blind date (nico mastorakis, usa/griechenland 1984)

Veröffentlicht: Juli 9, 2013 in Film
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Während Athen von einem Frauenmörder heimgesucht wird, entdeckt der für eine griechische Werbeagentur arbeitende Jonathon Ratcliff (Joseph Bottoms) bei einem Fotoshooting ein Model, das ihn frappierend an eine Jugendliebe erinnert. Besessen von dem Gedanken, die damals tragisch verlaufene Beziehung zu einem positiven Ende zu bringen, heftet er sich an ihre Fersen. Als er von ihrem Freund entdeckt wird und fliehen muss, erleidet er einen Unfall, der ihn erblinden lässt. Weil keinerlei physische Schäden erkennbar sind, stehen die Ärzte vor einem Rätsel. Nur Dr. Steiger (Keir Dullea) hat eine Idee: Mithilfe eines auf Ultraschall basierenden Gerätes verhilft er Jonathon zu einer neuen Sicht. Der ist begeistert, doch dann läuft er bei einem nächtlichen Spaziergang dem Killer über den Weg. Dummerweise lässt ihn seine neue Sehhilfe keine Gesichter erkennen …

BLIND DATE ist ein ziemlich seltsamer kleiner Thriller. Der Schauplatz des sonnigen Athens trägt seinen Teil dazu bei, dass sich dieser Film nie so richtig amerikanisch anfühlt, die unübersehbaren Giallo-Einflüsse tun ihr Übriges. Mit jeder Menge damals hochmodernem, fast futuristischem Technik-Schnickschnack – Walkman, Videospielkonsole, Diktiergerät, Fernsehwand – zeichnet Mastorakis eine Hochglanzwelt, während er dabei mit einem Bein bis zum Knöchel im Morast des Sleaze steckenbleibt. Die Opfer des Mörders – ein verhinderter Chirurg – ziehen allesamt blank, bevor sie der grimmer Schnitter ereilt, sodass der Betrachter unter anderem in den Genuss des Anblicks der Brüste einer jungen Marina Sirtis kommt. Extrem dialogarm mäandert BLIND DATE so dahin, lange Zeit anscheinend uninteressiert, die beiden Handlungsebenen sinnvoll zusammenzuführen, ganz seiner tagträumerischen, unterleibszentrierten Stimmung erlegen. Auch wenn der Vergleich etwas abgelutscht ist, weil ich ihn wohl schon 100 Mal gebracht habe: Mit der Leere, die Jonathon ausstrahlt, nachts vor seiner Fernsehwand liegt und „Super Breakout“ spielt, sich tagsüber bei jedem Schritt mit dem Walkman abkapselt, mit dem gut bezahlten Glamourjob, seinem luxuriösen Büro und der Freundin (Kirstie Alley), für die er nie Zeit hat, erinnert er etwas an den Wall-Street-Psychopathen Patrick Bateman. Aber die Kritik, die Bret Easton Ellis am Oberflächenfetisch der Achtzigerjahre übte, liegt hier noch in weiter Ferne. Hier ist der Regisseur selbst noch ganz fasziniert von den Verheißungen der neuen Technik. Der heutige Zuschauer ist eher ernüchtert, wenn er zum ersten Mal an Jonathons Ultraschall-Vision teilhat, und entsetzt von der Verantwortungslosigkeit des Arztes, der einen Mann mit einer solch mangelhaften „Hilfe“ in die Welt entlässt. Filmisch knüpft Mastorakis damit natürlich an eine lange Tradition von „Subjektivitäts-Thrillern“ an: Von James Stewart in REAR WINDOW über die blinde Audrey Hepburn in WAIT UNTIL DARK oder Mia Farrow in SEE NO EVIL oder auch den auf seine Tonaufzeichnungen angewiesenen Gene Hackman in THE CONVERSATION finden sich etlich Beispiele für Protagonisten, die mit den Beschränkungen ihrer Wahrnehmung zu kämpfen hatten. Mastorakis ist aber weder ein Hitchcock noch ein Coppola, noch nicht einmal ein Young oder Fleischer, deshalb gelingt es ihm nicht so recht, den vollen Ertrag des viel versprechenden Szenarios zu einzufahren. Vielleicht war ihm das aber auch gar nicht so wichtig: Wenn BLIND DATE am Ende zu seinem obligatorischen Showdown kommt, Jonathon dem Killer gegenübersteht, fällt das kaum ins Gewicht. Der Bösewicht ist nur ein Hindernis, das aus dem Weg geräumt werden muss, um sich weiter ziellos durch Athen treiben lassen zu können. Mehr als das Treiben des Frauenmörders bleibt das ebenso rätselhafte wie vollkommen sinnlose T-Shirt von Jonathon im Gedächtnis. Darauf steht: I love my dentist.

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