femina ridens (piero schivazappa, italien 1969)

Veröffentlicht: Juni 27, 2011 in Film
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Eigentlich will Maria (Dagmar Lassander) beim begüterten Philantropen Dr. Sayer (Philippe Leroy) nur Textmaterial für ihren Artikel zur Zwangssterilisation von Männern zur Lösung des Bevölkerungsproblems ausleihen, doch der hat andere Pläne für die attraktive und noch dazu selbstständige Frau: Er ist in Wahrheit nämlich ein sadistisch veranlagter Lustmolch mit Unterwerfungsfetisch und so wird Maria von ihm gefangen genommen, gedemütigt, erniedrigt, schließlich auch körperlich gequält. Als Maria erkennt, dass sie auf die Gnade des Mannes nicht zu hoffen braucht, schmiedet sie ihrerseits einen Plan. Das Blatt wendet sich …

Ein Film, der mit einer Einstellung beginnt, die mehrere Karrieremänner zeigt, die wortlos durch die Vagina Dentata in den gigantischen Unterleib jener berühmten Nana-Skulptur von Niki de Saint-Phalle blicken, gibt unmissverständlich seine thematische wie formale Marschroute preis. Es spricht Bände, dass Schivazappas Film dem Zuschauer trotzdem immer einen Schritt voraus ist. FEMINA RIDENS ist ein Pop-Art-Traum der Swingin‘ Sixties, allerdings weniger an drogeninduzierter Schönfärberei und enthemmter Euphorie interessiert, als vielmehr daran, die den Ideen von freier Liebe entgegenstehenden und immer noch mächtigen reaktionären Tendenzen zu enthüllen. Doch er setzt dabei nicht auf Schock und Ekel, sondern auf eine schwer zu beschreibende Mischung aus unterkühlter Distanziertheit und  erotischem Tease. Tatsächlich findet Schivazappa mit seiner Inszenierung eine treffende filmische Umsetzung für die erotischen Spiele der Betörung, Täuschung und Verführung. Er lockt den Zuschauer, lullt ihn ein und schrekct ihn dann aus seiner Träumerei auf. Und das gleiche Spiel spielen Sayer und Maria. Aber wer ist der Regisseur?

Dr. Sayer hält aller nach außen getragener Menschenliebe zum Trotz rein gar nichts von der von Gleichberechtigung und interpretiert Sex nicht als Akt der Liebe und Einheit, sondern als reine Machtdemonstration. Seine Philosophie von der sexuellen Dominanz des Mannes, der sich die Frauen kraft seines allmächtigen Phallus zu Untertan machen soll, weil das die ihnen von Natur aus zukommende Rolle ist, hat deutlich nietzscheanischen Einschlag und vermengt sich mit Ideen von Transzendenz sowie der Ästhetisierung von Auflösung und Leid, die im Kern körperfeindlich ist. Es geht ihm bei der Unterwerfung Marias jedoch weniger um den Schmerz der Frau, die Zerstörung ihres Körpers, sondern eher um die Brechung ihrer Identität. Er will, dass sie nur noch Körper ist, Werkzeug, dem Mann zu dienen. Es ist nur ein weiterer Aspekt seines Wahnsinns, dass er diesen „Idealzustand“ als gottgegeben ansieht und nicht bemerkt, als sich das Kräfteverhältnis umkehrt. Was er als das zwangsläufige und unvermeidbare Resultat seiner unwiderstehlichen männlichen Anziehungskraft auf die Frauen betrachtet, ist in Wahrheit genau das Gegenteil: seine Blindheit für die Fähigkeiten des anderen Geschlechts, das sich längst weiterentwickelt hat.

Schivazappas FEMINA RIDENS ist in jeder Hinischt atemberaubend: Das beginnt bei der fantastischen Besetzung mit der bezaubernden Dagmar Lassander und dem eisig-kantigen Philippe Leroy, die schlicht perfekt sind in ihren Rollen, setzt sich fort bei dem betörenden Score von Stelvio Cipriani, den fantastischen psychedelischen Set Designs und der Fotografie von Carlo & Sante Achilli, die immer wieder neue spannende Blickwinkel in den begrenzten Interieurs finden, und endet bei dem famosen Drehbuch, das sich nicht bloß in Oberflächlichkeiten ergeht und die Spannung lange, lange hält.  Thematisch erinnert FEMINA RIDENS ein bisschen an Yasuzo Masumuras MÔJÛ, doch hebt er dessen Sadomaso-Spiele auf eine höhere Stufe und entpuppt sich zum Schluss als ziemlich cleverer, reflektierter Rachethriller, der sein wahres Gesicht lediglich hinter einer Maske aus Nihilismus und Niedertracht verborgen gehalten hat.

Kommentare
  1. reda sagt:

    nicht umsonst einer meiner absoluten lieblingsfilme

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