Mit ‘Julie Hagerty’ getaggte Beiträge

Die New Yorker Prudence (Julie Hagerty) und Bruce (Jeff Goldblum) treffen sich zu einem Blind Date in einem französischen Restaurant, das in einem Eklat endet, als er ihr erst unverblümt sagt, dass er ihre Brüste mag, und ihr dann auch noch gesteht, dass er bisexuell ist und mit einem Mann zusammenlebt. Trotzdem begegnen sich die beiden hochneurotischen Personen wieder und versuchen an homosexuellen Liebhabern (Christopher THIS IS SPINAL TAP Guest), eifersüchtigen Müttern (Genevieve Page), sexhungrigen (Tom Conti) oder sprachgestörten Therapeuten (Glenda Jackson) vorbei eine Beziehung aufzubauen …

BEYOND THERAPY ist Altmans mittlerweile vierte Adaption eines Theaterstückes und wird in der Mainstreamrezeption als einer seiner großen inszenatorischen Fehlschläge betrachtet. Wie schön, dass er mir gefallen hat! Dabei sind die Vorwürfe, die gegen ihn in geradezu unheimlichem Einklang erhoben werden, nicht von der Hand zu weisen. Wenn Vincent Canby in der New York Times schreibt: „What ‚Beyond Therapy‘ lacks – to a near-fatal degree – is the kind of inexorable logic that is the fuel of any farce and makes its loony characters so funny. […] Under Mr. Altman’s wayward direction, ‚Beyond Therapy‘ has been transformed into a feature-length blur. There’s no special logic at work. The performances are good, but the film has been assembled without an overriding sense of humor and style. It remains in bits and pieces.“, dann muss man ihm in dieser Beobachtung zumindest teilweise ebenso Recht geben wie seinem Kollegen Roger Ebert, der BEYOND THERAPY als einen Film beschreibt, „in which every scene must have seemed like a lot of fun at the time, but, when they’re edited together, there’s no pattern to the movie, nothing to build toward, no reason for us to care „, ein gravierendes Manko in Altmans Schwäche für „asides and irrelevancies, for the kind of weird background action that usually works in his movies, but not this time“  erkennt und zu dem Schluss kommt, dass „the bits and pieces remain separate, unresolved, not adding up to anything.“ Tatsächlich wirkt BEYOND THERAPY zwischen den vielen akribisch konstruierten Filmen Altmans geradezu schlampig: Mit knappen 90 Minuten Laufzeit kommt er als handlicher, flüchtiger Gebrauchsfilm daher und eine herkömmliche, stringente Plotentwicklung sucht man vergebens. Beinahe könnte man von einer Sammlung von Sketchen sprechen, die zwar inhaltlich verbunden sind, aber keiner klassischen Dramaturgie folgen: BEYOND THERAPY beginnt als skurrile Komödie über Neurotiker bereits reichlich chaotisch und hält dies bis zum Ende durch. Wird als eines der Charakteristika von Narration die Entwicklung von Charakteren von einem Anfang zu einem Ende hin beschrieben, so fällt Altmans Film aus dieser Definition ziemlich heraus: Seine Charaktere sind wie der Titel schon sagt „untherapierbar“, entwicklungsunfähig – das teilt er mit dem Vorgänger FOOL FOR LOVE.

Als die angedeutete Sketchsammlung funktioniert der Film aber dennoch ausgezeichnet – und das ist eindeutig Altmans Sinn für schräge Figuren und absurde Situationen zu verdanken. Die beiden Therapeuten, die ihren Patienten doch eigentlich helfen sollten, sind selbst so komplexbeladen und dysfunktional, dass sie nur noch mehr Schaden anrichten: Prudence‘ Therapeut Dr. Framingham (Tom Conti) spricht mit einem lachhaften italienischen Akzent, weil er meint, dies verleihe ihm mehr Kompetenz, leidet unter vorzeitigen Samenergüssen und hört sich ihre Sorgen in erster Linie deshalb an, weil er hofft, sie noch einmal in sein Bett zerren zu können. Bruce‘ Therapeutin Charlotte hingegen verschläft ihre Sitzungen gern, hat die Wände ihres Büro mit Kinderbildern behängt, deren Relevanz für die Probleme des jeweiligen Patienten sie gebetsmühlenartig betont, und hat extreme Wortfindungsstörungen. Nebenbei trifft sie sich mit ihrem Büronachbarn Dr. Framingham zwischen den Sitzungen zum reuelosen Sex in einem leerstehenden Zimmer. Bruce‘ Liebhaber Bob ist nicht minder komisch und ihm gehört dann auch mein Lieblingsmoment des Films: Als Bruce Prudence in die gemeinsame Wohnung einlädt, lauert Bob hinter einer dieser japanischen Papierwände, die sein Schlafzimmer vom Wohnbereich abgrenzen. Als Bruce sich in der Küche zu schaffen macht, öffnet er die Schiebetür, bittet Prudence Bruce auszurichten, dass er mit ihm zu sprechen wünsche, schließt die Tür und ist danach als regloser Schatten hinter der Papierwand zu sehen, der wie eine Drohung hinter Prudence zu lauern scheint. Neben diesen komischen Perlen und den mit Pointen gespickten Dialogen gibt es aber – wie oben angedeutet – auch etliche Elemente die ihren Platz innerhalb des Films nicht so recht finden wollen: Die manische Belegschaft des französischen Restaurants, in dem sich ein Großteil des Filmes zuträgt, kommt zu kurz und hätte mehr Raum gebraucht. Die Schlusseinstellung schließlich, die den die ganze Zeit über erkennbaren echten Schauplatz des Films – Paris – enttarnt, mutet auch eher redundant an. Aber da BEYOND THERAPY so herrlich unangestrengt und selbst „untherapierbar“ rüberkommt, kann und will ich all diese Schwächen einfach nicht als solche begreifen. Auch, wenn ihm gegen Ende der eigene Wahnsinn fast die Luft abdreht.