american pimp (albert & allen hughes, usa 1999)

Veröffentlicht: Januar 21, 2016 in Film
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americanpimp1Aus Blaxploitationfilmen oder Hip-Hop ist der Pimp nicht wegzudenken. Er ist der Prototyp des männlichen Hustlers, der es durch Beugung der Regeln zu Reichtum gebracht hat und seinen flashigen Lifestyle selbstbewusst zur Schau trägt. Er unterscheidet sich vom banalen Zuhälter dadurch, dass er den Pimp Lifestyle mit einer ganzen Lebensphilosophie und auch einer eigenen Sprache unterfüttert hat. Der Pimp ist sowohl ein Unternehmer wie auch ein Guru: Sein Geschäft fußt im Wesentlichen auf Manipulation, auf „brainwashing“, wie es eine der Prostituierten, die im Film zu Wort kommen, sagt. Er ist kein stumpfer Gewaltkrimineller, sondern ein mephistophelischer Verführer, ein Mann, der die Frauen durchschaut hat, dem sie aufs Wort gehorchen, die alles tun, was er will. Auch daher rührt die Faszination, der der Pimp seine bleibende Position in der Popkultur verdankt: Wie macht er das, dass Frauen ihren eigenen Willen für ihn aufgeben?

Die Hughes Brothers gehen in ihrer Dokumentation dieser Frage nach, auf die sie natürlich keine befriedigende Antwort erhalten. AMERICAN PIMP scheint den Verlockungen des Pimp Lifestyles zunächst hoffnungslos zu erliegen: Geblendet vom Glitzern der faustgroßen Juwelen, der in allen Regenbogenfarben schillernden Anzüge, schließlich betört vom unablässigen, wasserfallartigen Flow der Worte. Die Filmemacher wählen einen eher konservativen Interviewstil für ihren Film, den sie nur gelegntlich durch kurze Filmausschnitte aufbrechen, aber sie tun gut daran, denn ihre Gesprächspartner sind begnadete Erzähler und geschickte Verkäufer mit wettergegerbten Stimmen voller Lebensweisheit oder der Rapid-Fire-Delivery, die Rapper anstreben und die verhindert, dass man selbst zum Nachdenken kommt. Das ist wesentlicher Teil ihres Erfolgs: Das Funktionieren des mouthpiece, der gleichermaßen einschmeichelnde wie autoritäre Ton, der keinen Widerspruch duldet, am besten gar nicht erst das Bedürfnis nach ihm weckt. Auch der Zuschauer wird von ihnen eingewickelt, fragt sich, ob das denn wirklich Verbrecher sind oder ob es nicht doch so sein könnte, dass die in einer Tour mit dem wie ein Peitschenhieb knallenden „Bitch“ (einer der Zuhälter bagatellisiert den natürlich eine Funktion erfüllenden Begriff zum liebevollen pet name) bedachten Frauen aus ganz freien Stücken bei ihnen leben und dieses Leben sogar genießen. Wahrscheinlich gehört das mit zum Spiel: die Frauen so weit zu manipulieren, bis sie glauben, dieses Leben wirklich zu mögen oder gar zu brauchen.

Erst spät mehren sich die Anzeichen, dass das Leben als „Bitch“ doch nicht so rosig ist, dass da oft die Not ausschlaggebend ist. In Gegenwart ihres Pimps – eines der eher unangenehmen Exemplare seiner Zunft – ergeht sich eines seiner Mädchen in reichlich vorgeschoben wirkenden Erklärungen, warum sie ihn mag, während das andere ausdruckslos in die Gegend starrt. „Ich mag ihn, aber ich bin noch nicht lang bei ihm“, ist alles, was sie zu Protokoll gibt. Auf der Straße bekommt man mit, wie ein Zuhälter seine „Bitch“ unsanft zur Arbeit antreibt, ein anderer berichtet davon, dass eines seiner Mädchen dem Zodiac-Killer zum Opfer fiel, ein anderer betrauert den gewaltsamen Tod seiner ersten Prostituierten bei einem Überfall. Aber die glitzernde Fassade wird nie ganz durchstoßen oder gar niedergerissen, selbst in solchen Momenten nicht. Es bleibt dieses faszinierende, gleichermaßen anziehende wie abstoßende Bild einer Figur, deren Wirkung für einen Außenstehenden kaum zu begreifen ist.

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