dead men don’t wear plaid (carl reiner, usa 1982)

Veröffentlicht: Juni 20, 2013 in Film
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Wie bei den meisten Parodien – die ja immer eine spezielle Art der Referenzwerweisung sind – gibt es auch über DEAD MEN DON’T WEAR PLAID nicht wahnsinnig viel zu sagen: Der Stil der alten Noir-Klassiker wird von allen Beteiligten vor und hinter der Kamera perfekt eingefangen. Wohl auch, weil einige der Mitwirkenden bereits den in Wort und Bild zitierten Werken ihren unverwechselbaren Stempel aufgedrückt hatten. Miklós Rósza steuerte den letzten Score seines bis 1938 zurückreichenden Werkes bei, Kostümbildnerin Edith Head, die den Look zahlreicher klassischer Leinwand-Diven und -Helden geprägt hatte, noch einmal ihre unnachahmlichen Kostüme und Anzüge.

Dass DEAD MEN DON’T WEAR PLAID näher dran ist am Original als viele andere Filme, die sich am Noir versuchten, liegt aber in erster Linie natürlich daran, dass er in gewisser Hinsicht um eben diese Originale drum herum konstruiert wurde. So interagiert der Protagonist Rigby Reardon (Steve Martin), ein Kollege von Philip Marlowe, Mike Hammer oder Sam Spade, direkt mit den Akteuren von damals. Der geschickte Schnitt lässt ihn auf Veronica Lake, Humphrey Bogart, Bette Davis, Kirk Douglas, Alan Ladd, Ingrid Bergman, Charles Laughton, Lana Turner, James Cagney, Joan Crawford, Ray Milland, Barbara Stanwyck, Ava Gardner, Burt Lancaster, Fred MacMurray oder Cary Grant treffen, setzt Szenen aus den alten Klassikern in neuen, komischen Kontext. Auffallend dabei, dass Reiner gerade nicht die berühmten, ikonischen Szenen verwendet, sondern meist kleine, eher unauffällige Momente. Die viel beschworene „Magie“, die jene Filme aus der Vergangenheit über den heutigen Betrachter ausüben, die Aura des Unantastbaren, Kultischen und Heiligen, wird so wunderbar unterwandert. Am auffälligsten wird diese Strategie im Zusammentreffen Reardons mit der schönen Veronica Lake in einer Szene aus THE GLASS KEY: Nachdem er via typischem Voice-over in bewährt machohafter Art verkündet hat, dass er sie (bzw. ihren Charakter) so schätze, weil die Worte „I can’t“ sich nicht in ihrem Vokabular befänden, antwortet sie ihm auf die kurze Frage, ob sie ihm helfen könne, genau so: „I can’t“. Die bedeutungsschwer aufgebaute Szene endet abrupt, Veronica Lake sieht man nicht mehr wieder und Reardon bleibt nichts anderes übrig, als resigniert festzustellen, dass sie seit ihrem letzten Treffen etwas dazugelernt habe.

Im Kleinen spiegelt sich so die Strategie des Großen wider: Zum Lachen ist weniger der konkrete Witz selbst, sondern der Aufwand, der betrieben wird, ihn aufzubauen. So wird Reardon ein Trauma angedichtet, dass ihn Tobuschtsanfälle erleiden lässt, sobald er das Wort „cleaning woman“ vernimmt, nur um einen Grund dafür zu finden, ihn Bette Davis würgen zu lassen. Es sind auch diese absurden Schleifen und Winkelzüge, die DEAD MEN DON’T WEAR PLAID auszeichnen.

Kommentare
  1. fanieldranzB sagt:

    Die Reinemachefrau ist dann aber auch die lebensrettende Lösung in der finalen deutsch-amerikanischen Feindschaft. Der Film mag eine einzige, irrsinnige „Konstruktion“ sein, wohl aber auch die komischte und liebevollste Homage an den Film Noir und das alte Hollywood. Die Handlung ist undurchschaubar, Reardons Fall ein riesiger, epischer Verschwörungswollknödel. Alle Fäden verheddert aber am Ende von Reiner wie in einem Zaubertrick wieder entknotet und säuberlich ausgelegt (halbwegs zumindest). DEAD MEN DON´T WEAR PLAID ist für mich eigentlich schon Mitternachtskino. Zu später Stunde, leicht angeheitert, strahlt er voll reinster Kinomagie. „Ich glaube sie brauchen einen Schluck von meinem berühmten Kaffee.“ Immer wieder gerne.

    • Oliver sagt:

      Keine Frage. Meine knappe Abhandlung sollte auch keineswegs despektierlich sein. Mir ist einfach nicht so viel zu dem Film eingefallen. Und ich wollte nicht in Alibi-Floskeln verfallen, deswegen habe ich es bei der Beleuchtung des einen Aspekts belassen, der mir besonders aufgefallen ist. 🙂

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