Les nuits de la pleine lune (Eric Rohmer, Frankreich 1984)

Veröffentlicht: Februar 27, 2008 in Film
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Die Innenausstatterin Louise (Pascale Ogier) lebt mit ihrem Partner Remi (Tchéky Karyo) in der Pariser Vorstadt. Dem Leben in der abgeschiedenen Zweisamkeit entflieht sie gern in die Metropole, um dort mit Freunden auszugehen und zu tanzen. Remi ist von diesem Freiheitsdrang eh schon wenig angetan, doch als Louise sich eine Zweitwohnung in Paris einrichtet, kühlt sich das Verhältnis zwischen beiden merklich ab. Doch Louise glaubt immer noch, die Distanz sei gut für ihre Beziehung …

af_134.jpgNach dem sonnigen PAULINE À LA PLAGE ist LES NUITS DE LA PLEINE LUNE nun ein echter Nachtfilm, der von künstlicher Beleuchtung sowie von Schwarz und Grautönen in Verbindung mit einigen sparsamen Farbtupfern dominiert wird und eine interessante Struktur aufweist. LES NUITS spielt an vier Abenden bzw. Nächten, die jeweils einen Monat auseinander liegen und an denen der Zuschauer den Verlauf von Louises selbst gewähltem Strohwitwendasein verfolgen kann. Die Handlung springt dabei immer zwischen der gemeinsamen Wohnung vor der Stadt und dem Stadtappartement hin und her, frei nach dem dem Film vorangestellten Sprichwort: „Jemand mit zwei Frauen verliert seine Seele, jemand mit zwei Häusern seinen Verstand“. Mit ihrer Flucht, mit der Louise ihre Beziehung zum besitzergreifenden Remi eigentlich retten will, erreicht sie nur das Gegenteil: Das, was für sie richtig ist, ist für Remi leider genau das Falsche. Am Ende muss sie ihre Taschen packen, das Experiment, ihre Liebe auf die Probe zu stellen, ist leider schiefgegangen. Die interessanteste Szene des Films ereignet sich ungefähr nach der Hälfte der Laufzeit und stellt den Wendepunkt des Films dar: Als Louise zusammen mit ihrem Freund Octave (Fabrice Luchini) in einem Café sitzt, glaubt sie Remi gesehen zu haben, während Octave wiederum steif und fest behauptet, Camille, eine Freundin Louises, erkannt zu haben. Sofort spekulieren beide über ein Verhältnis der beiden. Rohmer filmt diese Szene jedoch, ohne dass Remi oder Camille zu sehen wären, ja, man sieht überhaupt niemanden außer eben Louise und Octave, die von ihrer Sichtung nur berichten. Dies mag sowohl als Beispiel für die kleinen Rätsel und Geheimnisse fungieren, die in Rohmers Filmen immer wieder auftauchen, als auch Beleg für seine eigenwillige Kameraarbeit dienen: In Rohmers Filmen – zumindest in der Reihe COMÉDIES ET PROVERBES – gibt es weder Close-Ups von Gesichtern noch so etwas wie Subjektiven. Die Kamera verlässt nie die Rolle des unbeteiligten, distanzierten Beobachters der Protagonisten. Insgesamt hat mir LES NUITS etwas weniger gefallen als seine drei Vorgänger, was aber ein auf kosmetische Details zurückzuführendes, subjektives Urteil ist: Hauptdarstellerin Ogier ist (im Gegensatz zu anderen Rohmer-Frauen) überhaupt nicht mein Typ, das Entstehungsjahr spiegelt sich unangenehm in den wirklich fiesen Klamotten wider und der Frankopop, der während der drei Tanzszenen gespielt wird, hat mir gelinde gesagt die Falten aus dem Sack gezogen. Von den sechs Filmen der Reihe ist LES NUITS äußerlich am stärksten in seiner Zeit verhaftet. Das ändert aber nix daran, dass auch dieser Film ausgesprochen sehenswert und gut dazu geeignet ist, seine Beobachtungsgabe zu schulen. Wieviel inszenatorischer und gestalterischer Wille hier am Werk ist, droht einem nämlich zunächst zu entgehen, wenn man gewohnt ist, alles auf dem Silbertablett serviert zu bekommen.

Kommentare
  1. […] ins Werk Rohmers geeignet, der mich wirklich sehr begeistert hat. Wie ich schon im Eintrag zu LES NUITS DE LA PLEINE LUNE versucht habe zu erklären, stellt dessen Inszenierungsstil eine echte Herausforderung für den […]

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