Dass ich den Film mit ca. 17 Jahren im Double Feature mit einem anderen Siebzigerjahre-Computer-Schocker namens COLOSSUS: THE FORBIN PROJECT auf Video aufgezeichnet und dann gesehen hatte, habe ich noch gut in Erinnerung. Ich fand den Film damals wohl recht verstörend, blieb aber bis zum Schluss bei der Stange – bei der gestrigen Wiederbegegnung ist mir das deutlich schwerer gefallen. Auch wenn ich immer noch eine Empfehlung für DEMON SEED aussprechen würde: Er ist ein bisschen dröge und seine Idee reicht eigentlich nicht für einen ganzen Film.
Anders als Cammells späterer WHITE OF THE EYE, der wie eine Anomalie in der Filmlandschaft seiner Zeit wirkt, ist DEMON SEED sehr Kind seiner Zeit. Sein Retrofuturismus – riesige Computer mit Floppy-Disk-Laufwerken, sprechende Bildschirme und sich wie gelandete Ufos in die Landschaft einfügende Forschungsstationen – ist genauso typisch für die Siebzigerjahre wie die mit ihm einhergehende Technikskepsis. So beunruhigend DEMON SEED auch ist, so naiv wirkt er auf den heutigen Betrachter. Viel mehr, als es sich Dean R. Koontz, Autor der Vorlage, damals vorstellen konnte, sind Computer tatsächlich Teil unseres Alltags geworden, aber die von ihnen ausgehende Bedrohung, die er sich ausmalt, hat sich nicht einmal annähernd bewahrheitet.
Der Wissenschaftler Alex Harris (Fritz Weaver) hat im Auftrag der Regierung einen Supercomputer geschaffen, der über ein Gehirn verfügt, das funktioniert wie das eines Menschen. Über die Arbeit kam es allerdings zum Zerwürfnis mit seiner Ehefrau Susan (Julie Christie), die nun in einem vollkommen computerüberwachten Haus lebt. Als „Proteus“, so der Name des Supercomputers, von seinem Schöpfer Raum zur freien Entfaltung verlangt, aber diesen verweigert bekommt, bringt er das Überwachungssystem im Haus Susans unter seine Kontrolle und sperrt sie ein. Aber das ist noch nicht alles: Weil er Mensch werden will, schwängert er die hilflose Frau …
Der dystopische Gehalt kann heute, wie oben schon angedeutet, eigentlich vollkommen ignoriert werden. Der mit sonorer Stimme sprechende Proteus muss den Zuschauern aber auch damals, knapp zehn Jahre nach HAL aus Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY, schon wie ein zweitklassiger Trittbrettfahrer vorgekommen sein. Die Angst vor einem superintelligenten Roboter, der diese Superintelligenz gegen seine Schöpfer wendet, ist schließlich ein Standard der Science Fiction, der auch 1977 schon einige Patina angesetzt hatte. Was vielleicht darüber hinwegtäuschte, war der Kuriositätenbonus, den Überwachungskameras, die Steuerung der heimischen Elektronik durch Stimmenbefehle und ähnliche Spielereien damals ohne Zweifel innehatten. Heute kann man sich ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen.
Zum Glück muss man DEMON SEED nicht als Mahnfabel betrachten, sondern kann ihn vielmehr als Geschichte einer hochgradig dysfunktionalen Beziehung sehen. Dann ist er nicht nur ungleich faszinierender, sondern auch geradezu skandalös schmierig. Proteus und die ihm zur Hilfe kommende Schar kleinerer Computerdiener sind die Verlängerung von Alex, der über seine Begeisterung für die Arbeit die Liebe seiner Gattin verloren hat, und sie nun mit Gewalt zurückholt. Dass das nicht auf seine Initiative hin geschieht, sondern Proteus selbsttätig handelt, schwächt diese Lesart keineswegs, im Gegenteil: Sie liegt auf einer Linie mit Susans zu Beginn des Films geäußerter Befürchtung, dass Alex seine Menschlichkeit verlieren könne. Er kennt sich selbst nicht mehr. Was tatsächlich hinter Proteus‘ Wunsch steht, offenbart sich erst in den letzten Sekunden des Films. Das eigentliche Drama hinter dem Ende von Alex und Susans Beziehung wird nie offen angesprochen, man bekommt eher beiläufig einen Hinweis darauf. Supercomputer hin oder her: Die Ursache allen Übels liegt hier ganz klar im Versäumnis der beiden Hauptfiguren, offen miteinander umzugehen.