the family jewels (jerry lewis, usa 1965)

Veröffentlicht: April 12, 2008 in Film
Schlagwörter:,

Die kleine Donna Peyton (Donna Butterworth), frischgebackene Millionenerbin, muss einen ihrer sechs Onkel als Vater auswählen. Am liebsten bliebe sie bei ihrem Chauffeur, dem gutmütigen Willard Woodward (Jerry Lewis), aber schließlich willigt sie ein, ihre Onkels zu treffen. Die entpuppen sich jedoch als nur bedingt geeignet, das kleine Mädchen großzuziehen …

Für viele große Schauspieler und Komiker kommt irgendwann der Film, den sie im ganz wörtlichen Sinne allein auf ihren Schultern tragen müssen: Alec Guinness übernahm in KIND HEARTS AND CORONETS acht Rollen, Peter Sellers setzte diese Tradition in mehreren Filmen fort (am berühmtesten wohl in Kubricks DR. STRANGELOVE), in den Achtzigerjahren etablierte sich Eddie Murphy als Spezialist für multiple Rollenverkörperungen und selbst Didi Hallervorden ließ es sich nicht nehmen, in DIDI UND DIE RACHE DER ENTERBTEN ein ganzes Sammelsurium verschrobener Charaktere darzustellen. So verwundert es nur wenig, dass sich auch in Lewis’ Werk ein Film vorfindet, in dem der Komiker sich in verschiedenen Rollen austobt. Den Zenith seiner Karriere hatte er 1965 schon überschritten, das Interesse des Publikums war langsam erschöpft, dennoch darf man THE FAMILY JEWELS als sehr konsequenten und rundum gelungenen Lewis-Film bezeichnen. Das Episodische wird durch die fast völlige Abwesenheit anderer Darsteller unterstrichen: Alle wichtigen Rollen werden von Lewis selbst übernommen – Ausnahmen sind Donna Butterworth und Sebastian Cabot als Matson, Assistent des schusseligen Detektivs Skylock (natürlich Jerry Lewis). Mehr als etwa in THE BELLBOY, THE ERRAND BOY oder THE PATSY kollidiert der Drang zum Fragmentarischen in THE FAMILY JEWELS mit einem sehr klar herausgearbeiteten Handlungsstrang, der jedoch stark in den Hintergrund tritt und die einzelnen Set Pieces so noch mehr zum Leuchten bringt. THE FAMILY JEWELS macht vielleicht am deutlichsten erkennbar, dass Lewis seine Gags nicht als Gimmicks und Spitzen versteht, sondern mit diesen genau das erzählt, wofür andere einen Plot brauchen. Lewis erzählt sein modernes Märchen von der Möglichkeit eines Erwachsenwerdens, das die Kindlichkeit nicht verraten muss, in ausgefeilten Slapstick-Episoden, die hier allerdings deutlich elaborierter geraten sind als in den Vorgängern. Ob er als knötteriger Autofährenkapitän James Peyton Seemannsgarn über angebliche Heldentaten im Zweiten Weltkrieg auftischt, als aufschneiderischer Pilot Eddie Peyton im Alleingang eine miserable Fluggesellschaft mit nur einem schrottreifen Flugzeug betreibt, als kinderhassender Clown Everett nach einem Kurzauftritt in die Schweiz verduftet, es als tölpelhafter „Fotograf“ Julius in Wahrheit nur auf die hübschen Models in seiner Gegenwart abgesehen hat oder als Detektiv ganz dem neu entdeckten Talent für Billard verfällt, anstatt seine Enkelin aus den Fängen Bugsys zu retten: Das Kind im Manne will in die richtigen Bahnen gelenkt werden, um eine Symbiose mit dem Erwachsenen einzugehen. Wie auch THE DISORDERLY ORDERLY braucht THE FAMILY JEWELS eine Weile, um Tempo aufzunehmen, danach bin ich aus dem Lachen aber nicht mehr rausgekommen. Am schönsten ist Lewis als proletenhafter, aber gutherziger Gangsterboss Bugsy mit groteskem Überbiss, aber auch sein Auftritt als Skylock (sieht ein bisschen aus wie Günter Grass) beim Billardspielen ist unvergesslich. Ein schöner Abschluss meiner kleinen Lewis-Werkschau, die in Kürze zur Dean-Martin-und-Jerry-Lewis-Werkschau erweitert wird.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..