sniper (luis llosa, usa/peru 1993)

Veröffentlicht: September 29, 2008 in Film
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Der erfahrene Scharfschütze Beckett (Tom Berenger), der den Dschungel Mittelamerikas kennt wie seine Westentasche, bekommt für einen Tötungsauftrag einen neuen Partner an seine Seite gestellt. Der junge Miller (Billy Zane) hat zwar strammen Schrittes die Karriereleiter des Militärs erklommen, jedoch kann er keinerlei praktische Erfahrung und noch keinen „Kill“ vorweisen. Für Beckett wird er zusehends zur Belastung: Denn jeder Fehlschuss kann das eigene Ende oder das Scheitern der Mission bedeuten …

SNIPER, in einer Zeit erschienen als das Actionkino im Stil der Achtzigerjahre schon durch das Eventkino abgelöst worden war, ist eigentlich erst heute wieder richtig zu würdigen, wo die Trends von damals – allen voran das Heroic-Bloodshed-Kino aus Hongkong – Schnee von gestern sind und man festgestellt hat, dass auch ein John Woo nur mit Wasser kocht. Heute treten die Qualitäten von Llosas Film unso stärker hervor: Die Kameraarbeit, die den Urwald zum dritten Protagonisten des Films macht und auf brillante Art und Weise die eingeschränkte Perspektive der Scharfschützen imitiert, kann man kaum genug loben. Es ist auch diese fast malerische Bildgestaltung, die mich zu der Aussage versteigen lässt, dass SNIPER ein beinahe impressionistischer Actionfilm geworden ist. Natürlich geht es im Actionfilm immer auch um innere Zustände und Kämpfe, aber so deutlich wie hier wurde das nur selten herausgestellt. Das beginnt schon bei den Subjektiven, dem Blick durch das Zielfernrohr: Mindestens genauso wichtig wie sein Ziel im Auge zu behalten, ist es nämlich, die Peripherie zu ignorieren. Ein guter Scharfschütze kann nur sein, wer nicht zu viele Fragen stellt, in der Lage ist, Kontext auszublenden. Darin besteht auch der Konflikt zwischen Beckett und Miller: Während ersterer über die perfekte Ausübung seines Jobs zum eiskalten Mörder geworden ist, für den ein normales Leben nur noch als Traum existiert, gefährdet Miller sein eigenes und das Leben seiner Mitstreiter, weil er nicht in der Lage ist, gesellschaftliche Normen abzuwerfen. Es sind sein Gewissen und sein Festhalten an einer Moral, die ihn im Dschungel von Panama zur Gefahr für seinen Kollegen werden lassen. Doch wie soll er sich verhalten? Die Fesseln der Zivilisation abstreifen und damit auch die Zugehörigkeit zur menschlichen Gesellschaft verlieren oder an der Moral festhalten und somit paradoxerweise erst recht zu Mörder werden? SNIPER kann natürlich keine Antwort auf diese Frage geben. Als Actionfilm muss er die Introspektion zugunsten der Aktion überwinden und somit wird Llosas Film dann spätestens zum Showdown wieder von der Realität eingeholt. Als Scheitern würde ich das dennoch nicht bezeichnen: SNIPER bietet komprimiert auf knapp 100 Minuten eine Menge Stoff zum Nachdenken und darüberhinaus prächtig inszenierte Actionszenen und Spannungsmomente. Für mich eine der Wiederentdeckungen des Jahres.

Kommentare
  1. […] Ricardo Tubbs um die Ecke biegen, der Score von John Barry schwoft elegant daher und wie schon in SNIPER beweist Llosa großes Geschick in der Bildkomposition: THE SPECIALIST sieht, das muss gesagt […]

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