mr. baseball (fred schepisi, usa 1992)

Veröffentlicht: Juni 2, 2019 in Film
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Es war eine schöne Überraschung als dieser Film im Streaming-Angebot des Universal Channel von Amazon Prime auftauchte. MR. BASEBALL lag nach seinem Erscheinen in den frühen Neunzigern auch in deutschen Videotheken aus und wurde von der Baseball-Community überaus wohlwollend aufgenommen. Es war zwar kein MAJOR LEAGUE und auch kein THE NATURAL oder FIELD OF DREAMS, aber das war damals nicht so wichtig: Hauptsache, es gab einen neuen Baseball-Film. Und Schepisis Fish-out-of-Water-Komödie war dann durchaus gefällig genug, dass man ihn sich nicht erst schönsaufen musste.

Tom Selleck, immer noch mit dem Schnäuzer, den man in MAGNUM P. I. lieben gelernt hat, spielt den Baseball-Profi Jack Elliott, der sich bei den New York Yankees auf vergangenen Lorbeeren ausruht. Seine Auszeichnung als „Spieler des Jahres“ liegt schon einige Jahre zurück, aber immerhin reichte es in der Vorsaison noch zum „Spieler des Monats August“, wie er vor seinem Coach betont, als der ihm offenbart, dass er ihn verkauft habe (sein Ersatz wird in einem Cameo gespielt vom jungen Frank Thomas, der sich mit seinen Homeruns in die Hall of Fame bombte). Alles, bloß nicht Cleveland, stöhnt Elliott, nur um dann erfahren zu müssen, dass er künftig in Japan spielen wird. Jack hält das für unter seiner Würde, muss aber klein beigeben: Aufgrund diverser Skandälchen und mangelnder Leistung gibt es keinen amerikanischen Proficlub, der ihn haben will. Also tritt er die Reise nach Japan an, natürlich mit der felsenfesten Überzeugung, dass das nur eine kurze Etappe auf dem Weg zurück in die Major League ist, die ohne einen Spieler seines Rangs gar nicht dauerhaft auskommen kann. Aus seinem mangelnden Respekt für die japanische Liga und ihre Eigenheiten macht er erst gar keinen Hehl, seine Unlust stellt er offen zur Schau, die ihm vertraglich aufgebrummten Werbemaßnahmen absolviert er mit der Aufmüpfigkeit eines verwöhnten Kindes ohne jeden Sinn für Anstand. Und natürlich kommt er mit dieser Einstellung nicht weit, stößt im Gegenteil allen vor den Kopf.

Fred Schepisi inszeniert diese erprobte Geschichte ohne große künstlerische Ambitionen, aber mit der Souveränität eines Regisseurs, der sein Handwerk noch klassisch gelernt hat. Er verzichtet auf effekthascherischen Schnickschnack, konzentriert sich ganz auf den Plot und seine Charaktere. Besonders schön sind natürlich die Eindrücke aus den japanischen Stadien, denen der Pomp ihrer amerikanischen Gegenstücke weitestgehend abgeht, die stattdessen ein wenig runtergerockt aussehen. Abstriche muss man bei der Inszenierung der Spielszenen machen und ich bin geneigt, den Grund dafür in der Tatsache zu suchen, dass Schepisi Australier ist: Man sieht, dass da jemand am Werk war, der das Spiel nicht so wirklich verstanden hat: Die Akteure schleichen träge übers Feld, mit seiner Schlagtechnik hätte Elliot niemals einen Homerun-Rekord aufgestellt und wirklich spektakuläre Spielszenen sind Mangelware – oder werden von der Kamera nicht richtig eingefangen.

Aber MR. BASEBALL interessiert sich sowieso mehr für die interpersonellen Konflikte, bei denen die gängigen Klischees mehr als ausreichend bedient werden: Der amerikanische Star hält sich für einen überlegenen Supermann, der aufgrund seines gottgegebenen Talents keine Rücksicht zu nehmen braucht. Für seine Lage trägt nicht er selbst die Verantwortung, sondern ausschließlich die anderen, die entweder zu dumm sind oder aber ihm Böses wollen. Seine bloße Präsenz allein sollte ausreichen, um alle anderen in Ehrfurcht erstarren zu lassen, die auf einem japanischen Baseballfeld geltenden Bräuche sind für ihn nichts weiter als Unsinn, vom Baseballsport haben die Japaner einfach keine Ahnung. Die Japaner wiederum sind je nach gesellschaftlicher Rolle wahlweise streng oder devot, legen größten Wert auf Disziplin und Respekt und reagieren beleidigt auf die joviale Art des Fremden, der das Dugout und die Umkleidekabine mit seinen Fratboy-Späßen überzieht. Sie beten in Tempeln und sind spirituell veranlagt, aber das Rindfleisch, das man in ihren Restaurants zu essen bekommt, ist wider Erwarten sogar besser als die Steaks in Kansas City. Es ist selbstverständlich die Zuneigung der attraktiven Japanerin Hiroko (Aya Takanashi), der Marketingverantwortlichen seines neuen Arbeitgebers, die den guten Kern sieht, der in ihm schlummert, die einen Gesinnungswandel in ihm einleitet. Dass sie außerdem die Tochter seines Trainers ist, bringt zusätzliches Konfliktpotenzial. Ebenfalls nicht fehlen dürfen die ebenfalls ausgemusterten amerikanischen Profis, die einst mit denselben Vorbehalten nach Japan kamen, aber mittlerweile wenn schon nicht geläutert, so doch zumindest besänftigt sind. Sie treffen sich in ihren amerikanischen Bars, wo sie wässriges Bier aus Pitchern saufen, rüde Witzchen reißen und der guten alten Zeit in der besten Liga der Welt nachhängen. Ihnen voran geht Max „Hammer“ Dubois (Dennis Haysbert), der sich auch des Helden annimmt und seine Anpassungsschwierigkeiten mit einem wissenden Lächeln verfolgt. Erst als Elliot alle verprellt hat, beginnt er unter dem Einfluss seines Trainers umzudenken.

Aber so eine Geschichte von kultureller Verständigung ist ja keine Einbahnstraße und so dürfen auch die Japaner etwas vom Amerikaner lernen, etwa dass Baseball ein Spiel ist, das Spaß machen soll. Dass Scherze und Neckereien in der Kabine dazugehören und Fehler auf dem Feld nicht zur Demission, sondern zur Aufmunterung führen sollten. Während Elliot Demut, Respekt und Teamgeist lernt, macht sich der strenge Trainer unter dem Einfluss des Amis endlich mal locker – auch gegenüber seiner Tochter. Das ist alles nicht wirklich überraschend und dass Elliot am Ende dann den ersehnten Vertrag in der Major League bekommt, schwächt die Message schon ein wenig ab. Japan war mit seiner Gurkenliga dann doch eher eine Durchgangsstation, in der der Profi zwar zum besseren Menschen werden konnte, sportlich war dort aber selbstverständlich nix für ihn zu holen. Immerhin nimmt er die schöne Hiroko mit nach Hause, die dann während des Trainings zwischen den schönen Spielerfrauen auf der Tribüne sitzt und den Göttergatten bewundert, der nun selbst Trainer ist und sein Wissen weitergibt. (Ein Anruf mit ihrem riesigen Mobiltelefon macht klar, dass sie auch noch eine eigene erfolgreiche Karriere verfolgt.) Ihr merkt schon: MR. BASEBALL ist durch und durch formelhaft und fest im Mittelmaß zu verorten, aber dabei nicht gänzlich unsympathisch. Es muss nicht immer Kaviar, oder, in diesem Fall, Sushi sein.

 

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