Le beau mariage (Eric Rohmer, Frankreich 1982)

Veröffentlicht: Februar 25, 2008 in Film
Schlagwörter:, ,

Die aus einfachen Verhältnissen stammende Kunstgeschichte-Studentin Sabine (Béatrice Romand) steckt noch mitten in einer Affäre mit dem verheirateten Künstler Simon (Féodor Atkine) als sie einen Entschluss fasst: Schluss mit dem Lotterleben, es wird geheiratet. Fest entschlossen sesshaft zu werden, braucht sie nur noch den richtigen Mann. Diesen glaubt sie wenig später auf einer Party im Haus der Eltern ihrer Freundin Clarisse (Arielle Dombasle) gefunden zu haben: Es ist der zehn Jahre ältere Anwalt Edmond (André Dussolier) …

1982_le_beau_mariage.jpgMit dem zweiten Film aus seiner Reihe COMEDIES ET PROVERBES widmet sich Rohmer einer Geschichte, die man sich gut als romantische Komödie vorstellen könnte: das naive Mädchen, das sich eine fixe Idee in den Kopf setzt und sich in den falschen Mann verliebt. In Hollywood käme natürlich irgendwann der unvermeidliche Mr. Right ins Spiel, den die Protagonistin erst nach etlichen Turbulenzen und emotionalen Verwirrungen als solchen erkennen und statt des ursprünglich Auserwählten in ihr Herz schließen würde. Bei Rohmer sieht das ganz anders aus: Man wird mit den abstrusen, aber umso entschlossener vorgetragenen Vorstellungen Sabines konfrontiert und erkennt lange vor ihr, dass ihre Bemühungen zum Scheitern verurteilt sind; nicht nur, weil sie sich den Falschen ausgeguckt hat, sondern vor allem, weil ihre Liebes- und Lebenskonzepte schlicht nicht lebbar sind. Und den Mr. Right gibt es in Rohmers Film natürlich auch nicht. In warmen Herbsttönen gefilmt, folgt LE BEAU MARIAGE viel stärker als noch LA FEMME DE L’AVIATEUR einer „konventionellen“ Storyline, die eine starke soziale Komponente enthält. Das sichtbare Unwohlsein, das der erfolgreiche Anwalt Edmond sichtbar im kleinen Reihenhäuschen von Sabines Mutter und in Sabines Mädchenzimmer empfindet, liegt nicht zuletzt in der sozialen Diskrepanz zwischen beiden begründet. Das „kleine“ Mädchen passt einfach nicht zu dem Anwalt der gehobenen Mittelschicht. Die vermeintliche Komödie verschont den Zuschauer also nicht mit durchaus unangenehmen Einsichten, zumal Rohmers Eigenart, seine Protagonisten lang und breit über ihr Seelenleben Auskunft geben zu lassen, die Naivität Sabines brutal offen legt. Eine Parallele zu dem ungleich leichteren LA FEMME DE L’AVIATEUR gibt es aber doch: Den Mann, der Sabine am Ende im Zug ein freudig-interessiertes Lächeln zuwirft, hat sie in der Eröffnungsszene im gleichen Zug ebenso übersehen wie er sie. Das Leben hält eben immer neue Überraschungen parat. Manchmal ist man nur zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sie zu bemerken.

Kommentare
  1. […] dem kühlen LA FEMME DE L’AVIATEUR und dem herbstlichen LE BEAU MARIAGE ist Rohmer mit PAULINE À LA PLAGE im Sommer angekommen. Sein Film strahlt in hellen Farben, ist […]

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..