the first power (robert resnikoff, usa 1990)

Veröffentlicht: November 30, 2016 in Film
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thefirstpower4Gerade eben erst habe ich festgestellt, dass THE FIRST POWER tatsächlich einen deutschen Kinostart hatte: Trotzdem ist er ein hervorragendes Beispiel für die mit den Videotheken untergegangene Tradition der Verleihhits. Das waren Titel der zweiten Reihe – die damals noch nicht ganz so weit von den Lichtspielhäusern weg war wie heute -, die vom Verleih mit großem Werbeaufwand gepusht wurden und in den Videotheken entsprechend auffällig ausgestellt waren. Filme dieser Gattung waren noch nicht als „DTV“ verschrieen und wurden auch nicht als „minderwertig“ wahrgenommen, im Gegenteil. So mancher dieser Titel avancierte zum Publikumsfavoriten und lief in der Gunst der Leiher sogar den großen Blockbustern den Rang ab. Und THE FIRST POWER – deutsches Cover nebenstehend – war so einer: Lou Diamond Philips galt damals, nach LA BAMBA, RENEGADES und YOUNG GUNS, noch als Star, mit dem Posterdesign orientierte man sich offenkundig an Alan Parkers ANGEL HEART und die exploitative Mischung aus Copfilm und Horror war geradezu prädestiniert für die heimische Couch. Man musste das Teil einfach ausleihen.

So richtig enttäuscht waren damals wahrscheinlich die wenigsten, denn THE FIRST POWER ist der Inbegriff der soliden Videothekenware. Nichts, was einen total vom Hocker reißt oder einem gar schlaflose Nächte und schweißnasse Hände beschert, aber eben ein Film, der gut reinläuft und auf diese angenehme Art überraschungsarm und vorhersehbar ist. Man muss sich nicht wirklich konzentrieren, kann zwischendurch mal aufs Klo oder zum Kühlschrank gehen oder neue Chips aus dem Schrank holen, ohne Gefahr laufen, den Anschluss zu verpassen. Man fühlt sich auf Anhieb zu Hause: Es gibt da zwar diese improvisierten Rumpelecken, für die man seit Jahren schon eine Lösung finden will, aber wirklich stören tun einen auch die nicht mehr, man hat sich damit arrangiert. So muss man in THE FIRST POWER damit leben, dass Held und Heldin irgendwann ein Techtelmechtel beginnen, das niemand braucht und an das offensichtlich noch nicht einmal die Filmemacher glaubten; dass der Plot hanebüchen ist und der Drehbuchautor (Regisseur Resnikoff selbst) sich damit begnügt hat, seine paar Ideen aneinanderzureihen: Ausgearbeitet wird hier wirklich gar nichts und das Ende wirkt regelrecht so, als hätten die Macher irgendwann die Lust verloren. Man denkt sich zu jeder Sekunde, dass man dies und jenes hätte viel, viel besser machen können, freut sich dann aber wieder über die kleinen Einfälle, die hervorstechen, oder die geilen Stunts (ein paar Mal wird da sehr spektakulär gestürzt und einen fetten Autocrash gibt’s auch). Oder auch einfach nur über diesen coolen, weiten Achtzigerjahre-Mantel, mit dem Philips ständig rumläuft.

Ich fand THE FIRST POWER gestern doch eher mau: Die Hoffnung, ein vergessenes Highlight wiederzuentdecken, verflog schnell, zu formelhaft ist Resnikoffs Film. Es bleibt einfach nicht viel hängen und Resnikoff bekam die entsprechende Quittung: Er arbeitete nie wieder in Hollywood. Aber die Erwartungshaltung, mit der ich an den Film herangetreten bin, ist ihm auch nicht angemessen. Der durchschnittliche Viedeothekenkunde, der damals einfach nur auf der Suche nach Stoff für einen unterhaltsamen Abend vor der Glotze war, war mit THE FIRST POWER sicherlich gut bedient. Und irgendwie finde ich den Film in seiner ambitionslos-routinierten Art auch sehr sympathisch. Sowas gibt es heute nicht mehr: Videothekenfilme, die im Kino liefen. Oder hätten laufen können. Oder eben Kinofilme, die besser auf Video aufgehoben waren. Und die im Diskurs als gleichwertig behandelt wurden. „ANGEL HEART? Also ich fand PENTAGRAMM geiler. Mit dem Philips, weißte? Geiles Teil, musst du mal leihen!“

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