren wahrhaft monströsen Chefs ist einfach viel zu groß, als dass der Film einen homogenen Ton etablieren, der Zuschauer das Ganze ernstnehmen könnte. Es gibt durchaus witzige Szenen, vor allem wenn Jamie Foxx als angeblicher Profikiller „Motherfuckah“ Jones und Colin Farrell als Vollspinner mit schütterem Haar auftreten, aber insgesamt ist HORRIBLE BOSSES viel zu konstruiert. Mehr noch: Die Szenen mit der sexuell übergriffigen Zahnärztin (Jennifer Aniston) sind vollkommen abseitig und beinahe abstoßend, zumal die Reize der Schauspielerin keineswegs als „bedrohlich“ inszeniert werden – nein, im Grunde genommen soll man die Vorstellung, von der Aniston vergewaltigt zu werden, geil finden. Übertragen auf den Film als Ganzes heißt das aber auch, dass gar nicht mal so unterschwellig suggeriert wird, die Waschlappen von Protagonisten sollen sich mal nicht so anstellen. Mehr als zwiespältig.

pictureÜber THE SHAMROCK HANDICAP muss ich ausnahmsweise mal keinen ellenlangen Text verfassen. Es handelt sich um eine leichte Komödie, die ihre Flüchtigkeit schon in ihrer bescheidenen Laufzeit von gerade einmal 65 Minuten offenbart. Doch auch dieser kleine Film zeigt die sichere Hand Fords und widmet sich einigen seiner typischen Themen, lediglich der mythologisierende Impetus ist gänzlich abwesend.

THE SHAMROCK HANDICAP ist der erste der von mir gesehenen Ford-Filme, der den Zuschauer in die irische Heimat seiner Eltern entführt. Dort lebt der Gutsbesitzer Sir Miles O’Hara (Louis Payne) mit seiner Tochter Sheila (Janet Gaynor), dem Haushälterehepaar O’Shea (J. Farrell MacDonald und Claire McDowell) und dem Stallburschen Neil Ross (Leslie Fenton), der ein romantisches Interesse an Sheila hegt. Weil O’Hara die Schuldenlast drückt, muss er seine geliebten Pferde auf dem örtlichen Markt verkaufen. Der amerikanische Unternehmer Finch (Willard Louis) zeigt nicht nur Interesse an den Tieren, sondern auch an Neil, dem er eine ruhmreiche Karriere als Jockey in den USA verspricht. Neil sieht seine Chance und verspricht, als reicher Mann zurückzukommen und das Haus O’Haras zu retten. Doch gleich bei seinem ersten Rennen erleidet er einen Unfall, der ihn zum Krüppel macht.

THE SHAMROCK HANDICAP beleuchtet die Situation der Immigranten, die Gründe, warum sie ihre Heimat gen Amerika verlassen und welche Situation sie dort vorfinden. Ford schildert dies in kurzen vergnüglichen Episoden: Der Traum, das eigene Anwesen in Irland mit dem Geld von Neil retten zu können, platzt genauso schnell wie der, es in der neuen Welt zu Ruhm und Ansehen zu bringen. In einem kleinen Häuschen führen die fünf Erwachsenen ein bescheidenes Dasein, von dem sie sich aber nicht unterkriegen lassen. Die Solidarität unter den Übersiedlern ist groß und schnell finden sie Freunde unter den traditionell irischen Polizisten. Die Jockeys, mit denen Neil auch nach seinem Unfall noch Zeit verbringt, sind ein bunt zusammengewürfelter Haufen, unter dessen Mitgliedern es auch mal zur Keilerei kommt, aber insgesamt scheint das Wissen vorzuherrschen, dass alle gemeinsam in einem Boot sitzen. Und am Ende ergibt sich für Neil natürlich doch noch die Chance auf den großen Gewinn.

Fords Film ist vergnüglich, streckenweise anrührend – besonders die Beziehung des alten O’Shea zu einer Gans ist sehr süß – und mit dem ein oder anderen stilistischen Kniff versehen, etwa einer frühen Zeitlupe. Das Pferderennen bildet das große Finale, bei dem es einige rabiate Stunts zu sehen gibt, und visuell bezaubert vor allem der erste in Irland angesiedelte Akt mit urigem Naturidyll und alles in sanften Nebel hüllenden Unschärfen. Insgesamt würde ich THE SHAMROCK HANDICAP aber doch eher für ein vernachlässigbares Werk des Meisters halten.