charleys tante (géza von cziffra, brd 1963)

Veröffentlicht: Juli 9, 2008 in Film
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Dr. Otto Wilder (Peter Alexander) ist der stets gut gelaunte, musikalisch veranlagte Import- und Exportbeauftragte der brasilianischen Botschaft in Wien. In dieser Tätigkeit lernt er die wohlhabende Plantagenbesitzerin Carlotta Ramirez (Maria Sebaldt) kennen, die er sofort zu becircen beginnt – zunächst ohne Erfolg. Was er nicht weiß: Carlotta ist die Tante von Charley (Peter Sallmann), der wiederum der Mitbewohner von Ottos Bruder Ralf (Alfred Böhm) ist. Die beiden Junggesellen haben ihrerseits eine Verabredung mit zwei attraktiven Schwedinnen, für die Charleys Tante als Anstandsdame eingeplant ist, um den strengen Vater einer der Schwedinnen zu besänftigen. Doch dank unvorhergesehener Umstände muss schließlich Otto die Tante spielen, wobei er sehr zu seinem Missfallen das Herz zweier älterer Herren erobert. Als dann auch noch die echte Carlotta auftaucht, ist das Chaos perfekt …

CHARLEYS TANTE basiert auf dem Theaterstück „Charley’s Aunt“, das bereits 1892 seine Uraufführung in London erlebte und bis heute weltweit zahlreiche filmische Adaptionen erfahren hat. Nachdem Heinz Rühmann schn 1955 in Frauenkleider geschlüpft war, übernahm 1963 der beliebte österriechische Schlagerstar Peter Alexander die Rolle und drückte dem Film seinen Stempel nicht nur mit zahlreichen Gesangseinlagen auf. Die Theaterherkunft des Stoffest bleibt aber auch in von Cziffras jederzeit erkennbar: Der Großteil des Films spielt sich in den zwei Räumen des Junggesellen-Appartements ab, Außenszenen sind nur sporadischer Natur und seinen Reiz bezieht CHARLEY’S TANTE vor allem aus dem Kommen und Gehen der verschiedenen Figuren, den damit verbundenen Verwechslungen und natürlich dem Travestie-Element, das einige wohldosierte Frivolitäten ermöglicht. Das spießig-brave, sonnige Gemüt des Films, der sich nahtlos in die Riege von deutschen Schlagerfilmen und Lustspielen der Fünfziger- und Sechzigerjahre einreiht (es gibt einen ganz expliziten Verweis auf Freddy Quinn), wird dann auch einige Male sanft erschüttert, etwa wenn Otto aufgrund seiner weiblichen Tarnidentität mit den beiden Schwedinnen genau das anstellen kann, was auch Charley und Ralf gern mit ihnen anstellen würden, was ihnen aber die Moral verbietet: sie hemmungslos abzuknutschen und zum Kleidertausch zu animieren. Natürlich verfehlt CHARLEYS TANTE aufgrund seines Wesens alle Möglichkeiten, die das Travestie-Thema in Sachen Gender-Transformation eigentlich böte, erschöpft sich letztlich in dem Witz, den Mann mit hoher Stimme sprechen zu lassen. Peter Alexander ist als Wiener Gentleman eh schon viel zu geckenhaft und schleimig-effeminiert, als dass seine Verwandlung irgendwelche nennenswerten Folgen nach sich ziehen würde. Die interessanteste Szene des Films, in der Carlotta den verkleideten Otto erkennt und dieser wiederum erkennt, dass sie ihn erkannt hat, und beide das Rollenspiel nutzen, ehrlich zueinander zu sein, wird viel zu früh abgebrochen – wie überhaupt der Film zu einem seltsam überhasteten Ende kommt. So bleibt ein deutsches Lustspiel, dessen Klassikerstatus man heute nur noch hinnehmen statt wirklich nachvollziehen kann, das aber doch mit recht viel Schwung und Tempo inszeniert ist und dem Zuschauer, der der Naivität und Unbeschwerheit solcher Spießerkomödien etwas abzugewinnen vermag, 90 kurzweilige Minuten beschert. Wobei eingeräumt werden muss, dass Peter Alexander für den normal veranlagten Zuschauer eine echte Herausforderung darstellt: Sein ostentativ spitzbübischer Blick, die Mischung aus aufdringlicher Penetranz und glitschiger Weichheit, mit der er seinen weiblichen Opfern auf die Pelle rückt, das selbstverliebte Glucksen seiner Stimme, die er mit schlafwandlerischer Sicherheit stets den einschmeichelndsten Tonfall anschlagen lässt sind Auswüchse eines beinahe zur Kunstform erhobenen individuellen Overactings.

Kommentare
  1. […] solcher begreift. Verglichen mit den zuletzt gesehenen Peter-Alexander-Filmen, den urgemütlichen CHARLEYS TANTE und IM WEISSEN RÖSSL, ist SALEM ALEIKUM, in dem dann auch mal beherzt mit Pistole und […]

  2. […] Texte zu SCHWEJKS FLEGELJAHRE, SALEM ALEIKUM: MEIN GANZES LEBEN IST MUSIK, IM WEISSEN RÖSSL und CHARLEYS TANTE. Auf F.LM – Texte zum Film gibt es dazu noch einen längeren Text, der die genannten Filme im […]

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