Imitation of Life (douglas sirk, usa 1959)

Veröffentlicht: März 3, 2008 in Film
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200px-imitationoflife1959.jpgDie Witwe und arbeitslose Schauspielerin Lora Meredith (Lana Turner), Mutter der kleinen Susie (Sandra Dee/Terry Burnham), begegnet am Strand von Coney Island der schwarzen Annie Johnson (Juanita Moore), ihrerseits Mutter der hellhäutigen Sarah Jane (Susan Kohner/Karin Dicker). Spontan nimmt Lora die obdachlose Frau bei sich auf, die sich sogleich als Haushälterin nützlich macht und Lora mit Kräften zur Seite steht. Während Lora an der Erfüllung ihres Traums, eine berühmte Bühnenschauspielerin zu werden arbeitet, kündigen sich jedoch große Probleme an: Sarah Jane leidet unter der Hautfarbe ihrer Mutter, kann nicht akzeptieren, keine „echte“ Weiße zu sein. Zehn Jahre später ist Lora ein großer Star, doch gleichzeitig haben die Ängste der adoleszenten Sarah Janes einen Höhepunkt erreicht: Sie reißt von zu Hause aus …

Mit seinem letzten amerikanischen Film vor seiner Rückkehr nach Deutschland liefert Sirk das beeindruckende Remake des gleichnamigen Films von John M. Stahl aus dem Jahr 1934 ab. In gewohnt opulenter Bildsprache widmet sich Sirk dem Thema Rassismus, dem im Jahr 1959 noch einige Brisanz innewohnte. Dennoch ist IMITATION OF LIFE kein langweiliger Thesenfilm geworden, sondern ein äußerst bewegendes Stück Gefühlskino, das die Lieblingsthemen seines Regisseurs zu jeder Zeit eloquent artikuliert. Sirks Charaktere – allen voran Lora und Sarah Jane, aber auch Susie und Steve, fallen auf ein verzerrtes Selbstbild herein, das sie letztlich daran hindert, echtes Glück zu finden. Sie leben – so ist auch die Bedeutung des Titels zu erklären – kein echtes Leben, sondern nur eine Imitation desselben, ein Leben, von dem sie glauben, dass es „gut“ ist. Lora ordnet alles ihrer Karriere unter, verliert darüber nicht nur ihren Steve aus den Augen, sondern auch ihre eigene Tochter, Sarah Jane hingegen ist so besessen davon „normal“ zu sein, dass sie darüber ihre Herkunft verleugnet und ihre Mutter verrät. Beide lassen sich ihr Leben von der Gesellschaft oktroyieren: Lora will beweisen, dass sie auch als Witwe und alleinerziehende Mutter ihr Leben meistern kann, Sarah Jane ist von einem System geprägt, in dem der Schwarze immer noch ein Mensch zweiter Klasse ist.

Sirks Film ist seines traurigen Themas zum Trotz eine wahre Pracht: Sein bildkompositorisches Gespür ist beachtlich, vor allem der kreative Einsatz von Schatten sticht als markantestes Gestaltungselement hervor. Szenen wie jene, in der Sarah Jane von ihrem „Freund“ in einer dunklen Gasse verdroschen wird, weil sie ihm nicht die Schmach erspart hat, mit einer „Niggerin“ gesehen zu werden, sind von einer ungeschminkten Direktheit, die man in einem solchen Film eigentlich niemals erwartet hätte. Sirk entpuppt sich hier als seiner Zeit weit voraus, trifft mit seiner Inszenierung mitten ins Herz des empfindsamen Zuschauers und lässt seinen Film mit dem von Gospel-Königin Mahalia Jackson während der Beerdigung Annie Johnsons intonierten „Trouble ist he World“ zu einem Zeitpunkt kulminieren als eine Steigerung längst nicht mehr möglich scheint. Spätestens zu diesem Zeitpunkt brechen auch beim hartgesottensten Zuschauer alle Dämme. Man mag die Fünfzigerjahre als „spießig“, „intolerant“ und „kleinbürgerlich“ abgespeichert haben: Sirks IMITATION OF LIFE ist ein Monument der Toleranz, vor dessen inhaltlichem Reichtum und formaler Schönheit ähnlich motivierte aktuellere Filme demütig in den Staub sinken, um ihr Antlitz schamvoll zu verstecken. Anbetungswürdig.

Kommentare
  1. […] Sirk-Melodramen (wie etwa ALL I DESIRE, THERE’S ALWAYS TOMORROW, ALL THAT HEAVEN ALLOWS oder IMITATION OF LIFE) etwas unausgewogen erscheint. Hinter der visuellen Geschliffenheit müssen Inhalt und Figuren […]

  2. Tom Rose sagt:

    Einer der besten Filme überhaupt, genreübergreifend. GRANDIOS!!!

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