walking the edge (norbert meisel, usa 1983)

Veröffentlicht: November 3, 2008 in Film
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Obwohl sich der Taxifahrer Jason Walk (Robert Forster) nebenbei als Schuldeneintreiber verdingt, ist er ein friedlicher Zeitgenosse, der handfesten Auseinandersetzungen am liebsten aus dem Weg geht. Das ändert sich als er Christine Holloway (Nancy Kwan) über den Weg läuft: Die musste vor kurzem mitansehen, wie Ehemann und Sohn von dem fiesen Brusstar (Joe Spinell) und seinen Männern eiskalt umgebracht wurden, kam selbst nur knapp mit dem Leben davon und ist seitdem von dem Wunsch nach Rache beseelt …

Samstagabend nach ein paar Cocktails und zwei Hochglanz-Mainstreamfilmen: Zeit für preisgünstigen Schmuddelkram mit viel Gewalt und noch mehr Charme. WALKING THE EDGE, dessen schönes Anchor-Bay-DVD-Cover mit einigen markigen Sprüchen den Proleten in mir anspricht, scheint genau das Richtige zu sein. Und das ist er dann auch, wenngleich das peiorativ klingende „preisgünstig“ gleich mal relativiert werden muss. Meisels Film ist nämlich richtig gut, was vor allem an den überdurchschnittlichen Fähigkeiten und dem immensen Charisma von Forster und Kwan liegt, die auch klischeehaftere Szenen noch mit großer Glaubwürdigkeit aufladen und einfach wahnsinnig sympathisch sind. Wenn der Film dann im letzten Drittel endgültig zum eisenharten Rachethriller mutiert, ist dieser Wandel umso drastischer, wird die Getriebenheit Jasons, auf die der Titel anspielt, in ihrer ganzen Tragweite transparent, als wir ihn als normalen Menschen kennen gelernt haben. Vor allem aber ist WALKING THE EDGE bis unter den Rand voller Atmosphäre: Das beginnt bei dem treibenden, arschgeilen Score von Jay Chattaway, setzt sich fort bei den vielen Nachtszenen (nicht Nacktszenen!), in denen die Neonbeleuchtung von L. A. schön eingefangen wird, geht weiter bei dem rohen Look, der durch die Settings – Kneipen, Bars, Billigappartements und Werkstätten – und die angemessen schmierig aussehenden Charaktere unterstützt wird und endet natürlich bei der Gewalt, die mit brutaler, aber gleichzeitig unspektakulärer Direktheit inszeniert ist. Es klappen einem beide Herzkammern auf, wenn Jason einem der Killer von hinten ein Messer in den Schritt rammt, während dieser am Pissoir steht, und beide noch ein letztes Pläuschchen halten, während noch mal nachgestoßen wird. WALKING THE EDGE ist nicht besonders aufregend und schon gar nicht innovativ, aber er ist einfach ein rundum gelungener Vertreter einer Art Kino, die heute vollkommen dem Vergessen anheimgefallen ist: Meisel hat einen lupenreinen Vertreter des Mitternachtskinos gedreht, bei dessen Betrachtung man sich in die Zeiten zurücksehnt, als man so etwas noch zu später Stunde mit einem hochprozentigen alkoholischen Getränk ausgestattet in einem abgewrackten Bahnhofskino reinziehen konnte, neben sich die anderen Nachtschwärmer oder einfach den Penner, der sich nach einem warmen Plätzchen gesehnt hat.

Damit das hier nicht als reines Nostalgiegeplänkel abgetan wird, noch ein paar unnütze Fakten: WALKING THE EDGE scheint von der mitproduzierenden Marketing Film als Nachfolger von deren Lustig-Produktion VIGILANTE konzipiert worden zu sein, mit dem er zwei Darsteller, Forster und Spinell, den Komponisten Chattaway und die gleichzeitig trist-düstere wie aufgehitzte Atmosphäre teilt. Nancy Kwan kam wohl durch ihre immer noch bestehende Ehe mit Norbert Meisel zu diesem Projekt. Und – was nichts mit diesem Film zu tun hat, aber trotzdem nicht uninteressant ist – ihr Sohn, Bernie Pock, war ein viel beschäftigter Stuntman und Martial-Arts-Experte, der in zahlreichen großen Filmen (etwa BACK TO THE FUTURE, DIE HARD oder WILD AT HEART) mitwirkte, bevor er 1996 an Aids verstarb.

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